Frostnacht - Innere Weiten

Review

Das österreichische Projekt FROSTNACHT, das dieser Tage mit „Innere Weiten“ sein erstes Album auf voller Länge vorlegt, ist sehr ambitioniert. So entschied sich die „Band“ – die der Encyclopedia Metallum zu Folge nur aus dem Protagonisten Draugar besteht – nach den ersten beiden Demos „Im Schatten der Wälder“ und „Weltenwanderer“, in Zukunft gleich zwei unterschiedliche musikalische Ansätze zu verfolgen. Und nicht nur das: Die beiden haben sogar Namen! So steht „Meine Fremde“, deren erster Vertreter „Innere Weiten“ ist, für „emotionalen Post-Black Metal“, während „Von Reise und Andacht“ einen eher akustischen Ansatz mit Folk- und klassischen Metal-Einflüssen verfolgen soll.

So weit, so ambitioniert. Interessanterweise hat „Innere Weiten“ zwar mit Black Metal, für meine Begriffe aber wenig mit „Post“ zu tun. Vermutlich meint Draugar mit diesem Zusatz die reichlich vorhandenen clean gespielten Passagen – die natürlich ordentlich verhallt-hall-hall-hall… sind, aber nicht so richtig in die Postrock-Ecke passen. Das macht aber auch nichts, denn gerade die unverzerrten Gitarren verleihen den „Inneren Weiten“ eine feine Laut-Leise-Dynamik, die sich zweifellos auszubauen lohnt.

Und auch sonst gelingt es dem fast achtzigminütigen Album über weite Strecken, mich wohlgefällig zu stimmen. Die Motive bewegen sich fernab jeglicher Schwarzwurzel-Klischees, die Arrangements lassen ein gutes Gespür erkennen und – was das wohl Wichtigste ist – FROSTNACHT schaffen es, Atmosphäre herauf zu beschwören. Noch besser: Die zwanzig(!) Songs hören sich tatsächlich nach „Inneren Weiten“ an – und zwar nach solchen, die aus weiten (eben!) Feldern, kargen Felslandschaften und dunklen Wäldern bestehen. Irgendwie fühle ich mich immer wieder an frühe DORNENREICH erinnert, wozu sicherlich auch die geflüsterten und gehauchten Stimmen beitragen, die den Darbietungen Evigas nicht unähnlich sind. Fein.

Nun die Kritikpunkte. Was mir sofort auffällt, ist, dass cleane Passagen und Black Metal-Raserei sich nicht ganz zu einem homogenen Klangbild vereinigen wollen. Fast unverzerrte Leadgitarren tragen zwar zu einer Annäherung bei, doch für den warmen Klang der ausschließlich clean gespielten Passagen sind die schwarzmetallischen Anteile zu kalt. Böse Zungen könnten behaupten, dass FROSTNACHT es auf diesem Album noch nicht schaffen, die beiden Ansätze zu separieren – dafür klingt „Innere Weiten“ zu unausgeglichen. Dazu kommt, dass die Black Metal-Elemente arg unter dem Drumcomputer leiden, der sehr lieblos programmiert ist und der Raserei eben jene Dynamik nimmt, die im Gesamtbild so positiv hervorsticht.

Was mir zusätzlich ein wenig die Freude an FROSTNACHTs Debut genommen hat, ist die sehr hohe Spielzeit. Es lässt sich – und da können die Motive noch so oft variiert werden – einfach nicht vermeiden, dass in fast achtzig Minuten ein paar Längen auftauchen. Erst recht nicht, wenn sich ein Album im Wesentlichen aus zwei scheinbar gegensätzlichen Polen aufbaut. Ein letzter konstruktiver Punkt, den ich FROSTNACHT mit auf den Weg geben möchte, ist: Stimmt bitte eure Gitarren regelmäßig! Zum Teil haben sich mir in den unverzerrten Abschnitten sämtliche Fußnägel hochgerollt – und auch mit den teils etwas billig klingenden Keyboards vertragen sich die Gitarren nicht immer.

Das sind jedoch alles Punkte, die ich einer aufstrebenden und vielversprechenden jungen Band verzeihen kann – und liebe FROSTNACHTler, nehmt meine Worte als konstruktive Kritik an, dann könnte euer nächstes Album eine echte Überraschung werden!

05.01.2011

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