Pantheion - The Faustian Disciplines

Review

2012 ist ein gutes Jahr für melodischen Black Metal. Erst SATURNIAN mit einem fantastischen Debüt, und jetzt die Hamburger PANTHEION mit ihrem ebenfalls ersten Album. Und das ist annähernd genauso gut, und das heißt einiges. Absolut unverständlich ist es da übrigens, dass so ein Kaliber von der Band selbst veröffentlicht werden muss. Denn „The Faustian Disciplines“ ist an jeder Ecke mindestens so ausgefeilt, mit so viel Können und Detailverliebtheit arrangiert und gespielt, so beseelt, so brachial produziert und mit seinem einzigen Kupferdruck so hübsch verpackt, wie es sonst nur die Juwelen unter den Labelveröffentlichungen sind.

Umso wichtiger ist es deshalb, dass PANTHEION, nach fast 15 Jahren der Arbeit an „The Faustian Disciplines“, damit auch Gehör finden – und zwar bei jedem, der die atmosphärische Weitschweifigkeit von EMPEROR liebt, die Verspieltheit und das Kontrapunktische von OBTAINED ENSLAVEMENT, die Brutalität, Geschwindigkeit und Gitarrenlastigkeit von SETHERIAL und das charakteristische Riffing der ersten beiden NEGATOR-Alben. Wer eine ungefähre Einschätzung der Stilistik dieses Werkes hier braucht, für den ist sicher die Information interessant, dass PANTHEION (bzw. Mastermind Trolfbert) fast geschlossen die ersten beiden NEGATOR-Platten geschrieben und eingespielt haben. Das, vermengt mit mehr skandinavischen Flairs und einer satten Portion Keyboards, ergibt PANTHEION.

Damit ist „The Faustian Disciplines“ aber noch nicht umfassend beschrieben, auch wenn das ohnehin schlicht unmöglich ist. Während der gesamten 54 Minuten überkommt den Hörer mehrmals das Gefühl, dass PANTHEION unmenschliche Kräfte aufwenden mussten, um die geballten Ideen aus so vielen Jahren zu homogenisieren, in ihre Songs zu pressen und dort so aneinander zu binden, dass sie kein Eigenleben führen. Das Album quillt beinahe über vor kreativer Energie. Die Rasanz der Platte droht, sich selbst zu sprengen. Wiederholungen finden nur dort statt, wo es unbedingt songdienlich ist, ansonsten regiert ein mutiges, abwechslungsreiches, aber jederzeit schlüssiges Arrangement die Stücke. Es passiert derart viel zur selben Zeit – das aber ohne Hast und Affektivität – dass man Mühe hat, die Höreindrücke überhaupt einzuordnen. Das dauert, ist aber unheimlich spannend und keinesfalls so retro, wie sich die Querverweise lesen.

Endgültig meisterhaft ist allerdings, neben den schon für sich fantastischen Stücken, dass hinter „The Faustian Disciplines“ ein wohlüberlegtes lyrisches Konzept steht, das mit den Eigenarten der zehn Songs Hand in Hand geht. So haben PANTHEION den vier eigentlichen Disziplinen faustischer Künste (Philosophie, Jura, Theologie und Medizin) sechs weitere Aspekte hinzugefügt, die wohl den rastlos Suchenden, den strebenden Geist inklusive seiner Schattenseite am besten beschreiben: Mystizismus, Skeptizismus, Alchemie, Zorn, Ekstase und Verneinung. Jedes der zehn Stücke des Albums repräsentiert eine dieser Künste und Charakterzüge und ist auch ein Element dieser Band – von der erhabenen, melancholischen Klarheit von „Into The Analysis Of One And Infinity“ über die rhythmische Gravität von „The Collection Of Debts“ (wie auch „Accession To Power“ mit A. F. von HAGAL als Gastsänger) bis zur wilden nordischen Ungezügeltheit von „Lunar Sonic Phalanx“ deckt „The Faustian Disciplines“ die gesamte Bandbreite melodischen Black Metals ab. Das kann man besser schlicht nicht machen.

Jetzt kann man die Nadel im Heuhaufen suchen und ernsthaft darüber sinnieren, dass das eine oder andere Solo vielleicht nicht nötig wäre, ob die wuchtige Eike Freese-Produktion nicht doch ein klein wenig zu klinisch geraten ist, inwieweit möglicherweise zwei, drei Songs in ihrer Qualität gegenüber anderen minimal abfallen – muss man aber nicht. Als Gesamtpaket ist PANTHEIONs Debüt ein einmaliges Beispiel dafür, dass es den faustischen Geist im Black Metal noch gibt, dass er nicht bloß ein durch die Proberäume dieser Welt mäanderndes Phantom ist. PANTHEION haben ihn eingefangen und auf Plastik gebannt. Ganz anders als vielen anderen Bands ist ihnen hörbar das Streben wichtiger als das Besitzen. Sonst müsste man „The Faustian Disciplines“ nicht direkt bei der Band erwerben, denke ich.

Da kann man ihnen nur einen Engelschor wünschen, der ein bisschen Promo macht:

Reißet von Banden
Freudig euch los!
Tätig ihn preisenden,
Liebe beweisenden,
Brüderlich speisenden,
Predigend reisenden,
Wonne verheißenden
Euch ist der Meister nah,
Euch ist er da!

31.10.2012

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5 Kommentare zu Pantheion - The Faustian Disciplines

  1. Lavalampe sagt:

    Wieso eigentlich 2012?
    Das Album ist doch schon 2011 erschienen. Wieso kommt erst jetzt das Review von euch?

    Die Konkurenz von Metalnews war da wesentlich schneller 😉

  2. Florian sagt:

    Das Album ist vor eineinhalb Wochen erschienen. 🙂 Ich kenne es zwar auch schon seit eineinhalb Jahren, aber was hilft ein Review, wenn man das Album nicht kaufen kann, hm? 😉 Da hat die Konkurrenz wohl geschlafen. 😛

  3. xXx-Oimel-xXx sagt:

    Ohne große Umschweife: 10 von 10 Punkten!!! Selten habe ich ein Werk gehört, das von vorne bis hinten fesselt. Man muss noch erwähnen, dass man es hier mit der (fast kompletten) ehemaligen NEGATOR Besetzung zu tun hat-was man auch deutlich heraus hören kann. Allerdings gehen PANTHEION komplexer & symphonischer zu Werke. Die ganze CD hat ein konstant hohes Level. Da das Auge bekanntlich mit isst, erscheint die CD im edlen kupferfarbenen Digi (erinnert an einem Kupferstich).

    10/10