Transcending Bizarre? - The Misanthrope's Fable

Review

Beim Anhören des neuen und dritten TRANSCENDING BIZARRE?-Albums „The Misanthrope’s Fable“ klopft mein Unterbewusstsein an die Hintertür und macht mich darauf aufmerksam, dass mir die Musik irgendwie bekannt vorkommen müsste. Das ist nun nichts Neues oder gar Erwähnenswertes, wäre da nicht der merkwürdig vorwurfsvolle Tonfall meines Unterbewusstseins… nach einigen Minuten unangenehmer Suche in den dunkleren Schubladen meines musikalischen Reiches wird mir klar: So ähnlich haben MYSTIC CIRCLE auf ihrem 1999er-Album „Infernal Satanic Verses“ geklungen. Nur ein paar Klassen schlechter.

Die Marschrichtung ist also klar: „The Misanthrope’s Fable“ bietet kurz gesagt reichlich bombastischen Black Metal, die Synthesizer sind omnipräsent, oft strukturgebend und – leider – in weiten Teilen furchtbar kitschig. Das ändert natürlich erstmal nichts daran, dass die Griechen ihre Instrumente äußerst sicher beherrschen, ein Gespür für Dramaturgie besitzen und entsprechend schlüssige Songs schreiben können. Leider treten aber gerade die durchaus spannenden metallischen Anteile (die mich hier und da an THE KOVENANTs „Nexus Polaris“ erinnern) viel zu sehr hinter die orchestrale Komponente zurück, was dem Konzeptalbum einiges an Härte und vor allem an Klasse nimmt. Wären da nicht einige ziemlich coole elektronische Beats und andere nicht-bombastische Effekte, abgefahrene Gitarrensoli und PINK FLOYDeske Psychedelik-Ausflüge – „The Misanthrope’s Fable“ würde schneller im Mittelfeld des symphonischen Black Metals verschwinden als man „Graf von Beelzebub“ sagen kann.

Dem ist nun aber glücklicherweise nicht so, und ich tue TRANSCENDING BIZARRE? mit obigem Vergleich auch ziemlich Unrecht. Denn bei allen Parallelen wagt sich die zum Vierer geschrumpfte Band (Schlagzeuger S. A. Akis ist offensichtlich dieses Jahr verstorben) immerhin in ungewöhnliche harmonische Gefilde, wächst über ausgelutschte Motive des melodischen Schwarzmetalls hinaus. Das ist zwar nicht immer zielführend (weil sperrig), aber wenigstens halbwegs spannend.

Mehr als halbwegs spannend finde ich auf den ersten Blick auch das textliche Konzept hinter „The Misanthrope’s Fable“ – offenbar haben TRANSCENDING BIZARRE? einen Narren an René Descartes gefressen, so dass sie sich an der Vertonung seiner Lebensgeschichte und Philosophie versuchen. Ich könnte nicht behaupten, dass ich mich besonders gut in der kartesischen Welt auskenne – aber ich werde das Gefühl nicht los, dass die Fabel des Misanthropen lyrisch ziemlich in die Hose geht. Das liegt einerseits am ziemlich „kreativen“ Englisch (und wieder eine Parallele zu MYSTIC CIRCLE – und wieder ziehen die Deutschen den Kürzeren: Schlechter geht’s einfach nicht), andererseits an der ziemlich kruden Mischung von Ideen, die unter anderem Descartes – trotz Verneinung Gottes – zum göttlichen Wesen mit hypnotischen Kräften erheben, die DNA nach Rache trachten lassen und Descartes zwischendurch auch mal zum Mörder der Erstgeborenen machen.

„The Misanthrope’s Fable“ ist ein ziemlich gutes, musikalisch gut durchdachtes Album, das ähnlich wie seine Vorgänger sicher seine Anhänger finden wird, TRANSCENDING BIZARRE? aber auch dieses Mal nicht in den Olymp (haha!) des symphonischen Schwarzmetalls erheben kann. Es ist noch Luft nach oben.

14.12.2010

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