Scar Symmetry - The Singularity (Phase 1 - Neohumanity)

Review

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Wenn man im Bereich des Melodic Death Metal die Vorzeige-Bands aufzählt, fällt früher oder später der Name SCAR SYMMETRY. Zwischen Genie und Wahnsinn liegt bekanntlich ein sehr schmaler Grat, aber wenn eine Band es schafft, Melodic Death Metal, Progressive Metal und irgendwie sogar AOR und Power Metal zu vereinen und dabei trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – zu den absoluten Favoriten ihres Fachs zu zählen, dann verfällt man bei Bekanntgabe einer konzeptuellen Albumtrilogie geradezu ins Schwärmen. Doch das gilt (bisher noch) nicht für alle Fans. Warum das so ist, klärt ein kurzer – pythagoräischer – Blick in die Vergangenheit:

(Christian Älvestam)² + (Melodic Death Metal)² = (SCAR SYMMETRY)²

Sechs Jahre ist es nun her, dass Christian Älvestam, dessen Name vermutlich auch noch in den nächsten Jahrhunderten in jedem Review, Interview oder Aufschrieb über SCAR SYMMETRY auftauchen wird, getrennte Wege gingen. Seit 2008, oder besser gesagt seit dem Album „Holographic Universe“, gibt es zwei klare SCAR SYMMETRY-Fronten – die Befürworter und die Verweigerer. Es ist natürlich nicht alles schwarz-weiß, aber es fühlt sich an, als sei es seitdem sehr viel schwerer geworden, den Erwartungen der Fans gerecht zu werden. Es handelt sich natürlich immer um Kritik auf höchstem Niveau, aber für das neue Album und die aktuelle Einschätzung ist gleich eine der Variablen aufzulösen:

(Christian Älvestam)² = a²

Zwei Stimmen haben den ehemaligen Platz eingenommen: Robert Karlsson und Lars Palmqvist bilden seitdem ein Duett aus tiefen Growls und markantem Klargesang und das neue Team musste sich, wie damals vermutet, erst „einspielen“. Wo „Dark Matter Dimensions“ für teilweise unkoordinierte Zusammenarbeit kritisiert wurde, konnte auch „The Unseen Empire“ leider nicht die volle Punktzahl abräumen. Aber mit „The Singularity (Phase 1 – Neohumanity)“ zeigt sich das Zusammenspiel von Karlsson und Palmqvist ausgereift wie nie, man kommt sich nicht nur nicht in die Quere, sondern ergänzt sich ganz natürlich. Karlsson treibt in FACEBRAKER-Manier den Härtegrad wesentlich nach vorn und Palmqvist glänzt seinerseits mit stärkerem und epischerem Gesang. Bestes Beispiel ist hierfür der Song „Cyronic Harvest“, der es schafft, gleichzeitig druckvoll als auch episch zu sein. Daraus ergibt sich, dass die Variable „Älvestam“ perfekt gelöst wurde.

Karlsson = Palmqvist = a

Um die Beweisführung weiter voranzutreiben, nehmen wir nun den Melodic Death Metal-Anteil unter die Lupe. Im Angebot stehen aggressives Grunzen, heroischer Klargesang, tiefer gestimmte Gitarren, druckvolle Riffs, eingängige Refrains, schnelle Stellen, ein instrumentaler Track („Children Of The Integrated Circuit“) und sonst ordentlich melodischer Dampf. Laut Per Nilsson besteht das Album sogar zu 19,3 % aus Gitarrensoli, was einem Fünftel der aufgefahrenen Musik entspricht. „Neohuman“ bietet zwar auch einen offensichtlich progressiven Einschlag und „Limits To Infinity“ hat einen sehr AOR-lastigen Refrain, aber darüber sehen wir der Form halber mal hinweg.

(Melodic Death Metal)² = b²

Nun fehlt nur noch eine Variable:

SCAR SYMMETRY = c

Nun, das Album nennt sich „The Singularity (Phase 1 – Neohumanity)“ und nicht nur die vollen Melodien, die technischen Arrangements und der Ideenreichtum sind ganz klar Erkennungsmerkmal für die SCAR SYMMETRYsche Handwerkskunst, auch der Inhalt soll an dieser Stelle für sich sprechen. Die Songs erzählen die Geschichte einer nicht allzu weit entfernten Zukunft, die vor Allem in technischer Hinsicht ungeahnte Möglichkeiten des Fortschritts liefern soll. Damit einher gehen auch die Änderungen von Ansichten und eventuelle Konflikte – die Geschichte endet zumindest auf diesem Album mit dem Titel „Technocalyptic Cybergeddon“, welcher nicht nur treffender nicht hätte benannt werden können, sondern auch das Highlight des Albums birgt. Mit über zehn Minuten Spielzeit wird eine Geschichte erzählt, für die man sich Zeit nimmt, als sei es ganz selbstverständlich. Die Stimmungen werden nach und nach aufgebaut, wandeln sich und machen das neue Album zu etwas ganz „Anderem“: Die konzeptionellen Arrangements sind eindrucksvoll, teilweise bekommt man schon beinahe galaktisches 8-Bit-Feeling, aber es erlaubt sich keinen Moment der Schwäche, ist technisch perfekt umgesetzt und strotzt nur so vor Ideenreichtum, der den einen oder anderen musikalisch offenen Geist vom Sofa hauen könnte. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass die Band mit dem neuen Album meiner Meinung nach besser klingt als sie es je zuvor getan hat. Dies ergibt für die auf zwei soliden Katheten ruhende Hypotenuse:

(SCAR SYMMETRY)² = (Melodic Death Metal)² + (Karlsson x Palmqvist)

Wer der (äußerst logischen) Beweisführung bisher nicht folgen konnte oder nur Bahnhof versteht, das hier ist das Fazit: „The Singularity (Phase 1 – Neohumanity)“ ist ein Sci-Fi-Erlebnis der Extraklasse: q.e.d. – was zu beweisen war!

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29.09.2014

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

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1 Kommentar zu Scar Symmetry - The Singularity (Phase 1 - Neohumanity)

  1. Impaled sagt:

    Geile Rezension, ehrlich! Ich hoffe mal, dass das Album mehr als die letzten beiden kann. Die waren zwar nicht übel, aber gemessen an den genialen „Pitch Black Progress“ und „Holographic Universe“ eben nicht ganz so überzeugend. Und das lag gar nicht so sehr am Gesang.