World Under Blood - Tactical

Review

Es dauert genau eine Sekunde, bis man hellwach ist, wenn man WORLD UNDER BLOODs erste Platte „Tactical“ anschmeißt. Das Quartett aus Los Angeles vermittelt den Eindruck, absolut keine Zeit verlieren zu wollen. Keine Intros, keine Pausen zwischen den Tracks, keine Outros, kein Keyboardgedüdel, keine Redundanzen im Arrangement. „Tactical“ ist ein von vorne bis hinten kompaktes Album, und es hat acht richtig scharfe Zähne, mit denen es um sich beißt, wenn man ihm zu nahe kommt. Deshalb dauert es auch etwas, bis man die Platte geknackt hat.

Hinter WORLD UNDER BLOOD stecken als kreativer Kopf CKY-Gitarrist und Sänger Deron Miller und als Rhythmus-Rückgrat Tim Yeung, der zwischen DIVINE HERESY und MORBID ANGEL ein bisschen Zeit für eine melodische Death Metal-Platte freigeschaufelt hat. Aber was für eine. Im Gegensatz zu dem, was man landläufig in Deutschland unter MeloDeath versteht (nämlich im Grunde alle AT THE GATES-Plagiate und alle Kasper, die nicht den Arsch in der Hose haben zuzugeben, dass sie Metalcore spielen), ist „Tactical“ wirklich eine Death Metal-Granate mit Melodie. Deron Miller feuert ein hochkomplexes Gitarrenfeuerwerk ab, das mit jedem Hördurchgang mehr Spaß macht und das hörbar vom komplex-progressiven US-Death Metal geprägt ist. Sein Riffing ist so schnell und vielschichtig, dass alleine durch die Kombination der Gitarrenlayer schon Melodien entstehen, und zwar solche der Sorte, die man nicht schon tausendmal gehört hat. Trotz der Komplexität der Songs, trotz aberwitziger Breaks („Dead And Still In Pain“) und unfassbar dreschiger Thrashriffs („I Can’t Stand His Name“) bleiben die Tracks immer nachvollziehbar und verlieren sich nicht in Frickeleien um der Frickeleien wegen. Auch wenn die Soli die reine Angeberei sind. Garniert wird die enorm gitarrenlastige Musik von Millers recht variablem Organ, das zwischen dominierenden Schreien, Growls und einem cleanen Gesang pendelt, der erfreulicherweise kein Stück emo klingt. Herrlich.

Der von James Murphy relativ unpopulär gebaute Sound rückt Tim Yeungs Drumspuren deutlich in den Mittelpunkt. Und das nicht umsonst. Ohne das einzigartige Können eines der schnellsten Drummer der Welt wäre „Tactical“ nur halb so beeindruckend. Man muss Yeungs Drumstil, der in Präzision und Kälte einem Konservenschlagzeuger oft kaum nachsteht, nicht mögen – aber was der Mann auf WORLD UNDER BLOODs Debüt macht, lässt einem definitiv die Kinnlade runterklappen. Hinter den irrwitzigen Blast Beats verstecken sich auch eine Menge neckischer Details: Yeung geht mit seiner Hi-Hat ins Bett („Pyro-Compulsive“), fliegt über seine Toms oder vermöbelt seine Bassdrum. Wahnsinn.

Ich hatte anfangs meine Mühe mit „Tactical“, muss aber nach 15 oder mehr Durchläufen neidlos anerkennen, dass WORLD UNDER BLOOD ihren Nuclear Blast-Deal verdient haben. Keine Ahnung, wann das letzte Mal ein so gutes Death Metal-Debüt erschienen ist, aber das muss eine Weile her sein. Die Platte zerspringt förmlich vor Angriffslust, und das ohne plakative Trendanbiederei. Stellt euch DEATHs griffigste Phase in zweieinhalbfacher Geschwindigkeit vor. Genau. Jetzt ein paar OPETH-Leads in schnell dazu. Schön. Wer diese Kombi mögen könnte und noch nicht auf dem Weg in den Plattenladen ist, hat irgendwas nicht verstanden.

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04.07.2011

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4 Kommentare zu World Under Blood - Tactical

  1. Laniakea sagt:

    Ich muss dir hier zustimmen. Arschgeiles Brett. Wenn die das Niveau konstant halten können, sind die in ein paar Jahren ganz oben angelangt, wenn’s um Melodic Death Metal geht. Es ist lange her, dass mich eine Platte aus der Sparte so dermaßen überzeugt hat.

  2. Erik sagt:

    haben wir die gleiche platte gehört? bei lob aus so berufenem munde musste ich mir die scheibe gleich mal zu gemüte führen, und was durfte ich feststellen? trotz aller geschwindigkeit und instrumenteller fähigkeiten unglaublich zahnloses material, das mich völlig kalt lässt. für einen moment habe ich schon befürchtet, nb hätten nach 16 jahren wieder mal ein gutes album rausgebracht und ich müsste mein weltbild überdenken. hab ich ja nochmal schwein gehabt.

    5/10
  3. Matthias sagt:

    Hoppla, was ist das denn? Es hat genau zwei Durchläufe gebraucht, bis mich die Scheibe gepackt hat. Haben mich zunächst die etwas typischen Klargesänge zwischendurch abgeschreckt, entwickeln sich diese beim genauen Hinhören zu dem I-Tüpfelchen, das man bei manch anderen Scheiben vergeblich sucht. Wahnsinniger Drumspeed und tolle Gitarrenmelodien machen dieses Album zu einem der besten Debüts der letzten Zeit, durchaus. Stark

    9/10
  4. Jost Frommhold sagt:

    Der Altkanzler hat ja sowas von Recht! Wenn von Melodic Death Metal die Rede ist, scheint der Core nicht weit und die üblichen Verdächtigen nerven alsbald allgewaltig. Aber das Gerät hier ist gerade auf Grund der Tatsache, dass kein einziges der genannten Klischees bedient wird, mächtig frisch und dank Riffgewitter und Schlagzeugdonner bleibt auch der Härtegrad höchst angenehm. Miller schreibt zudem echte Songs, die sich anhören als hätten Alas zusammen mit Into Eternity den Hass entdeckt. Eine echte Glanztat für das Todesmetall im Jahre 2011!

    9/10