Aeonsgate - Pentalpha

Review

Das ist eine Ansage: AEONSGATE verhandeln in einem Mammutsong von einer knappen Stunde nichts weniger als des Protagonisten erste Minuten beim Einsetzen des Todes. Das Medium des Projekts um den Gitarristen und Tattoo-Künstler Jondix ist Doom, das Cover dominiert von fremder Gottheit und religiösen Symbolen. Einmal durchatmen.

Eine zumindest partielle Erdung des Werks erfolgt allerdings gleich zu Beginn: Das Tasten-Intro erinnert an ABYSMAL GRIEF und führt mit wenigen Klängen in ein zwar dramatisches Bühnenstück ein, ist aber nicht die überlebensgroße Wagner-Geste, sondern eher die vermeintlich billige, aber berührende Eingangsmelodie des Nebenstraßen-Etablissements, in dem seit je vor kleinem Publikum intensive und gefühlsechte POEsie als emotionale Soforthilfe dargeboten wird. Eher schummriges Kerzenlicht statt greller Bühnenscheinwerfer. Die folgenden Streicher und die bedeutungsschweren einleitenden Worte wuchten das Ganze zwar anschließend doch deutlich das Pathos-Massiv herauf, stehen jedoch nicht in völligem Kontrast zum Vorherigen. Akustisch treffend umrissen wird vielmehr das Spannungsfeld, in dem sich das Folgende bewegt: Der letzte Kampf eines Menschen zwischen individueller Reflexion und religiöser Anrufung. So weit zu meinem persönlichen Empfinden – den Text des Stückes habe ich nicht vorliegen. Aber entscheidend ist ja bekanntlich nicht die Intention des Künstlers, sondern die Rezeption seines Werkes.

Und wie verhält es sich, nicht ganz unwichtig, mit der Musik? Die kann viel. Getragen wird das einstündige Monstrum namens „Pentalpha“ von schweren, klassischen Doom-Riffs – die Auzählung der einschlägigen Vergleichsgrößen spare ich mir hier mal -, wiederkehrende Grundmotive sorgen für die Integrität des Gesamten. Zu hören ist tatsächlich ein einziges bruchloses Stück Musik, keine Liedsammlung, der des Effekts wegen die Pausen gestohlen wurden. Und anders als zum Beispiel SLEEPS „Dopesmoker“ bildet das hier Vorgestellte im Kern auch keine Jamsession, sondern stellt ein erkennbar durchkomponiertes Werk dar.

Das zweite tragende Element neben dem allmächtigen Riff bildet die melodische Leadgitarre. Nicht ganz so klagend wie zum Beispiel diejenige des jungen Gregor Mackintosh auf den Platten der Frühneunziger-PARADISE LOST, aber stets geschmackvoll, harmonisch, ausdrucksstark und regelrecht erzählend, verleiht sie dem Ganzen emotionale Tiefe, gibt der Seele sozusagen die entscheidende Hilfestellung zur Öffnung, zum Andocken. Der voluminöse und recht warme Gesamtsound fußt passend zu Thema und Genre insgesamt immer so deutlich im Moll, dass zwar nicht die Depression ihre scharfen Krallen ausfährt, aber doch eine allumfassende Melancholie alles fast tröstend einhüllt.

Und der emotionale, tja, würdevolle, aber nicht zu pathetische Gesang Mats Levens (unter vielen anderen KRUX und aktuell CANDLEMASS) veredelt „Pentalpha“ akzentuiert an zentralen Stellen, stellt aber aufs Ganze betrachtet eher eine Ergänzung als das zentrale Narrationselement dar. Gleiches gilt bezüglich der – Phrase, aber passend! – (atmo)sphärischen Keyboards, die für eine gewisse psychedelische Note sorgen.

Für den am 3,5-Minuten-Popformat bzw. durch Spotify und Youtube geschulten Musikzapper, ich nehme mich da nicht aus, stellt die Scheibe nichtsdestoweniger eine gehörige Herausforderung dar. Es braucht Zeit und vor allem Konzentration, dazu am besten Kopfhörer und Dunkelheit, um an diesen Brocken heranzukommen. Ob „Pentalpha“ langfristig und nach beständigem Genuss zu einem Klassiker und zur berühmt-berüchtigten emotionalen Abfahrt wird oder sich eine gewisse Ermüdung ob nicht zu leugnender repetitiver Elemente, mindestens potenzieller Eintönigkeit also, einstellen wird, ist schwer zu beurteilen.

Auf jeden Fall geil sind aber die letzten Minuten. Hier wird die Leadgitarre von der Leine gelassen, ein mehrminütiges Solo, noch intensiver und offensiver als zuvor – oder ist das Einbildung? -, drängt sich endgültig vor das unaufhaltsam vorwärts walzende Grundriff. In einer letzten, fast euphorischen Offensive wirft sich der Todgeweihte seinem endgültigen Ende in die Arme. Alle vorherige Reflexion, das Erinnern, das Bedauern, das Verweigern, das Reflektieren haben ein Ende. Danach kommen nur noch Streicher und Regen, bevor die Klänge des Intros wieder aufgenommen und dramaturgisch der Kreis geschlossen wird. Eben: das Ende. Oder? Nach einigen Sekunden Stille der Ausruf aus dem Jenseits: „I will return from the dark!“

Die Bewertung gestaltet sich, wie angedeutet, als schwierig, die Punktzahl könnte sich leicht als Zwischenstand entpuppen. Keine Ahnung, vielleicht würde ich in ein paar Jahren eine 6 drunter schreiben. Vielleicht aber auch eine 10…

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16.10.2014

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