Unzucht - Venus Luzifer

Review

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Drei Alben in drei Jahren – die UNZUCHT dürfte in den letzten Jahren eine der fleißigsten Bands in der schwarzen Szene gewesen sein. Nach dem Debüt „Todsünde 8“ 2012 und dem „Rosenkreuzer“ im letzten Jahr bringt das Quartett nun „Venus Luzifer“ auf den Markt. Ein Albumtitel, der gleichermaßen düster wie künstlerisch daherkommt und damit perfekt zur UNZUCHT mit ihrer einzigartigen Kombination aus rockigen und elektronischen Klängen mit lyrischem Tiefgang passt.

Auch auf „Venus Luzifer“ bleibt die UNZUCHT ihrer Präferenz für starke Kontraste treu. Im Gegensatz zum „Rosenkreuzer“, wo Albumtitel und Opener übereinstimmten, nehmen die Niedersachsen auf ihrem dritten Longplayer mit „Wir sind das Feuer“ den Hörer mit ins Geschehen. Unerwartet schwergängig, aber mit einem unglaublichen Einheits- und Gemeinschaftsgefühl gepaart beschwört der gebetsartige Gesang eine Stimmung, die für diese Zeiten nicht passender sein könnte.  Der elektronische Anfang ist gut gesetzt, die Melodie beinahe monumental. Rein von den Vorgängeralben her wäre ein schnellerer, brachialer Opener jedoch etwas wünschenswerter gewesen.

„Seelenblind“ hat leider ebenfalls nicht diese schnelle, rotzige Energie, die das Erstlingswerk der UNZUCHT ausgemacht hat – glänzt dafür allerdings mit einem persönlichen Text, der zur Wiedererkennung der eigenen Gefühle bestens geeignet ist. Die verspielte elektronische Melodie im Hintergrund wirkt schön konträr zu den simpel gehaltenen, aber dennoch schweren Gitarren. Das Arrangement ist demnach sehr gelungen. Mit „Das Denkmal fällt“ gewinnt „Venus Luzifer“ endlich an Bumms. Die perfekt zum aggressiv treibenden Beat schrammelnde Gitarre kombiniert mit dem verzerrten Gesang von Gitarrist De Clercq mündet im Refrain hin zu einem melodiösen Part von Sänger DER SCHULZ und ist für die Unzucht beinahe typisch komponiert, aber ein absolutes Highlight der Platte. Nicht zuletzt, weil der Schluss des Songs ein längeres Instrumental wurde, der wunderbar ins anschließende „Ikaria“ übergeht.
Textlich handelt auch dieser Track vom Mut, aufzustehen und seinen Träumen nachzugehen. Rein lyrisch hat sich das niedersächsische Quartett wieder selbst übertroffen, mit durchdachten Reimen und gut gewählten Metaphern regen die Lieder zum Nachdenken, Träumen und Sich-selbst-wiederfinden an. Ein weiteres Schmankerl bei „Ikaria“ ist das wunderbar verzerrte Gitarrensolo. Schon nach vier Tracks bemerkt man, dass die UNZUCHT stets weiter reift, mehr verarbeitet, reflexiver wirkt. „Nimm mich mit“ überzeugt durch seinen ungewohnten Stakkato-Rhythmus am Anfang und bittersüß-romantische Lyrics. Jedoch wirkt die Komposition an einigen Ecken zu stark auf die Eingängigkeit konzentriert. Dennoch: „Nimm mich mit, wenn du mich verlässt. Nimm mich mit, wenn du mich vergisst“ – das Frauenherz schlägt sofort höher und neigt zum Seufzen. Dazu kommt man aber nicht wirklich, denn bei „Unendlich“ wird anfangs dermaßen auf die Ohren geballert, dass der Atem rein durch die konträr gesetzten Songs kurz wegbleibt. Auch bei diesem vorab als Single ausgekoppelten Track ist der Kontrast zwischen aggressivem Tempo in den Textpassagen und melodiöser Ruhe im Song mehr als gelungen.

„Neugeboren“ ist ein harter Midtempo-Song, der auf’s Härteste die momentane Schere zwischen Arm und Reich kritisiert und auch interessante Breaks aufweist. Man merkt, dass die Bandmitglieder das aktuelle Zeitgeschehen verfolgen und teilweise auch konträr denken, was sehr sympathisch wirkt. „Schweigen“ beginnt beinahe „gothic-typisch“ mit Klavier und ist auch ähnlich auf Eingängigkeit getrimmt wie „Nimm mich mit“. Möchte man noch über die Thematik von „Neugeboren“ nachdenken, wirkt „Schweigen“ minimal fehlplatziert (es sei denn, man drückt Pause, um mehr Zeit für’s Nachdenken zu haben). „Leidbild“ ist ein wunderbar gelungenes Wortspiel und ebenfalls sehr eingängig-melodiös. „Krieg“ hingegen ballert wie kein zweites Lied auf der Platte. Eine Elektro-Melodie, die an Tetris erinnert, ein pfiffiger Text, allerlei Rotzigkeit – danke, genau darauf hat man beim Hören bis dato gewartet. Ohne diesen Track würde „Venus Luzifer“ etwas ganz Großes fehlen. „Mein Grab“ rundet die Platte auf eine ruhige, aber besonnene und nachdenkliche Art ab. Wieder gelingt der UNZUCHT ein einzigartiger Umgang mit der Thematik des Todes, die an die barocke Vergänglichkeitsthematik erinnert.

Alles in allem liefert das Quartett eine runde Platte ab, die gereift und reflexiv daherkommt. Von persönlichen Ängsten und Geschichten geprägt, wagen die Texte auch einen Blick in allgemeinpolitische Gefilde und sind abwechslungsreich und lyrisch anspruchsvoll gestaltet. Hier liegt eine der großen Stärken der UNZUCHT: Lyrik. Nie zu gewollt, nie zu verkrampft, aber immer kunstvoll. „Venus Luzifer“ ist dabei, wie bereits der „Rosenkreuzer“, von reichlich Schwergang geprägt, regt so aber auch passend zur Jahreszeit zum Nachdenken an. Persönliche Highlights auf „Venus Luzifer“ sind ganz klar „Das Denkmal Fällt“ und „Krieg“. Denn das kann die UNZUCHT neben aller Schwergängigkeit nämlich auch hervorragend: hart, schnell und dreckig Beats um die Ohren hauen.

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23.11.2014

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