Borknagar
Interview mit Øystein G. Brun über "Universal"

Interview

Nach vier langen Jahren werfen BORKNAGAR endlich wieder ein Album auf den Markt. Damit gerechnet haben wir allerdings bereits 2009. Was die Norweger aufgehalten hat und warum “Universal” für alle und besonders die langjährigen Fans eine Explosion sein wird, verrät uns Kopf und Gitarrist der Band Øystein G. Brun.

Borknagar

Hallo Øystein. Wie geht es dir heute?

Hey! Naja, eigentlich verbringe ich momentan zu viel Zeit am PC. Abgesehen davon ist alles bestens, haha!

Herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album “Universal”. Ihr sagt selbst, ihr seid sehr zufrieden und “Universal” enthält alle Elemente, die BORKNAGAR zu dem machen, was sie sind. Was erwartet ihr für Feedback auf das Album?

So lange wir selbst mit dem Ergebnis zufrieden sind, kümmert uns das Feedback wenig. Natürlich ist es immer schön, ein gutes Feedback zu bekommen, aber es ändert oder beeinflusst ja nicht, was wir vor, während und nach der Produktion getan haben. Wir waren immer eine Band, die musikalisch in ständiger Bewegung ist, also haben die Leute immer die kuriosesten Erwartungen, wenn wir ein Album raus bringen. Es gibt einige, die es dann lieben und genauso gibt es andere, die es nicht mögen, so ist das nun mal!
Aber so wie es aussieht, kriegen wir generell ziemlich positives Feedback auf “Universal”, zumindest bei den bisherigen Reviews ist das so.

Der Song “My Domain” mit I.C.S. Vortex als Gastsänger ist meiner Meinung nach besonders gut gelungen. Die Mischung aus den musikalisch “neuen” BORKNAGAR und seiner Stimme wird bestimmt vielen Fans gefallen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Nun, Vortex und ich haben schon jahrelang über diese Idee diskutiert. Die Story dahinter ist relativ einfach: “My Domain” wurde in der Zeit geschrieben, als Vortex noch in der Band war und er liebte den Song immer, aber wir hatten nie die Gelegenheit, ihn mal anständig aufzunehmen. Ich habe “Universal” bereits geplant, bevor wir “Origin” aufgenommen haben und zu diesem Zeitpunkt beschlossen wir, dass er bei diesem Song, mitwirken sollte. So kam das und ich bin sehr froh über diesen Entschluss, denn wir durchlebten einige wirklich magische Momente im Studio und ich denke, das Ergebnis ist wirklich super. Ich bin absolut der Meinung, dass es zu Vortex‘ besten Werken zählt.

Neben diesem halte ich auch “Havoc”, “Reason” und auch das außergewöhnliche “Fleshflower” für sehr gelungen. Welcher Song ist euer Favorit?

Ich denke, alle Songs haben eine eigene Persönlichkeit, die mich fesselt, je nach meiner momentanen Stimmung. “Reason” ist definitiv auch einer meiner Favoriten. Das ist eine lustige Geschichte, denn bevor wir den Song aufnahmen, dachte ich, dass er einfach zu kahl sei. Aber dann ist er so gut geworden und hat einen sehr schönen Fluss bekommen. Eigentlich ist es häufig so, die Songs, bei denen man sich zunächst unsicher ist, werden meist die besten. Außerdem mag ich “Worldwide” wegen der Lyrics sehr.

Ich denke, “Universal” ist ein passender Titel für ein Album, das umfassend alles wiedergibt, was auch BORKNAGAR in den letzten 15 Jahren ausgemacht hat. War das auch eure Intention bei der Namensgebung?

Ja, das kann man so sagen. Dennoch hat der Titel keine absolute Bedeutung, es gibt verschiedene Möglichkeiten, ihn zu interpretieren. “Universal” erschien uns einfach gewaltig und umfassend genug, um das komplette Ausmaß des Albums wiederzuspiegeln. Aber einer der ausschlaggebenden Punkte bei der Namensgebung war, die “Pagan”-Mentalität in einen universelleren Kontext zu bringen. Der tiefe Respekt und die Ehrerbietung an die Natur, die man vor allem in alten nördlichen Traditionen findet, ist Teil jeder alten Kultur. In Norwegen hatten wir die Wikinger, in Peru gab es die Inkas und die Indianer in Nordamerika – es sind zwar in vielerlei Hinsicht grundverschiedene Traditionen, aber sie alle verstanden den unglaublichen Wert des Zusammenlebens mit der Natur voller Respekt. Also den Kern dieses Glaubens würde ich als sehr universell bezeichnen. Leider scheint dies der Menschheit heutzutage nicht mehr bewusst zu sein und ich glaube wirklich, das ist auch der Grund dafür, dass wir die Hoffnung an ein langes gesundes Dasein der Menschheit verloren haben. Mit “Universal” versuchen wir, die Sprache von Mutter Erde zu sprechen.

Auch das Cover passt genau zu dieser Aussage. War es nicht schwierig, ein Artwork zu entwickeln, was den Inhalt und die Botschaft des Albums optimal repräsentieren kann?

Oh ja, wir haben wirklich eine Menge Zeit und Arbeit in das Artwort gesteckt. Wir wollten, dass das Cover und das Layout insgesamt einfach so groß wie möglich werden und ich denke, das ist uns gelungen. Ich bin sehr glücklich darüber und es wird in vier verschiedenen Formaten erscheinen, die alle großartig aussehen.

Apropos 15 Jahre BORKNAGAR. Auch dazu meine Gratulation. Wie gedenkt ihr, das Jubiläum zu feiern?

Danke! Darüber haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht. Das Jubiläum bedeutet mir persönlich eigentlich gar nichts. Ich bin zwar stolz, dass es uns schon so lange gibt, aber wir planen auch, dass dies weitere 15 Jahre der Fall sein wird. Also vielleicht feiern wir dann unser 30-jähriges, wenn die Zeit kommt, haha!

Habt ihr vielleicht vor, eure Fans zu diesem Anlass nun mit einer Tour zum neuen Album zu beglücken? Oder beschränkt ihr euch weiterhin auf einzelne Festival-Auftritte?

Mit diesem Thema setzen wir uns gerade auseinander. Wir haben zwar keine spezifischen Pläne momentan, aber ich bin sicher, dass wir in den nächsten fünf Jahren auf jeden Fall mehr Gigs spielen werden, als in den letzten. Eine Tour ist für uns aus persönlichen Gründen aber zur Zeit schwierig, also wird es nur einige Shows geben.

Was ist es für ein Gefühl auf eine so lange Bandgeschichte zurück zu blicken? Gerade bei einer Band wie BORKNAGAR, die mit ständigen Besetzungswechseln zu kämpfen hatte, ist das bestimmt eine ganz schöne Berg-und-Tal-Fahrt.

Meistens bin ich sehr stolz auf das, was wir erreicht haben, musikalisch und auch kommerziell. Wir haben acht Alben veröffentlicht und über 300 000 Exemplare weltweit verkauft. Dies habe ich nicht erwartet, als ich mit der Idee zu einer Band begann. Worauf ich aber wirklich stolz bin, ist, dass wir ein Zeichen in der Musik-Szene gesetzt haben, vielleicht auch Vorreiter in Sachen Progressive Metal waren.
Aber du sagst richtig, es war eine Berg-und-Tal-Fahrt. Nicht unbedingt wegen dem Line-Up, sondern eher deshalb, weil man als Musiker ständig zwischen Realität, kommerziellen Interessen und musikalischen Visionen umher treibt. Ein Line-Up-Wechsel ist zwar eine Herausforderung, aber ich habe das immer als natürliche Entfaltung der Band gesehen und alles hat sich immer zum besseren gewandelt. Es ist keine große Sache, solange die Trennung freundlich und durchdacht abläuft.

Auch in den letzten Jahren gab es weiter Besetzungswechsel: Erik “Tyr” Tiwaz und Jens Ryland sind wieder mit von der Partie und Asgeir Mickelson verließ die Band und wurde durch David Kinkade ersetzt. 2006 sprachst du in einem Interview von einem stabilen “Kern der Band”, der funktioniert und deshalb nicht geändert werden sollte. Wie kam es dann doch zu den drastischen Veränderungen?

Dinge sind immer in Bewegung. Wir können alle unsere Gedanken und Visionen für die Zukunft haben und es ist menschlich, sich Dinge, die funktionieren, bewahren zu wollen. So ging es mir auch. 2006 dachte ich wirklich, dass wir ein konstantes Line-Up hätten, das auch zukünftig so bestehen würde, aber zur selben Zeit war ich mir auch bewusst, dass Asgeir Bedenken gegenüber der musikalischen Entwicklung der Band hatte. Sein Ausstieg kam also nicht wirklich überraschend und schlussendlich ging es uns nach der Trennung einfach besser und somit stellte sich auch das als nützlich für die Band heraus.
Dass Tyr und Jens zurück kamen, war noch weniger dramatisch, es musste eigentlich so kommen. Obwohl sie BORKNAGAR vor einigen Jahren verließen, sind wir immer gute Freunde geblieben und jetzt hatten sie auch den Drang, wieder Musik zu machen. Es fühlte sich für uns einfach natürlich an, dass sie zurück kamen.

“Universal” erscheint bei Indie Recordings, nachdem ihr alle eurer bisherigen Alben nach dem Debüt “Borknagar”, was bei Malicious Records erschien, bei Century Media veröffentlicht habt. Erzähl uns doch mal, wie es zu dieser weiteren großen Veränderung kam.

Als wir “Origin” veröffentlichten, lief auch unser Vertrag mit Century Media aus. Wir waren bei diesem Label über 14 Jahre und die Zusammenarbeit generell war wirklich super. Sie wollten uns auch für weitere Alben signen, aber wir spürten einfach, dass es Zeit für etwas neues war. Es kam uns vor, als wären wir mit Century Media am Ende einer Sackgasse gelandet und wir mussten einfach mal “einen neuen Berg erklimmen”. Auch der Fakt, dass Indie Recordings uns einen weit besseren Deal anboten und das voller Enthusiasmus und Hingabe, wie wir es seit Jahren nicht mehr gespürt hatten, machte die Wahl natürlich einfach. Außerdem ist es ein großer Vorteil, bei einem norwegischen Label unter Vertrag zu sein, wir haben die selbe Mentalität, Sprache und falls es Probleme gibt, können wir diese persönlich besprechen. Das ist wirklich klasse! Wir wollten zudem an dem Abenteuer teilhaben, das Label zu einem noch größeren zu machen.

Seid ihr zufrieden mit eurem neuen Label? Habt ihr Unterschiede in der Arbeitsweise zwischen den Labels entdeckt?

Eigentlich gibt es viele Gemeinsamkeiten, wie bei der Promotion usw. Aber Indie Recordings ist immernoch ein relativ kleines Label, also müssen sie, um sich über Wasser zu halten, all ihre Energie in jede einzelne Veröffentlichung stecken. Es ist gut zu wissen, dass die Jungs vom Label ihr Äußerstes geben, um das Album zu einem Erfolg zu machen. Außerdem bieten sie uns große finanzielle Unterstützung, um zu tun, was immer wir tun wollen. Das gibt uns eine enorme künstlerische Freiheit. Century Media hat uns dahingehend auch nie eingeschränkt, aber es gab finanzielle Begrenzungen. Einmal mussten wir tatsächlich einen großen Streit mit ihnen ausfechten, um das Booklet bunt drucken zu können. Bei Indie Recordings steht sowas nicht zur Debatte, sie tun einfach, was wir von ihnen wollen. Das ist auch ein Grund dafür, dass das Album in verschiedenen Versionen rauskommt.

Du sagtest bereits 2006 in einem Interview, dass du schon einige Songs für “Universal” fertig geschrieben hast. Warum hat es weitere 4 Jahre gedauert, bis das Album nun erscheint?

Wir brauchten natürlich Zeit, um ein neues Label zu finden und das wollten wir nicht schnellstmöglich erzwingen. Zudem dauerte die Suche nach einem neuen Drummer. Der Hauptgrund allerdings war, dass wir uns auch mal zurück zu lehnen wollten, um auszuloten, wie es weiter geht.
Vergiss auch nicht, dass das Album eigentlich im Mai 2009 fertig war und im September veröffentlicht werden sollte. Die letzte Verzögerung lag außerhalb unseres Einflusses.

Hast du auch diesmal schon Pläne für das nächste Album parat?

Ja, schon jetzt arbeite ich an neuem Material. Es gibt zwar keine speziellen Pläne, wann wir wieder ins Studio gehen, aber ich denke, dass dies bereits Ende diesen Jahres oder Anfang 2011 sein wird. Ich wette, das neue Album wird bereits nächstes Jahr erscheinen.

Ich habe das Gefühl, dass ihr, gerade durch die mangelnde Live-Präsenz und die langen Pausen zwischen den Alben, etwas an Stellenwert im Vergleich zu früher verloren habt. Das hat sich mir besonders letztes Jahr beim Wacken Open Air gezeigt. Ich war fast nur wegen eurem Auftritt da und dann gab es lediglich einen Nachmittags-Gig auf der Party Stage vor relativ geringem Publikum, weil die meisten sich HEAVEN SHALL BURN ansahen oder vor der Hauptbühne auf VOLBEAT warteten. Was denkst du darüber?

Darüber denke ich nicht viel. Wir sind durch so viele Hochs und Tiefs gegangen. Die komplette Szene hat sich einfach verändert in den letzten Jahren und das liegt absolut nicht in unserer Kontrolle. Abgesehen davon mache ich Erfolg nicht von Festivals abhängig. Aus kommerzieller Perspektive ist dies vielleicht wichtig, aber unser bedeutendstes Anliegen ist es, unser musikalisches Erbe glaubhaft weiter zu führen. Um ehrlich zu sein, kümmert mich das also nicht, so lange das Rad sich für uns weiter dreht und wir tun können, wofür wir da sind.

Wie du schon richtig sagst, hat sich die Metal-Szene in den letzten Jahren ziemlich verändert. Das Publikum wird immer jünger, kein Wunder, dass viele euch vielleicht gar nicht mehr kennen. Dennoch habt ihr euch zum Glück musikalisch nicht von dieser Veränderung beeindrucken lassen, wie leider viele andere Bands. Was hältst du von dieser Entwicklung und wie denkt ihr zukünftig damit umzugehen?

So ist das eben und der entscheidende Grund für diese Entwicklung ist, neuen Bands Platz zu machen. Die meisten Bands haben den größten Erfolg in den Mitt-Zwanzigern und wir sind mittlerweile alle in den Mitt-Dreißigern, haha! Andererseits repräsentieren wir eine musikalische Hinterlassenschaft, die Jahre brauchte, um sich zu etablieren und das schaffen nur die besten. Ich hatte für BORKNAGAR immer langfristige Pläne und Perspektiven, die Mode in der Szene interessiert mich daher kaum. Was mir allerdings wirklich negativ auffällt ist, dass die Metal-Szene den Mechanismus aufnimmt, den man bisher nur in der Pop Musik fand. Man kann für einen Moment ein Rockstar sein und am nächsten Tag ist man bereits vergessen. BORKNAGAR hingegen ist es gelungen, ein Markenzeichen zu entwickeln und zu entfalten. Somit ist uns unsere Hinterlassenschaft, unsere Leidenschaft und Glaubhaftigkeit, Musik zu machen, viel wichtiger, als mal die Band des Monats zu sein.

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehen an dich.

Danke für die Unterstützung. Heute kommt unser neues Album in die Läden in Europa, also hoffe ich einfach, dass ein paar Leute die Zeit finden, es auszuchecken. Für diejenigen, die uns durch die Jahre gefolgt sind, wird es eine Explosion sein. Viele Grüße außerdem aus dem kalten und schneebedeckten Norden!

Galerie mit 13 Bildern: Borknagar - Party.San Metal Open Air 2023
23.02.2010

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