Capud Draconis
Interview mit Arach von Alzey zu "Musica Aetatis"

Interview

Capud Draconis

Bereits „Musica Nova“ und „Musica Divina“ ließen den geneigten Mittelalter-Fan aufhorchen. Wo sich viele Kollegen mit dem reinen Nachspielen oder Imitieren historischen Liedguts begnügen, zeigen CAPUD DRACONIS – ganz ohne Rock-Gitarren oder Electro-Experimente – wie man mittelalterliche Musik in ein modernes Gewand gießen kann, ohne dass dabei die Authentizität auf der Strecke bleibt. Mit „Musica Aetatis“ liegt nun der grandiose Abschluss der „Musica-Trilogie“ vor und zeigt eine Band, die sich qualitativ nicht hinter Szene-Größen wie CORVUS CORAX verstecken muss. Grund genug also, uns einmal ausgiebig mit dem sympathischen Saitenzupfer Arach von Alzey über die Band, ihr neues Album und Aushilfs-Drummer, aber auch über Rollenspiel-Erfahrungen, Soundtracks und Synthie-Sounds zu unterhalten.

Capud Draconis

Hallo Arach. Als Mittelaltermusiker habt ihr euch natürlich auch alle schicke Bühnennamen zugelegt. Wie kamst du auf „Arach von Alzey“?

Bei Mittelalterband brauchst du das einfach, sonst wirkst du nicht vernünftig. Ich hab mich da ja direkt mal geadelt. Das „Arach“ hat auch gar nix mit Spinnen (griech. arachne – Anm. d. Red.) zu tun, sondern ist eigentlich abgeleitet vom gälischen „Erech“ – das spricht man mit viel Rachen aus und das heißt eigentlich „Drache“. Und „von Alzey“ kommt daher, weil sich unser damaliger Trommler Hagen Sturmwut nach Hagen von Tronje aus der Nibelungensage benannt hatte. Der auffälligste Gitarrenspieler in dieser Historie war Volker von Alzey. Und weil ich halt die Gitarre spiele, ist das dann so eine Brücke gewesen, durch die wir da drauf gekommen sind. Es geht aber auch anders. „Maggie“ zum Beispiel – also Magnus der Letzte – das ist einfach ein Tatsachenname. Er ist halt der größte in der Band und er war einfach der letzte, der zum damaligen Zeitpunkt zur Band gekommen war, bis ich dann noch dazukam. Das ist vielleicht nicht sonderlich kreativ, aber so isses halt.

Ist doch ok, da gibt es bei manch anderen Bands weitaus schlimmere Pseudonyme. Aber lass uns dann gleich mal auf euer großartiges neues Album zu sprechen kommen. Ich fand, ihr habt euch auf „Musica Aetatis“ im Vergleich zu den Vorgängern noch einmal steigern können. Was habt ihr in deinen Augen diesmal besser gemacht?

Ich bin total glücklich mit dem Album, dass wir das so hinbekommen haben. Der größte Unterschied zum Vorgänger ist aber die Percussion-Ecke, glaube ich. Das ist auch das Wichtigste dabei gewesen, einfach dass Okusa (der Bullige, ex-CORVUS CORAX, ex-SCHELMISH – Anm. d. Red.) da mitgearbeitet und die Drum-Spuren selbst geschrieben hat. Das war mit das ausschlaggebendste daran, dass wir noch einmal einen Satz nach vorne gemacht haben. Wir haben alle im Studio gestanden und nachdem Okusa das erste Lied eingespielt hatte, da ist uns echt die Kinnlade runtergefallen, als wir uns das wieder angehört haben. Da dachten wir alle: Wow! Das ist noch einmal ein hervorragender Schritt nach vorne, das drückt jetzt.

Dem kann ich nur zustimmen, die Drums sind diesmal wirklich besonders großartig. Ohne Okusa wäre das Album also wohl definitiv ein anderes geworden.

Es wäre zumindest von den Trommeln her nicht so drückend geworden. Wir haben schon Wert darauf gelegt, dass das trotzdem noch unser Album bleibt. Okusa ist ein erfahrener Musiker und mittlerweile auch ein super Freund von uns, aber das Album haben im Großen und Ganzen wieder Alustris (von Thargor, Dudelsack – Anm. d. Red.) und ich geschrieben, quasi im Songwriting-Camp. Wir haben aber auch drangesessen und uns überlegt, was wir beim letzten Album falsch gemacht haben oder was man diesmal besser machen könnte. Wir wollten unbedingt wieder einen Schritt nach vorne gehen, alleine schon für unsere Fans.

Capud Draconis

Ich hatte den Eindruck, dass ihr bei den ersten beiden Alben noch mitten in einem Lernprozess drinnen wart, der nun abgeschlossen ist, so dass ihr euch auf „Musica Aetatis“ sehr professionell und rund präsentiert. Hängt das auch mit der von dir gerade angesprochenen Erfahrung von Okusa zusammen, von der ihr sicherlich enorm profitiert habt?

Es war schon eine ganz besondere Erfahrung für uns alle mit Okusa zusammenzuarbeiten. Schon als er gesagt hat „Ok, Leute, passt auf, ich mach euch den Aushilfstrommler und mach bei euch mit,“ war das schon ein ganz besonderer Moment für uns. Und als wir dann die ersten Märkte mit ihm gespielt haben, war das für uns echt was ganz Neues. Und als wir dann im Studio gesessen haben – ich bin ja Produzent der Scheibe und hab mir das ja auch alles im Großen und Ganzen selbst beigebracht – dann nochmal mit ihm da dran zu sitzen und einfach neue Sachen auszuprobieren und auch ein bisschen herumzuexperimentieren, wie man einen tollen Sound bekommt, das war echt hilfreich. Ich glaube, wir alle sind an dieser Situation unglaublich gewachsen.

Du sprichst da auch das Zweite an, was mir an dem Album unglaublich gut gefällt, nämlich die Produktion. Das klingt alles dermaßen rund und perfekt aufeinander abgestimmt – wenn du mich fragst, müssten dir eigentlich demnächst alle Dudelsack-Bands der Welt die Türen deines Studios einrennen.

(lacht) Das wäre schön, wenn es so wäre. Ich glaube, ich bin aber erstmal ganz froh, wenn ich mich jetzt um unsere Alben kümmern kann, das ist genug Arbeit. Was ich an dieser Stelle aber auch wirklich betonen muss, ist, dass an dem Sound auch der Trosi (Thomas Heimann-Trosien – Anm. d. Red.) einen ganz ganz großen Anteil gehabt hat. Der Trosi hat diesmal die CD gemastert und da merkst du einfach die Erfahrung, die Trosi von den vielen Mittelalter-Bands mitgebracht hat, die er schon gemacht hat. Und dafür bin ich ihm auch wahnsinnig dankbar. Ich nehme dein Lob gerne an, aber ich muss es teilen, weil Trosi da auch einen guten Anteil an der Produktion gehabt hat.

Hast du auch schon mit anderen Bands zusammengearbeitet oder steht diesbezüglich etwas an?

Kurz bevor wir die „Musica Aetatis“ aufgenommen haben, habe ich mit einer anderen Band (ALATUS – Anm. d. Red.) zusammengearbeitet und schon im Frühjahr letzten Jahres habe ich auch eine Band live aufgenommen. Aber das sind kleinere Sachen, da hänge ich mich nicht so rein, denn mein Hauptaugenmerk liegt tatsächlich auf CAPUD DRACONIS, dass das weitergeht. Und da steht auch noch genügend Arbeit an.

Du kannst also noch nicht vom Produzentenjob deinen Lebensunterhalt bestreiten.

Nee, das funktioniert nicht. Ich glaube, das will ich aber auch gar nicht. Produzent sein ist eine ganz spezielle Sache. Selbst bei CAPUD finde ich das sehr anspruchsvoll, denn wir haben uns lange hingesetzt, bis wir genau den Sound gefunden hatten, den unsere Säcke haben sollen. Das war nicht nur ein Zufallstreffer, wo wir einfach mal ein Mikrofon hingestellt und aufgenommen haben, sondern das hat schon Arbeit gekostet. Das erfordert auch echt Fingerspitzengefühl. Das funktionierte gut, weil es halt die Band ist, mit der ich schon seit Jahren zusammenspiele und wo ich weiß, wie wir klingen wollen. Das traue ich mir aber auch bei anderen Bands nicht so zu, glaube ich. Da bin ich echt noch ein bisschen bescheiden, was das angeht. (lacht)

Als dritte große Stärke von „Musica Aetatis“ sehe ich den großen Abwechslungsreichtum. Wenn ich mir – gerade auf irgendwelchen Märkten – eine Stunde lang Dudelsack-Musik anhöre, fängt das irgendwann tierisch an zu nerven.

(lacht) Das geht ja nicht nur dir so!

Eben, irgendwann kann man es einfach nicht mehr hören. Und genau das finde ich an eurem Album so großartig, dass es eben nicht angefangen hat, mich zu nerven, selbst wenn ich es im Repeat-Modus zehnmal am Stück durchlaufen lassen habe.

Da geben wir uns aber schon Mühe, das finde ich auch wichtig. Nur weil es mittelalterliche Musik ist, muss man nicht unbedingt eine Stunde – oder wie in unserem Fall jetzt 44 Minuten – lang nur mit Dudelsäcken penetriert werden. Es gibt auch so viele andere schöne Instrumente, die wir dabei haben, also warum nicht auch einmal die benutzen?

Ich finde es super, dass ihr an vielen Stellen, wo andere den Dudelsack weiter in den Vordergrund gerückt und alles damit zugekleistert hätten, dem ganzen auch ein bisschen Luft zum Atmen lasst.

Obwohl die Scheibe ja durchaus Druck hat und sehr nach vorne geht, möchte ich aber trotzdem nicht die nächste CORVUS CORAX-Kopie sein, die mit fünf Säcken ankommt und einfach alles glattbügelt – und vor allen Dingen plattbügelt. Das machen CORVUS CORAX super, ich finde, da gibt es keine andere Band, die das besser kann. Aber das müssen wir ja nicht kopieren. Ich finde es schön, wenn insbesondere instrumentale Musik ein bisschen Dynamik hat und lebt. Das sehen wir alle vier gleichermaßen und daher war das auch gar nicht so schwer, das beim Songwriting entsprechend umzusetzen.

Da passt es dann auch gut rein, dass ihr gegen Ende des Albums mit „Saturn“ ein Gesangsstück habt, wo überhaupt kein Dudelsack auftaucht.

Das war mir auch unglaublich wichtig, dass wir das nochmal machen. Vor allem, weil der Text, also die Liedidee an sich, schon seit drei Jahren auf dem Schreibtisch lag. Damals, als die Idee aufkam, hatten wir sie verworfen, weil schon der „Vagabund“ auf der „Musica Nova“ gelandet ist und wir nicht zwei sehr stark balladige Gesangsstücke draufmachen wollten. Und auf der „Musica Divina“ ist das Ganze nicht gelandet, weil einfach kein guter Sänger in der Nähe war. Auf „Musica Aetatis“ wäre es auch fast nicht gelandet, weil wir einfach keine guten Sänger sind. Wir haben da schon den Anspruch, dass, wenn wir ansonsten gute Dudelsackmusik machen und dann mal ein Gesangsstück aufnehmen, dieses qualitativ genauso hochwertig sein muss wie unsere Instrumentalstücke. Sonst bringt es nichts, sich die Scheibe damit kaputtzumachen. Als ich das Stück dann im Studio mal in einem unvorsichtigen Nebensatz erwähnt habe, hat Okusa gemeint: „Ach wie, ihr habt ’n Gesangsstück? Das is ja super, zeigt mir das doch mal!“ Da hab ich all meinen Mut zusammengenommen und ihm das gezeigt und er hat sofort gemeint (imitiert einen berlinerischen Akzent): „Eh, dit is total klasse, dit machen ma! Ick sing dit für euch ein, weisse?“ Und dann hat er es gemacht. Ohne ihn wäre das Ding auch gar nicht erst auf der Platte gelandet, aber so war das einfach ein riesen Glücksgriff. Ich glaube, das habe ich heute schon öfter erwähnt im Zusammenhang mit Okusa. (lacht)

Beim Text musste ich irgendwie an SCHANDMAUL denken und war demenstprechend überrascht, als ich in den Credits gesehen habe, dass der tatsächlich schon zweihundert Jahre auf dem Buckel hat. Wo habt ihr den denn ausgegraben?

Das ist ein alter Gedichtsband von meinem Opa, der ist wunderschön in rotem Leder eingeschlagen und heißt „Das Buch der Balladen“. Ich habe auch nie mehr geschafft, noch eine andere Version davon zu finden, deswegen hüte ich dieses Buch wie einen Schatz. Und da drin stehen superschöne Sachen, halt genau in dieser Art. Und da blättert man halt schonmal drin rum, wie man das so macht mit solchen Gedichtbänden, ich finde sowas total klasse.

Capud Draconis

Insgesamt erzählt ihr auf euren drei bisherigen Alben auch eine Konzeptgeschichte. Kannst du die noch einmal grob umreißen und erklären, wo sich da „Musica Aetatis“ einfügt?

Auf allen drei Alben ging es um das Leben, beziehungsweise um das Leben danach, also nach dem Leben. Da hatten wir die Geschichte des einsamen Wanderers erzählt, der auf der „Musica Nova“ seine letzten Tage erlebt und dort zurückblickt auf sein bisheriges Leben. „Musica Divina“ handelt dann davon, wie er in der Hölle landet und schließlich seinen Weg in den Himmel findet, angelehnt an die „Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri. Und die „Musica Aetatis“ sollte einfach das Abschließende sein, das, was all das, was dieser Wanderer erlebt hat, noch einmal zusammenfasst in einem großen, einzigartigen Werk. Als wir nach dem Grundkonzept dafür gesucht haben, sind wir auf die Unterteilung des Lebens in verschiedene Zeitabschnitte gestoßen. Die sind auch heute noch sehr gängig, aber im Mittelalter hat man sich dazu entschlossen, das in sieben Abschnitte zu unterteilen. Und das fand ich total spannend, dass das Leben wieder in sieben Abschnitte unterteilt ist, genauso wie bei Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ die Läuterung in sieben verschiedene Stufen eingeteilt war. Den Zugang fand ich total interessant, hab da nachgeforscht und dann gesehen, dass man sich an den sieben damals bekannten Planeten orientiert hat, die es im mittelalterlichen Wissen gab. Und darauf haben wir dann das gesamte Konzept gestützt.

Ich denke auch, „Musica Aetatis“ funktioniert deshalb super, weil es wie aus einem Guss klingt und trotzdem jedes Lied seinen eigenen Charakter hat. Das habt ihr meiner Meinung nach besser hinbekommen, als auf den Vorgängern.

Wir waren auf der „Musica Divina“ auch ein bisschen eingeschränkt, weil das Konzept „Hölle“, beziehungsweise die Reise durch die Hölle über den Läuterungsberg, in der Thematik schon ein bisschen einschränkt, von den Bildern her, die man dabei im Kopf hat. Deswegen war der Grundtonus bei uns in der Musik von der „Musica Divina“ hauptsächlich sehr düster und sehr dunkel, was man auch an allen Stellen gemerkt hat. Und auf dem neuen Album – das fand ich sehr schön – konnte man auch sehr abwechslungsreich sein. Der „Merkur“ ist zum Beispiel auch mal nicht in Moll geschrieben, sondern in A-Dur, was dem Stück direkt ein ganz anderes Flair verleiht. Und das fand ich an diesem Album auch besonders toll, deswegen war das Songwriting auch so interessant, weil wir nicht nur auf einer großen Thematik – die Reise durch die Hölle – geschwommen sind, sondern diese verschiedenen Lebensabschnitte auch in ihrer Vielfalt darstellen konnten. Das hat extrem viel Spaß gemacht und das hat natürlich auch von der Kreativität her geholfen und vom Schreibfluss während des Songwritings.

„Musica Divina“ hattet ihr noch über Totentanz Records veröffentlicht, während das neue Album nun wieder komplett in Eigenregie erscheint.

Genau. Das bei Totentanz Records war eine tolle Chance, mal in die Läden zu kommen. Ich glaube, es ist bei Media Markt, Saturn und auf Amazon verkauft worden. Im Endeffekt haben wir aber gemerkt, dass es für uns nichts bringt. Wir sind nunmal Nischenmusiker und bedienen einen sehr kleinen Anteil an Publikum und das war einfach zu „oversized“ für uns. Das war zu viel, das hat uns selber nix gebracht. So haben wir jetzt einfach wieder genau unser Zielpublikum in Angriff und das ist genau das richtige für uns mit der Eigenproduktion.

Vorhin hatten wir ja schon über Okusa gesprochen, der zunächst als Ersatz für euren Ex-Drummer Hagen Sturmwut in die Band kam. Wie kam es denn zu dessen Ausstieg?

Das war eine ganz dumme Situation. Wir hatten ein Konzert in Satzvey gespielt und da ist er am zweiten Tag mit starken Schmerzen und Krämpfen in der Bauchgegend zusammengebrochen. Das hat sich dann als Gallensteine herausgestellt und die waren hauptsächlich durch den Stress ausgelöst. Und wir haben dann überlegt, was wir jetzt machen. Er fiel erstmal aus wegen der Schmerzen und der darauffolgenden Entfernung, die auch recht schmerzhaft für ihn war. Danach stand für ihn fest, dass bei aller Liebe zur Musik die Gesundheit erstmal vorgeht. Und das haben wir auch alle so gesehen. In dem Sinne wurde die Entscheidung von uns allen nicht ganz freiwillig gefällt, aber im Endeffekt ist das für ihn wohl das Beste, glaube ich.

Wegen seiner anderweitigen Verpflichtungen konnte Okusa aber auch nicht dauerhaft bei euch einsteigen. Wo habt ihr denn dann euren neuen Drummer Angus von Hammerschlag gefunden?

Den Angus habe ich kennengelernt auf dem MPS (Mittelalterlich Phantasie Spectaculum – Anm. d. Red.) in Bamberg. Da war ich letztes Jahr zu Besuch und er hat mit seiner damaligen Band TRROLLHEIMEN gespielt. Das hat mir sofort super gefallen und ich fand auch TRROLLHEIMEN richtig gut. Die haben mit anspruchsvollen Dudelsäcken, schottischen Griffweisen und ein paar schottischen Traditionals in eine Ecke geschlagen, die mir sehr gut gefiel, weil wir ja ähnliches machen. Die Percussion-Arbeit war halt auch super, was Angus da am Schlagwerk abgerissen hat, war echt klasse. Das nächste Mal haben wir ihn auf dem WGT (Wave Gotik Treffen – Anm. d. Red.) in Leipzig getroffen. Da war er nur zu Besuch, aber da haben wir uns dann wiedergesehen und ein paar Bierchen getrunken. Und dann wurde es zum Thema, dass wir einen neuen Trommler brauchen, weil Okusa das bei uns nicht durchziehen konnte, er hat halt selber genügend Projekte, die er machen muss. So viele gute, erfahrene Mittelalter-Trommler gibt es gar nicht und als wir dann gesehen haben, dass Angus gerade auch Zeit hat, haben wir ihn angesprochen. Er hat sich ein bisschen bitten lassen und ist dann aber doch bei uns eingestiegen. Es war ein glücklicher Zufall, dass wir ihn davor überhaupt kennengelernt hatten und dass das jetzt so funktioniert hat.

Da bin ich mal gespannt, wie er sich zukünftig in die Band einbringen wird. Live konnte ich euch bisher leider noch nicht erleben, da seid ihr ja in erster Linie auf Mittelalter-Märkten unterwegs. Habt ihr auch mal über eine klassische Hallen-Tour nachgedacht?

Wir haben jetzt im März diverse Wochenend-Gigs in Frankfurt, in der Schweiz, in Karlsruhe und in Hamburg  gespielt. Das war was kleineres, im Großen und Ganzen war das erstmal, um für die Marktsaison warm zu werden. Aber weil uns das so gut gefallen hat, werden wir schauen, ob wir das im nächsten Winter wiederholen werden, wenn die Marktsaison vorbei ist.

Capud Draconis

Als begeisterter Pen&Paper-Spieler nutze ich eure Musik auch gerne für die atmosphärische Untermalung meiner Rollenspielrunden. Von euch weiß ich, dass ihr zum einen bereits auf „Musica Nova“ mit „Orkpack„-Komponist Ralf Kurtsiefer zusammengearbeitet habt und dass ihr zum anderen auf dem Soundtrack des „Das Schwarze Auge“-Fanfilms „Leuenklinge“ vertreten seid. Habt ihr auch selbst Erfahrungen als Rollenspieler gesammelt oder seid ihr da eher als Außenstehende dazu gekommen?

Ich selber habe früher unheimlich gerne Rollenspiele gespielt, ich war aber eher der „Vampire – The Masquerade“-Typ. Durch die Musik hat sich das mit den Rollenspielen dann erledigt, weil die dann doch als Hobby sehr einnehmend ist, deswegen ist das bei mir so ein bisschen flöten gegangen. Aber ich versuche immernoch zumindest bei Computer-Rollenspielen up-to-date zu bleiben, was man ja ganz vorsichtig sagen muss in der Rollenspiel-Szene, weil das da ja nicht soo angesehen ist. Aber das ist mittlerweile so meine Ersatzdroge dafür geworden.

Was kannst du uns da aktuell an Spielen empfehlen?

Aktuell ist natürlich „Skyrim – The Elder Scrolls V“ ein Superspiel. Wer dafür 40 oder 50 Euro bezahlt, der hat beim Preis-Leistungs-Verhältnis echt gewonnen, weil das ewig lang ist. Und gerade ist „Mass Effect 3“ rausgekommen und da kriege ich schon von den ersten beiden Levels,  die ich gespielt habe,Gänsehaut, da werde ich kribbelig. Also das kann ich jedem, der gute Rollenspiele mag, echt ans Herz legen. Ich hoffe, das ist jetzt nicht zuviel Schleichwerbung, ansonsten schneid sie einfach raus! (lacht)

Was sich gerade als Mittelalter-Band im Rollenspiel-Bereich noch ganz gut machen lassen würde, wäre, an irgendwelchen LARP-Veranstaltungen (Live-Rollenspiel – Anm. d. Red.) teilzunehmen, quasi als In-Game-Band.

Wir haben da unglaublich oft versucht reinzukommen, es aber nie geschafft. Ich weiß auch gar nicht wieso, vielleicht sind wir dann den meisten doch noch zu modern. Gerade Gruppen wie VERSENGOLD kommen ja unglaublich gut an, was LARPs angeht. Und ich glaube, wir sind da für klassische Rollenspiel-Veranstaltungen wie bei „Das Schwarze Auge“ oder so doch noch ein bisschen zu modern. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass du einer der ersten bist, der mich darauf anspricht, dass das Musik für Rollenspiele ist. Ich selber hab das Gefühl unheimlich oft gehabt, dass das eigentlich ja prädestiniert ist für Rollenspiele, manche Sachen zumindest. Ein bisschen Fantasy ist ja bei unserer Musik schon auch dabei. Gerade auf der „Musica Divina“ fand ich das sehr ausgeprägt. Da haben wir ja auch viele Soundtrack-Elemente drinnen gehabt, einfach weil die Geschichte vom Ansatz her so episch war, dass sich das anbot. Aber tatsächlich bist du wirklich der einzige, der mich jemals auf dieses Thema angesprochen hat, was ich auch ein bisschen schade finde. Ich glaube, wenn ich selber noch Rollenspiele machen würde, wäre ich über sowas auch sehr glücklich.

Du brauchst dafür eben immer vornehmlich instrumentale Sachen, die einerseits die gewünschte Stimmung erzeugen, andererseits aber auch nicht zu sehr ablenken und nicht zu aufdringlich sind. Da fallen die meisten Metal-Sachen eben von vorne herein schonmal weg.

Oh ja! (lacht) Ich bin aber sowieso ein unheimlicher Soundtrack-Fan. Meine CD-Sammlung ist groß, aber mindestens 70 Prozent davon bestehen aus gut gemachten Soundtracks. Da findest du natürlich die großen drei wieder: John Williams, James Horner und Hans Zimmer. Das sind ja die absoluten Klassiker, wenn man von Soundtracks spricht. Aber tatsächlich muss ich auch sagen, dass das die Leute sind, die mich echt packen. Wenn du da einen Soundtrack und davon das große, epische Main-Theme oder das große Finale hörst, dann wissen die Jungs genau, wie man dich bei den Eiern packt und wie sie bei dir Gänsehaut erzeugen können. Gerade noch auf der Autofahrt hab ich mir den „Avatar“-Soundtrack von James Horner angehört. Was aber auch ganz großartig ist, das ist der „Inception“-Soundtrack von Hans Zimmer. Das war an sich schon ein Super-Film aber der Soundtrack dazu… Der hat so abgedrehte Synthesizer-Klänge da gemacht, die so eine Wand ergeben und so eine beklemmende Atmosphäre erzeugen, das ist echt total beeindruckend. Da bin ich jedes Mal fasziniert, was der Mann alles auf die Beine stellt.

Für euch sind Synthesizer aber nicht wirklich ein Thema, oder?

Doch, schon. Wenn es der Sound braucht, setze ich sowas auch bei der Produktion durchaus mal ein. Also niemals live auf der Bühne oder so, aber ich finde auf der CD – und das ist halt meine Meinung, die muss nicht generell für alle gelten – musst du den Leuten was bieten. Wenn du live auf der Bühne stehst, dann ist das einfach eine Energie, die aus der Situation heraus entsteht und die du auf einer CD nicht nachahmen kannst. Deswegen finde ich es wichtig, dass eine CD immernoch ein bisschen was gibt, was vielleicht nicht auf der Bühne direkt ist, aber was du doch spürst und was dich doch anspricht. Auf der „Musica Aetatis“ zum Beispiel ist das bei „Venus“ zu hören. Das ist ja ein recht kurzes Balladenstück geworden und da hörst du im Hintergrund ganz leise ein Synthesizer-Glockenspiel, was eine kleine, schöne Atmosphäre schafft. Und bei der „Musica Divina“ haben wir zum Beispiel beim „Intro“ oder auch bei „Ira“ einen sehr dunklen, düsteren Sub-Synthesizer reingelegt. Wenn das der Atmosphäre gut tut und den Sound nicht zerstört oder plättet, dann finde ich sowas vollkommen in Ordnung. Es gibt ja auch Bands, die komplett darauf verzichten, wie SCHANDMAUL zum Beispiel. Die schreiben ja seit Ewigkeiten unter ihre CDs „Diese CD wurde ohne Zuhilfenahme von elektronischen Effekten, Synthesizern und blablabla gemacht“ oder sowas. Diesen Ansatz finde ich auch total super, muss ich ehrlich sagen, aber grade bei so atmosphärischer Musik, wie wir sie machen, kann ein Synthesizer-Einsatz schonmal sehr hilfreich sein.

Wir brauchen aber wohl nicht von euch erwarten, dass ihr jetzt zu einer Electro-Band mutiert oder dergleichen. Denn die Frage, wie es nach der „Musica-Trilogie“ weitergeht, steht ja im Raum.

Ich bin eigentlich sehr glücklich mit der „Musica-Trilogie“, aber ich finde es auch gut, dass sie jetzt abgeschlossen ist. Was neue Songs angeht, werden wir uns auch erstmal Zeit lassen. Wir haben ja jetzt jedes Jahr ein neues Album rausgebracht und sind sehr glücklich gewesen, als die „Musica Aetatis“ fertig geworden ist. Nicht nur, weil sie in unseren Augen wirklich die beste CD geworden ist, die wir bisher gemacht haben, sondern auch einfach, weil wir uns gesagt haben: Ok, jetzt ist erstmal „slow down“. Jetzt lehnen wir uns erstmal zurück und gucken mal, dass wir wieder ein bisschen Energie sammeln und uns ein bisschen mehr auf die Liveauftritte konzentrieren. Ich glaube aber, egal was am Ende rauskommen wird, wenn wir uns wieder ans Songwriting setzen, wir werden definitiv dem Mittelalter treu bleiben. Und ich glaube nicht, dass es ein riesiger Sprung wird, also dass da jetzt plötzlich Rock-Sachen dazukommen oder Electro-Sachen oder dass wir alle Dudelsäcke verbrennen und stattdessen Maultrommeln und Obertongesang verwenden oder so. Ich bin eigentlich glücklich mit dem Mittelalter, fühle mich da wohl, die anderen Jungs ebenso, und ich glaube, dem werden wir schon treu bleiben. Ich will nicht dass CAPUD DRACONIS die x-te Mittelalterband werden, die nach ein paar Jahren einfach noch ’ne E-Gitarre dazunimmt, um wieder mehr Erfolg zu haben.

Ich persönlich freue mich, wenn ihr noch mehr Alben im Stile „Musica Aetatis“ rausbringt. Nix gegen die beiden Vorgänger, aber das ist schon der krönende Abschluss der Trilogie.

Das sehe ich auch ähnlich. Was wir uns vorgenommen haben – und jetzt spreche ich böses Insider-Wissen aus – ist, noch einmal über unser Debütalbum drüberzugehen, einfach weil wir mit ihr nicht so glücklich sind, wie wir eigentlich sein könnten. Ich glaube, es ist nicht zuviel gesagt, wenn ich sage, dass es noch einmal eine Neuauflage der „Musica Nova“ geben. Einfach weil das Liedgut, das da drauf ist, es verdient hat und manche Sachen einfach aus unserer Unerfahrenheit, weil es eben unsere erste CD war, nicht so da drauf sind, wie wir es gerne hätten. Da werden wir bestimmt nochmal ein bisschen Arbeit investieren, um das dementsprechend anzupassen.

Da bin ich wirklich gespannt, denn ihr seid in den letzten Jahren wirklich gereift und habt hörbar dazugelernt.

In der Mittelalter-Szene ist das auch immer schwierig, finde ich, weil du im Mittelalter auch viel schneller an Aufmerksamkeit oder an die Öffentlichkeit gelangst, als es manchen Bands eigentlich gut tut. Wenn wir eine Punk-Band gewesen wären und unser erstes Album veröffentlicht hätten, da hätten sich fünf Leute danach umgedreht – und zwar alle aus dem Familienkreis. In der Mittelalter-Szene wird schon beim ersten Album direkt geguckt, weil die Szene einfach so klein ist. Da bist du viel schneller irgendwo angekommen, vor allem bist du viel schneller auch an einem Punkt, wo es nicht mehr vergessen wird, was du auf deinem ersten Album gemacht hast. Es wird zwar vergessen, dass das das erste Album ist, aber nicht, was du darauf gemacht hast. Deswegen werden wir die Gelegenheit auf jeden Fall nutzen, das, was wir auf der „Musica Nova“ gemacht haben, dem Qualitätsniveau anzupassen, das wir auf der „Musica Aetatis“ erreicht haben.

Wunderbar. Von meiner Seite aus wär’s das jetzt. Hab ich noch irgendwas Wichtiges vergessen?

Ich überlege grade selber, ob es noch irgendwas Spannendes geben könnte, aber ich glaube nicht. Ich find das sowieso total beeindruckend, dass das für manche Leute immer so spannend ist, ich kann mich da noch gar nicht so richtig dran gewöhnen. Dieses Jahr merkt man da auch einen richtigen Umschwung. Ich habe früher auch keine Interviews geben müssen, deswegen bin ich da immer total perplex, wenn sowas passiert. Ich hoffe, das merkt man mir nicht allzu sehr an, wenn ich hier herumstottere und versuche, irgendwelche Sätze menschheitstauglich herauszubekommen. (lacht)

Och, das passt schon. Dann danke ich dir recht herzlich für das Gespräch und wünsche euch noch alles Gute für die Zukunft!

07.04.2012

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1 Kommentar zu Capud Draconis - Interview mit Arach von Alzey zu "Musica Aetatis"

  1. Hans-Hubert sagt:

    Na super, dank des Blickes auf das Bandfoto muss ich nun mein teuer erstandenes Guinness-Bier vom Monitor wischen. Wahnsinn. Vor allem der Dudelsackholger und der Gitarrenmanfred. Legendär.