Deinonychus
Interview mit Marco Kehren zu "Ode To Acts Of Murder, Dystopia And Suicide"

Interview

Nachdem das letzte Album „Warfare Machines“, welches sich thematisch mit dem zweiten Weltkrieg befasste, 2007 einigen Staub aufwirbelte, wurde es ruhig um DEINONYCHUS. Nach 10 Jahren folgt nun endlich mit „Ode To Acts Of Murder, Dystopia And Suicide“ ein zutiefst düsters, nihilistisch abgründiges Werk, das in seiner Negativität alte Glanztaten von DEINONYCHUS tatsächlich in den Schatten stellt und eine sehr intensive Erfahrung ist. Wir sprachen mit Bandchef Marco Kehren.

 

 

Hallo! Mit eurem letzten Album „Warfare Machines“ hattest du damit zu kämpfen, dass das Album auf dem Prüfstand für eine Indizierung in Deutschland stand und man warf dir die Glorifizierung der Nazi-Zeit vor. Das Verfahren wurde letztendlich eingestellt. Wie blickst du heute auf diese Zeit zurück und wie lautet dein abschließendes Statement zu den Vorwürfen? 

Also ich hatte schon irgendwie damit gerechnet, dass es irgendwelche Schwierigkeiten geben könnte mit dem Album, da die angeschnittene Thematik auf „Warfare Machines“, aus welcher Hinsicht auch, einfach kontrovers ist. „Warfare Machines“ ist verfasst aus dem Auge des Aggressors und dementsprechend kontrovers kam es rüber. Es war aber nie meine Absicht, irgendwelche politischen oder ideologischen Ziele zu glorifizieren. Und dementsprechend hat das auch die BfJM (Bundesprüfstelle für Jugendgeschützte Medien) gesehen. Das Album wurde letztendlich für unbedenklich anerkannt.

Heute kann ich nur sagen, ja, es war ein heikles Unternehmen, solch ein Album zu machen, und ich war mir bewusst, dass es heikel war. Ich kann also irgendwie nachvollziehen, dass es vielleicht den Einen oder Anderen vor den Kopf gestoßen hat. Aber wenn man sich richtig mit dem Album befasst wird man sehen, dass es nichts auf sich hat… Würde ich sowas wieder machen? Nein hahaha….

Anschließend wurde es ruhig um DEINONYCHUS – ganze 10 Jahre! Brauchtest du einen Abstand von allem? Was hast du in der Zeit alles gemacht?

Die Auszeit hatte nichts mit dem letzten Album zutun. Es war eher so, dass mir schon vorher irgendwie die Motivation fehlte, mit DEINONYCHUS weiterzumachen. Diese Magie war einfach nicht mehr vorhanden. Als ich „Warfare Machines“ komponierte, musste ich schon feststellen, dass es nicht mehr mit Leidenschaft passierte. Trotz allem finde ich es immer noch ein klasse Album!

In der Zwischenzeit hatte ich mich auf ganz andere Pfade begeben und mich einem neuen Projekt gewidmet, welches NIHIL NOVI SUB SOLE hieß. Dort habe ich einen Mix aus Ambient, Industrial und Martial Musik gemacht. Und ja, es ging auch da um Krieg, aber in all seinen traurigen Facetten! In den letzten 10 Jahren hatte ich mich irgendwie vom Metal abgewandt und das hatte mir gut getan. Erst in den letzten 2 Jahren habe ich wieder dieses hungrige Gefühl gespürt wieder etwas zu machen, ich hatte dann auch wieder verstärkt Metal gehört. Anfang 2016 klopfte dann mein Label My Kingdom Musik an, mit welchem ich immer noch einen Vertrag hatte, und fragten mich nach einem neuen Album.

Nun hast du mit „Ode To Acts Of Murder, Dystopia And Suicide“ ein neues Album rausgebracht, welches meiner Meinung nach nochmals eine deutliche Steigerung darstellt. Wo siehst du die wichtigsten Entwicklungen und Veränderungen?

Ich denke, das Album strahlt wieder eine gewisse Frische und spielerische Lust aus, die vorher gefehlt hat. Es ist aber ein sehr spontanes Album geworden. Ich hatte keine Ahnung, wo die Musik hinführen sollte, als ich das Album komponiert habe. Es war die pure Lust um wieder was zu machen. Dabei freut es mich natürlich enorm zu lesen, dass ganz viele Leute dieses Album wiederum als eine Steigerung zum vorigen Album sehen. Ich kann wohl gut Negativität transportieren und das scheint mir bei diesem Album sehr gut gelungen zu sein.

Das Album klingt noch verzweifelter, abgründiger und negativer als deine bisherigen ohnehin schon sehr düsteren Alben. Welche Inhalte haben die Texte? 

Die Texte handeln von Mord, Verzweiflung, Rache und Selbstmord. Alles Themen, die die Sonne nicht mehr aufgehen lassen.

Wie war deine Gefühlslage, als du an den Songs für „Ode To Acts Of Murder, Dystopia And Suicide“ gearbeitet hattest?

Gut! Ich muss hier mal deutlich klarstellen, dass ich überhaupt kein negativer Mensch bin. Ich kann nur komponieren, wenn ich mich gut fühle. Ich habe eine sehr sensible Ader zum Emotionalen in jeder Hinsicht, daher kann ich mich sehr gut in gewisse Lagen reinversetzen und diese realistisch wiedergeben. Meine Einflüsse beziehe ich aus dem täglichen Leben, wobei mein Job im Strafvollzug eine große Rolle spielt.

Welche Bilder kommen dir in den Kopf, wenn du das neue Album hörst?

Das ist schwer zu sagen. Ich muss sogar gestehen, dass ich mir damit schwer tue, das gesamte Album am Stück zu hören, es ist echt sehr intensiv geworden.

Welchen Einfluss hatten Markus Stock und Steve Wolz?

Beide hatten völligen Freiraum ihre Sachen beizusteuern. Ich weiß, dass beide sehr passionierte Musiker sind, meine Kompositionen genau verstehen und dementsprechend wissen, was beizusteuern ist oder auch nicht. Ohne Sie wäre dieses Album nicht geworden was es letztendlich geworden ist! Ich würde jederzeit wieder auf die Beiden zurückgreifen, da sie die Magie von DEINONYCHUS mitunterstützen und beide auch absolut super Persönlichkeiten sind!

Ich mag besonders „Dead Horse“, das so herrlich morbide anfängt und dann nahezu explodiert. Was kannst du uns über den Song und seine Entstehung erzählen?

„Dead Horse“ ist textlich verfasst worden durch Shane Davison aus Australien. Shane hatte schon auf drei vorherigen DEINONYCHUS Alben zusammen mit mir die Texte verfasst. Der Text zur „Dead Horse“ handelt von Shanes persönlichen Erfahrungen, die wohl weniger schön waren. Dementsprechend ich versucht, dem Song die richtige dramatische Note zu geben. Das war mir aber zugegebenermaßen sehr schwer gefallen, da „Dead Horse“ bewusst sehr monoton ist. Ich musste den Songfluss halten und anfangs gefiel mir das Stück nicht so sehr, aber mittlerweile ist mir der Song ans Herz gewachsen. Ich traue es mir fast nicht zu sagen, aber ich hatte den Song innerhalb von 10 Minuten komponiert.

Da sich das Jahr dem Ende neigt, was waren deine Lieblingsalben 2017?

In der Regel haut mich nichts so schnell vom Sockel, was nicht am Spielerischen liegt sondern eher emotional bedingt ist. Eines der letzten Alben, das mich im Metal weggeblasen hatte, war „Death-Pierce Me“ von SILENCER. Ich weiß, dass es ziemlich lahm ist, aber ich habe auch fast 10 Jahre nicht mehr richtig dran teilgenommen. 2017 gab es zwei Alben von einem ukrainischen Musiker, die es mir richtig angetan hatten: SEVEROTH mit „Forestpaths“ und BEZMIR mit „Void“, ein unbeschreibliches Gefühl!

27.12.2017

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)