Dew-Scented
Interview mit Leif Jensen zu "Icarus"

Interview

Dew-Scented

DEW-SCENTED melden sich zurück! Nachdem 2011 alle Musiker bis auf Frontmann Leif Jensen die Band verließen, dauerte es nicht lange, bis der Sänger neue Mitstreiter um sich gesammelt hatte. In dieser Konstellation wurde kurzerhand das neue Langeisen “Icarus” zurecht geformt und die Nordlichter melden sich stärker denn je zurück. Wie es der Band in der Zwischenzeit erging, was gerade so bei ihm musikalisch angesagt ist und wie es sich mit dem neuen Album verhält, erklärt uns der freundliche und gut gelaunte Mastermind im Interview, aber lest selbst.

Hallo Leif. Na, wie geht’s dir so? Erstmal herzlichen Glückwunsch zu “Icarus“. Wie fühlt man sich so mit einem solchen Album im Gepäck?

Dankeschön! Bei mir ist gerade alles OK, aber es dürfte auch die Ruhe vor dem Sturm sein, denn es kommt von Tag zu Tag immer mehr Arbeit auf uns zu mit dem kommenden Album. Wie fühlt man sich? Tja, eigentlich sehr gut! Wir sind mit “Icarus“ extrem zufrieden und denken, dass es einen wichtigen und richtigen nächsten Schritt in der Entwicklung von DEW-SCENTED darstellt. Der “Umbruch“ im vergangenen Jahr hat sehr viel Kraft gekostet, aber es fühlt sich sehr befriedigend an, aus einer solch schwierigen und ungewissen Situation für die Band erhobenen Hauptes und mit einem schicken neuen Album herausgekommen zu sein…

“Icarus“ wurde zwar noch nicht auf die Menschheit losgelassen, aber wie fallen denn bisher die ersten Reaktionen seitens der Presse aus?

Naja, es ist auf jeden Fall noch zu früh, um ein Fazit zu ziehen! Ich denke das Album erfordert in seiner Gesamtheit ein paar Anläufe, um es gut beurteilen zu können. Es steckt nämlich recht viel Detail in den Songs und es ist ein recht massiver, heftiger musikalischer Giftbrocken. Wir sind aber selber unsere härtesten Kritiker und legen die Qualitätslatte für DEW-SCENTED recht hoch, sodass wir eigentlich nicht den Schritt an die Öffentlichkeit mit “Icarus“ machen würden, wenn wir nicht überzeugt sein könnten, dass es für uns stimmig ist! Wir haben einige Freunde und “Kenner der Band“ natürlich im Entstehungsprozess von “Icarus“ immer wieder konsultiert und nach Feedback gefragt und da hatte sich schon gezeigt, dass wir auf einem sehr guten Weg mit dem Album sind. Ich persönlich bin extrem zuversichtlich, dass “Icarus“ eigentlich jedem, der weiß, worum es bei DEW-SCENTED stilistisch geht und diese extreme Thrash Metal Schiene auch mag, gut gefallen wird. Aber letztendlich sollte sich jeder halt sein eigenes Urteil bilden und in Ruhe mal reinhören. Hier kann man übrigens den ersten vollen Song des Albums, „Sworn To Obey“, streamen:

Ich muss zugeben, dass ich anfangs mit “Icarus“ ein paar kleinere Anlaufschwierigkeiten hatte und nach so hervorragenden Alben wie “Issue VI“, “Incinerate“ oder “Invocation“ etwas ernüchtert war. Allerdings hielt dies nur die ersten Durchläufe über an und dann wuchs auch euer neuster Streich unweigerlich. Ich denke, das liegt an der erhöhten Kompromisslosigkeit und dem etwas komplexeren Aufbau. Wie siehst du das? Und war es von vorn herein beabsichtigt, etwas vertrackter zu werden?

Kein Problem… Ich kann deine Aussage verstehen und irgendwie finde ich es auch richtig, dass man sich länger mit einem Album beschäftigt, bevor man sich sein Urteil bildet! Ich finde nicht, dass das Material weniger eingängig als früher ausgefallen ist, aber es ist durchaus mehr Bandbreite und Detail in den Songs. Ich finde, das macht die Angelegenheit spannender und nachhaltiger. Ich denke, man wird sich eine ganze Weile mit “Icarus“ auseinander setzen können, wenn man dies möchte. Nein, wir haben nicht beabsichtigt, „vertrackter“ zu werden… Das ergab sich von selbst, als wir gemerkt haben, dass wir einen guten kreativen Fluss hatten und vor allem anhand des sehr hohen spielerischen Niveaus der einzelnen Musiker recht unbegrenzt agieren konnten. Ich persönlich finde, “Icarus“ reiht sich stilistisch gut in die DEW-SCENTED-History ein und könnte irgendwo zwischen der Härte und Kompromisslosigkeit von “Impact“ aber auch der Vielseitigkeit und Musikalität von “Issue VI“ liegen?! Es wird nach dem Hören jeder sicher selbst eine Meinung dazu haben, aber es ist mir schon wichtig, dass man versteht, dass wir es uns mit dem neuen Album nicht leicht gemacht haben. Wir wollten, dass es einen Schritt nach vorne für DEW-SCENTED macht und die Frische des neuerlichen Umbruchs musikalisch transportiert!

Hinter einem so bedeutungsträchtigem Titel wie “Icarus“ verbirgt sich doch sicherlich auch ein Konzept, oder? Von was handeln denn die Texte?

Nein, nicht wirklich. Es ist natürlich in Anlehnung auf die griechischen Ikarus-Saga gewählt worden und wir haben verschiedene Elemente dieser Story symbolisch in den textlichen Rahmen bzw. der visuellen Umsetzung des Albums einbezogen, aber es handelt sich hier nicht um ein Konzeptalbum. Es ist vielmehr ein Dreh- und Angelpunkt für den Inhalt, wobei jeder Song textlich für sich steht und in typischer DEW-SCENTED-Manier einen recht düsteren und aggressiven individuellen Charakter besitzt. Wir haben von der Ikarus-Saga im Prinzip symbolisch nur ein paar Eckdaten und Elemente übernommen.

Mit Rob Urbinati (SACRIFICE) in “Gleaming Like Silver“ und Dan Swanö (EDGE OF SANITY, BLOODBATH) im, meiner Meinung nach, besten Song “Reawakening“, habt ihr ja auch zwei sehr interessante Gast-Shouter im Schlepptau. Wie kam es denn dazu?

Naja, im weitesten Sinne, sind das ja beide Künstler, die bereits mit der DEW-SCENTED Laufbahn zu tun hatten. Es sind beides nicht nur gesangliche Einflüsse für mich, sondern auch Musiker, die ich stets stark respektiert habe für ihre Originalität und auch Integrität. Als wir die Idee hatten, einige Leute für Gastauftritte auf “Icarus“ einzuladen, waren die beiden direkt oben auf meiner Wunschliste und es hat auch nicht zu viel Überzeugungskraft gekostet, sie mit an Bord zu bringen. Wir haben 1999 auf “Ill-Natured“ ja SACRIFICE gecovert (“Apocalypse Inside“) und waren seither lose in Kontakt mit Rob. Seine Stimme ist nicht so großartig anders als die meine (Klar, schließlich ist er ja einer meiner Faves unter den Thrash-Shoutern…), aber das Zusammenspiel ist extrem reizvoll ausgefallen. Bei Dan Swanö ist es so, dass wir ja 1996 bereits mit seiner alten Band EDGE OF SANITY auf Tour waren. Witzigerweise war unser neuer Gitarrist Marvin damals auf der Tour bereits bei uns an der Klampfe am Start! Dan hat dann auch “Innoscent“ in 1998 für uns gemixt. Ich hatte eine tiefe, sehr prägnante Stimme für diese Parts in “Reawakening“ im Kopf und somit war die Entscheidung recht simpel. Außerdem befindet sich noch mit Dennis Schneider (RETALIATION / FINAL BREATH) ein weiterer Gast auf “Icarus“, wobei Dennis für die Gitarrensoli von “The Fall Of Man” und “Perpetuated“ verantwortlich ist. Dennis ist ein extrem cooler Gitarrist und seine Beiträge bringen weitere Klangfarbe auf das Album. Diese drei Gastauftritte sollen aber nicht vom musikalischen Inhalt des Albums ablenken, sondern lediglich das “I-Tüpfelchen“ (hahahaha) für “Icarus“ bedeuten….

Nach eurer Tour im Vorprogramm von NILE und MELECHESH stiegen leider alle deine ehemaligen Mitmusiker bei DEW-SCENTED nach und nach aus. Willst du uns erzählen, was die Gründe dafür waren?

Nee, nicht wirklich, haha! Naja, es hatte jeder für sich andere Gründe und es war eine Kettenreaktion, die bereits kurz vor dieser angesprochenen Tour begann. Spätestens auf der Tour merkten wir aber, dass wir die Situation des Bandgefüges neu ordnen müssen und somit entschieden wir uns, nur noch die Handvoll bereits bestätigter Sommerfestivals in 2011 zu bestreiten und ansonsten Ruhe reinkommen zu lassen. Nach dem Wochenende vom “Party.San“ und “Brutal Assault“ haben wir uns final zurückgezogen und auch direkt mit Marvin angefangen am neuen Album zu arbeiten. Leider haben dann aber nicht alle anderen Musiker so mitgezogen, wie es hätte sein müssen und somit war die Line-Up Veränderung fällig. Es hatte einfach nicht mehr jeder die Kraft und den Enthusiasmus dafür, DEW-SCENTED weiter nach vorne zu bringen. Ich denke so kann man am nettesten erklären, warum es zu dem Umbruch gekommen ist. Ich wünsche den anderen Jungs natürlich in ihren neuen Bands bzw. für ihre neue Situation nur das Beste, aber ich möchte ungern die Zukunft von DEW-SCENTED von Leuten abhängig machen, die sich nicht ausreichend für die Band und der damit verbundenen Arbeit interessieren…

Ist es über die Jahre nicht schwierig, die es DEW-SCENTED jetzt schon gibt, Beruf und Band auf Dauer unter einen Hut zu bekommen?

Ja, ist es. Aber es spielt ja keiner in einer Band, weil es eine leichte Übung ist und dir dabei alles in den Schoß fällt, oder?! Hahaha…Es bedarf einiger Zugeständnisse und Planungsfähigkeiten, seinen Terminkalender so auszurichten, dass weder die Band noch andere Verpflichtungen zu kurz kommen. Das hat natürlich auch immer einen starken Einfluss auf die Line-Up-Fluktuation von DEW-SCENTED gehabt, aber wie gesagt, es muss halt jeder Lust und Bereitschaft für eine solche Bandsache haben. Ich kann durchaus verstehen, dass es nicht für jeden das Richtige ist…ich finde „Multitasking“ allerdings nicht soooo schwierig und teils sogar reizvoll!

Aber wie man ja nun mit “Icarus“ recht eindrucksvoll merkt, hast du ja recht schnell neue Musiker wieder um dich versammelt. Man spürt zu jeder Sekunde, mit wie viel Biss und Spielfreude ihr an die Sache herangegangen seid. Wie bist du denn auf deine neuen Kollegen gestoßen? Stell sie doch in dem Step auch gleich mal kurz vor.

Ja, ich glaube wir hatten sehr viel Glück mit dem neuen Line-Up und ich finde auch, dass man “Icarus“ anhören kann, dass wir motiviert und ehrgeizig an das Material gegangen sind. Marvin ist das neue musikalische Hirn der Band und hat nicht nur das komplette Album geschrieben, sondern auch die neuen Mitglieder reingebracht. Koen war als Drummer seine erste Wahl und er brachte dann auch direkt Joost als Bassisten mit, da sie bereits zusammen in der Band I CHAOS spielen. Als wir nach den Aufnahmen dann über die Situation mit dem zweiten Gitarristen für kommende Auftritte geredet haben, kamen alle drei direkt auf Rory, der nicht nur mit Koen und Joost zusammenspielt sondern witzigerweise auch ein alter Kollege vom Marvin ist und diesen vor langen Jahren auch gar mal bei seiner ehemaligen Band BLO.TORCH abgelöst hatte. Die neuen Jungs sind nicht nur die fittesten Instrumentalisten, mit denen ich als Band je zu tun hatte, sondern auch extrem relaxte und fokussierte Musiker. Ich denke, dass speziell das eine wichtige Eigenschaft für die derzeitige Situation bei DEW-SCENTED ist. Die Kreativität und Freude der “Icarus-Sessions“ war schon sehr beeindruckend, aber ich denke da kann man sogar zukünftig noch etwas mehr rausholen. Ich bin auf jeden Fall schon sehr freudig auf die ersten Shows ab Ende Juli gespannt…

 

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Wie ihr als Einheit funktioniert, kann man ja bald, wie du schon sagst, auf der anstehenden Tour mit SIX FEET UNDER erleben. Ist eigentlich auch mal wieder eine Headliner-Tour angedacht?

Nein, dafür gibt es keine Pläne! Wir machen ein paar Sommer-Festivals und dann die Shows mit SIX FEET UNDER. Wir arbeiten zwar bereits an weiteren Shows und Festivals, aber noch ist nichts spruchreif. Momentan denke ich dass es besser kommt, erstmal als Support die neue Band und “Icarus“ vorzustellen…

Wie beurteilst du denn die heutige Situation der Musikindustrie mit sinkenden Verkaufszahlen und Musik durch Streaming im Internet? Ist es für eine Band noch ausschlaggebend, wie viele Platten letztendlich über den Ladentisch gehen oder siehst du das Potential eher in regelmäßigen Touren und Festivals?

Es wäre gelogen, dass es mir als Künstler völlig egal ist wie viele Alben man verkauft und wie die Hörer Zugang zu unserer Musik finden. Wir sind ja auch darauf angewiesen, dass wir zumindest kostendeckend arbeiten können. Musik zu erschaffen kostet nicht nur Kreativität und viel Zeit (die ja sonst im Leben wie im Sprichwort auch “Geld“ ist…), sondern erfordert auch Investitionen. Ich habe den eigenen Anspruch, keine Billig-Platten zu machen und gebe weiterhin Geld für ein gutes Studio und Artwork / Design aus. Der Gürtel wird halt enger gezogen, je weniger die Leute verstehen, dass es einseitig ist konsumieren zu wollen, aber nichts dafür im Gegenzug zu bezahlen. Bei DEW-SCENTED sind wir zwar nicht von einem kommerziellen Erfolg abhängig, aber dennoch muss es alles auch in Relation zu der Investition stehen. Die Plattenindustrie ist halt gerade (bzw. durch das Internet schon länger…) in einer Veränderungsphase und somit gibt es viel Unsicherheit und Drama. Verstärktes Touring scheint für Profibands die Lösung zu sein, um fehlende Tonträger-Verkaufseinnahmen auszugleichen, aber das wird nicht lange gut gehen, denn die Konzertschwemme und die überhöhten Preise bei Tickets und Merchandise gehen nicht spurlos am Fan vorbei. Alles in allem ist das ein extrem komplexes Thema…Ich sehe zwar auch einen deutlichen Promo-Vorteil durch das Internet für Bands wie unsere (also die eher underground-lastigen, extremen Themen, die nicht von alleine im “Mainstream“ stattfinden…), aber es muss in die Köpfe der „Fans“ gehen, dass ohne ihre Unterstützung bzw. Wertschätzung für das von einem Künstler / Musiker erschaffene Produkt, die Kette auf lange Sicht nicht mehr funktionieren wird. Musik zu stehlen ist ja nicht nur falsch, wenn man nicht dafür bestraft wird. Es ist im Ansatz schon falsch zu denken, dass etwas (in diesem Fall Musik) was jemand anders mit Fleiß und Ausgangskosten erschaffen hat, mir so ohne Weiteres gehören soll. Es ist aber ein gesellschaftliches Problem, welches sich nicht nur in der Musik widerspiegelt. Die Leute wollen scheinbar immer weniger tun und mehr davon haben. Das funktioniert nun mal nicht…

Hast du vielleicht irgendwelche Geheimtipps unter den ganzen aufstrebenden Underground-Acts? Welche Bands haben es Dir in letzter Zeit so angetan?

Ach, ich denke in Zeiten des Internets gibt es kaum noch “obskure“ Bands, die keiner auf dem Schirm hat, oder? Hahaha… Einige meiner aktuellen Faves, die eventuell nicht sooo bekannt sind wären u. a. VEKTO, HAVOK, CIRCLE TAKES THE SQUARE, EYECONOCLAST, ALIASES, ZODIAC und auch die eigene Band der neuen DEW SENTED Jungs, I CHAOS. Ansonsten höre ich natürlich am liebsten und mit ungebrochenem Enthusiasmus meine Lieblingsbands aus den 80ern und 90ern. In jüngster Vergangenheit hat mich vor allem das neue Album von AMEBIX, “Sonic Mass“, beeindruckt. Ein tolles Comeback-Album! Und das THE SMITHS Boxset, der LP Re-Release vom zweiten EUCHARIST Album, “Mirrorworlds“, sowie der extrem geile PINK FLOYD „The Wall“ Re-Issue haben mich in letzter Zeit auch gut beschäftigt gehalten…

So, und da wären wir auch leider schon wieder am Schluss. Vielen Dank für das nette Interview. Ganz obligatorisch gehören dir natürlich die letzten Worte!

Danke vor allem dir für deine Zeit und für die Unterstützung! Grüße an alle Leser, die sich bis hier durch das Interview gewuppt haben. Ich hoffe “Icarus“ findet Aufmerksamkeit und Gehör… Ansonsten sieht man sich hoffentlich bald mal wieder auf einem Konzert?! Schaut mal auf www.dew-scented.net und www.facebook.com/dewscented für Bandnews und kommende Termine! Thrash till death!!!

Galerie mit 20 Bildern: Dew Scented - Rockharz 2017
23.07.2012

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