Eastern Front
War Torn Black Metal aus Großbritannien

Interview

Stillstand im Black Metal? EASTERN FRONT, eine aufstrebende junge Black-Metal-Band aus England, beweist mit ihrem Debütalbum das Gegenteil: „Blood On Snow“ ist ein beachtliches Werk mit einem interessanten Konzept, das die Band in unserem Interview erläutert.

 

Eastern Front

EASTERN FRONT bestechen allein schon durch die Genrebezeichnung: „War Torn Black Metal“, ein in der Szene einzigartiger Begriff. Was genau verbirgt sich dahinter? Ich habe den Eindruck, dass ihr euch vom Genre, obwohl ihr musikalisch eindeutig dem Black Metal zuzuordnen seid, etwas abgrenzen wollt…?

EASTERN FRONT sind grundsätzlich dem Black Metal zuzuorden, aber der Zusatz „War Torn“ (Anm. d. Red.: „vom Krieg zerrissen“) ist uns insofern wichtig, weil wir uns damit vom üblichen Thema des Genres, dem Thema Satan, abgrenzen möchten. Es gibt viele gute Bands, die Satan ihre Ehre erweisen, mittlerweile aber gibt es auch viele Bands, die sich dazu äußern, ohne wirklich zu wissen mit wem oder was sie es zu tun haben, schlichtweg um sich „dazu“ zählen zu können. Unsere Songs stellen allerdings kein Plagiat dar, und wir versuchen auch nicht etwas darzustellen, was wir nicht sind, sondern uns ist es wichtig, mit Leidenschaft etwas vorzutragen, das uns interessiert und mit dem wir uns fast täglich beschäftigen. Wir schreiben keine Konzeptalben, aber es soll erkennbar sein, welche Thematik sich in unseren Songs widerspiegelt. Unsere Songs tauchen tief in die Geschichte hinein, in den Zweiten Weltkrieg, in die unerbittlichen Kämpfe, die stattgefunden haben, und in die Gedanken- und Gefühlswelt der Menschen, die zu dieser Zeit gelebt haben. Dabei vertiefen wir uns vor allem in die Gebiete der Ostfront, denn diese Kämpfe waren die härtesten und blutigsten des Zweiten Weltkriegs. Diese Grauen, diese Brutalität, aber auch die emotionale Seite, versuchen wir mit unserer Musik – auf der einen Seite brutal, auf der anderen atmosphärisch – darzustellen. Es erfüllt uns mit Genugtuung zu wissen, dass uns immer mehr Leute entdecken und unsere Musik hören, und wir hoffen, dass die tiefere Bedeutung dessen, die wir versuchen zu vermitteln, erkannt und nicht falsch ausgelegt wird. Deshalb haben wir auch dafür gesorgt, dass unsere Texte im Booklet abgedruckt wurden.

Manche Fans, und auch einige Musiker selbst, behaupten, dass die Black-Metal-Szene zum Stillstand gekommen ist. Anstatt sich thematisch oder musikalisch weiter zu entwickeln, versuchen einige Bands mit möglichst extremen Darstellungen Beachtung zu finden. Wie steht ihr dieser Behauptung gegenüber?

Viele Black-Metal-Bands existieren nur um des Existierens Willen, wie bereits erwähnt, um „dazu“ zugehören, um einem bestimmten Trend zu folgen, aber nicht, um sich der Leidenschaft und Hingabe zum Genre verpflichtet zu fühlen. Einige Bands existieren auch, um anderen Bands der ersten und zweiten Welle des Black Metals ihre Ehre zu erweisen – das ist OK und völlig legitim, solange sie sich dazu berufen fühlen. Von außen kann diesbezüglich jedoch schnell der Eindruck entstehen, dass die Szene still steht. Du musst aber einmal hinter die Kulissen schauen und dann wirst du erkennen, dass sich Black Metal im Laufe der Jahre sehr wohl entwickelt hat und immer noch begeistern und überzeugen kann. Black Metal ist kein eng geschnürtes Ideologiepaket mehr – Klangexperimente und eine nie dagewesene Vielfalt an Themen, die in den Texten zum Tragen kommen, beweisen ganz eindeutig das Gegenteil von deiner These. Das alles ist der Leichtigkeit des Seins zuzuschreiben, der Möglichkeit, seine Musik online zu promoten und auch selbst zu verkaufen, und genau aus diesem Grund wächst die Szene auch so rasant. Es gibt Bands dort draußen, die den Black Metal mit musikalischer Experimentierfreude bereichern, anstatt das Rad immer wieder aufs Neue zu erfinden. EASTERN FRONT ist eine Band, die traditionellen Black Metal spielt, aber mit Einflüssen aus Doom- und Death Metal verfeinert und mit Folk- und Klassik-Elementen experimentiert, um verschiedene Emotionen um unsere Songs herum aufzubauen. Unsere Musik ist in erster Linie brutal, um das Chaos und die Gefühle der direkt am Krieg Beteiligten zu evozieren, während die atmosphärischen Passagen die Emotionen von Familienangehörigen, Soldaten und Kameraden während dieser Zeit widerspiegeln. Und was diese extremen Darstellungen angeht, die du angesprochen hast, so sind in letzter Zeit doch kaum Zwischenfälle zu verzeichnen, so wie sie in der Anfangszeit des Black Metals geschehen sind. Kirchenbrände, Rituale, Morde – diese Dinge liegen hinter uns. Das, worauf du anspielst, basiert auf einfacher Provokation, die nur von Presseleuten hochgespielt wird, die nicht einmal die Unterschiede zwischen Black- und Death Metal begreifen können.

Anhand welchem Element eurer Musik und des Erscheinungsbildes kann man euch denn eindeutig zuordnen?

Unser Album umschreibt die Härte des Krieges und die Leiden aller Beteiligten. Auf der Bühne spielt allerdings nicht nur der Sound eine Rolle, sondern wir untermalen die Szenarien visuell mit starkem, weißen Licht, mit Blitzen, Rauch und historischen Requisiten. Wir achten darauf, dass die Erscheinung auf der Bühne ausschließlich in schwarzen und weißen Farben gegeben ist, um an historische Kriegsbilder und Fotografien anzuknüpfen. Auch die Verwendung von Samples und akustischen Instrumenten ist der Atmosphäre dienlich und erzeugt in den Köpfen unserer Zuschauer eine Vorstellung von dem, was tatsächlich einmal geschehen ist. Unsere Bühne ist Kriegsgebiet, und wir möchten unsere Shows zu einem Erlebnis machen, das auf Dauer in den Köpfen unserer Zuschauer verweilt.

Welche Bands haben euch denn auf die ein oder andere Weise besonders geprägt oder beeinflusst?

Die wichtigsten Bands für uns sind IMMORTAL, KATATONIA, DRUDKH, AGALLOCH, SHINING, ENDSTILLE, WATAIN, TAAKE, BELPHEGOR, PARADISE LOST, HYPOCRISY, SATYRICON, XASTHUR, BURZUM, LORD BELIAL, RAPTURE, WARNING, CULT OF LUNA, NORTT, SKEPTICISM, ENSLAVED, SHAPE OF DESPAIR, NEGURA BUNGET, EMPEROR, MY DYING BRIDE, BATHORY, MAYHEM, AMON AMARTH, PRIMORDIAL, BLACK SABBATH, PAGAN ALTAR, NARGAROTH, VENOM und DARKTHRONE. (Anm. d. Red.: Diese Aufzählung enthält einige Bands, von deren zweifelhafter Natur sich metal.de ganz entschieden distanziert. Wir denken, dass EASTERN FRONT aufgrund von musikalischen Einflüssen keine politische Ausrichtung nachgesagt werden darf, da die Band dazu eindeutig Stellung bezieht, und möchten deutlich darauf hinweisen, dass wir keine Plattform für radikal-politisch motivierte Bands darstellen.)

Das hört sich ziemlich wild durcheinander gewürfelt an… Bevorzugt ihr kein bestimmtes Land oder einen bestimmten Stil, oder ist so etwas einfach nicht von Interesse für euch?

Grundsätzlich beurteilen wir eine Band nicht danach wo sie herkommt, aber eine kleine Tendenz ist durchaus zu erkennen: Die meisten Black-Metal-Bands, die wir mögen, sind in Europa beheimatet. Natürlich gibt es in Norwegen einige der besten Black-Metal-Bands, aber die Ukraine, Schweden und Russland haben mittlerweile ebenfalls viele hervorragende Gruppierungen hervorgebracht. Es gibt aber auch erstklassigen USBM. Wir repräsentieren, als eine unter wenigen Bands, UKBM. Aber die Black-Metal-Szene in England ist auch immer noch eher unbedeutend, verglichen mit anderen Ländern in Europa.

Ihr habt vorhin als einen Einfluss für euch DARKTHRONE erwähnt, die ihren Stil in den letzten Jahren doch massiv geändert haben. Wie steht ihr solchen Änderungen gegenüber?

Innerhalb der Band sind die Meinungen diesbezüglich sehr geteilt. Einige bevorzugen natürlich das alte Material der Band, aber die anderen lieben die neuen Songs. Wir sind uns alle bewusst, dass eine Band nicht immer wieder die selben Alben veröffentlichen kann, die dann auch immer gleich klingen. Manchmal ist eine Kurskorrektur von Vorteil. Und am Ende muss eine Band – und nur die Band – selbst entscheiden und wissen, in welche Richtung es weiter gehen soll.

Es ist jetzt schon etwas länger her als ein Jahr, da habt ihr LORD BELIAL, GRAVEWORM und APOSTASY auf der „Black Curse Over Europe“-Tour begleitet. Wie kam es dazu? Hat man euch eingeladen oder habt ihr euch für den Supportslot beworben?

Der rumänische Promoter, der diese Tour geplant hat, kam irgendwann auf uns zu und hat uns die Chance gegeben, uns zum ersten Mal quer durch Europa einem größeren Publikum vorzustellen. Vorher haben wir nur wenige Shows ausschließlich in England gespielt. Das Zusammenleben mit diesen Bands für einige Wochen auf engstem Raum im Tourbus hat uns viele Freundschaften und Kontakte beschert. So hat sich schließlich auch ergeben, dass wir unser Album mit Anders Backelin (LORD BELIAL) aufgenommen haben. LORD BELIAL haben uns während dieser Tour übrigens in allen Angelegenheiten ganz besonders unterstützt, so dass diese Tour für uns insgesamt eine wertvolle und angenehme Erfahrung war.

Welche Eindrücke habt ihr denn von dieser Tour für euch mit nach Hause genommen?

Der unmittelbare Vorteil für uns, mit diesen Bands auf Tour gegangen zu sein, war natürlich das größere Publikum, dass dieses Package angezogen hat. Während wir in England immer nur vor kleinen Menschenmengen aufgetreten sind, standen wir auf dieser Tour jeden Abend in einem anderen Land vor einem großen Publikum, das uns noch überhaupt nicht kannte, aber immer euphorisch empfangen hat. Einige Leute wurden aber auch aufgrund dieser Tour auf uns aufmerksam, und haben uns dann im Internet kontaktiert. Die Show in Bulgarien, unsere erste Open-Air-Show überhaupt, war übrigens wirklich eindrucksvoll, denn vor der Bühne war es gerappelt voll und man rief unsere Namen. Diese Tour war außerdem unsere erste Erfahrung mit Fans, die uns Drinks spendierten und um Fotos und Autogramme baten. Wir waren sehr froh darüber, dass wir auf allen Shows so toll empfangen wurden, ganz besonders zum Auftakt der Tour in der Slowakei, die wir als eine unserer besten Shows in guter Erinnerung haben. Als Band kannst du niemals vorher wissen, wie viele Leute zu einer Show kommen und wie man dich in verschiedenen Ländern empfängt, aber wir haben auf dieser Tour unheimlich viele Fans und viele positive Eindrücke dazugewonnen. Als wir ein Jahr später eingeladen wurden, ein Festival in Rumänien zu headlinen, hat man sich immer noch an unsere damalige Show in Bukarest erinnert und wir werden jetzt im November auch noch einmal nach Rumänien kommen, um dort ein paar Shows zu spielen. Wir freuen uns schon sehr darauf, unser Album der Welt vorzustellen.

Euer Debütalbum, „Blood On Snow“, habt ihr in Andy LaRocques Sonic Train Studio in Varberg, Schweden, aufgenommen und es von Anders Backelin von LORD BELIAL produzieren lassen. Sind Andy und Anders eure erste Wahl gewesen, oder mit welchen anderen Optionen hattet ihr geplant?

Wir wollten unser Album um jeden Preis in den Sonic Train Studios von Anders Backelin und Andy LaRocque aufnehmen und produzieren lassen. Anders arbeitet bereits seit einiger Zeit sehr eng mit Andy LaRocque zusammen und hat auch beim Aufbau der Sonic Train Studios geholfen. Er hat uns auch das Studio empfohlen. Uns war wichtig, dass wir unser Material von Leuten aufnehmen und produzieren lassen, die sich sowohl innerhalb des Black-Metal-Umfelds bewegen, als auch verstehen, worum es uns mit unserer Musik geht. Wir haben schließlich so lange an dem Sound gefeilt, bis wir hundertprozentig damit zufrieden waren. Das Ergebnis ist so umwerfend, dass wir bereits darüber gesprochen haben, unser zweites Album mit dem selben Team aufzunehmen.

Wie fühlt ihr euch denn jetzt, so kurz vor Veröffentlichung des Albums?

Wir sind natürlich schon sehr gespannt darauf, was die Welt dazu zu sagen hat. Vor allem, nachdem wir jetzt schon einige Jahre an Arbeit in dieses Album investiert und niemals aufgegeben haben, wenn Line-Up-Changes anstanden oder andere Probleme auftauchten. Es ist beruhigend zu wissen, dass ein hervorragendes Label wie Candlelight Records, das einige unserer Lieblingsalben veröffentlich hat, hinter unserem Album steht und einen starken Vertrieb hat. Das wird uns für die Zukunft hoffentlich noch einige Türen öffnen. Wenn unsere Fans und die Öffentlichkeit unser Album genauso gut aufnehmen wie die ersten Reviews klingen, die wir jetzt erhalten haben, dann wissen wir, dass sich unsere Arbeit wirklich gelohnt hat. Auf einer persönlichen Ebene sind wir selbstverständlich auch ganz besonders stolz darauf, eine CD mit einem 16-seitigen Booklet veröffentlichen zu können, das unsere Texte und dazu assoziierte Bilder enthält.

Was können eure Fans denn musikalisch tatsächlich erwarten? Wie klingt „Blood On Snow“ in einem Satz?

Auf „Blood On Snow“ gibt es brutal gespielten und atmosphärischen Black Metal mit Einflüssen von Old-School-Death, Doom und Folk zu hören.

Im letzten Jahr seid ihr als Support für TAAKE unterwegs gewesen. Wie steht ihr denn persönlich zu Hoests Eskapaden vor drei Jahren, als er während einer Show in Deutschland mit einem auf die Brust gemalten Hakenkreuz provozierte? War es denn richtig, dass der Veranstalter des Karmägeddon Festivals in Norwegen TAAKE vom Billing genommen hat, weil KREATOR mit einer Band wie TAAKE nichts zu tun haben wollten, eben aus dem zuvor genannten Grund?

Hoest hat nach diesem Vorfall mehrmals betont, dass er die Negativität dieses Symbols darstellen und damit natürlich auch provozieren wollte. Andere Symbole, wie das Pentagramm zum Beispiel oder umgedrehte Kreuze, rufen doch kaum noch Reaktionen hervor. Er hat auch gesagt, dass er zu diesem Zeitpunkt einfach nicht wusste, wie sich die derzeitige Situation des NSBM in Deutschland darstellte. Er hat nicht die Reaktion erhalten, die er eigentlich erwartet hatte. Man kann sich jetzt noch stundenlang über diese Aktion unterhalten, und was diese „Schock-Taktik“, wenn es eine war, tatsächlich bezweckt hat. Ganz offensichtlich aber hat diese Sache genug Leute wachgerüttelt, sonst würden wir ja nicht jetzt noch darüber diskutieren. Wir sind uns aber ganz sicher, dass Hoest diese Sache langsam zum Hals heraushängt. Als Black-Metal-Band bekommt man mittlerweile ziemlich schnell den Stempel „Nazi“ aufgedrückt, aus den unterschiedlichsten Gründen, deshalb ist es auch nicht wirklich überraschend, dass man Hoest und TAAKE in diese Ecke stellen wollte. Als wir EASTERN FRONT gründeten, hat man uns zunächst auch als NSBM abstempeln wollen, aber wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir keine politischen Idiologien vertreten, sondern in unseren Songs Kriegsgeschichte aufarbeiten wollen. Wir möchten jeden dazu ermuntern, sich mit der Band und unseren Texten zu beschäftigen, und nicht blind mit dem Finger auf uns zu zeigen. Was das Karmägeddon Festival anbelangt, so musste der Promoter TAAKE einfach aus dem Billing nehmen, denn KREATOR war eine der größeren Bands, die dort spielen sollten.

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören euch:

Der Bandname und unser Konzept mag bei einigen Leuten ein unangenehmes Gefühl auslösen, aber wir empfehlen diesen Menschen unsere Texte zu lesen und sich darüber zu informieren, was wir damit beabsichtigen. Es ist uns ein Bedürfnis daran zu erinnern, dass viele Menschen durch einen grausamen Krieg zahlreiche Verluste erlitten, und wir möchten, dass dieses Bewusstsein nicht verloren geht.

www.myspace.com/easternfrontuk

15.09.2010

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