Eluveitie
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Interview

Drei Alben innerhalb von knapp zwei Jahren veröffentlichen heutzutage nicht mehr viele Bands – und schon gar keine hochklassigen. Und mit „Everything Remains (As It Never Was)“ toppen die Schweizer ELUVEITIE ihre bisheriges Schaffen sogar noch. Wir fragten Mastermind Chrigel nach dem Erfolgsrezept, wollten auch sonst sämtliche Details des neuen Werkes wissen und auch ein wenig hinter die Kulissen von ELUVEITIE schauen.

Eluveitie

Hallo, Chrigel, vielen Dank, dass du dir Zeit für unsere Fragen nimmst.

Anfang 2008 habt ihr „Slania“ veröffentlicht, dann im April vergangenen Jahres das Akustik-Album „Evocation I – The Arcane Dominion“ und nun steht bereits das neue Werk „Everything Remains (As It Never Was)“ in den Startlöchern. Kann es sein, dass ihr in letzter Zeit regelrechte Kreativ-Outputs hattet? Immerhin seid ihr ja auch viel unterwegs.

Haha, ich weiß es nicht. Einerseits steht da die Frage im Raum: Wenn die Muse für ein neues Album vorhanden ist, warum zum Teufel sollte man länger warten? Zum andern denke ich, dass wir – aus was für Gründen auch immer – unter Druck am besten arbeiten. Irgendwie schaffen wir es immer wieder, uns (meist ungewollt) in Situationen zu bringen, in welchen wir unter Druck und in verhältnismäßig kurzer Zeit relativ vieles auf die Reihe kriegen müssen. Das kommt dann aber meistens am besten. Ist vielleicht so ein Schweizer-Ding? Ich glaube, wir Schweizer sind im Allgemeinen ohnehin etwas merkwürdig, haha!

Ich war skeptisch, ob ihr die Leistung von „Slania“ nochmal wiederholen könnt, finde aber sogar, dass ihr auf „Everything Remains (As It Never Was)“ sogar nochmal zugelegt habt. Welcher Meinung seid ihr da. Ist „Everything Remains (As It Never Was)“ sozusagen die Speerspitze von ELUVEITIEs Schaffen?

Vielen Dank, freut mich, dass Du das so siehst! „Speerspitze unseres Schaffens“… ich weiss es nicht. Aber auf alle Fälle ist „Everything remains…“ unser bislang reifstes Album. Ich denke, das ist auch eine natürliche Sache. Ich meine, seit „Slania“ waren wir praktisch andauernd irgendwo auf Tournee. In all den unzähligen Liveshows sind wir als Band gewachsen – musikalisch gewachsen, im Zusammenspiel gewachsen und haben uns als Band und Einheit geformt und weiterentwickelt. Das Ergebnis davon ist auf unserm neuen Album zu hören.

Wovon handeln die Texte auf „Everything Remains (As It Never Was)“. Liegt den Lyrics wieder großteils die helvetische Vergangenheit zugrunde?

Ja, beziehungsweise die gallische Kultur und Geschichte im Allgemeinen.

Kannst du kurz auf die Inhalte der einzelnen Songs eingehen?

Im Großen und Ganzen besteht „Everything remains…“ lyrisch aus einer Art Sammlung von Geschichten aus dem antiken Gallien. Jedoch fokussierte ich beim Schreiben der lyrics dieses Mal insbesondere die – sagen wir – „menschlichen“ oder emotionellen Aspekte hinter derartigen historischen Ereignissen. Wenn man sich mit Geschichte auseinandersetzt, ist man größtenteils mit „harten“ Fakten konfrontiert (wie zB: „Krieg XY begann im Jahr XY und endete im Jahr XY“). Jedoch sollte man nie vergessen, dass es letztlich immer individuelle Persönlichkeiten, Menschen wie du und ich sind, welche sich hinter solchen historischen Geschehnissen verbergen und die letztlich „Geschichte schreiben“. Dies kommt in den Songs unseres neuen Albums deutlich zum Tragen.

– „Otherworld“: Musikalischer und lyrischer Einstieg ins Album. Die Tür zur „Anderwelt“ wird geöffnet.

– „Everything Remains As It Never Was“: Der Titeltrack des Albums. Einer der eher härteren und auch wohl eher schwerer zugänglichen Songs des Albums, da er sich kontinuierlich formt und verändert; ganz bewusst – der Song erzählt musikalisch eine Geschichte, die Musik an sich drückt Wandel und auch unbeantwortete Fragen aus. Lyrisch behandelt der Song die zentrale Frage bei der Auseinandersetzung mit Geschichte – wie war es damals? Niemand vermag es wirklich zu sagen. Damit setzt der Song auch den nötigen Kontext für die folgenden Songs, in welchen einzelne historische Ereignisse verarbeitet werden. Übrigens ist der Songtext einer alten lyrischen Form der bardischen Dichtung angelehnt, welche sich im spätantiken und früh-mittelalterlichen kymrischen Bardentum etablierte. Da gab es eine Form von Rätselversen, welche primär aus schwer oder gar nicht beantwortbaren, oft auch metaphorisch formulierten Fragen bestand. Diese poetische Form unterstreicht natürlich auch den lyrischen Inhalt, akzentuiert unsere eigene Unwissenheit und die Subjektivität der Wahrnehmung, welcher unsere Wahrnehmung der Geschichte unterliegt.

– „Thousandfold“: Der Song dreht sich um eine eindrückliche, irgendwo auch ambivalente Figur in der gallischen Geschichte: Orgetorix, helvetischer Fürst und Ränkeschmied oder Freiheitskämpfer während dem gallischen Krieg. Ambivalent ist zumindest seine Erscheinung in der historischen Literatur. Fast alles, was wir heute über ihn wissen, wissen wir eigentlich von seinem Erzfeind: Gaius Julius Cäsar. Nach heutigem Wissensstand darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass Cäsars Schriften zum gallischen Krieg herzlich wenig mit nüchterner und objektiver Geschichtsschreibung zu tun haben, sondern vielmehr der Polit-Propaganda zuzuordnen sind. Vieles darin diente primär dem Zweck, seinen letztlich privaten Krieg und Raubzug gegen Gallien vor dem römischen Senat zu legitimieren. Während dem Schreiben der lyrics war es manchmals erschreckend, wie viele Parallelen man zu heutigen Geschehnissen entdecken kann (man denke z.B. an die amerikanische Außenpolitik, die, ganz ähnlich wie die damals die römische, Feindbilder erschafft, um einen Krieg vor dem Volk legitimieren zu können). Erschreckend damit auch die Erkenntnis, wie wenig wir Menschen uns teils verändert haben und wie wenig wir aus der Vergangenheit und gemachten Fehlern lernten. Wie auch immer, ich gehe off-topic.

– „Nil“: Dieser Song dreht sich auch um eine recht düsteres Kapitel gallischer Geschichte – um die Geschichte des Keltenstammes der Salasser, oder besser gesagt, um dessen Ende. Im Zuge des gallischen Krieges wurde dieser kleine Stamm von Alpenbewohnern (in der heutigen Südschweiz und Norditalien) von römischen Legionen komplett ausradiert. Sprich, ein ganzes Volk hörte von einem Tag auf den andern schlicht auf, zu existieren. Der Refrain des Songs beginnt mit einer Zeile, die bitter zugesteht, was nach dieser römischen – ich sage mal bewusst und zynisch – Säuberungsaktion übrig blieb: „Nil And Nothing…“ („Nichts und wieder nichts…“)

– „The Essence Of Ashes“: Dieser Song dreht sich um den sogenannten „Bagauden-Krieg“. In der spätern Antike rauften sich gallische Bauern, die unter erdrückenden Steuerlasten und andern „politischen Massnahmen“, welche Rom einführte, zu leiden hatten, zu lokalen Milizen zusammen und nutzten ein Moment der geschwächten Zentralmacht (Gallien war damals bereits Teil des römischen Reiches) aus, um eine Revolte anzuzetteln. Eine Revolution, die von Anbeginn zum Scheitern verurteilt, aber dennoch Ausdruck der Unnachgiebigkeit, aber auch der Hoffnung war. Der Song spannt musikalisch einen interessanten historischen Bogen: Diese traurige Geschichte wiederholte sich im Prinzip in der gesamten Menschheitsgeschichte immer und immer wieder, bis heute. Und es sind immer wieder die Bauern (und allgemein das „Fußvolk“), welche jeweils unter machthungrigen und geldgierigen Führern und/oder Imperialmächten zu leiden haben. Dies war Jahrhunderte später auch beim schweizerischen Bauernkrieg von 1653 der Fall, bzw. dessen Ursprung. Jahrhunderte vergingen seit dem Bagauden-Krieg im antiken Gallien, aber die traurigen Umstände und zerstörerischen Mechanismen der Unterdrückung blieben über all die Jahrhunderte dieselben. However, es gibt ein altes Schweizer Volkslied, welches den Bauernkrieg von 1653 besingt. Es heißt „Die Ballade vom Leuenberger“. Der Chorus von „The Essence Of Ashes“ lehnt sich in seiner Melodie stark an dieses alte Volkslied an und auch lyrisch haben wir den Text der „Leuenberger-Ballade“ im Refrain von „Essence Of Ashes“ fast 1:1 übernommen.

– „Kingdom Come Undone“: Der Song handelt von einer weiteren schillernden Figur gallischer Geschichte – von Vercingetorix, einem jungen haeduischen Krieger und Freiheitskämpfer während dem gallischen Krieg. Sein Unterfangen war es, die gallischen Stämme unter einem Banner zu vereinen und so die römische Invasion ein für alle mal abzuwehren. Der Song vertont eine feurige Rede, wie sie Vercingetorix gehalten haben könnte – beispielsweise vor versammelten Häuptlingen verschiedener gallischer Stämme.

– „Quoth The Raven“: Eines der beiden Lieder des Albums, welche sich nicht um historische Ereignisse drehen, sondern aus dem bildhaften Fundus gallischer Mythologie schöpfen. Der Song beschreibt das Sterben, den Tod und das Jenseits, wie sie sich in der keltischen Mythologie präsentieren. Da spielt der anderweltliche Rabe natürlich eine zentrale Rolle: Er wartet auf die Sterbenden und kommt, um nach dem Sterben ihre „Seelen“ zu holen und sie zur „verborgenen Insel“ zu geleiten. Interessant ist hier, dass der Songtext in der ersten Person geschrieben ist – aus der Sicht dieses Rabens. Daher passend natürlich auch der Songtitel, der sich an E.A. Poe’s berühmtes Gedicht anlehnt (obwohl der Song inhaltlich ansonsten nicht „The Raven“ entspringt, sondern eben der keltischen Mythologie).

– „(Do)minion“: Ein weiterer Song um eine eindrückliche Persönlichkeit der gallischen Geschichte – den Druiden Diviciacus. Er war wohl eine zwiegespaltene, vielleicht auch tragische Figur. Denn er war in seinem Stamm nicht nur als Druide, sondern auch auf politischer Ebene aktiv und machte sich – zur Zeit des gallischen Krieges – für eine pro-römische Partei stark. Warum er das tat, darüber können wir heute nur spekulieren. Vielleicht sah er darin, mit Rom zu kooperieren, den einzigen, letzten Ausweg, sein Volk vor dem Untergang zu retten? Vielleicht war er aber auch skrupellos von eigenen Machtinteressen getrieben (denn Rom stellte ihm politische Macht und Königswürde dafür in Aussicht)? Vielleicht war es auch ein bisschen von beidem. Hinzu kam der irrwitzige Umstand, dass sein größter politischer Feind – ein militanter Rom-Gegner – König des Stammes war, in welchem er als Druide diente. Und nicht genug damit – Dumnorix, der König von Diviciacus’ Stamm, war des weiteren auch noch sein eigener leiblicher Bruder. Alles in allem eine recht tragische Geschichte. Es müssen für beide – Diviciacus und Dumnorix – wohl zerreißende Jahre der Zerrütnis gewesen sein.

– „Sempiternal Embers“: Der zweite Song, der wieder eher aus dem Fundus gallischer Mystik schöpft. Ganz im Stile der Songs von „Slania“ dreht sich „Sempiternal Embers“ um die ewigen Konstanten, wie sie sich in der Natur und ihren Zyklen manifestieren. Werte, die in der gallischen Welt von großer Wichtigkeit und großem Wert waren.

– „Lugdunon“: Der Song schildert die Entstehung einer alten gallischen Stadt (Lugdunon, oder dem heutigen Lyon in Frankreich). Es gibt darüber eine uralte Legende, eine Entstehungssage. Klar, es ist eine Legende, wohl fernab von der Realität. Das soll aber freilich nicht bedeuten, dass sich die „Lugdunoner Bevölkerung“ nicht damit hätte identifizieren können. Es ist eine wunderschöne Geschichte, voller starker, markanter und mystischer Bilder. Und einmal mehr spielt der Rabe darin eine zentrale Rolle – was sich etymologisch übrigens auch im Namen der Stadt widerspiegelt. Interessant ist sowieso der Name dieser Stadt. Denn man erkennt darin auch den Namen des Lug, dem gallischen Gott, der mit Feuer, Licht und der Sonne in Verbindung gebracht wird. Interessant ist dabei vor allem auch die Tatsache, dass Lyon selbst heute noch als „Stadt des Lichts“ bezeichnet wird und man dort jährlich das „Fête des lumières“ begeht (das „Lichterfest“, bei welchem nach Einbrechen der Dunkelheit in der ganzen Stadt Kerzen angezündet und Licht- und Laternenumzüge gehalten werden)!

– „The Liminal Passage“: Zu Beginn des Albums wurde das Tor zur Anderwelt geöffnet. Nun ist der Kreis geschlossen, die Reise beendet und es ist Zeit, aus der „Anderwelt“ zurück zu fahren. Im keltischen Bardentum gibt es unzählige Geschichten von Barden, welche die „Anderwelt“ bereisten. Sie konnten an „verborgenen Orten“ und „Schwellen“ (Liminal Thresholds), welche zu bestimmten Zeiten „geöffnet“ waren, in die Anderwelt übertreten. Daher der Titel des Songs.
Und am Ende bleiben viele Gedanken, Eindrücke, vielleicht auch Fragen… und letztlich die Erkenntnis: Everything Remains As It Never Was.

Ich muss gestehen, dass mich der Albumtitel ein wenig verwirrt. „Alles bleibt (wie es niemals war)“ – Was genau wollt ihr damit andeuten und wie kamt ihr auf diesen Titel?

Ich denke, wenn immer man sich mit Geschichte beschäftigt (insbesondere mit Ur- und Frühgeschichte), sollte man sich auch immer bewusst bleiben, dass letztlich niemand wirklich zu sagen vermag, was damals genau wie war. Der Forschung sei Dank, weiß man heute zwar durchaus sehr viel über längst vergangene Kulturen, wie z.B. jene der Kelten. Dennoch: Niemand von heute war damals dabei – lebte, fühlte und dachte, was die Menschen damals lebten, fühlten und dachten. Wir mögen die Vergangenheit wohl intensiv betrachten, ja. Aber das Bild, das wir sehen, wird auf ewig etwas verschwommen bleiben – wie z.B. das eigene Spiegelbild auf der windzerzausten Oberfläche eines Sees. Aus solcherlei Gedanken und auch aus Gedanken wie den oben geschilderten (z.B. zum Song „Thousandfold“) heraus entspringt der Albumtitel.

Wie entstehen eure Songs. Wer ist in erster Linie für das Songwriting – sowohl das musikalische wie lyrische – zuständig? Und vor allen Dingen: wer bringt immer wieder diese faszinierenden Folk-Elemente ins Spiel?

Im Großen und Ganzen schreibe ich die Songs, wie auch deren Texte. Wenn ich aber einen Song fertig habe, übergebe ich ihn der Band und wir arbeiten ihn als ganze Band gemeinsam aus. Für das neue Album habe ich jedoch vermehrt auch mit Ivo, unserm Gitarristen zusammengearbeitet. Und drei Songs stammen sogar komplett aus seiner Feder!
An den Folk-Elementen bin – teilweise indirekt – auch ich „schuld“, bzw. ich schreibe sie. „Teilweise indirekt“, weil wir immer mal wieder auch traditionelle (teils sehr alte) Tunes und Volksweisen in unsere Songs einarbeiten (dort sind die Komponisten also irgendwelche Musiker, die vor langer Zeit, teils hunderten von Jahren lebten und deren Namen man heute leider nicht mehr kennt). Klar, wie z.B. auch Päde, bin ich ebenso eingefleischter Folk-Musiker, wie ich Metalhead und Metalmusiker bin.

Ich höre mir „Everything Remains (As It Never Was)“ immer und immer wieder an, um vielleicht doch noch meinen Favourite-Song zu entdecken, der hervorsticht. Doch ist das Album eine solche geniale musikalische Einheit, dass es mir nicht gelingt. Wie steht’s bei euch? Habt ihr Lieblingsstücke auf „Everything Remains (As It Never Was)“ und seht ihr auch die Gesamtheit der Kompositionen als die perfekte Einheit?

Haha, sehr cool! Vielen Dank! Freut mich, dass dir das auch so geht, wie uns. Hättest du mich bei „Slania“ oder „Evocation“ nach einem Lieblingssong gefragt, hätte ich dir sofort antworten können. Aber beim neuen Album geht’s mir (uns allen) tatsächlich auch so, dass wir irgendwie alle Songs gleichermaßen lieben. Ich schätze, das ist ein gutes Zeichen, oder?

Im Grunde verbindet euer Sound Death Metal der Götheburger Schule und keltisch inspirierten Folk Metal. Gibt es dabei irgendwelche Vorbilder oder bestimmte Einflüsse? Wie genau entstand denn dieser ureigene Sound von ELUVEITIE?

Eigentlich würde ich sagen, dass unser Sound melodischen Death Metal und traditionelle keltische Volksmusik miteinander verbindet. Nicht Folk Metal. Wir kennen uns in Sachen Folk Metal nicht wirklich aus und interessieren uns, ehrlich gesagt, auch nicht sonderlich dafür. Niemand von uns hört sich persönlich auch nur annähernd Folk Metal an, haha. Ein paar Ausnahmewerke gibt’s vielleicht, aber diese lassen sich locker an einer Hand abzählen (ich mag z.B. THYRFING’s „Vahnsinnesvisor“ sehr gut oder einige von uns lieben die Alben von PRIMORDIAL). Vorbild-Bands in dem Sinne haben wir keine. Ich könnte Dir keine Band nennen, von der ich sagen könnte, dass sie konkreter Einfluss für uns ist. Natürlich hat aber jedes einzelne Bandmitglied von uns seine eigenen Einflüsse oder Vorbilder, die das eigene Instrumentespiel prägen. Für mich ist das beispielsweise Paddy Keenan, was Whistles und Dudelsäcke angeht (ein heute 60 jähriger irischer Uilleann Pipe- und Whistle-Spieler, der als einer der besten Piper der Welt gilt. Ich träume davon, irgendwann in vielen Jahren vielleicht einmal fast so gut wie er zu spielen… obwohl das ziemlich illusorisch ist, aber man soll sich das Träumen ja nicht nehmen lassen! ;)). Oder Merlin, unser Drummer, hält z.B. große Stücke auf Chris Adler, den Drummer von LAMB OF GOD. Und so haben wir alle wohl unsere Einflüsse.

Unser Sound? Als ich Eluveitie vor nun bald acht Jahren gründete, entsprang unser Sound eigentlich einem persönlichen Traum, den ich damals schon viele Jahre in mir trug: Die beiden Arten von Musik, welche ich am allermeisten liebte (und immer noch liebe), miteinander zu verschmelzen – traditionelle keltische Volksmusik und zeitgenössischen Melodic Death Metal.

Es ist ja so, dass Bands, die sich stilistisch bzw. inhaltlich enge Grenzen setzen, schnell Gefahr laufen, sich zu wiederholen – fällt es doch mit der Zeit zumehmend schwerer, mit den gleichen Mitteln noch neues zu erschaffen. Hattet ihr mit diesem Umstand auch schon zu kämpfen? Und wie geht ihr ggfls. mit dem Problem um oder vermeidet es?

Hmm, diese Überlegung machte ich mir ehrlich gesagt noch nie. Nein, damit hatten wir eigentlich noch nie zu kämpfen und ich mach mir auch keine Sorgen, dass das einmal der Fall sein sollte. Klar, wir haben uns irgendwo einen recht engen Rahmen gesteckt. Aber ich glaube, dieser erschöpft sich kaum. Ich meine, schau Dir z.B. nur mal die keltische Folk-Musik an! Im Prinzip ist sie recht einfach gestrickt, ihre harmonischen Muster sind so simpel. Es ist Musik „der einfachen Leute“… Volksmusik eben. Und trotzdem: Sie hat all die Jahrhunderte überlebt und so manche andere Art von Musik überdauert. Warum das? Weil sie „lebt“. Sie lebt und entwickelt sich weiter, mit jeder Generation von welcher sie gespielt wird.
Aber wer weiß, vielleicht interviewst du uns ja in einigen Jahren nochmals und dann unterhalten wir uns nochmals darüber! 😉

Ihr hattet ja früher etliche Line-Up-Wechsel. Seit 2008 ist eure Besetzung stabil. Liegt es daran, dass das jetzige Team sehr gut miteinander harmoniert? Habt ihr sozusagen das perfekte Line-Up gefunden?

Ich hoffe es und ich hoffe, dass wir vorläufig von Line-Up Wechseln verschont bleiben. Aber… sag niemals nie! Wir harmonisieren eigentlich schon ganz gut zusammen, was natürlich auch mit dem Fakt zu tun hat, dass wir in den letzten zwei Jahren unzählige Shows spielten (ich glaube, es waren über 200). Da wird man zu einem aufeinander eingeschliffenen Team. Aber der eigentliche Grund für unsere frühern Line-Up Wechsel war eigentlich immer der Zeitfaktor. Wir wuchsen als Band relativ schnell und kamen gut voran. Das heißt aber auch, dass die Zeit, die in die Band investiert werden musste, kontinuierlich und schnell stieg. Heute ist die Band für uns mehr als ein 100% Job. Da war natürlich jedes Bandmitglied immer wieder mit der Prioritätsfrage konfrontiert: „Kann ich noch soviel Zeit in die Band investieren, wie ich sollte? Will ich das überhaupt?“ Und so weiter. Manche, bzw. unsere ehemaligen Bandmitglieder entschieden sich damals dafür, ihre eigenen Prioritäten neu zu setzen und aus der Band auszusteigen. Sarah Kiener (Anna’s Vorgängerin an der Drehleier) beispielsweise, weil sie Mutter wurde und der Zeitaufwand mit ELUVEITIE neben der Familie nicht zu bewältigen gewesen wäre, oder Linda Suter (ehemalige Fiddlerin), weil sie den für die Band nötigen Zeitaufwand nicht mehr mit ihrem Kunst-Studium vereinbaren konnte.

Bleibt euch denn zwischen Touren, Festivals, Plattenaufnahmen, Songwriting, Interviews usw. überhaupt noch Zeit für Privatleben und Entspannung?

Ehrlich gesagt bleibt tatsächlich nicht sehr viel Zeit für Privatleben und Entspannung. Zwischen unserer Ende November 09 beendeten Headliner-Tour in den USA und dem Beginn der kommenden Paganfest Europa-Tour am 19. Februar hatten wir nun eine gut zweimonatige Pause (die nur von sechs Einzelkonzerten – zwei in der Schweiz, zwei in Frankreich, eines in Deutschland und eines in Indien) unterbrochen wurde. Das war für mich beispielsweise der erste Urlaub seit Beginn der Arbeit an „Slania“ (also etwa Frühling 2007). Insofern genossen wir diese Zeit nun natürlich auch.
Aber wir wollen und können uns natürlich nicht beklagen! Musik ist für uns alle die allergrößte Leidenschaft, der wir uns uneingeschränkt hingeben wollen. Insofern sind wir glücklich und zufrieden!

Ich habe kürzlich gesehen, dass Merlin auch noch bei MORRIGU tätig ist. Haben noch andere Bandmitglieder eine musikalische „Doppelbelastung“?

Ja, die einen oder andern von uns haben neben ELUVEITIE noch ihre eigenen Projekte. Meri hat beispielsweise ihr Folk Projekt IRIJ, Ivo hat sein Melodic Black Metal Projekt FOREST OF FOG (von dem ich übrigens ein grosser Fan bin!), oder Kay spielt für die Österreicher Death Metaller IN SLUMBER live Bass. Und so weiter. Von einer wirklichen „Belastung“ kann allerdings nicht die Rede sein. Für uns alle hat ELUVEITIE absolut erste Priorität.

Ihr habt nun schon einen ziemlichen Bekanntheitsgrad. Seid ihr bereits an einem Punkt angekommen, wo sich das auch finanziell auszahlt oder geht ihr noch anderen Tätigkeiten nach?

Nein, für die meisten von uns füllt ELUVEITIE den Alltag komplett aus und es bliebe nicht die Zeit, daneben noch einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Von „finanziellem Auszahlen“ kann dennoch nicht wirklich die Rede sein. Sagen wir mal so: Wir kommen über die Runden. Aber die meisten von uns leben unter dem offiziellen Existenzminimum, haha. Aber das nehmen wir gerne in Kauf, wenn wir uns dafür eben uneingeschränkt unserer Leidenschaft widmen können.
Ich denke, wenn wir nun nur zu dritt oder viert wären, würde die Situation natürlich komfortabler aussehen. Aber wir sind nun mal eben acht Bandmitglieder und somit acht Mäuler, die’s zu stopfen gilt, haha. Aber wir kommen durch und haben somit alles, was wir brauchen. Und das haben wir unseren treuen Fans zuzuschreiben, denen wir für ihren fetten Support unendlich dankbar sind!

Mal angenommen, der Pagan-Hype wird irgendwann zu Ende sein, könnten sich ELUVEITIE eine Änderung des Stils vorstellen?

Hmm, nein eigentlich nicht. Warum auch? Ich sehe uns eigentlich sowieso nicht so ganz klassisch als Pagan Metal Band. Wir machen einfach unser Ding, egal, was nun gerade angesagt ist und was nicht. Und ich glaube, dass unsere Musik durchaus auch für Leute genießbar ist, die ansonsten mit Pagan Metal nicht sonderlich viel anzufangen wissen.

Bei euch stehen jetzt bald die Termine für die Paganfest Tour an. Könnt ihr schon verraten, was für dieses Jahr an Tourneen noch geplant sind und bei welchen Festivals ihr voraussichtlich auftretet?

Leider nicht. Es ist zwar bereits so gut wie das komplette Jahr verplant, aber das meiste davon ist noch nicht offiziell und teils auch noch nicht fix confirmed. Nach der Paganfest Tour werden wir jedenfalls wieder in Amerika touren gehen, um dann aber pünktlich zu Beginn der Sommerfestival-Saison wieder zurück in Europa zu sein, wo wir auf diversen Festivals unser neues Album vorstellen werden! Ein paar davon darf ich schon verraten – beispielsweise das Hellfest in Frankreich oder das Global East Festival in der Ukraine. Natürlich werden wir auch auf diversen deutschen Festivals auftreten!
Nach dem Sommer soll’s dann wieder mit Tourneen auf verschiedenen Kontinenten weitergehen.

Welche Songs von „Everything Remains (As It Never Was)“ wird man auf der Tour bereits erleben dürfen?

Diverse! Natürlich hat unser neues Album auf der kommenden Tour Vorrang und wir freuen uns riesig darauf, unsern Fans die neuen Songs live um die Ohren zu hauen! Dennoch werden wir ein gut gemischtes, interessantes Set spielen, das auch mal einen akustischen Track von „Evocation“ und diverse „Slania“-Songs beinhalten wird. Wir haben für diese Tour sogar ein paar ganz alte Stücke, die wir seit Jahren nicht mehr spielten (von „Spirit“) „ausgegraben“ und entstaubt! Von „Everything Remains…“ werden wir bestimmt Songs wie „Kingdom Come Undone“ oder „Thousandfold“ spielen.

Haben ELUVEITIE noch einen besonderen Wunsch, so wie etwa eine Tour mit einer bestimmten Band, ein spezielles Festival oder Ähnliches? Was wäre nochmal ein richtiger Höhepunkt in der Karriere der Band?

Hmm, also als Höhepunkt empfinden wir eigentlich jedes einzelne Konzert, egal ob groß oder klein! Jedes Mal, wo wir unsre Instrumente spielen können und jedes Mal, wo wir auch mal mit nem Fan ein Bier heben können, ist für uns ein Höhepunkt!
Es gibt daneben natürlich schon Dinge, die wir gern mal machen würden. Da hat wohl jede/r von uns seine/ihre eigenen Wünsche. Persönlich würde ich z.B. gerne einmal mit AMORPHIS oder mit SLIPKNOT touren, haha! Ich weiß nicht mal genau, warum… ich denke einfach, dass das interessante Mischungen wären und beide Bands sind mir, jede auf ihre Art, sehr sympathisch.

Und was steht bei ELUVEITIE als nächstes Projekt an? Evocation Part. II?

Nein. Allerdings ist diese Entscheidung erst gerade ein paar Tage alt! Wir spielten effektiv mit dem Gedanken, als nächstes „Evocation II“ in Angriff zu nehmen. Aber nun entschlossen wir uns trotzdem, den zweiten Teil des Akustik-Konzeptes noch etwas länger ruhen und reifen zu lassen. Auch auf unserm nächsten Album (nach „Everything remains…“) werden wir dem „pure fucking metal“ fröhnen. Eine umfangreiche DVD ist auch etwas, woran wir ab und an mal denken. Jedoch steckt dieses Projekt noch gänzlich in den Kinderschuhen. Keine Ahnung, wann und wie wir so was realisieren werden. Aber es steht auf jeden Fall mal auf unserm „internen Wunschzettel“!

Nochmals besten Dank für die geduldige Beantwortung unserer Fragen. Ich wünsche dir und ELUVEITIE noch viel Erfolg, und die letzten Worte an unsere Leser gehören natürlich dir:

Nun, es ist an mir und uns allen, dir und Metal.de für das Interview zu danken. Und vor allem gehört unser Dank den Lesern! CHEERS! Man sieht sich „on the road“!

Galerie mit 25 Bildern: Eluveitie - Summer Breeze Open Air 2023
05.02.2010

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