Falconer
Interview mit Stefan Weinerhall zu "Grime vs. Grandeur"

Interview

Seit dem Release 2003er „Sceptre Of Deception“ hat sich bei FALCONER nicht nur das Personalkarussell gedreht, sondern als Konsequenz auch der musikalische Output verändert. So hat man mit Anders und Peder nicht nur 40% der Mannschaftsstärke eingebüßt, sondern sich auch der folkigen Elemente in der Musik entledigt. Ersatz konnte mittlerweile in Form von Magnus Linhardt (Bass) und Jimmy Hedlund (Gitarre) gefunden werden. Bandkopf Stefan Weinerhall stand meinen Fragen Rede und Antwort.

Falconer

Hi Stefan, wie geht’s Euch denn jetzt, wo das Album draußen ist? Wie fallen denn die ersten Reaktionen aus?

Ich war noch mit keinem Album zuvor so zufrieden wie mit diesem. Denn einerseits ist alles schön stimmig, auf der anderen Seite sind einige meiner besten Songs auf diesem Album. Ich hoffe nur, dass es die Leute nicht stur anhand unseres Sounds von vor ein paar Jahren beurteilen werden, sondern es so annehmen wie es ist. Die Reaktionen, die wir bisher erhalten haben, waren sehr vielversprechend. Es wird besser aufgenommen als „Sceptre Of Deception“. Das war irgendwo mein Ziel, das ich mit diesem Album erreichen wollte. Natürlich kannst Du es nie allen Fans recht machen. Einige denken, es ist unser bestes Album, manchen fehlt Mathias, einige denken, wir haben den Folk aufgegeben, während wieder andere denken, dass es gerade gut ist, dass wir uns davon entfernt haben. Manche lieben die Chöre, manche hassen sie.

Worum geht es denn bei dem Album? Der Titel scheint eine Metapher zu sein. Besonders, wenn man sich das Cover anschaut, könnte man meinen, dass auch etwas wie „on rich and poor“ gepasst hätte, oder? Die Songs drehen sich allerdings um ziemlich unterschiedliche Themen. Wo ist da die Verbindung?

Die erste Idee, die ich für das Cover Artwork hatte, war ein Mädchen, das in unterschiedlichen Umgebungen aufwächst, sodass Schmutz und Pracht aufeinander treffen. Ich halte das Cover immer noch für großartig, auch wenn es vielleicht tiefgehender und konzeptioneller wirkt, als es die Musik letztendlich ist. Es stammt einmal mehr von Jan Meininghaus. Trotzdem denke ich, dass der Albumtitel die Musik tatsächlich reflektiert: wir haben die starken, schönen Melodien beibehalten, was für Pracht stehen kann, gleichzeitig haben wir aber mehr Aggressivität und Haltung einfließen lassen, was den Schmutz symbolisiert. Letztendlich gibt es jedoch kein Konzept oder einen roten Faden, der sich durch das Album zieht.

Wie seid Ihr an das Songwriting herangegangen? Haben die neuen Mitglieder Magnus und Jimmy dazu beigetragen?

Kristoffer hat einen Song komplett allein geschrieben und ansonsten ein Viertel der verbleibenden Lyrics beigesteuert. Das hat sehr gut funktioniert und resultiert am Ende in einem viel variableren Album. Wenn ich einen Teil des Textes schreibe und er den anderen, ergibt das eine interessantere Erfahrung, denn ich neige dazu, mich an alte Gewohnheiten zu halten, wenn Du verstehst was ich meine. Das gab mir die Möglichkeit, Material, das OK war wegzuwerfen, und nur das zu behalten, was wirklich großartig war. Ich glaube, das neue Line-Up auf diesem Album war die größte Inspiration für mich. Das neue Gefühl in der Band ist intensiver und hoffnungsvoller. Ich denke, das reflektiert die Musik auch. Das mag auch ein Grund dafür sein, dass der Anteil der Folkelemente abgenommen hat. Es ist ein intensives Gefühl und auch eine Genugtuung nach dem lahmen „Sceptre…“. Ich denke, dass dieses Rezept in Zukunft auch mit einigen Ergänzungen durch Jimmy funktionieren wird. Der überwiegende Teil des Materials wird weiterhin von mir kommen, weil… äh, hmmmm… weil ich das sage! Hahaha!

Ihr habt das Album wieder bei Andy LaRocque aufgenommen. Welchen Einfluss hat er auf Eure Musik und welche Bedeutung misst Du seiner Rolle bei?

Wir kennen Andy sehr gut und er kennt uns, und was wir wollen oder mögen könnten, sehr gut. Wir haben ihn wieder ausgesucht, das ist richtig. Ich vertraue ihm was die Aufnahmen anbelangt sehr, denn er lässt nie etwas veröffentlichen, was nicht perfekt oder gut gespielt ist. Diesmal waren Kristoffer und ich beim Engineering etwas mehr einbezogen, was in meinen Augen das Bandgefühl noch verstärkt. Wir könnten uns an Andys Stelle jeweils gegenseitig aufnehmen. Diesmal sagten wir zu Andy, dass wir heaviere Gitarren, einen schwereren Sound usw. wollten. Ich finde, er hat einen sehr guten Job gemacht. Da er uns und unsere Musik kennt, hat er darauf geachtet, den Sound nicht zu heavy oder zu brutal zu gestalten. Ich kann Euch auch verraten, dass Kristoffer und ich diesmal beide am Engineering beteiligt waren. Ich habe beispielsweise die meisten Basstakes, einige Sologitarren und die Vocals aufgenommen. All das hat das Bandgefühl und die Arbeit eher zu einer Einheit werden lassen, als wenn jeder seinen Teil mit Andy allein aufnimmt. So fühlte sich jeder wirklich an den Aufnahmen aktiv beteiligt.

Wenn man sich die Geschichte FALCONERs einmal betrachtet, sieht es so aus, als wärt Ihr zum Erfolg „gezwungen“ worden. Zu Beginn wart Ihr ja keine Liveband, erst als Euch große Festivals wie das Wacken Open Air buchen wollten, habt Ihr diesen Schritt gewagt. Denkst Du, FALCONER wären ohne diese Wendung, wo sie heute sind?

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass unser Entschluss, eine Liveband zu werden, einen Einfluss auf den Erfolg oder den Status der Band hatte. Es war einfach etwas, das wir tun wollten. Man könnte sagen, dass live zu spielen eine der Entlohnungen ist, die Du von der Musik erhältst. Wir haben dadurch einige Länder und Orte kennen gelernt, die wir nie gesehen hätten, wenn wir nicht live spielen würden.

Wie wichtig ist es für Euch, live auf der Bühne zu stehen?

Ich spiele gerne live, aber die Zeit im Studio ist mir trotzdem wichtiger. Zu Beginn war ich eigentlich nur nervös, aber jetzt genieße ich es und sehe es als Möglichkeit, Leute zu treffen, Kontakte zu knüpfen und so weiter. Dennoch sind Live Gigs für mich hauptsächlich ein Nebeneffekt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen: zu schreiben und Musik aufzunehmen. Ein Nebeneffekt, den ich wirklich genieße.

Wo wird Euch das neue Album hinbringen?

Ich erwarte, dass es die Leute mehr mögen werden als „Sceptre…“. Dadurch hoffe ich natürlich, dass es das Interesse an der Band auf alle möglichen Arten steigern wird.

Geographische Entfernungen waren in der Vergangenheit ja immer ein Problem für FALCONER. Wie sieht es diesbezüglich denn mit den Neuzugängen Magnus und Jimmy aus?

Früher mussten Anders und Peder eine dreistündige Autofahrt hinter sich bringen, um an einem Wochenende im Monat mit uns proben zu können. Das hat eine Weile funktioniert, aber dann wurde es wohl etwas ermüdend. Magnus [Bass – Anm. d. Verf.] ist ein Partyhengst, der sich etwas mehr für Hard Rock und Stoner interessiert. Er lebt in derselben Stadt wie wir und spielt nebenbei zusammen mit Karsten in einer anderen Band, die allerdings nur „just for fun“ ist. Jimmy haben wir über Zeitungsanzeigen und Suchanzeigen auf Websites gefunden. Es hat einige Monate gedauert, bis wir jemand gefunden haben, von dem wir wussten, er würde zur Band passen. Nach dem Vorspielen war ziemlich klar, dass er es sein würde. Er lebt ungefähr 90 Minuten entfernt, aber es scheint, als ob er diese Distanz gerne auf sich nimmt, wenn wir das von ihm verlangen. Er ist ein typischer Leadgitarrist. Er kann keine Gitarre stehen lassen, ohne sie nicht in die Hand genommen und darauf gespielt zu haben. Wenn wir eine Party haben, müssen wir alle Gitarren vor ihm verstecken, weil er sonst nicht mitfeiert. Ich würde sagen, dass er und Magnus momentan die Enthusiastischsten sind, die immer noch mehr proben wollen. Kristoffer [vocals – Anm. d. Verf.] lebt immer noch drei Stunden entfernt. Die Hauptsache ist jedoch, dass die Instrumentalisten tight und gut vorbereitet sind. Die Vocals sind eher wie Farbe auf einem Gemälde.

Dieses Album ist ja das erste, das Ihr mit einem Bassisten aus Fleisch und Blut eingespielt habt. Wie gestaltet sich der Unterschied zur Situation vorher?

Ich glaube man kann heraushören, dass es sich jetzt um einen Typen handelt, der wirklich mit dem Bass denkt. Ein Gitarrist könnte den Bass einspielen, aber es wären oft nur einfacher gehaltene Gitarrenriffs. Ein Bassist neigt dazu, etwas aufzubauen, das auch ohne die Gitarren Sinn machen kann. Außerdem liebe ich diese „Geezer Butler“ Sachen, die er manchmal macht. Davon brauchen wir mehr!

Ihr seid ja nebenher noch in anderen Bands involviert. Wird dieses Line-Up denn stabil sein?

Ich selber habe keine andere Band. FALCONER sind die einzige Band, für die ich Zeit und Energie habe. Die anderen Jungs, Jimmy ausgenommen, haben zwar noch andere Bands, haben aber klargemacht, dass FALCONER absolute Priorität hat. Ich habe bisher keinem Grund gesehen, das anzuzweifeln. Ich wäre sehr überrascht, wenn dieses Line-Up nicht länger halten würde als das letzte.

Wie sieht es mit einer Tour zum neuen Album aus? Habt Ihr da schon Pläne?

Es wird hoffentlich eine Tour gegen Ende des Jahres geben. Ich hoffe, dass es eine Supporttour für eine größere Band sein wird. Unserer Booking Agentur zufolge haben die dieselben Pläne wie wir. Warten wir’s ab und sehen, was passiert.

Stefan, ich danke Dir für Deine Zeit und das Interview! Die berühmten letzten Worte sind Dein!

Ich danke Dir für das Interview und ich hoffe, Ihr werdet alle einen großartigen Sommer mit viel Eiskrem und herrlichem Beach Volleyball haben. Verkauft Eure „Sceptre…“-Scheiben und kauft Euch das neue Album dafür! Ihr werdet nicht enttäuscht werden. Ich hoffe, unsere Wege kreuzen sich irgendwann im Herbst, sodass wir Euch dann davon überzeugen können. Cheers to you all.

15.05.2005

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