Giant X
Interview mit Peter J. Jordan zu "I"

Interview

Giant X

Dass Rock’n’Rolf nicht nur Metal kann, beweist er jetzt mit GIANT X, einem neuen Projekt, das in Zusammenarbeit mit Komponist, Produzent und RUNNING WILD-Gitarrist Peter J. Jordan entstanden und letztendlich auch gereift ist, und ab dem 18. Januar in Form des Debütalbums in jedem gut sortierten Plattenladen stehen wird. „I“ klingt bluesiger, rock’n’rolliger und in gewisser Weise auch poppiger als RUNNING WILD, und ist als eine vielseitige Hommage an die Rockmusik der Siebziger, Achtziger und Neunziger zu verstehen. Wir sprachen mit Peter J. Jordan nicht nur über einzelne Songs und ihre Entstehung, sondern sprachen auch Tacheles über das Musikbusiness und konkreten Vorstellungen Einzelner, wie Drumsound zu klingen hat…

 

Wer über etwas kreative Vorstellungskraft verfügt, der kann sich anhand des Intros, „The Rise Of The Giant X“, bereits ein paar eigene Gedanken machen. Für diejenigen aber, die das Intro bisher noch nicht gehört haben und auch ganz allgemein… GIANT X – basierend auf welchen Ideen ist der Name entstanden und welche Bedeutung hat dieser Name für dich?

Die Idee des Namens stammt ursprünglich von Rolf. Der erste Song, den wir zusammen für EMI gemacht haben, hieß „Burning Wheels“ und ist auf einer Scheibe von mir erschienen, die für TV/Rundfunk/Werbung gedacht war. Der Song fand weite Verbreitung im Netz und jeder fragte sich „Wer ist das?“, und „Ist das nicht…?“ usw. Das ließen wir dann erstmal so köcheln. Und so kam die Idee mit dem großen X – dem Unbekannten. Bei diesem Projekt wollen wir weniger als Personen in den Vordergrund treten, sondern die Musik für sich sprechen lassen.

„I“, euer Debütalbum, ist sehr abwechslungsreich und hat für jeden, der sich für Rockmusik interessiert, etwas zu bieten. Besteht da nicht die Gefahr, dass von bestimmten Leuten nur bestimmte Songs bevorzugt werden, und daraus resultierend auch nur bestimmte Songs von zum Beispiel iTunes geladen werden, anstatt das Album als Ganzes käuflich zu erwerben?

Haha! Ich bin kein Marketing-Stratege… Wir hatten einfach Lust eine vielfältige Scheibe zu machen und unsere gemeinsamen musikalischen Wurzeln einfließen zu lassen. Ich wollte Rolfs Stimme mal in einem anderen musikalischen Kontext hören und er hatte große Lust dazu. Rolf brachte viele Anregungen wie „Mach doch mal was mit Slide-Gitarre…“ oder „Lass uns mal ’ne Ballade versuchen…“ und auch viele von den Rock’N’Roll-basierten Ideen. Das Schreiben und die Produktion haben extrem viel Spaß gebracht, und ich hoffe das kann man hören.

Natürlich hört man Unterschiede. Aber aus diversen Richtungen habe ich Unkenrufe vernommen, die behaupten, dass die musikalischen Unterschiede zwischen den letzten zwei/drei Alben von RUNNING WILD und GIANT X nur marginal sind. Tatsächlich hätte ein Song wie „Now Or Never“ meiner Meinung nach durchaus auch auf „Shadowmaker“ gepasst… Um aber diesen Leuten den Wind aus den Segeln zu nehmen: Warum GIANT X und kein weiteres Album unter dem Banner von RUNNING WILD? Macht ihr euch damit nicht in irgendeiner Art und Weise sogar selbst Konkurrenz?

Das ist interessant – die eher Metal-artigen Riffs, wie in „Now Or Never“ kommen nämlich meist von mir. Es ehrt mich natürlich, dass die Leute mich schon so eng mit RUNNING WILD verbinden, haha! Aber so klingen meine Riffs eben… RUNNING WILD ist das Projekt von Rock’n’Rolf. Er prägt es, schreibt die Songs und ist der Boss. Ich habe die Freude und Ehre mitzuwirken. Der Sound ist klar definiert. GIANT X ist ein Projekt, das gleichberechtigt von Rolf und mir geleitet wird, wobei ich zusätzlich noch die Rolle des Initiators, Produzenten und Mischers innehatte. Bei GIANT X trauen wir uns musikalisch alles wozu wir Lust haben.

Du hast es gerade schon erwähnt, und auch im Vorfeld bereits davon gesprochen, dass Rolf mit den bluesigen, rockigen Riffs ankam, während du eher die Metal-Hooks zum Projekt beigesteuert hast. Es lief also alles genau umgekehrt als man es eigentlich hätte erwarten können. Ist das nicht eine Gelegenheit ein paar deiner Hooks und Ideen auch für ein neues RUNNING WILD-Album zu verwenden und damit dem Sound von RUNNING WILD ein paar neue und interessante Impulse zu geben?

Ich freue mich meine Ideen bei GIANT X verwirklichen zu können und in Rolf einen tollen Co-Writer zu haben. Was aber RUNNING WILD betrifft – wenn Rolf gern möchte, dass ich ein paar Riffs und Hooks beisteuere, dann wird er mir das sagen. Ich wäre natürlich sofort dabei! Ansonsten spiele ich aber auch gern was er sich ausdenkt. Das gefällt mir nämlich sehr gut und ist immer eine Herausforderung für mich.

Du bist ja nicht nur Live-Gitarrist bei RUNNING WILD und jetzt auch ein Teil der treibenden Kraft hinter GIANT X, sondern du bist auch als Musiker, Komponist und Produzent für Künstler wie zum Beispiel Tim Bendzko und Christina Stürmer tätig, Künstler, die erstmal gar nichts mit Metal- oder Rock-Musik zu tun haben. Brauchst du diese Abwechslung um für dich als Künstler eine gewisse Ausgeglichenheit zu schaffen? Wie wichtig ist für dich die Arbeit mit solchen Künstlern und welchen Stellenwert hat für dich Rock-Musik? Wie schlägt dein Herz?

Als ich anfing zu spielen wollte ich Metal–Hero werden! Michael Schenker und Uli Roth waren die Helden aus Hannover. VAN HALEN und all die Heroen…in deren Fahrwasser haben wir versucht nachzuspielen. Bei uns an der Schule – ich glaube sogar Uli war da auch früher mal – gab es diverse Gitarrenhelden. Also habe ich wie ein Blöder geübt. Das wollte ich auch! Meine erste Scheibe war dann auch ein instrumentales Rock-Album. Irgendwann wollte ich mit Musik Geld verdienen. Da habe ich begonnen kommerzielle Popmusik zu machen. Erst als Studiomusiker, dann als Produzent und seit einiger Zeit auch als Komponist. Das kann ich ganz gut. Das macht mir Spaß. Aber klar, wenn ich mit GIANT X oder RUNNING WILD arbeite – oder wie z.B. seinerzeit mit FAIR WARNING, dann bin ich 100%-ig in der Musik. Ich trainiere regelrecht. Das ist dann genau mein Ding. Sonst ginge das nicht. Da wäre ich unglaubwürdig.

Du hast mit Rolf vor GIANT X bereits TOXIC TASTE gemacht, und obwohl dieses Projekt viele hervorragende Kritiken erhielt, gibt es bis heute keinen Nachfolger. Warum eigentlich nicht? Empfindest du „I“ vielleicht als mögliches inoffizielles Nachfolgealbum des TOXIC TASTE-Debüts? Letztendlich hätte ein Song wie „The Count“ auch gut zu TOXIC TASTE gepasst…

GIANT X und TOXIC TASTE haben nichts miteinander zu tun. Das ist sogar eher gegensätzlich: Während die Ideen zu TOXIC TASTE komplett durchkonzipiert waren, lassen wir uns bei GIANT X von unseren Ideen treiben. Wir machen – wie gesagt – wozu wir Lust haben.

„Nameless Heroes“ ist einer der Songs, die ich als Anspieltipp empfehlen würde. Dieser Track ist nicht die erste Ballade, die Rolf eingesungen bzw. an der er mitgewirkt hat, denn es gab vorher ja bereits eine mit TOXIC TASTE, aber trotzdem ist dieser Song absolut fantastisch. Kannst du mir etwas mehr speziell zu diesem Song erzählen? Wie ist diese Nummer entstanden? Was hat dich musikalisch inspiriert, und was genau hat es mit den Lyrics auf sich? Was inspiriert dich ganz allgemein Musik zu machen?

Achtung! Bei TOXIC TASTE hat Rolf nur Backings gesungen! Insofern ist „Nameless Heroes“ schon die erste Ballade, die offiziell mit seinen Lead-Vocals erschienen ist. Ich habe darüber nachgedacht, wie Rolf wohl auf einer Ballade klingen könnte – da sind mir die Harmonien wie aus einem Guss eingefallen. Das war seltsam, weil es mehrere ungewöhnliche Tonartwechsel gibt, und ich dachte „Hmm, wie wird die Gesangslinie passen?“. Aber für Rolf war das ganz selbstverständlich. Er hat da einfach drüber weg gesungen und ich dachte – „Ja, das ist es!!“. Ich liebe diese Art Songs, die gut ins Ohr gehen, aber dennoch bei genauerem Hinhören eine gewisse Raffinesse haben. Unsere Plattenfirma SPV/Steamhammer war total begeistert von dem Song. Wir überlegen dazu ein Video zu machen.

Im Text geht es um Menschen, die bereit sind ihr Leben zu opfern um andere zu retten, für ihre Ideale oder Rechte einzustehen oder Ähnliches. Wir leben in einer Zeit von Umbrüchen und Revolutionen. Die Nachrichten sind voll davon. Den „kleinen Leuten“, die nie Erwähnung finden, die aber doch so wichtig sind, um Ideen zu tragen und große Veränderungen erst möglich zu machen, ist dieser Song gewidmet.

Was mich inspiriert hört sich pathetisch an, ist aber wahr: In mir ist ganz viel Musik. Mein Kopf ist voll von Ideen. Das war schon als Kind so. Ich kann gar nicht alles umsetzen. Ich habe noch alte Kassetten voll mit Songideen. Heute sind es Diktiergeräte und Sprachmemos auf Handys. Ohne Ende. Und es sind die starken, schlüssigen Melodien die ich suche. Nimm mal eine Analogie zum Fußball: Manchmal siehst du Spielzüge im Ansatz und sagst schon: „Ok – der geht rein…“ und dann *bäääm*! So fühle ich in Bezug auf Musik. Die Harmonien und Melodien fügen sich wie von allein zusammen und so fühle ich den Drang und Wunsch das umzusetzen. Und da ist es – mit Verlaub gesagt – egal, ob Pop, Rock oder Metal. Ich glaube die starke Idee, den eingängigen Refrain, das bekommt jeder mit.

Vor einiger Zeit hast du einmal gesagt, dass sämtliche Nummern auf „I“ durchgehend rau und authentisch klingen würden, aber nachdem ich das Album jetzt einige Male gehört habe muss ich sagen, dass an vielen Ecken und Enden ganz ordentlich poliert wurde. Meiner Meinung nach hat diese Politur dem positiven Drive eines Songs vom Kaliber „Let’s Dance“ sogar ein wenig geschadet. Dieser Song hätte doch defnitiv rauer klingen müssen… Was meinst du dazu?

Zum Polieren war gar keine Zeit. Wir hatten vom Signing des Albums bis zur Abgabe nur ein paar Wochen. Ich habe alles bei mir gemischt und gemastert. Trotzdem höre ich das Album gern, mag die Frische und Rauheit.

Es ist leider eine völlig müßige und sinnlose Diskussion, die sich teilweise um den bzw. die Drummer der letzten RUNNING WILD-Alben ranken, und ich möchte auch gar nicht auf diesen Zug aufspringen, weil sich eine Band bzw. ein Musiker genau so ausleben sollte, wie sie bzw. er es für richtig hält. Aber wie gehst du mit solchen Kommentaren und Kritiken um? Was kannst du all jenen Gemütern entgegnen, die nicht die Songs selbst in den Vordergrund stellen, um die sich beim Thema Musik eigentlich alles drehen sollte, sondern um persönliche Kreuzzüge und ganz eigenwillige Meinungen?

Ich sehe das ganz entspannt. Dafür bin ich zu lange in der Studioszene. Ich weiss wie Aufnahmen/ Produktionen entstehen, was „echt“ ist und was „fake“. Nimm Live-Alben zum Beispiel Mehr „live“ als die letzte RUNNING WILD-DVD geht nicht. Das ist alles auf Basis eines Stereomitschnitts entstanden. Dann höre ich andere Produktionen, wo ich allen an den Chören schon höre, dass da gar nichts live ist, dass ist alles fake. Und die Leute merken es nicht.

Zum Thema Drummer… In den 80ern ging es los, dass man den perfekten Drumsound wollte. Kein übersprechen auf den Mics, jede Snare gleich, usw. Die Schlagzeuger wurden komplett gesampled und das Drumming nachgebaut. Irgendwann am Anfang der Produktion hat der Kollege zwar mal auf die Snare gehauen, aber davon blieb nur noch das Steuersignal als Trigger für den Sampler, hahaha! Aber es stand immerhin ein Name auf dem Cover. Heute verwenden wir wieder live gespielte Drums, haben aber die Möglichkeit diese als Rohmaterial komplett im Sinne der Produktion zu bearbeiten. Daraufhin wird den Produzenten vorgeworfen, die Drums kämen nur aus dem Drumcomputer…

Als Bilanz für mich bleibt: Seit 30 Jahren wird in der Musikproduktion getrickst und gefaked was das Zeug hält. Aber das ist mir egal – so lange die Musik, sprich das Ergebnis, cool ist. Genau so lange treten Chefideologen und Hüter des guten Geschmacks auf den Plan, die der Welt erklären wie gute Musik zu entstehen und zu klingen hat. Nur meist sind das nicht dieselben Leute, die am Ende erfolgreich sind. Was soll man da sagen?

Der Albumtitel, „I“, impliziert natürlich, dass da noch etwas folgen wird oder zumindest soll. Ich gehe sogar davon aus, dass ihr bereits weitere Ideen habt…?

Wir lassen alles entspannt auf uns zukommen, wären aber glücklich, wenn die Fans unser Album mögen und kaufen. Wir hatten so viel Spaß, dass wir gerne ein „II“ machen würden!

Mit TOXIC TASTE gab es bisher keinerlei Konzerte und auch Shows mit RUNNING WILD sind leider extrem selten geworden, obwohl zum Release von „Shadowmaker“ nichts ausgeschlossen wurde… Denkst du denn, dass es wenigstens einige Shows mit GIANT X geben wird, oder bleibt GIANT X ein reines Studioprojekt?

Auch das halten wir uns komplett offen. Wir spinnen zwar hin und wieder mit Ideen rum, haben aber keine konkreten Pläne.

OK. Hand aufs Herz. Welcher Titel vom GIANT X-Album ist dein persönlicher Favorit und warum?

Das sind eigentlich gleich drei Nummern:

„On A Blind Flight“, weil mir der Track einfach so aus der Gitarre gefallen ist. Da war die Idee und ich musste nur noch auf Aufnahme drücken. Alles aus einem Guss. Und auch bei „Nameless Heroes“ lief alles wie am Schnürchen. Schließlich ist da noch „Rough Ride“. Auch hier kamen diese Riffs so schön spontan. Die Gitarren waren als Demo gedacht um die Idee festzuhalten. Mehr so aus der Hüfte geschossen. Als ich es hinterher recorden wollte habe ich gedacht: „Ne, das ist cool wie es ist.“ So etwas mag ich!

Vielen Dank für das Interview, Peter. Die letzten Worte an dieser Stelle sollen dir gehören. Wenn du noch etwas ergänzen möchtest, dann hast du jetzt die Gelegenheit dazu:

Ich freue mich auf das Album! Ich hoffe die Fans mögen es so wie wir! Ich danke allen die beteiligt waren und sind. Ihr macht einen fantastischen Job! Kommt alle zu unserer Release-Party am 19.01.2013 im Pyrates in Hamburg. Jens, ich danke Dir für das Interview, alles Gute für Dich!

07.01.2013

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1 Kommentar zu Giant X - Interview mit Peter J. Jordan zu "I"

  1. Phil Collins sagt:

    Prima Interview. Danke!