Hailstone
Interview mit Daniel und Bastian zu "The Greater Counterfeit"

Interview

Hailstone

Die Deutschen HAILSTONE haben mit ihrem Debütalbum weitaus mehr als nur einen guten Einstand abgeliefert. Dass sie dabei bewusst altbekannte Wege eingeschlagen haben und dem skandinavischen Death Metal der alten Schule ausgiebig huldigen, erscheint angesichts ihrer eigenen musikalischen Vorlieben mehr als nur logisch. Sänger Daniel und Gitarrist Bastian haben sich zu ihrer Band, ihrer Musik und ihren derzeitigen und zukünftigen Vorstellungen ausquetschen lassen.

Zu Beginn des Interviews möchte ich euch erstmal für euer Album „The Greater Counterfeit“ loben, denn ihr habt mit eurem Debüt einen richtig guten Startschuss vorgelegt. Habt ihr derart positive Resonanzen erwartet oder nur erhofft, und wie waren die Reaktionen anderer Medien?

Daniel: Vielen Dank erst mal für dein Lob und wir freuen uns richtig, dass dir das Album so gut gefällt. Wir waren uns ehrlich gesagt nicht sicher, wie die Reaktionen, sowohl auf Fanseite als auch auf Medienseite, ausfallen würden. Natürlich sind wir von unserer Musik überzeugt gewesen, aber es schwang immer ein wenig die Befürchtung mit, dass man uns in die heutzutage häufig anzutreffende Einheitsbreischiene abschiebt und uns mit irgendwelchem Metalcore oder „modernen“ (Melodic) Death Metal Bands vergleicht. Denn das war mit Sicherheit nicht unsere Intention.
Die bislang einstimmig positiven Resonanzen zum Album haben uns wirklich sehr überrascht. Bisher fiel kein Review, sowohl von deutschen als auch von ausländischen Medien, schlechter als 7/10 Punkten aus. Eine Rezension gab uns sogar 9/10 Punkten und bezeichnete uns als „Underground – Sahnestück des Jahres“. Das ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber wir freuen uns natürlich, dass wir diesen Redakteur mit unserer Musik derart begeistern konnten.

Ihr beruft euch auf Einflüsse, die für jüngere Bands nicht mehr unbedingt selbstverständlich sind. Anstatt Namen wie AS I LAY DYING oder sowas zu nennen kommt ihr mit DISMEMBER, AT THE GATES und EVOCATION an. Seid ihr etwa Old-School-Freaks oder mögt ihr einfach nur Schweden?

Daniel: Deine erste Antwortmöglichkeit trifft den Nagel hier ziemlich genau auf den Kopf. Wir sind durch und durch verkappte Old School Death Metal Fans der skandinavischen Sorte. Insbesondere Lead Gitarrist Basti und ich stehen voll und ganz auf diesen speziellen Sound, den vor allem die Stockholm-Schule geprägt hat. Aber auch die alte Göteborg-Schule steht ganz weit oben auf unserer musikalischen Präferenzliste. Natürlich wissen wir, dass wir nicht original wie die von uns als Einfluss genannten DISMEMBER und AT THE GATES klingen, aber das wollen wir auch gar nicht. Unsere Musik soll einfach diesen gewissen Charme der alten schwedischen Schule wiedergeben, die wirklich großartige Kompositionen hervorgebracht und uns alle in der Band ausnahmslos tief inspiriert hat.

Bastian: Ich würde sagen, dass wir allgemein Metal-Freaks sind, denn wir beschränken uns eigentlich nicht nur auf Death Metal. Wenn man unsere CD-Sammlungen durchgeht, dann findet man von alten HAMMERFALL über GRAVE DIGGER bis hin zu DEVOURMENT, SUFFOCATION und CANNIBAL CORPSE alles. Doch der gute, alte schwedische Death Metal verbindet einfach harten Death Metal mit eingängigen IRON-MAIDEN-Melodien und das fasziniert uns wirklich.

Wie habt ihr als Band überhaupt zusammengefunden? Ich behaupte mal, dass eure Bio noch nicht gaaanz so lang ist. War das bei ’nem Bierchen und „Ey, lass ma‘ machen“ oder wie?

Bastian: HAILSTONE ist eine ganze Spur langweiliger zusammengekommen, denn wir haben uns alle über diverse Foren im Internet kennengelernt und sind quasi erst im Proberaum zu guten Freunden geworden. Ich habe die Band damals mit Joschi und Hans als Melodic Death/Black Metal-Band gegründet und aus der Zeit sind ein paar Songs auf dem Album („This Faithful Justice“, „Godship Undone“). Doch kurz darauf musste uns Joschi berufsbedingt verlassen, konnte uns aber noch Daniel als Sänger vermitteln, den er ebenfalls über das Internet kennengelernt hat. Da Daniel auch absoluter Death Metal-Fan und zudem ein begnadeter Allround-Musiker ist, ging das Songwriting sehr schnell. So verbrachten wir die letzten drei Jahre mit Proben, Trinken und ein paar Gigs. Also eher eine moderne Art der Band-Findung.

Gut finde ich, dass ihr euch nicht vom derzeitigen Technikwahn anstecken lasst und einfach Geradeaus-Songs schreibt, ohne viel Herumgefummel. Heutzutage verlieren sich meiner Meinung nach viel zuviele Bands in Möchtegernanspruch. Ich mag technischen Death Metal sehr gern, aber oftmals bleibt es beim Versuch anstatt es wirklich gut zu machen. Ihr knallt ins Gesicht und wollt diesen Aspekt gar nicht erst ausreizen oder?

Daniel: Genau so ist es. Wieso sollten wir uns auf komplexe Liedstrukturen und überkrasse Solo-ähnliche Riffs konzentrieren, wenn es schon genug Bands gibt, die diese Sparte bedienen und bedienen wollen? Ich habe hohen Respekt vor der technischen Finesse und Perfektion mit der solche Bands musizieren, aber das entspricht ganz und gar nicht unserem Stil und auch nicht der Musik, die wir spielen wollen.Wir wollen durch ein kompaktes, in sich stimmiges Gesamtpaket überzeugen, weshalb wir auch auf überschwängliche Soloeinlagen oder komplizierte Progressivelemente weitestgehend verzichten. In unseren Songs sollen die Zuhörer eine ausdifferenzierte Balance zwischen Death Metal-Elementen und eingängigen Melodien ausmachen können, die uns ganz klar als HAILSTONE kennzeichnet, aber auch nicht als bloße Kopie der großen schwedischen Bands brandmarkt.

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Wer hat, bzw. wie habt ihr denn die Produktion erledigt? Das Teil ist euch ziemlich gut gelungen.

Daniel: Das Album haben wir in den Dreamsound Studios in München aufgenommen. Für das ganze Album hatten wir insgesamt vier Tage Zeit zum Aufnehmen. Wir hatten mit Dejan Djukovic und Daniel Rehbein zwei sehr gute Soundtechniker, die aus unseren Instrumenten wirklich beeindruckende Ergebnisse herausgeholt haben. Dank den beiden lief auch das gesamte Aufnahmeprozedere sehr flüssig ab. Dejan hat im Anschluss auch das Mastering übernommen und da haben wir mit ihm sehr viele soundtechnische Sachen getestet, bis alles saß. Es hat zwar dann länger gedauert als geplant, aber die Mühen und Wartereien waren es letztendlich wert. Wir sind mit der Produktion des Albums sehr zufrieden und erwägen natürlich auch das zweite Album in den Dreamsound Studios aufzunehmen, aber bis dahin dürfte es noch ein wenig dauern.

Stört euch ein Satz wie „Auch wenn HAILSTONE nicht unbedingt den Preis für Innovation gewinnen werden…“ aus meinem Review oder ist das vielleicht sogar ein von euch gewollter Effekt?

Daniel: An sich gesehen ist die mangelnde Innovation kein bewusst gewollter Effekt, aber ein markantes Zeichen, dass unsere Musik eher dem Old School Death Metal zugehörig ist, was uns aber natürlich freut. Ich denke, das passiert ganz von selbst, wenn wir unsere Songs schreiben, weil wir einfach vom musikalischen Hintergrund her uns viel stärker an den gradlinigen Arrangements und Riffsystematiken der alten Schule orientieren. Wir wissen, dass wir keinen Preis für neue schöpferische Leistungen oder überragende musikalisch-technische Darbietungen erhalten werden. Das wollen wir auch gar nicht, denn dann müssten wir uns regelrecht dazu zwingen, die geschriebenen Songs komplexer und komplexer zu gestalten, damit wir ja nicht als zu simpel und konventionell gelten. Wir wollen in den Old School Bereich eingeordnet werden und alles, was dazu gehört und auch mit uns in Verbindung gebracht wird, ist für uns ein Kompliment und zudem eine Bestätigung.
Wenn man ganz ehrlich ist, kann man heutzutage eigentlich kaum noch etwas neu erfinden, es sei denn man wagt sich in völlig neuartige Gebiete oder Kombinationen vor. Selbstverständlich gibt es Bands, die diese Herausforderung mit Bravour meistern und es tummelt sich da draußen ein ganzer Haufen von Musikern und Bands herum, die dazu auch in der Lage wären. Aber ganz nüchtern betrachtet wird es in den meisten Fällen immer Parallelen zu anderen Bands und Songs geben. Insofern finden wir es ein wenig schade, dass in einigen Reviews das Thema Innovation oftmals als einziger Kritikpunkt angesprochen wird. Im Grunde genommen war uns schon vorher klar, dass wir den Medien nichts Neues präsentieren, aber wir dachten eher, dass der Fokus der Rezensionen eher auf der Qualität des Songwritings und der musikalischen Darbietung liegen würden. Daran, dass unsere Musik vielleicht zu wenig innovativ sein könnte, haben wir beim Schreiben und Aufnehmen der Songs kaum gedacht.
Natürlich ist Innovation wichtig und es gibt genug Bands, die es auch heute noch schaffen, den verwöhnten Metalhead mit neuen Ideen zu begeistern. Ein gutes Beispiel hierfür sind meiner Meinung nach KVELERTAK, die Black Metal, Hardcore und Rock sehr gut verbinden und ein richtig starkes Debüt abgeliefert haben. Sie machen Laune und man hat bei ihnen nicht das Gefühl, dass es so etwas schon mal gab, aber wenn man die Musik gründlicher analysiert, ist es eigentlich auch nichts allzu Neues.
Deswegen sollte man, zumindest meines Erachtens nach, zuallererst einfach die Musik genießen und wenn sie einem taugt, dann taugt sie und wenn nicht, dann hat man den Geschmack einfach nicht getroffen. Keiner beschwert sich schließlich, wenn Koryphäen wie ASPHYX oder BOLT THROWER ein Album herausbringen, das sich eben nach ASPHYX oder BOLT THROWER anhört. An dieser Stelle muss ich kurz loswerden, dass „Deathhammer“ von ASPHYX eine richtig geile Scheibe geworden ist.
Im Gegenteil, die Leute wären wohl eher enttäuscht, wenn sie es nicht tun würden, was man ja bei Bands wie ENTOMBED leider hat miterleben müssen.
Das einzige Kriterium in puncto Innovation, das wir unserer Musik zu Grunde legen, ist, nicht wie eine reine Kopie der großen Bands zu klingen. Ansonsten wird man sehr wahrscheinlich auch beim nächsten HAILSTONE-Album keine allzu großen innovativen Veränderungen hören, außer dass die Songs hoffentlich qualitativ noch mehr überzeugen und umso mehr drücken.

Was wäre das größte Lob für euch, bzw. was müsste in einer (positiven) Kritik zu eurer Musik stehen, damit ihr rundum zufrieden seid?

Daniel: Das höchste der Gefühle wäre wohl, wenn man uns als die prädestinierten Nachfolger unserer ganz großen Vorbilder wie AT THE GATES, DISMEMBER, ENTOMBED und Co. bezeichnen würde, die einen frischen Wind in die heute bereits etwas angestaubte Old School (Melodic) Death Metal Schule hereinbringen und einfach zu gefallen wissen, unabhängig davon, ob es wirklich neu ist oder nicht.

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Beschreibe „The Greater Counterfeit“ bitte mit einem prägnanten Satz!

Daniel: Dafür würde ich gerne einen Satz aus unserem Song „Epiphany“ zitieren und adaptieren, weil ich denke, dass es die Frage am treffendsten beantwortet:
„Between our biased self the void we chase exists, but bounded by our human flaws our dreams are bound to cease“

Hattet ihr eigentlich schon die Chance mit HAILSTONE live Erfahrungen zu sammeln?

Daniel: Wir haben mit HAILSTONE schon einige Konzerte, hauptsächlich in München und Bayern absolviert und konnten dadurch schon einige Live-Erfahrungen sammeln. Grundsätzlich gilt, dass wir sehr gerne live spielen und auch versuchen außerhalb unserer Heimatstadt München Konzerte zu spielen, um unsere Musik einem breiteren Publikum präsentieren zu können. Höhepunkte in unserer Gig-Historie waren kürzlich ein Konzert mit OBITUARY im Juni und mit EISREGEN im Oktober 2010. Dazu kommt noch das Metalfest Österreich 2011, wo wir als einer der Newcomer Acts uns vor Festivalpublikum beweisen durften. Dieses Jahr stehen gigtechnisch noch zwei Festivals jetzt im August/September an, das Fistfull Of Metal und das Death Doomed The Age, wo wir unter anderem mit VADER, VOMITORY, FLESHCRAWL, PROSTITUTE DISFIGUREMENT, DEATH STRIKE, DESASTER und PROTECTOR die Bühne teilen dürfen. 

Was steht bei euch als nächstes auf dem Plan? Gibt es Ideen und Pläne, wohin ihr wollt, was ihr erreichen wollt? Was dürfen wir noch von euch erwarten?

Daniel: Als nächstes steht die Suche nach einem geeigneten Label an. Da wir nach den zwei Festivals erst mal keine Konzerte mehr spielen werden, ist das der geeignete Zeitpunkt, um neue Songs zu schreiben und Bewerbungen an Plattenfirmen zu schicken. Mittlerweilen haben wir ja auch ein ganz passables Repertoire an Reviews. Auf jeden Fall wollen wir nächstes Jahr versuchen noch mehr Gigs zu spielen und eventuell sogar eine kleine Tour auffahren, aber das ist jetzt alles noch ein wenig organisationsbedürftig. Die ersten Konzerte im Norden werden gerade geplant, soviel darf ich verraten.
Mit HAILSTONE selber würden wir sehr gerne irgendwann den Status einer etablierten und einigermaßen bekannten Band erreichen. Uns ist bewusst, dass das jetzt keine Band sein wird, die jetzt riesige Tourneen fahren wird oder von der man gar leben kann. Zumindest ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering. Es wäre aber schön, wenn man einfach für größere Konzerte oder sogar Festivals gebucht wird, weil es uns einfach großen Spaß macht live zu spielen und dem geneigten Metalhead gute Musik zu präsentieren.
Wie von mir kurz oben kurz angesprochen werden wir uns natürlich jetzt auch neuen Songs widmen. Ich denke, dass wir eine sehr gute Ausgangsbasis geschaffen haben, auf der wir hoffentlich überzeugend weiter aufbauen können. Das nächste Album datiere ich mal auf Ende 2013, Anfang 2014. Ich habe zwar schon Ideen für den Titel und das Artwork, aber verraten werde ich erst mal noch nichts. Soviel sei gesagt, wir haben bereits vier neue Songs mehr oder minder fertig geschrieben und der bisherige Eindruck suggeriert, dass das Album versatiler und den Death Metal – Anteil im Vergleich zu „The Greater Counterfeit“ ein wenig hochschrauben wird. Man kann also echt gespannt sein, wie sich das Songwriting bei uns in Zukunft entwickelt.

Vielen Dank für das Interview. Alles Gute für eure Zukunft und vielleicht bis bald.

Daniel: Vielen Dank auch dir für dieses Interview. Es war uns eine große Freude und vielleicht sehen wir uns mal auf einem Konzert in Zukunft.

Galerie mit 14 Bildern: Hailstone - Growl Bowl Festival 2024
19.08.2012

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