Korovakill/Chryst
Interview mit Chrystof Niederwieser zur Umbenennung von KOROVAKILL in CHRYST

Interview

Chryst

Ja, genau. Wie krank ist das denn? Weiß ich auch nicht, ziemlich krank auf jeden Fall. Aber das ist KOROVAKILL. Oder KOROVA. Oder CHRYST, wie die Band von, wegen, um und mit Chrystof Niederwieser seit dem 3. August 2011 heißt. Und diese Band, egal wie ihr Name ist, ist nach einer Pause von zehn Jahren zurück, um da weiterzumachen, wo sie aufgehört hat: Mit der Ver- und Zerstörung musikalischer, konzeptioneller und optischer Normen. Wie weit die Provokation diesmal geht? Wer weiß. Übrigens: Am Ende des Interviews findet Ihr eine exklusiv für metal.de herausgerückte Hörprobe.

Chryst

Chrystof, Du warst für Jahre von der musikalischen Bildfläche verschwunden. Wo hast Du gesteckt und was hat Dich bewogen, wieder aufzutauchen?

Gott zum Gruße, mein Sohn.

Alboin, das frage ich mich auch. Ebendiese Fragen kamen soeben auch in mein Gehirn. Wo war ich? Was hab ich gemacht? Warum bin ich wieder hier?
Ich weiß es nicht! Ich weiß es einfach nicht! Auch wenn dies dem geneigten Leser wunderlich zu scheinen mag. Ich vermag es nicht zu beantworten. Es gibt tausend Gründe und doch keinen. Denn es war einfach so und alles andere ist Vortäuschung unserer Gehirne.

KOROVAKILL waren meines Wissens nach nie aufgelöst. Du hast an dem Bandnamen festgehalten – warum? Wie waren Deine Pläne für die Band in den letzten 10 Jahren, und was planst Du für die nächsten Jahre?

Jedem Festhalten folgt irgendwann ein Loslassen. Und jeder Plan ist nur eine Momentaufnahme von Befindlichkeiten im Raum-Zeit-Kontinuum. Doch halte ein, denn gleich wirst Du noch etwas fragen, dessen Antwort eigentlich Du soeben gerade wissen wolltest…

Hast Du in den vergangenen Jahren Ideen für andere Projekte in anderen Genres gehabt? Wie hast Du Dich musikalisch in dieser Zeit entwickelt?

Dieser gab es zahlreiche. Und ich offenbare Dir eines, mein Sohn: all diese Projekte in anderen Genres werden unter ein und demselben Banner veröffentlicht werden:

2011: Epic Psychedelic Metal – phantastische Einführung in die Metatropolis-Welt
2012: Elektro Metal – in kaltem Plasma gehaltene Synthetikwelten – der robotische Trott in der Metatropolis-Welt
2013 – getragene Romantic Metal Balladen mit verirrten Texten – das verklärte Individuum auf der Suche in der Metatropolis-Welt
2014 – Fleischorgel Metal – brutale Kakophonien mit Texten weit jenseits des erlaubten Geschmacks – das Tier erwacht und schreit nach Blut und erbrochenem Gedärm, um die Metatropolis-Welt zu vernichten
2015 – SynthiePop Metal – das Tier wird durch eine Masse an dümmlichen Gütern besänftigt und wohlwollend gestimmt – Erfolg dank Einläufen mit Weichspühler – Plastikflair der 80er Jahre – Kindheit oder Krankheit?
2016 – Poetik Metal – die Synthese aus 30 Jahren musikalischen Schaffens – ein reifer Herr am Sinnieren über Leben und Unleben – düster-morbides Schattenland und existentialistische Quintessenz meines künstlerischen Daseins, gekonnt-gestelzt in Worte geschachtelt
2017 – AniMetal – die Brücke zwischen Mensch und Tier – sind wir Brüder oder Herr und Sklave? Das Tier im Menschen und die Herden der Menschheit. Blöcken, gackern, grunzen und mümmeln nur sie oder auch wir?

All dies habe ich die letzten 10 Jahre vorbereitet. Und nun wird es kommen – wie mit dem Skalpell in die Zeit geschnitzt…

Für den Herbst ist ein neues Album angekündigt. Was kannst Du jetzt schon darüber verraten, was uns darauf erwartet? Was hat sich im Vergleich zum Vorgänger „Waterhells“ getan? Wie erklärt sich der Titel?

„Chryst – PhantasmaChronica“ ist ein einziger Song mit der Länge von 50 Minuten. Er spielt auf vielen Parallelebenen gleichzeitig, welche die Illusion geben, alle Illusionen aufzuheben. „PhantasmaChronica“ offenbart die Chronik hinter den Phantasma der Erscheinungswelt, wobei diese chronisch geworden sind. Die Grenzen zwischen Welt und Individuum, zwischen Vergangenheit und Zukunft, Anfang und Ende verschwimmen. Denn sie alle sind eins und doch nichts davon. Der Logik des Widerspruchs folgend folgt nichts als die Lehre der Leere. Denn ein Ziel muss man haben, auch wenn es immerzu als Fata Morgana verschwindet. Um die unbeliebte Beliebigkeit nach Belieben zu lieben penetriert der Turm der Menschwerdung unaufhörlich die toten Winkel der Wahrnehmung – Der Bau von NovoPharus, das hehre Ziel von Metatropolis, wozu sich alle versammeln die jemals waren und sein werden. Oft ohne es zu wissen geben sie ihr Leben zur Lichtwerdung des Nichts. Darin bündelt sich das Streben aller Wesen und Zeitalter wie in einem Spiegel, der sich selbst betrachtet. Ist das Kind Ursprung oder Ziel davon? Dies wissen zu glauben wäre die größte Sünde.

Und so baut Chryst, der Erlöser, eine posthumane Dekonstruktion des Abendlandes, eine neue Welt, ein neues Zeitalter. Frohlocket, Ihr Kinder des ewigen Strebens, denn endlich wird Euer Sehnen sein Abbild finden, seinen Bruder und Freund, gleichzeitig Rätsel und Lösung all Eurer Fragen –

Wer weiß wird verstehen…

Alle bisherigen Werke sind in „PhantasmaChronica“ aufgehoben – also gleichzeitig aufbewahrt, höhergehoben und annulliert (der Leser, welcher mir per Email den deutschen Philosophen nennen kann, welcher diese dreifache Sinngebung des Wortes „Aufhebung“ geprägt hat, erhält von mir persönlich eine signierte CD gratis!). „PhantasmaChronica“ ist gleichzeitig wilder und ruhiger, chaotischer und atmosphärischer, brutaler und gefühlvoller, komplexer und einfacher als alle bisherigen Alben. Bereitet Euch vor auf ein Meisterwerk des „Epic Psychedelic Metal“!

Du bist lange Chefredakteur des großartigen Magazins Avantgarde-Metal gewesen. Inwiefern hat diese Tätigkeit und Deine Berührung mit andersartiger Musik auch Dein eigenes Musikmachen beeinflusst?

In der Tat – avantgarde-metal.com ist ein Werk, auf welches ich wahrlich stolz bin. Dieses Portal war dringendst nötig, um endlich all den Metal-Freaks rund um das Erdenrund eine Heimat zu geben. Es ist ja statistisch erwiesen, daß überintelligente Menschen überdurchschnittlich oft Metal hören, wohl um ihren massiven Ganglien-Fluktuationen ein ebenbürtiges Gegengewicht zu verleihen. Diese Menschen fühlen sich auf agm.com zuhause, sei es als Band oder als Hörer. Mittlerweile sind es zehntausende, welche dieser bahnbrechenden Leidenschaft frönen.

Hat diese Tätigkeit mein eigenes Musikmachen beeinflusst? Nein, denn es war und ist vor allem eine Management-Tätigkeit, um meinen Brüdern und Schwestern im Geiste eine Plattform, eine Heimat zu bieten. Es hat mich überwältigt, wie viele davon es dort draußen gibt. Insofern ja, denn ich lernte dadurch wieder, warum und für wen ich Musik mache.

Dennoch habe ich die Seite immer mehr mit meinen Augen als mit meine Ohren geleitet. Die Ohren von AGMcom ist die unvergleichliche AGM-Crew, welche unermüdlich nach den seltsamsten, wunderlichsten und eigenartigsten Metalklängen des Universums stöbert und in Worte fängt.

Auf dem neuen Album spielt, soweit ich weiß, niemand mehr von der alten Besetzung der Band mit. Warum nicht, und wer ist stattdessen jetzt mit von der Partie?

Die Virtualisierung der Lebenswelt hat auch vor KorovaKill nicht Halt gemacht. Ganz im Gegenteil: wir haben sie exzessiv forciert und bis zum Extrem ausgereizt. Menschen an Instrumenten – das ist die alte Welt. Menschen im Kopf an Instrumenten – das ist die neue Welt, die neue Botschaft, das neue Evangelium. Wir haben das Fleisch durch den Geist ersetzt. In beiden ist das Eis enthalten – Alboin, Du weißt am besten, wie solche Transformationen funktionieren…

Nenne es ruhig die Engel und Erzengel, welche mir bei den Aufnahmen zur Seite standen. Denn wohin Du auch schaust, je länger Du darauf schaust, desto mehr kippt Deine Wahrnehmung und sieht anstatt der Wand die Engel, anstelle der Tür die Engel, statt des Fensters die Engel in Engeln in Engeln in Engeln. Der Geist ist überall. Und oft frägt er sich, ob außer ihm überhaupt sonst noch etwas sei in dieser Welt. Wen schert es schon, was ist und nicht ist? Denn der Geist ist Gedanke und Gespenst zugleich…

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03.08.2011

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5 Kommentare zu Korovakill/Chryst - Interview mit Chrystof Niederwieser zur Umbenennung von KOROVAKILL in CHRYST

  1. Fabiénne sagt:

    Hilfe, was für ein selbstbeweihräucherndes Geschwurbel… beim „Punkt der maximalsten Ausdehnung von PhantasmaChronica“ frage ich mich ernsthaft, was hier mieser ist: die Photoshop-Skills des wolkenbärtigen Avantgarde-Propheten oder diese als Musik verkleidete Drummachine-Gehhilfe. Dazu braucht es weder 50 Minuten noch 200 Spuren… da reicht die graue Tonne. Wenn das das Ergebnis von 10 Jahren sein soll,… auweia!

  2. Hans-Hubert sagt:

    Ironiedetektor kaputt?

  3. Fabiénne sagt:

    Keine Ahnung, ob und was bei dir kaputt ist, bei mir ist alles in bester Ordnung. Ironie ist eine Kunst, die beherrscht werden will – im Interview ist davon nichts zu entdecken, dafür bedeutungsschwangeres Geschwafel von Herrn Niederwieser, was irgendwie zur Blutarmut der Hörprobe passt. „Dead Like An Angel“ war seinerseit ein ganz anderes Kaliber. Schade.

  4. Andreas sagt:

    Großartig! Eine der abgefahrensten Bands der 90er Jahre ist zurück. Kann die Veröffentlichung kaum erwarten. Das Soundbeispiel ist jedenfalls voll der Hammer! Und das Artwork einfach nur geil!

  5. Hans-Hubert sagt:

    Ich habe mit dem guten Mann ebenfalls ein ausführliches Interview gemacht. Man muss es einfach lieben oder hassen, dazwischen gibt es offensichtlich nichts. http://www.musikreviews.de/interviews/20-11-2011/Chryst/