Locus Neminis
Das exklusive 1. Interview!

Interview

Locus Neminis

Die junge, aufstrebende Black Metal Band LOCUS NEMINIS aus Österreich hat mit ihrem Debüt „Weltenwanderung“ einen echten Überraschungscoup gelandet. Aus dem Untergrund so professionell und überzeugend ans Licht zu treten – sowas erlebt man leider viel zu selten. Und als Musikjournalist erlebt man es auch nicht alle Tage, mit einer Band das allererste, offizielle Interview zu führen. Mit Franz Enkner stand mir das produzierende Mastermind Rede und Antwort:


 

Zuerst mal ganz ins Blaue: Ist das tatsächlich euer erstes Interview?

Ja, es ist wahr, das ist das erste Interview mit LOCUS NEMINIS ever.

…und als zweite Frage gleich der Klassiker für alle Neuvorstellungen: Wer seid ihr, woher kommt ihr, wofür stehen LOCUS NEMINIS? Wo fing quasi eure musikalische Reise an, und was hat euch letztendlich zu dem Punkt gebracht, an dem ihr euch heute befindet?

Wir kommen allesamt aus der Umgebung von Linz, Österreich, beziehungsweise sind wir dort aufgewachsen. Einige von uns waren schon als Kind recht musikalisch, andere nicht, ich persönlich dachte, als ich klein war immer, Musik ist sinnlos, aber irgendwann früher oder später sind wir alle auf irgendeine Weise dazugekommen, Metal zu hören und Instrumente zu lernen. Xarius, J.P und Antimaterie haben LOCUS NEMINIS 2008 gegründet, der Rest, inklusive mir, ist später dazugekommen.

Ich würde sagen LOCUS NEMINIS steht für die musikalische Komponente eines atmosphärischen Black Metal. Wir sehen das nicht als Lifestyle oder als Einstellung oder so etwas, wir stehen einfach für eine gewisse Art von Musik, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Frage, was uns letztendlich an den Punkt gebracht hat an dem wir jetzt sind, kann ich nur klischeehaft beantworten, aber ich glaube das wichtigste ist Willenskraft. Ich sage das sehr zwiegespalten, denn ich bin eigentlich der Ansicht, dass man die Menschen oft viel zu sehr anhand dessen beurteilt ob sie etwas wollen, anstatt dessen was sie tatsächlich können, so als ob es einfacher wäre, einzuschätzen ob jemand etwas wirklich will als ob er es wirklich kann.

Ich hätte also gerne „Können“ gesagt. Nun sind allerdings die Anfänge in einer no-name-Metalband eine der seltenen Situationen wo können tatsächlich wenig Rolle spielt. Wenn du als Teenager deine Auftritte in irgendwelchen Jugendzentren spielst – da kommt nur ein Bruchteil der Leute wegen der Musik. Können braucht man erst um weiter zu kommen als das, und wir sind gerade erst in diese Phase gekommen. Vielleicht genau hier anhand dieses Interviews.

Bisher scheint ihr euch als Band noch unterm Radar zu bewegen, und das, obwohl ihr ja schon seit einiger Zeit aktiv seid. Macht ihr Promo für euch, oder lasst ihr euch lieber entdecken?

„Unterm Radar“ triffts ganz gut. Wir haben anhand unseres Album Releases schon durchaus ein paar Foren vollgespammt, Promo-CDs verschickt und Ähnliches, aber wenn ich ehrlich bin, freue ich mich persönlich über jene Leute besonders, die ohne dass man ihnen einen Flyer auf das Auge gedrückt hat sich die Musik anhören, oder zu einem Konzert kommen. Da habe ich einfach das Gefühl, dass es wirklich um die Musik geht und das ist ein Ideal das mir sehr viel bedeutet. Nicht jetzt dass andere Motivationen wie Freundschaft oder so nicht auch erstrebenswert sind, aber ich denke der Unterschied ist, dass das rein musikalische Interesse ja von meiner Person unabhängig ist.

Es wäre also eine Möglichkeit, etwas zu hinterlassen, das nach meinem Tod auch noch Bedeutung haben kann. Das klingt jetzt natürlich ausgesprochen lächerlich, wenn ich als Produzent von solch einem Nischenprodukt das sage, aber ich frage mich schon ganz ernsthaft ob das Bedürfnis, Kunst zu machen nicht irgendwo auch daher kommt, dass man sich so quasi „immortalisieren“ möchte.

Gab es eigentlich schon andere Rezensionen bzw. Reaktionen auf euer Album „Weltenwanderung“?

Die erste Reaktion waren ein paar Leute in einem russischen Forum, die es auf Mediafire geladen haben – wir dachten nicht, dass es so schnell geht. Metal.de war dann das erste ernst zu nehmende, wir haben uns wirklich sehr gefreut darüber, mittlerweile sind noch ein paar andere Reviews dazugekommen, die eigentlich alle ganz in Ordnung waren. Ein paar Anfragen für Shows haben wir auch bekommen – was sehr gut ist, da wir gerne mehr Auftritte spielen würden.

Ihr kennt ja bereits meine detaillierte Meinung zu eurem großartigen Debüt, trotzdem muss ich euch nochmal loben. Dass eine Band derart überzeugend, gefühlt „aus dem Nichts“ heraus, so ein Album veröffentlicht, ist wirklich selten und etwas Besonderes. Müsste ich raten, würde ich sagen, ihr habt euch lange und gründlich darauf vorbereitet und nicht den Fehler gemacht, viel zu früh unzählige Demos zu veröffentlichen. Wie ist „Weltenwanderung“ entstanden?

Ein Großteil des Recordings für „Weltenwanderung“ fand im Sommer 2011 statt, wir hatten allerdings bereits seit 2009 die pre-Production nebenbei laufen. Wir machen üblicherweise zu jedem neuen Lied gleich eine Testaufnahme, auf der wir auch oft viel herumexperimentieren. Schlussendlich wurde dann alles noch einmal einheitlich aufgenommen, die Testversion von „Virus“ (wir hatten sie 2010 auch ins Netz gestellt) diente dabei als Ausgangsbasis für alle anderen Songs. Die einzige Ausnahme stellt der „hidden Track“ am Ende dar. Hierbei handelt es sich um die pre-Production-Version von „Totes Licht“, bei der statt den normalen Drums stark verfremdete TR-909 Samples verwendet wurden. Dies zu inkludieren war mir ein persönliches Anliegen, ich wollte mich schon immer ein bisschen davon loslösen, obligat „echte“ Drumsounds zu verwenden. Ich denke mir, wenn doch sowieso alles getriggert ist, warum nicht gleich die ganze Palette verwenden?

Was mich an dem Album besonders beeindruckt hat, ist die atmosphärische Dichte, die durchaus etwas von „space black metal“ hat. Wie würdest du eure Musik beschreiben? Was hat euch inspiriert und beeinflusst?

„Space black metal“ ist sicherlich nicht abwegig, es muss allerdings nicht konkret „space“ im Sinne von „Weltraum“ sein, auch wenn das Artwork, nun ja, schon ziemlich konkret in dieser Hinsicht ist. Ich denke es geht uns in erster Linie darum, eine Atmosphäre zu schaffen, die eben diese typische Ästhetik hat hinter der wir her sind, also weit, distanziert, abnormal, etwas surreal, menschenleer, aber nicht misanthrophisch. Ein „locus neminis“ (lat. „Niemandsland“) im wahrsten Sinne des Wortes sozusagen, wo man sich irgendwie dem Alltag entziehen kann. Der Weltraum erfüllt diese Kriterien ziemlich gut natürlich, die Texte sind aber nicht spezifisch dafür, da geht’s eigentlich um alles Mögliche. Dass das Artwork so aussieht, ist eigentlich auch mehr oder weniger Zufall, wir wollten zunächst eigentlich so ein Industriegebäude auf dem Cover haben. Aber als wir dann bei J.P, unserem Gitarristen der auch für das Artwork verantwortlich ist, mehrere Bilder die er gemalt hatte verglichen hatten, haben wir uns doch für das mit dem Weltraum entschieden.

Was die Einflüsse betrifft: ich kann schwer für alle sprechen, aber ich würde sagen, die Bands die uns am meisten beeinflusst haben, sind so über den Daumen geschätzt DIMMU BORGIR, NAGLFAR, EMPEROR, DARKSPACE und BEHEMOTH. Wir haben abgesehen davon natürlich alle unterschiedliche Vorlieben und hören daheim alles mögliche, aber nicht alles davon schlägt sich merkbar in der Musik von LOCUS NEMINIS nieder. Was für meinen Anteil vielleicht von Bedeutung ist, ist dass ich neben Metal sehr viel elektronisches Zeugs höre.

Locus Neminis

Beeindruckend ist auch der professionelle Charakter des Albums. Das technische Niveau ist beachtlich. Gehe ich recht in der Annahme, dass ihr auf langjährige Erfahrungen bauen könnt (z.B. in anderen Bands)? Habt ihr eine technische Ausbildung an den Instrumenten genossen, oder war es eher learning-by-doing?

Einige von uns haben klassische Instrumente gelernt was natürlich hilfreich ist, auch wenn’s kein Metal ist. Zudem haben mehrere von uns vor LOCUS NEMINIS technischen Death Metal gespielt und interessieren sich nach wie vor für dieses Genre. Für einen Großteil von uns ist das aber das erste Mal, ein Album herauszubringen.

Vor allem die Produktion ist mehr als überzeugend. Mit dir, Franz, habe ich ja den richtigen Ansprechpartner, denn du hast ja die Platte produziert – Verrate doch mal, wie hast du es hingekriegt, dass die Platte wie eine Profiproduktion aus den Abyss-Studios klingt?

Ich habe bereits sehr früh damit begonnen, mit Musikprogrammen auf dem Computer herumzuspielen. Wie ich vorher schon erwähnt habe, habe ich mich neben Metal sehr viel mit elektronischer Musik beschäftigt, und das hat meine Sichtweise zum Produzieren drastisch beeinflusst. Ich sehe den Computer nicht nur als Aufnahmevehikel, sondern vielmehr als zentrales kreatives Instrument.
Dieser Ansatz ist allerdings im Metalbereich nicht so verbreitet, da hier viele der Ansicht sind, es würde nur das zählen was auf einem realen Instrument gespielt wurde. Wir haben zur Zeit oft diesen Zwiespalt wo einerseits technische Hilfsmittel wie Trigger, Autotune und so weiter gang und gebe sind, aber man andererseits Angst hat, man würde dadurch den Charakter der Musik „herausbearbeiten“, weil alle einfach nur perfekt klingen – und perfekt ist langweilig. Ich bin diese Problematik bei „Weltenwanderung“ so angegangen, indem ich quasi eine Flucht nach vorne gemacht habe: Ich habe gar nicht versucht, den natürlichen Charakter der Instrumente zu behalten und zu perfektionieren, ich habe sie bewusst stark verfremdet, um ihnen einen neuen Charakter zu verleihen. Ich wollte weiter gehen als nur zu retuschieren, ich wollte eine synthetische Ästhetik schaffen.

Was das Abyss-Studio betrifft: Ich habe tatsächlich den Gitarrensound an Peter Tägtgrens Produktionen angelehnt. Ich dachte mir, der Drumsound ist schon komisch genug, ich sollte für die Gitarren auf etwas Bewährtes zurückgreifen um das Ganze abzurunden.

Habt ihr das Album eigentlich aus Prinzip in Eigenregie veröffentlicht, oder habt ihr damit vorher bei Labels angeklopft?

Nein, nicht wirklich, wenn ich ehrlich bin hatten wir uns gar keine Gedanken gemacht.  

Dass ein Debütalbum am VÖ-Tag bereits in Blogs erwähnt wird, wo Links zu Rapidshare & Co. weitergereicht werden, stimmt mich schon nachdenklich. Gerade aufstrebende Bands wie ihr verdienen doch die Unterstützung von Fans, gerade Bands wie euch schaden illegale Downloads doch am meisten. Was denkt ihr darüber – Ist das Internet Fluch oder Segen?

Ich war nicht beleidigt oder so, als ich draufgekommen bin, dass das Zeug schon auf Rapidshare ist, ein Teil von mir hat sich eigentlich auch gefreut, dass es irgendwo Leute gibt, die sich tatsächlich für meine Kunst interessieren. Eine Sache stört mich allerdings schon etwas, und ich klinge wohl klassischerweise wie Lars Ulrich wenn ich das sage, aber: Die Qualität dieser mp3s ist nicht gut! Die Version die derzeit im Netz kursiert, ist nichts weiter als ein Upscale von unserem Bandcamp-Stream. Wenn die Leute dann noch dazu das Zeug auf Youtube hochladen, wo es erneut komprimiert wird, wird das ganze schon etwas in Mitleidenschaft gezogen. Aber naja, Lars Ulrich hat diese narzisstische Kränkung auch überstanden.

Was habt ihr als nächstes vor? Wohin führen euch die nächsten Live-Auftritte, wie wollt ihr euren Namen verbreiten? Habt ihr ein langfristiges Ziel vor Auge, oder lasst ihr euch einfach überraschen, was die Zeit so mit sich bringt?

Unser nächster Auftritt wird Mitte Oktober in Wien sein, als Retourkutsche für einen Gig in unserer Heimatstadt Linz mit HORNS OF HATTIN; wir hatten in letzter Zeit mehrere von diesen Austauschgigs. Studiomäßig werden wir wohl als nächstes zur Abwechslung mal eine EP machen, wir haben schon einzelne Sachen im Rohr, die parallel zur Fertigstellung von „Weltenwanderung“ komponiert wurden, es wird aber voraussichtlich noch dauern, beim Songwriting sind wir ziemliche Schnecken.

Ok, das war’s dann erstmal. Ich drück‘ euch die Daumen für den Erfolg, den ihr verdient habt, und wünsche euch tausende neue Hörer!

Ja, die wünsch ich mir auch! Danke!


 

Beim professionellen Auftritt der Band darf natürlich auch ein Studioreport nicht fehlen:

12.07.2012

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