Maroon
Maroon

Interview

Sobald einer Band das kleinste Metalcore-Etikett am Arsch klebt, hat sie heutzutage eigentlich entweder Erfolg oder gleich verschissen. Die Thüringer MAROON konnten sich mit ihrer vielfältigen Mischung aus Metal und Hardcore noch nicht so recht entscheiden, welchen Weg sie einschlagen. Basser und überzeugter Veganer Tom erklärt, was diese Band trotzdem auszeichnet und wo sie im „Kampf der Subkulturen“ steht.

MaroonDavid: Hallo! Wie geht’s?

Tom: Alles Prima. Danke!

David: Bevor wir anfangen, möchte ich zunächst wissen, wie Dein Lieblingswitz lautet:

Tom: Ich bin nicht sehr gut im Witze erzählen. Hm. Keine Ahnung. Mir fällt keiner ein, der auch noch politisch korrekt wäre. Vielleicht der, der ist aber echt scheiße: Welcher ist der kleinste Dom der Welt? Der Kondom. Nur ein Stehplatz! Ha ha ha!

David: Naja, steigen wir lieber ins Thema ein: Euer neues Album trägt den Titel „When Worlds Collide“. Was passiert dann?

Tom: Was dann passiert, deutet sich schon seit längerem an. Wenn wir weiter so machen wie bisher, das heißt alles um uns herum zu behandeln wie wertlosen Müll, wird diese Welt sich nicht mehr lange drehen. Naturkatastrophen, Krieg, Hunger etc. Alles Vorboten vom Untergang! Das soll jetzt gar nicht religiös klingen, aber ich bin sicher, es kommt irgendwann der letzte Tag und der wird eine Erlösung sein, weil bis dahin soviel Leid und Zerstören existiert haben wird, dass unsere armselige Rasse froh sein wird, das alles hinter sich zu haben.

Ich finde, wenn man mit offenen Augen durch die Welt läuft, merkt man sehr schnell, dass hier irgendwas nicht richtig funktioniert und dass es immer schlimmer wird. All die Milliarden unschuldiger Tiere, die Tag für Tag für uns Menschen gequält und bestialisch abgeschlachtet werden. All diese Freaks, die sich wegen Geld, Macht oder einer beschissenen Religion gegenseitig ausrotten. Irgendwelche Perversen, die Kinder wegsprengen oder Frauen vergewaltigen. Alles das ist existent und der Titel ist einfach ein Synonym dafür, wo uns all das noch hinbringt.

David: Ihr habt einige interessante Gäste auf dem Album. Kannst Du uns etwas dazu erzählen? Besonders der Eierquetschgesang vom Mercenary-Sänger passt nicht wirklich zum Tough-Guy-Image des Genres, oder?

Tom: Mit Roger von AF wollten wir schon auf ENDORSED BY HATE arbeiten, aber es hat irgendwie nicht funktioniert, und jetzt hat es halt geklappt. Dieser war mit AF wiederum gerade mit NAPALM DEATH auf Tour, also haben wir gleich einen anderen unserer früheren Helden geschnappt und sind mit den beiden ins Studio. Der Song auf dem Barney singt ist allerdings nur ein Bonus Song, soweit ich weiß in Japan. Es war eine Ehre für uns, diese beiden bei unseren Songs singen zu hören.

Bei Mikkel war es ein klein wenig Zufall. Wir haben seinen Bruder Morten ins Studio eingeladen, damit dieser all unsere Keyboard Sachen arrangiert und einspielt. Er hat dann seinen Bruder Mikkel mitgebracht und wir alle lieben seine Stimme bei den Mercenary Sachen. Also haben wir ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, etwas zu singen… Und das hat uns einfach umgehauen. Ich finde, es passt perfekt in diesen Song und uns ist eigentlich egal wie andere Leute darüber denken!

David: Warum glaubst Du, hat der Metal zum Hardcore bzw. der Hardcore zum Metal gefunden?

Tom: Weil die beiden sich lieben ha ha! Im Ernst, ich denke, die haben schon Mitte der Achtziger zueinander gefunden, spätestens. Eigentlich gehen sie seit jeher Hand in Hand. Ich denke da an Bands wie AGNOSTIC FRONT, DRI, SOD oder auch SUICIDAL TENDENCIES. Das ist alles Metalcore für mich! Diese Bands haben schon sehr früh Metal und Hardcore miteinander verbunden. Deswegen, ich glaube einfach, den meisten die solche Musik machen, ging es ähnlich wie uns. Die sind mit Metal groß geworden und dann irgendwann durch Bands wie AF oder DRI zum Hardcore gekommen, oder auch umgekehrt. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Punk oder HC Fan irgendwann auch zum Metal kommen kann. Ich würde es sowieso begrüßen wenn diese ganzen Kategorien ein wenig großzügiger wären. Es ist doch alles gute, harte Musik, egal wie man es nennt.

David: Wie beurteilst Du Missverständnisse beim Aufeinandertreffen der beiden Subkulturen, was schon bei Kleinigkeiten wie der Abneigung gegenüber den „Langhaarigen“ und dem Kopfschütteln über die Kampfsport-Akrobatik im Pit anfängt?

Tom: Nun, ich weiß auch nicht. Es macht mich ein bisschen traurig. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich damals als Metal Kid den HC entdeckt habe. Mitte der Neunziger kamen Bands wie EARTH CRISIS, DESPAIR oder MORNING AGAIN. Und die haben mich damals wirklich schwer beeindruckt, weil sie die Power und Aggression des Metal mit cleveren Texten und einem Schuss Neuem verbunden haben. Ich muss zugeben, dass mich die Metal Szene und gerade die Death Metal Szene zu der Zeit ein wenig enttäuscht hat. Entweder Bands haben immer wieder dasselbe gemacht oder sich gleich total verbogen. Da kamen mir Bands wie EARTH CRISIS super frisch und anders vor.

Egal, auf jeden fall bin ich dann auch zu HC Shows gegangen. Mit Kutte, langen Haaren und enger Jeans, aber die Leute dort hat das nen Scheiß interessiert. Heute ist das irgendwie anders. Ich habe das Gefühl, die HC Leute fühlen sich immer mehr zu dem Hip Hop- Gangsta Scheiß hingezogen, viele hören ja auch den ganzen Tag nur noch diese Scheiße. Und umgekehrt gibt es natürlich auch viele Metaller, die, gerade wenn sie zu viel getrunken haben, nicht mehr wissen was sie machen.

Dennoch glaube ich, das sind eher die Ausnahmen und im Grunde kommen alle gut miteinander klar. Das sollte auch so sein, wir hören schließlich alle dieselbe Musik und man muss sich nicht auch noch untereinander fertig machen, da gibt es genug Feindbilder die es wert sind. Bei Violent Dancing und absichtlichen Attacken hört für mich aber die Toleranz auf. Diesen Scheiß brauchen wir nicht, und früher war das auch nicht so schlimm, da wurde gemosht und mitgesungen und das finde ich gut. Wer so tanzen will sollte das tun, aber so, dass er niemanden verletzt und so, dass Fans keine Angst haben müssen an der Stelle wo sie stehen.

David: Ihr lasst den ruhigen Parts sehr viel Platz auf dem neuen Album. Welche Rolle spielen sie und was haben die Namen zu bedeuten?

Tom: Diese Intermezzos wollten wir, um das Album aufzulockern. Als kleine Ruheinseln inmitten des ganzen Krachs. Riechtor (Gitarre) kam das eine Mal mit diesem Akustikstück in den Proberaum, das war so ungefähr 2 oder 3 Minuten lang. Wir wollten da eigentlich einen Instrumentalsong daraus machen, aber irgendwie war uns das zu langweilig, also haben wir das Stück in drei Teile geteilt und aufgenommen. Die Namen sind Sternennamen und passen zu dem kosmischen Konzept des Albums ha ha! Sind aber wirklich Sternen Namen. WHEN WORLDS COLLIDE- Sterne… das passt doch gut, oder?

David: Die musikalischen Mittel des Hardcore sind relativ einfach gestrickt und damit etwas limitiert. Glaubst Du, dass man den Hardcore neu definieren kann oder ist das Einbeziehen von Metal-Elementen ein Weg, zumindest etwas Abwechslung zu ermöglichen?

Tom: Das meinte ich mit Kategorisieren. Wo ist die Grenze? Was kann man machen, um es danach noch HC nennen zu können? Ich finde, in jedem Genre sollte man alle Mittel nutzen, die einem zur Verfügung stehen, und die man nutzten möchte. Wie man das, was danach rauskommt, dann nennt ist doch eigentlich scheißegal und sollte besonders beim Songwriting egal sein. Aus diesem Grund mag und respektiere ich die Black Metal Szene, besonders die skandinavische. Bands wie SATYRICON oder auch DARK THRONE haben immer wieder für positive Überraschungen gesorgt. Guck dir ENSLAVED oder EMPEROR an. Bei einigen Platten dieser Band fällt es äußerst schwer, noch von Black Metal zu reden, trotzdem bleiben sich diese Bands treu und eine gewisse Grundsubstanz ist immer da, die sie mit dem Black Metal verbindet. Solange man sich selbst treu bleibt würde ich mir über solche Sachen wenig Gedanken machen.

David: Für mich bedeutet Metal…

Tom: Ein chemisches Element, oder? Ha ha. Weiß nicht. Innovation, Härte, Aggression und Hass. All das, was diese Musik so wirkungsvoll und vor allem voll in die Fresse macht. Deswegen mag ich Metal, weil ich laut aufdrehen kann und mich die Mucke umhaut. Aber auch die Kälte des Black Metal oder die Melodievielfalt des Power oder Heavy Metal fasziniert mich.

Leserfrage von Tasser: Wie schätzt Ihr Euch selber in der Szene ein? Glaubt Ihr, dass Ihr „Vorbilder“ für viele Bands sind?

Tom: Es ist immer schwierig, sich selbst einzuschätzen. Ich hoffe natürlich, dass wir für andere junge Bands Vorbilder sind. Wir haben schon ein paar Mal mit Bands gespielt, die uns sagten, wir wären einer ihrer Haupteinflüsse. Das haben die bestimmt nur gesagt, um sich einzuschleimen. Aber im Ernst. Das macht uns schon stolz. Wir spielen häufig, haben ein paar Platten draußen und ich glaube schon, dass einige Bands unsere Musik als Einfluss haben. Anders haben wir auch nicht angefangen. Wir hatten auch Bands, die uns stark beeinflusst haben und uns schließlich dazu gebracht haben, am Ball zu bleiben. Was mich natürlich am meisten freut, ist, wenn Leute auch auf unsere Message achten. Es ist toll, wenn wir E Mails kriegen, in denen Leute uns schreiben, dass sie durch uns vegan geworden sind. Da haben wir viel erreicht.

David: Worin unterscheidet sich „When Worlds Collide“ von den zig andern VÖs im Hardcore/Metalcore-Bereich? Oder anders gefragt: Warum sollte man sich euer neues Album kaufen?

Tom: Weil ihr sonst Ärger mit uns bekommt! Weil das Album einfach frisch und neu klingt. Wir haben versucht, weniger auf äußere Meinungen zu achten und uns nicht mehr so stark von irgendwelchen Erwartungen beeinflussen zu lassen. Wir haben auf diesem Album gemacht worauf wir Lust hatten, auch wenn manche Sachen gar nicht zum Metalcore oder zum HC oder zum Metal passen.

Wie gesagt, bleibt das eh alles Definitionssache. Und diese Experimentierfreudigkeit macht die Platte einfach interessant und vor allem abwechslungsreich. Denn trotz aller Experimente ist sie einfach hart, brutal und steckt voller eingängiger Melodien. Wir haben uns einfach gefragt, was wir an den Bands mögen, die wir persönlich am liebsten hören. Das sind nun mal Bands wie METALLICA, SEPULTURA, AT THE GATES, AF oder IRON MAIDEN und HELLOWEEN. Wir haben einfach versucht, unseren Musikgeschmack auf die Platte zu bringen und vor allen versucht, nicht darauf zu achten, was für irgendein Genre typisch oder nötig wäre.

David: Kannst Du unseren zum größten Teil metallischen Lesern erklären, worin die Quintessenz des Hardcore als Philosophie liegt und woraus Du Deine Motivation dafür entwickelst?

Tom: Hm. Da wird dir sicher jeder eine andere Antwort geben. Für mich war HC, als ich damals dazu gestoßen bin, etwas neues und anderes. Es gab ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und Toleranz. Egal wie man aussah, die meisten Leute haben einen akzeptiert. Dazu kam, dass man sich in der HC Szene mehr mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinandergesetzt hat. Ich fand es gut, dass man nicht einfach nur auf Konzerte ging, um Party zu machen, natürlich gehört das dazu und es ist wichtig durch die Musik Ablenkung zu finden. Dennoch fand ich es gut, dass man nebenbei auch über wichtige Sachen gesprochen hat. Tierrechte, Antifaschismus, dieser ganze Kram. Heute ist das leider nicht mehr ganz so chic wie damals, deswegen würde ich auch nicht sagen, dass ich mich irgendeiner bestimmten Szene zugehörig fühle.

David: Gemäß der Intention Eures neuen Albums ist das menschliche Leben…

Tom: Der schlimmste Virus auf diesem Planeten aber gleichzeitig auch ein steter Kampf zwischen Hoffnung und Resignation.

David: Das Albumcover ist – nennen wir es – ungewöhnlich. Welche Idee steckt dahinter?

Tom: Wir wollten Paul Romano haben, weil uns das MASTODON Artwork so gut gefallen hat. Also war es uns fast egal, was er malt. Natürlich haben wir ihm einige Vorschläge gemacht. Zum Beispiel waren wir von Anfang an von der Idee eines Elefanten begeistert und wir wollten das Artwork hell und eher kalt als typisch düster und brutal haben. Paul wollte dann von uns so viele Infos wie möglich haben. Texte, Titel usw. Daraus hat er dann das Konzept entwickelt. Für ihn bedeutet es sicher etwas anderes als für mich. Ich sehe darin Dinge wie die Unendlichkeit und die Kraft der Natur. Es drückt aber auch eine gewisse Kälte aus und durch die zwei kollidierenden Welten geht eine gewisse Bedrohung von dem Bild aus. Aber eigentlich ist es nur ein schönes Bild.

David: Bitte um Kommentare:

Hardcore Shouter sind alle sabbernde Pittbulls…:

Ach du scheiße, was soll ich dazu sagen? Stimmt nicht.

Mohammed-Karikaturen:

Jeder sollte das zeichnen, sagen und tun können was er will, solange er andere Menschen und Tiere damit nichts zu Leide tut. Solche Bilder tun niemanden etwas zu leide und die Reaktionen und Diskussionen darum waren einfach lächerlich. Man sollte jeden Tag mit genauso viel Enthusiasmus über den milliardenfachen Tiermord, der jeden Tag vonstatten geht diskutieren, und seine Zeit nicht mit solchen Bildern verschwenden.

Hatebreed:

Gute Jungs, gute Freunde und ne super Band. Sie haben durch viel Arbeit den Weg für viele andere Bands geebnet.

Moshpit:

Gehört zu jeder guten Show dazu. Aber bitte immer mit gegenseitigem Respekt und ohne Gewalt!

Bild-Zeitung:

An der Tankstelle sind die Überschriften immer wieder lustig. Wir sind alle totale Bild Fans!

David: Wie, glaubst Du, hat sich euer Alltag seit dem 24.03. ändern?

Tom: Gar nicht, denke ich. Wir machen sowieso schon nix anderes außer der Band den ganzen Tag, also kann sich da gar nicht so viel ändern. Durch Century Media kommen jetzt mehr Interviews und hoffentlich spielen wir auch wieder genug Shows. Ich hoffe einfach, die Platte kommt gut an und wir werden ab jetzt ständig von kreischenden Teenies belagert. Das wäre richtig cool!

18.05.2006

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