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Interview mit Troy Sanders zum neuen Album "The Hunter"

Interview

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Ein Album wie „Crack the Skye“ kann man nicht nochmal aufnehmen. Dies haben die weisen Mastodon wohl erkannt und versuchten es garnicht erst. „The Hunter“ bricht mit der Tradition von Konzeptalben und lässt die vier bärtigen Jungs viel Freiraum für Spielereien. Obwohl der Name mal wieder von einer persönnlichen Tragödie im Umfeld der Musiker inspiriert wurde. Was sie dabei angetrieben hat, welche Rolle der Prog Rock der 70er dabei gespielt hat und wieso Holzschnitzereien so wichtig sind, erzählte mir Troy Sanders in einem entspannten Gespräch.


Troy – erstmal Glückwunsch zu eurem neuen Album. Es entstand ziemlich schnell – seid ihr mit dem Erbebnis zufrieden?

Ja – es kam tatsächlich sehr schnell zusammen und natürlich sind wir extrem glücklich damit. Die Erfahrung mit „Crack the Skye“ war sehr emotional. Musikalisch und persönlich
waren wir sehr da drin verwickelt. Deshalb war es zweieinhalb Jahre später sehr erfrischend all dies beiseite zu lassen und frisches Leben und Energie zurück in die Band zu bringen.
Diesmal gab es keine Richtlinien und Grenzen. Alles konnte passieren.

Beim ersten Reinhören fiel mir auf, dass es scheinbar kein Konzept gibt. Die Lieder unterscheiden sich sehr und bringen unterschiedliche Gefühle zutage.

Richtig. Die letzten vier Alben waren bis zu einem bestimmten Grad konzeptuell. Auf „Crack the Skye“ beschäftigen wir uns mit dem Element Äther, auf „Blood Mountain“ war es Erde, bei“Leviathan“ Wasser und bei „Remission“ Feuer. Es ist so, als wären die vier Alben Kapitel in einem Buch. Als wir dieses Buch der Elemente geschlossen hatten, fragten wir uns, wohin es ab da gehen sollte. Erst wollten wir eine sehr bizarre Sci-Fi Storryline aufspannen, doch dann verwarfen wir das und entschieden uns für ein klassisches Rock Album mit gemischten Songs. Jedes Lied hat seine eigene Geschichte, doch sie sind nicht miteinander verbunden.

Erzähl mir etwas über den Titel des Albums.

Der Titel ist dem Bruder unseres Gitarristen Brent Hind gewidmet, der im Frühjahr während einer Jagd verstorben ist. Dadurch, dass wir ihm das Album widmeten, wollten wir ihn ehren. Der Titeltrack handelt ebenfalls komplett von ihm. Jedoch gilt das nicht für den Rest des Albums.

Eure Herangehensweise an das Komponieren war eine andere, als beim Vorgänger. Hattet ihr einige „Überbleibsel“ von den „Crack the Skye“ Sessions?

Yeah. Einige Songs haben musikalisch nicht auf das letzte Album gepasst. Bei „The Hunter“ konnten wir diese Stücke quasi reanimieren, sie ausarbeiten und zurück ins Leben bringen.
Das Ganze lief sehr entspannt und offen. Wenn jemand eine gute Idee hatte, dann versuchten wir darauf aufzubauen. Das merkt man beim Hören. Ein Song wie „The Hunter“ ist komplett anders, als „Curl the Burl“. Sie unterscheiden sich alle sehr, bleiben dabei aber 100% Mastodon. Es ist wirklich eine Abkehr vom letzten Album. Jedoch eine Abkehr, die wir alle sehr genoßen haben.

Bei der Entstehung von „Crack the Skye“ wolltet ihr euer gesammtes Schaffen übertreffen. Jetzt hört es sich so an, als währt ihr sehr entspannt ans Werk gegangen. Gab es gar keinen Druck?

Ich selbst empfand keinen Druck. Vielleicht die anderen Jungs ein wenig, aber selbst das glaube ich nicht. Wir hatten von Anfang an großes Selbstvertrauen und musikalischen Respekt voreinander. Trotzdem ist es schwierig die passenden Melodien, Lyriks und so weiter zu finden, damit alle mit einem Lied zufrieden sind. Und das wiederholt sich von Song zu Song. Dass wir es geschafft haben, macht uns sehr glücklich und stolz. Was passiert, wenn das Album in die Welt hinausgeht, können wir nicht kontrollieren. Wir gaben einfach alles und komponierten mit unser aller Leidenschaft und Herzblut. Natürlich wollen wir als Band und Musiker wachsen. Es gibt immer ein nächstes Level, das man erreichen möchte. Mit Druck hat das jedoch nichts zu tun.

Hat „Crack the Skye“ für euch neue Türen eröffnet und es ermöglicht Dinge auszuprobieren, die vorher unmöglich waren?

Ja. Wir waren sehr stolz auf dieses Album und bewegten uns musikalisch und emotional auf ein Gebiet, das für uns vorher unvorstellbar war. Jetzt, wo dieser Teil abgeschlossen ist, können wir uns besser in neue Gebiete wagen.

Wer schrieb diesmal die Lyrics?

Das war sehr gemeinschaftlich. Ich, Brenn und Brent haben eine Menge Lyrics geschrieben. Wir sind sehr selbstlos, wenn es darum geht wer was schreibt und singt. Manchmal schreibt Brent eine Zeile und Melodie dazu, die toll ist. Dann fällt uns aber auf, dass er dabei nicht so gut Gitarre spielen kann. Also probiere ich es und wenn meine Stimme dazu passt, singe ich es eben. Manchmal läuft es auch umgekehrt. Es ist ziemlich flexibel – wenn jemand einen Text geschrieben hat, muss er ihn nicht unbedingt auch selbst singen. Alles dient dem großen Ganzen – dem Song! [lacht]

Ihr seid bekannt für euer wunderschönes Artwork. Auf dem neuen Album sah ich eine Art asiatischen Drachenkopf?

Es ist eine riesige, sehr detailierte Holzschnitzerei, die unser Freund AJ Fosik gemacht hat. Wir hatten von Anfang an vor Holz für das Artwork zu benutzen. Es machte einfach immer mehr Sinn, als wir uns dazu entschlossen haben das Album „The Hunter“ zu nennen. Außerdem waren wir schon immer von epischen, mystischen und prähistorischen Dingen begeistert. Die Schnitzerei ist eine mythologische Kreatur mit drei Kiefern und vier Hörnern.

Also ist das Cover tatsächlich ein Foto?

Ja, es hat AJ hunderte von Stunden gekostet, dieses Ding fertig zu stellen. Auf dem kurzen Video „Black Tongue“ kann man das Ganze ziemlich gut sehen. Ihr solltet euch das anschauen. Es ist so faszinierend akkurat und sauber, man könnte wirklich denken, es wäre computer-animiert.

Ich habe erst gestern ein Video gesehen, in dem Brent fasziniert von seiner Holzschnitzerei erzählt hat.

Yeah. Er liebt dieses Zeug mit den Kettensägen. Einige Songs beschäftigen sich textlich mit Holz, Wäldern und Bäumen. Mit dem Albumtitel macht das natürlich Sinn.

Es ist bekannt, dass ihr große Fans des Prog Rocks aus den 70ern seid. Als ich mir das Lied „The Sparrow“ angehört habe, dachte ich sofort an PINK FLOYD.

Cool. [lacht]

Ist diese Musik eure wichtigste Inspirationsquelle, oder gibt es da noch mehr?

Es gibt viele Dinge, die alle Vier von uns inspirieren. Musik, Essen, Reisen. Dinge von epischen Proportionen wie Berge, riesige, alte Bäume, Ozeane. Viele Dinge. Eigentlich alles. Die wahrscheinlich größte Sache, die uns alle verbindet, ist der freie Geist der 1970er. Wir kommen aus den Siebzigern. Natürlich macht es Sinn, dass wir von Musikern wie „KING CRIMSON“, „FRANK ZAPPA“ oder „YES“ beeinflusst wurden. Damals spielten sie noch in riesigen Arenen. Würden sie heute erst gegründet werden, wäre es komplett anders.

Habt ihr wieder all dieses verrückte Equipment aus diesen Jahren benutzt? Wie dieses Fußkeyboard für die Gitarre.

Oh ja. Bass Synthesizer, Hammond-Orgeln. Wir sind große Fans von Psychedelik. Jedes Mal, wenn wir eine psychedelische Stelle einbauen können, tun wir es auch.

So wie zu Beginn von „The creature lives“ ?

Yeah, genau. Es befördert dich direkt in den Weltall. Wir lieben das.

Reden wir über die Produktion. Das letzt Mal habt ihr euch für Brendan O`Brien entschieden. Diesmal war es Mike Elizondo. Weshalb der Wechsel?

Naja – eigentlich haben wir jeden Aspekt von MASTODON mit diesem Album gewechselt. Musikalisch und lyrisch bewegen wir die Dinge in eine neue Richtung. Als es um den Producer ging, wollten wir ebenfalls etwas Neues. Mike Elizondo ist ein sehr vielseitiger Musiker. Seine Wurzeln liegen im Thrash Metal, danach war er für neun Jahre Bassist von DR. DRE und wurde zu seiner rechten Hand. Er produzierte wirklich sehr verschiedene Dinge. Und wir selbst sind genauso begeistert von jeglicher Musikrichtung. Wir wollten keinen Produzent haben, der nur für Heavy Metal bekannt war.

Wie war es in den berühmten „Doppler Studios“ in Atlanta aufzunehmen?

Uns war es wichtig in unserer Heimatstadt zu bleiben. Denn wir sind fast das ganze Jahr lang auf Tour. In einer anderen Stadt aufzunehmen, in der man fünf Wochen herumhängt, ist fast wie touren. Es war also sehr wichtig in Atlanta aufzunehmen, wo wir abends nach Hause gehen und unsere Familien genießen konnten. Doppler gibt es schon eine Weile, viele Platten wurden dort aufgenommen. Ich meine – es ist ein Aufnahmestuio mit genug Equipment, um unsere Musik aufnehmen zu können.

Es war also eher eine praktische Entscheidung?

Ja. Wir wollten einfach zuhause bleiben.

Wie sieht es mit den neuen Stücken aus. Habt ihr schon versucht sie live zu spielen?

Nein. Wir wollten eigentlich, aber am Ende wollten wir waren, bis das Album rauskommt. Die Leute sollten es direkt richtig hören. Außerdem werden wir nach dem Release jahrelang touren und die Songs noch oft genug spielen. Bei „Crack the Skye“ haben wir vorab einige Sachen gespielt und dann tauchten im Internet diese schrecklichen Filmchen mit furchtbarer Qualität auf. Das soll nicht der Ersteindruck vom „The Hunter“ sein.

Vielen Dank für dieses Gespräch, Troy. Die letzten Worte kannst du direkt an unsere Leser und eure Fans richten.

Nun…Wir sind immer noch sehr überwältigt von dem Interesse, das die Leute uns entgegen bringen. Hoffentlich geben sie „The Hunter“ eine Chance. Go with us and grow with us!

Galerie mit 15 Bildern: Mastodon - European Tour 2019 in Hamburg
15.09.2011

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