Mercenary
Interview mit Jakob Mølbjerg zu "Metamorphosis"

Interview

„Metamorphosis“ – der Titel des neuen MERCENARY-Albums könnte kaum passender gewählt sein, denn bei den Dänen drehte sich seit dem letzten Album das Besetzungkarussell ziemlich rasant. Darüber hinaus steht das neue Werk aber auch für eine musikalische Neujustierung. Wieso, weshalb, warum – das erzählt uns ein aufgeräumter Jakob Mølbjerg, seines Zeichens Gitarrist beim dänischen Söldnertrupp.

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Hi Jakob, ich hoffe, alles ist bestens bei Euch im Bandcamp! Was macht Ihr gerade neben all der Promoarbeit für das neue Album?

Danke, hier ist alles in bester Ordnung! Wir hatten gerade am Wochenende einen Gig hier in Dänemark, wo wir auch schon ein paar neue Songs gespielt haben. Es ist einfach schön, jetzt in eine neue Phase zu starten, wo wir die neuen Sachen in unser Liveset einbauen können.

Wie haben die neuen Stücke den Leuten gefallen?

Eigentlich ziemlich gut, denn die Leute wissen ja noch nicht, was sie erwartet. Aber ihnen scheint vor allem die härtere Gangart zu gefallen, die das neue Material auszeichnet. Und sie sind von René (Pedersen, Bass & Gesang) beeindruckt, der bei uns jetzt den kompletten Gesang übernimmt. Es ist natürlich eine große Umstellung, da wir früher zwei Sänger hatten und jetzt nur noch einen haben, aber die Leute werden sich dran gewöhnen.

Wie ist es denn für Euch? Seid Ihr als Quartett auf der Bühne oder habt Ihr noch einen zusätzlichen Keyboarder?

Wir sind zu viert auf der Bühne, und die Keyboards kommen als Backtrack aus der Konserve. Ich denke, das ist kein Problem, weil sie keinen dominanten Part übernehmen. Sie dienen eher der atmosphärischen Untermalung. Und als Backtrack sind sie schön und einfach zu bedienen.

Dann lass uns erstmal darüber sprechen, warum Ihr heute nur noch ein Quartett seid. Nach Eurem letzten Album „Architects Of Lies“ von 2008 habt Ihr mit Mikkel Sandager (Clean Vocals), Morten Sandager (Keyboards) und Mike Park Nielsen (Drums) gleich drei Mitglieder verloren. Warum sind sie nicht mehr mit dabei?

Hm, es ist nicht ganz einfach, darauf eine ganz genaue Antwort zu geben. Es war eher das Resultat der zwei oder drei Jahre davor. Grundsätzlich war es so, dass wir nicht mehr dieselbe Musik spielen und alles auf einem anderen Level angehen wollten. Die Jungs, die gegangen sind, waren nicht mehr mit vollem Herzen bei der Sache, und wir anderen mussten sozusagen ihren Teil mittragen. Wir alle können nicht von der Musik leben, und dann sollte die Band wenigstens keine Belastung sein. Sie sollte eine positive Bereicherung sein und Arsch treten. Und irgendwann kam der Punkt, wo uns klar wurde, dass wir als Fans die Musik auf unserem letzten Album gar nicht so gut finden würden. Und wir hätten nicht dafür bezahlen wollen, uns live zu sehen, haha! Das ist schon eine brutale Erkenntnis! Dadurch sind wir zur Überzeugung gelangt, dass wir etwas ändern müssen, aber mit dem alten Line-Up sind die Dinge immer schlimmer geworden.

Und dann seid Ihr überein gekommen, Euch zu trennen?

Nun, zunächst hatten wir und Mike übereingestimmt, dass unsere Musik wieder härter werden sollte. Aber letztendlich war er doch ziemlich frustriert. Außerdem ist er in eine andere Stadt gezogen, um zu studieren, und er ist dann bei HATESPHERE eingestiegen. Als er schließlich bei uns ausgestiegen war, ist uns klar geworden, dass wir ohne ihn die geplanten Änderungen nicht verwirklichen könnten. Also haben wir uns schließlich von Mikkel und Morten getrennt.

Aber es gab nie den Punkt, wo Du daran gedacht hast, alles hinzuwerfen?

Ich muss zugeben, dass es vor dem Split immer mal wieder Phasen gab, wo ich mich fragte, ob es das alles wert ist. Selbst wenn es mal einen Fortschritt gab, ging es mir nicht immer weit genug. Als wir beispielsweise 2008 auf dem Wacken Open Air vor dieser unglaublichen Fankulisse spielten, waren wir mehr mit uns selbst beschäftigt. Wir haben uns darüber gestritten, ob wir im Herbst eine Tour spielen sollten oder nicht. Es gab einfach negative Spannungen im Bandgefüge, und keiner von uns war richtig glücklich. Ich habe mich gefragt, ob es das noch bringt, wenn das über Jahre so weiter geht. Durch den Split habe ich aber gespürt, dass es für die Band wieder eine Zukunft gibt. Der Split war demnach kein schwerer Schlag, sondern vielmehr eine riesige Befreiung.

Und dann habt Ihr entschieden, dass René Pedersen den Gesang komplett übernehmen sollte. Habt Ihr trotzdem andere Sänger angetestet?

Nein, wir haben mit keinem anderen Sänger geprobt. Es war so, dass Martin (Buus Pedersen, Lead Gitarre) und ich in den letzten Jahren eine sehr gute Chemie mit René entwickelt hatten, sowohl auf musikalischer als auch auf persönlicher Ebene. Als wir uns dann von den drei Mitgliedern getrennt hatten und die Band neu erfinden mussten, wollten wir keine Fremden in die Band holen. Bei Morten (Løwe Sørensen, Drums) war das etwas anderes, weil wir ihn schon von früheren Touren her kannten, er war so gesehen kein Fremder.

Und bei René hatten wir immer das Gefühl, dass er in der Lage ist, den kompletten Gesang auf dem Album zu übernehmen. Dazu muss ich etwas ausholen: Wir sind mit unserem vorherigen Album „Architect Of Lies“ nicht ganz zufrieden, auch wenn viele Leute es mögen. Aber es ist so, dass es uns in eine gewisse Ecke gedrängt hat. Wir haben durchgehend mit denselben Tricks gearbeitet, beispielsweise dem wechselnden Gesang. Für das neue Album wollten wir das bewusst zurückfahren: Ein Sänger und vier Leute, die für den Sound verantwortlich sind.

War es so, dass Euch jemand in der Vergangenheit in den Sound reingeredet hat?

Hmm… nein, das nicht. Uns ist das auch erst sehr langsam aufgefallen, dass wir all diese Strukturen und Muster benutzt haben.

Wann habt Ihr angefangen neue Stücke zu schreiben?

Das war 2009, als wir noch das alte Line-Up hatten. Es war aber ein Alptraum, die Chemie innerhalb der Band stimmte nicht. Uns wurde klar, dass wir eine Krise hatten, die wir lösen mussten, indem wir uns von den anderen Mitgliedern trennen.

Wenn Du jetzt zurückblickst auf das Songwriting, die Proben und die Aufnahmen von „Metamorphosis“, gibt es einen Punkt oder eine Situation, die sich Dir besonders eingeprägt hat?

Hmm, ich würde sagen, dass „Metamorphosis“ das Album ist, auf das ich am meisten stolz bin – von allen sechs Alben, die wir bislang mit MERCENARY gemacht haben. Ich bin wirklich verdammt stolz darauf, weil ich das Gefühl habe, dass wir zum ersten Mal unser Potential richtig ausgeschöpft haben. Bei den letzten Alben hatte ich nie dieses Gefühl, weil jeder die Band in eine andere Richtung ziehen wollte. Diesmal haben wir sehr zielgerichtet darauf hingearbeitet, das zu erreichen, worum es bei dieser Band überhaupt geht – meiner Meinung nach.

Was war auf „Metamorphosis“ die größte Herausforderung für Dich?

Es war schon eine Herausforderung, nach dem Split neue Stücke zu schreiben. Wir hatten ja vorher schon mit dem Songwriting begonnen, aber dann mussten wir erstmal für uns herausfinden, was wir eigentlich wollten. Das waren ganz grundsätzliche Dinge: Beispielsweise haben wir uns gefragt, ob wir bei den neuen Songs Keyboards einsetzen wollen oder ob einige Songs ausschließlich aggressiven Gesang haben sollen. Letztlich war es aber ein ganz natürlicher Prozess: Wir haben 13 Songs aufgenommen, und auf zwölf Stücken sind Keyboards zu hören, einfach weil es sich so am natürlichsten anfühlt.
Andererseits wurden durch den Split die Entscheidungsprozesse einfacher. Wir waren nur noch drei oder vier Leute, die einverstanden sein mussten, und nicht mehr sechs. Und es fiel uns zunehmend leichter, uns auf eine Richtung zu einigen.

Welcher ist denn der älteste Song auf dem neuen Album?

[überlegt] Das müssten „Through The Eyes Of The Devil“ und „At The Edge Of Sanity“ sein.

Wer schreibt bei Euch die Texte?

René schreibt bei uns alle Texte, aber es ist eine enge Kooperation zwischen uns allen. Wir haben sehr viel über das Konzept diskutiert, ohne dass „Metamorphosis“ jetzt ein Konzeptalbum wäre. Aber es gibt eine ganze Menge Songs, die davon handeln, als Band wieder zurück zu sein, hehe! Andere Texte sind eher allgemein gehalten und behandeln Themen, wie ‚Aufstehen, nachdem du gefallen bist‘ oder ‚dein Leben in den Griff bekommen‘. Diese Texte haben keinen offensichtlichen Bezug zur Band.

Dann scheint es aber noch andere, sehr düstere Texte auf dem Album zu geben!?

Ja, vor einigen Jahren ist Renés Vater gestorben, und das ist eine sehr schwere Zeit in seinem Leben gewesen. Aber er hat sich da wieder rausgekämpft und das sehr ehrlich in einigen Texten verarbeitet. Dadurch konnte er diese negativen Erlebnisse in positive Energie umwandeln.

Wer oder was ist denn die „Black Brigade“?

Oh, das ist irgendeine Bewegung, die an Metal glaubt… Jedenfalls ähnlich kitschig, haha! Es geht darum, der Bewegung beizutreten, für seine Musik einzustehen, nicht aufzugeben und weiterzumachen. Die typische Metal-Force-Story. Es ist also einer der Titel, der davon handelt, als Band zurückzukommen.

Es gab mit dem neuen Album noch eine weitere Veränderung, denn Ihr seid nicht mehr bei Century Media unter Vertrag. „Metamorphosis“ erscheint jetzt bei NoiseArt Records. Warum gab es diesen Wechsel?

Century Media hatten die Option auf ein weiteres Album gehabt, aber es war ja abzusehen, dass sich bei uns einiges ändern würde. Für sie hätte es somit bedeutet, eine Menge Zeit und Arbeit in das Album zu stecken – es hat ja etwas von einer Neuentwicklung einer Marke. Und nach dem Album wären wir vertragfrei gewesen und hätten unterschreiben können, wo wir wollen. Century Media hätten also mehr Energie in uns stecken müssen, als sich letztlich für sie rechnen würde.

Somit ist es für beide Seiten das Beste, dass wir jetzt mit einem neuen Label durchstarten können. Wir sind sehr glücklich mit NoiseArt Records die ja sehr eng mit Napalm Records zusammenarbeiten. Gleichzeitig ist es ja das Label von Rock The Nation, die jetzt auch unsere Booking-Agentur ist. Ich denke, es ist nur von Vorteil, dass die Kräfte so gebündelt sind – gerade in Zeiten, wo die Umsätze ständig zurückgehen.

Booking-Agentur ist ein gutes Stichwort: Ihr geht demnächst mit SYMPHONY X, NEVERMORE, PSYCHOTIC WALTZ und THAUROROD auf Tour. Ein ziemlich cooles Package. Worauf freust Du Dich am meisten?

Grundsätzlich darauf, überhaupt auf Tour zu gehen und das neue Album live zu spielen. Die Songs sind seit fast einem Jahr fertig, und wir wollen sie endlich live spielen. Außerdem ist die Stimmung in der Band wirklich gut, wir konnten das aber bislang noch niemandem von außerhalb zeigen.

Und wie Du sagtest: Das ist ein richtig cooles Package. Vor einiger Zeit hätten wir nicht zu träumen gewagt, mit solch großartigen Bands zu spielen. Außerdem bin ich ein großer NEVERMORE-Fan, es ist einfach… großartig!

Von der Musikrichtung ist es aber etwas ungewöhnlich, weil die anderen Bands sich stilistisch von Euch ziemlich unterscheiden…

Ja, stimmt, mit unseren letzten Alben hätten wir allein durch den Gesang besser zum Progressive Metal der anderen Bands gepasst. Aber so unterschiedlich ist unsere Musik dann auch nicht: Wir haben Melodien und cleanen Gesang, weswegen wir uns von den anderen Bands nicht so stark unterscheiden. Ich denke, das Publikum wird mit uns zurechtkommen.

Spielt Ihr auch einige Sommerfestivals?

Es ist geplant, dass wir auf dem Metalfest in Deutschland, Österreich und der Schweiz auftreten. Darüber hinaus ist noch nichts fix, aber wir werden sicherlich auf dem einen oder anderen Festival auftauchen.

Alles klar, dann lassen wir uns überraschen. Danke für das Interview, die letzten Worte gehören Dir!

Danke auch für das Interview! Checkt „Metamorphosis“ an, es ist wirklich stark geworden. Es ist ein sehr vielseitiges Album – wenn man sich nur einen Titel anhört, bekommt man noch nicht einen Eindruck vom gesamten Album. Deswegen hört es Euch in Ruhe an.

Galerie mit 37 Bildern: Mercenary - Neckbreakersball 2011
11.02.2011

- Dreaming in Red -

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