NILE
Karl Sanders über "What Should Not Be Unearthed", Aliens in Mexiko und den IS

Interview

NILE

Brutalität über Banalität – mit „What Should Not Be Unearthed“ kehren NILE dem technisch-progressiven Stil der Vorgängeralben zumindest in Teilen den Rücken. Stattdessen besinnt sich das Knüppel-Quartett auf seine härteren Wurzeln und liefert das wohl brutalste Album seit „Annihilation Of The Wicked“ ab. Bandboss Karl Sanders philosophierte mit uns über Technical Death Metal, religiöse Fanatiker und Bassisten-Probleme.

Mit „Call To Destruction“ beginnt euer neues Album ja direkt ziemlich straight. Auch im Promotext sprichst du vom „maximum destructive impact“ der Platte. Versucht ihr, euch damit vom Technical Death Metal loszusagen?

Die Platte ist sicherlich weniger technisch ausgefallen. Wir hatten einfach wieder Bock auf harte Songs und wollten uns wieder mehr aufs Songwriting konzentrieren. Catchy, einprägsam und hart – das ist der Geist des Metal.

Hältst du echte Innovationen im Technical Death Metal denn überhaupt noch für möglich?

Na klar! Aber es gibt eben immer einen schmalen Grat zwischen irgendwelchen neuen Experimenten und dem, was die Fans von dir hören wollen. So oder so bist du am Ende der Arsch. Das letzte Album war mit seinem extrem technischen Anspruch, der sehr sterilen Produktion und den progressiven Momenten schon eine Abweichung für unsere Verhältnisse. Danach dachten wir uns, verdammt, vielleicht sollten wir mal wieder richtig heavy sein, so wie es die Fans gerne hören. Du kannst eh nicht die perfekte Balance herstellen, um jeden happy zu machen. Das ist nie möglich.

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Die Lyrics zu „Call To Destruction“ nehmen ja direkten Bezug auf die Zerstörung von bedeutendem Kulturerbe durch den IS. Soll diese direkte Perspektive der ersten Person euren Abscheu verdeutlichen?

Wir verwenden da sogar exakte Zitate radikal-islamischer Geistlicher. Die rufen da tatsächlich zur Zerstörung der Pyramiden auf. Ich las gerade einen Nachrichtenartikel und dachte mir: Heilige Scheiße, der Typ merkt es nicht mal. So wie der da abgeht, könnte das glatt ein Metal-Song sein.

Kann sich jemand wie du, der sich seit langer Zeit mit vorzeitlichen Kulten beschäftigt, den grenzlosen Fanatismus einer Organisation wie der des Islamischen Staates erklären?

Menschen sind im Stande, alles im Namen einer Religion zu tun. Es ist beängstigend, aber es ist wahr. Das ist natürlich nicht Neues, aber auch in der modernen Gesellschaft gibt es da einige Beispiele. Denk mal an Jim Jones, an Jonestown – am Ende haben sie alle das verdammte Gift getrunken und sind gestorben. Da sieht man, wozu die Leute fähig sind, wenn der Verstand von Religion regiert wird. Meiner Meinung nach sollte jede Religion verboten werden. Damit sollte endgültig Schluss sein.

Auf „What Should Not Be Unearthed“ beschäftigt ihr euch unter anderem mit historischen Funden, welche die Menschheit an den Rand von Wahnsinn und Verzweiflung gebracht haben. Inzwischen wissen wir von Dinosauriern und von vormenschlichen Spezies. Stehen noch weitere Wellen solcher Entdeckungen an?

Definitiv! Es gibt Gerüchte, dass in Mexiko Überreste vorzeitlicher Aliens vergraben sind. Wer weiß schon, was es noch alles zu entdecken gibt. Neulich wurde ich gemäß dem Albumtitel gefragt: Also, Karl, was ist es denn, was nicht ausgegraben werden sollte? Plötzlich dachte ich mir: Handys! Was, wenn sie auf einmal ein 5000 Jahre altes Handy ausgraben würden? Was würde dann passieren? Meiner Meinung nach verkörpern Handys ohnehin den Niedergang der Menschlichkeit.

Im Promotext zur aktuellen Platte heißt es, dass du „At The Gate Of The Sethu“ und „Ithyphallic“ nicht als essentielle NILE-Alben bezeichnen würdest. Wie ist das zu verstehen?

Wenn mich jemand nach den essentiellen NILE-Alben fragen würde, würde ich vermutlich mit „Amongst The Catacombs Of Nephren-Ka“ oder „In Their Darkened Shrines“ antworten. Vielleicht noch „Annihilation Of The Wicked“. Das sind wohl die drei, die uns definieren. Bei allen anderen Platten wollten wir uns immer auf die eine oder andere Weise ausprobieren.

Also sind es vielleicht gerade Alben wie „In Their Darkened Shrines“, welche die perfekte Balance aus harschem Geknüppel und technischen Spielereien aufzeigen?

Da hast du absolut recht! Auf dem Album ist die Balance einfach da. Aber man kann und sollte gar nicht immer versuchen, dieses Gleichgewicht zu erreichen, sonst würden wir ja wieder und wieder dieselbe Platte aufnehmen. Und einmal „Darkened Shrines“ ist meiner Meinung nach genug.

Wie sieht es mit den orientalischen Instrumenten und Samples aus? Diese schienen seit längerer Zeit nicht mehr so gut in den Songfluss integriert, wie es nun beispielsweise auf „In The Name Of Amun“ der Fall ist. Bieten sich die härteren Stücke hierfür einfach besser an?

Hm, keine leichte Frage. Ich schätze, es hängt immer von der Komposition ab. Manchmal muss man eben eine Lücke im Song lassen. Bei „In The Name Of Amun“ hört man genau, wie einige Gitarren aussetzen, der Songfluss aber bestehen bleibt. Drum ist das auch einer meiner Lieblingsmomente auf dem Album.

Wann können wir dann das nächste KARL SANDERS-Soloalbum mit ebendiesen Klängen erwarten?

Das werde ich in der Tat häufiger gefragt und klar, ich hätte schon Lust, sowas bald wieder zu machen. Im Moment fehlt aber die Zeit, jetzt stehen natürlich erst mal Tourneen an.

Es scheint ja ein regelrechter Fluch über der Rolle des NILE-Bassisten zu liegen. Wie kam es zum Split mit Todd Ellis? Und wie zufrieden seid ihr mit Neuzugang Brad Parris?

Wir sind wirklich zufrieden mit Brad. Er ist etwas jünger, aber unglaublich talentiert. Er bringt neuen Wind mit, viel jugendlichen Enthusiasmus. Wenn du mit älteren Typen spielst, werden sie irgendwann mürrisch und verbittert und fangen an übers Geld zu diskutieren. Dann macht es einfach keinen Spaß mehr. So war es irgendwann auch mit Todd. Mit Death Metal kannst du aber nun mal nur gewisse Summen verdienen. Aber wir freuen uns, dass Brad jetzt dabei ist. Auf dem Album hat er schon ein paar Gesangspassagen übernommen und auf Tour wird er dann auch einen größeren Anteil haben.

Welche Erwartungen habt ihr sonst an die kommende Europa-Tour? Wird es irgendwelche Überraschungen in der Setlist geben?

NILE und SUFFOCATION – wenn das mal kein Killer-Package ist! Da kommen ganz sicher ein paar brutale Metal-Abende auf uns zu. Wir werden ein paar Songs vom neuen Album spielen, aber auch eine Menge Klassiker. Wir wollen gar nicht mit großen Überraschungen aufwarten, sondern im Grunde nur mächtig Arsch kicken, haha!

Galerie mit 12 Bildern: Nile - Party.San Metal Open Air 2023
31.08.2015

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