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Interview mit Steffen Kummerer zu "Cosmogenesis"

Interview

Das Jahr ist noch jung und schon steht ein erstes absolutes Highlight im Death-Metal-Bereich an: Gemeint ist „Cosmogenesis“, das zweite Album von OBSCURA, das nicht nur das Werk einer neu formierten Band ist, sondern insgesamt noch eine Steigerung zu ihrem schon guten Debütalbum „Retribution“ darstellt. Gesprächsstoff ist also genug vorhanden, um bei Sänger und Gitarrist Steffen Kummerer durchzuklingeln. Der ist auch bester Stimmung und plaudert munter drauflos.

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Grüß Dich, Steffen! Ihr werdet in wenigen Wochen Euer neues Album „Cosmogenesis“ veröffentlichen. Wie fiel denn bislang die Reaktion darauf aus?

Ziemlich amtlich. Es ist ein bisschen besser ausgefallen als wir gedacht haben. Das schlechteste Rating bislang waren 84 von 100 Punkten – ich denke, das ist in Ordnung, haha! Den Leuten scheint es aber wirklich gut zu gefallen, denn sie sagen uns, dass wir nicht bloß rumfrickeln, sondern Songs schreiben. Und das war auch unser Plan. Wie siehst Du das denn?

Verdammt, das ist genau das, was ich auch in meiner Review schreiben wollte, haha!

Es hat aber auch einige Zeit gedauert. Wir waren gut drei Monate im Studio und haben an so ziemlich jedem Detail rumgeschnitzt. Allein für die Gesangseinlagen haben wir nochmal drei Wochen drangehängt. Es sind in den Songs einige Parts drin, die technisch etwas anspruchsvoller sind, aber der Fokus lag auf dem Songwriting.

Wie ist denn Deine eigene Meinung zum neue Album? Bist Du damit zufrieden oder sogar mehr als zufrieden?

Ich würde sagen, dass es besser geworden ist als gedacht. Ich kann mir die Songs immer noch anhören, und das ist immer ein gutes Zeichen. Und wir sind auch mit der Produktion sehr zufrieden. „Cosmogenesis“ haben wir im Woodshed-Studio von V.Santura (Gitarrist von DARK FORTRESS) aufgenommen, und das war quasi seine erste Produktion. Er hatte da einfach Lust drauf und konnte dabei selbst ein wenig experimentieren. Aber es hat sich auch ein wenig hingezogen, weil wir „Cosmogenesis“ dreimal abmischen mussten. Letztlich zählt aber das Resultat, nicht die Zeit.
Außerdem sieht man, dass unsere Arbeitsweise über das Internet mit Guitar Pro gut funktioniert, denn unser Bassist Jeroen [Paul Thesseling, ex-PESTILENCE] wohnt ja in Amsterdam und damit ein wenig weiter weg. Guitar Pro ist ein Midi-Programm, wo man verschiedene Spuren einprogrammieren kann, Schlagzeug, Bass und Gitarren. Und jeder kann dann quasi zuhause im Wohnzimmer an den Files weiterarbeiten.

Ich muss mal kurz in die Vergangenheit zurückgehen. OBSCURA gibt es seit 2002, 2004 habt Ihr mit „Retribution“ Euer Debütalbum eingespielt, aber dann gab es einen großen Knall, weil Du als einziges Mitglied übriggeblieben bist. Was ist passiert?

Ich muss da ein wenig weiter ausholen. 2003 haben wir ein Demo aufgenommen, das zumindest ein guter Beginn war. Dann begann unser Anfangs-Line-Up auseinanderzubröckeln, nachdem der erste weggezogen war, weil er woanders studieren wollte. Und so geht das munter weiter. Ich habe neulich bei Wikipedia einen Eintrag gefunden, wo jemand versucht hat aufzuzählen, wer alles bei OBSCURA dabei war: Er kam auf ein gutes Dutzend Ex-Mitglieder. Das Problem war meistens, dass die Leute weggezogen sind, ob für die Arbeit oder das Studium. Einen großen Knall gab es aber nicht. Unser Debüt „Retribution“ haben wir 2004 aufgenommen, aber es ist erst 2006 erschienen. Wir haben es damals selbst veröffentlichen müssen, und bei einigen ist dann eben mit der Zeit das Interesse an der Band abhanden gekommen.

Wie bist Du mit Christian Muenzner (Ex-NECROPHAGIST, Gitarre), Hannes Grossmann (Ex-NECROPHAGIST, Drums) und Jeroen Paul Thesseling in Kontakt gekommen?

Mit Jeroen bin ich eigentlich schon seit 2004 in Kontakt. Damals habe ich in einem Magazin gelesen, dass er wieder Lust hat Metal zu spielen. Daraufhin habe ich ihn spontan angerufen, was er denn in zwei Wochen macht, denn da wollten wir „Retribution“ aufnehmen. Leider war das etwas zu kurzfristig und hat nicht geklappt, aber wir sind trotzdem in Kontakt geblieben. Ende 2007 stand ich dann ganz alleine da und dachte mir, dass die Zeit reif ist, hahaha! Und bei den anderen beiden war das ganz ähnlich: Christian habe ich 2006 auf einer Tour kennengelernt, und Hannes auf einem Festival in Nürnberg. Und auch wir haben Kontakt gehalten und uns schließlich zusammengetan.

Was gab den Ausschlag für Jeroen sich Euch anzuschließen? – Immerhin wohnt er in den Niederlanden und Ihr verstreut in Bayern…

Stimmt, aber er fand das, was wir bisher gemacht haben, ziemlich gut. Zudem ist er ein Fan von NECROPHAGIST, und als er gehört hat, dass Christian und Hannes dabei sind, hat er nicht lange gezögert. Er selbst wohnt in Amsterdam, Hannes, Christian und ich in Bayern und Franken, weswegen wir regelmäßig zu dritt proben. Jeroen jettet vor Tourneen und Festivals aber einfach runter, und dann passt das. Jeder kann sich aber durch Guitar Pro gut darauf vorbereiten, weil wir jede Note notiert haben.

Als die anderen in die Band kamen, wie weit hattest Du an den Songs schon gefeilt?

Ich hatte vier Songs schon fertig, aber wir haben dann gemeinsam noch an den Details geschnitzt. Und den Rest haben größtenteils Hannes und ich zusammen geschrieben, Christian hat einen Song beigesteuert und Jeroen seine Basslines. Also hatte jeder seinen Input bei den Songs.

Wie hat sich dadurch das Songmaterial verändert? Du hattest doch sicherlich ein Vorstellung davon, wie sich das neue Material anhören soll und was möglich ist. Aber hat sich dann grundlegend etwas geändert?

Na klar, die anderen haben ja einen ganz anderen Background. Christian ist studierter Gitarrist und Jeroen spielt sonst noch Flamenco und Jazz. Grundlegend ist es aber so, dass die Hauptausrichtung von OBSCURA in die Technical-Death-Metal-Ecke geht: CYNIC, DEATH und ATHEIST. Als ich mir neulich mal unsere beiden Alben am Stück angehört habe, fielen mir einerseits starke Parallelen auf, andererseits, dass da einige Ideen auf der „Retribution“ noch nicht ausgereift waren. Letztlich ist das Songmaterial auf „Cosmogenesis“ eine gute Mischung, denn wir haben viele alte Elemente übernommen und die neuen Bandmitglieder haben ihren Input mit eingebracht.

Ein Vergleich schwirrt mir die ganze Zeit im Kopf, vielleicht liegt das aber nur daran, dass Jeroen auf beiden Platten mitspielt: „Spheres“ von PESTILENCE… Siehst Du da irgendwelche Ähnlichkeiten?

Ich denke, die „Spheres“ ist ein bisschen thrashiger. Bei uns fehlen halt diese ganzen Gitarrensynthesizer-Geschichten. Aber so vom Feeling ist ein bisschen was mit drin. Auf der „Spheres“ gibt es ja drei Instrumentals, und bei uns gibt es auch ein paar offene Akkorde, wo Bassläufe drüberlaufen. Das ist schon eine kleine Parallele.

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Welche Ziele wolltet Ihr musikalisch mit dem Album erreichen? Oder was konntet Ihr damit verwirklichen, bezogen auf Eure erste Veröffentlichung?

Insgesamt war der Plan, dass wir einfach Songs schreiben und nicht bloß dahinschroten, wie ein Großteil dieser Technical-Death-Metal-Bands. Wir wollten Songs mit einem Fluss schreiben, wo auch mal ein Chorus auftaucht. Wir sind alle Fans von der „Human“ von DEATH, die einfach den Spagat geschafft hat: Da gibt es den technischen Anspruch, dass es für den Musiker nicht langweilig wird, aber andererseits sind die Stücke klassische und nachvollziehbare Songs mit Chorus.
Ein weiterer Punkt ist, dass sich Christian und Hannes bei NECROPHAGIST gar nicht einbringen konnten, aber jetzt durften sie halt auch mal kompositorisch ran. Und ich persönlich wollte immer schon mal einen Vocoder antesten. Ein Vocoder moduliert bei einem Klang die Unter- und Obertöne, kurz: Man hat einen Sänger, aber es hört sich an wie ein kompletter Chor. Das haben wir bei zwei Songs eingesetzt, und jetzt habe ich mir die entsprechenden Gerätschaften gekauft, dass wir das auch live einsetzen können.

Gibt es irgendeinen Track auf „Cosmogenesis“, der besonders hervorsticht?

Gute Frage… (überlegt) Ich denke, der zweite Track ist etwas filigraner, während im Chorus auch mal aufs Gaspedal gedrückt wird. Und es sind Grunts und cleane Vocals drin. Und sonst natürlich der Titeltrack „Cosmogenesis“, weil da einfach alles drin ist. Wir haben verschiedene Gitarren benutzt, eine siebensaitige, einen Sechssaiter, und die haben wir ein bisschen gegeneinander spielen lassen. Das schon recht interessant, haha!

Ich nehme an, dass sich durch die Texte ein roter Faden zieht und sie in Verbindung zum Titel stehen?

Man kann „Cosmogenesis“ als Themenalbum bezeichnen, aber es ist kein komplettes Konzeptalbum. Es gibt ein übergeordnetes Thema, aber jeder Song hat eine eigene Geschichte. Thematisch geht es um ein Konzept von dem französischen Philosophen Pierre Teilhard de Chardin, in dem es um ein Selbstbewusstsein des Lebens auf der Erde geht. Es ist ein relativ weitläufiges Konzept, und das habe ich etwas weitergeführt, ein paar Ideen geschnitzt und daraus die Songs gemacht.

Ich würde gerne auf Dich als Gitarristen zu sprechen kommen: Wie würdest Du Deine Spielweise charakterisieren?

Öhm, Metal? Hahaha! Eigentlich spiele ich noch gar nicht so lange Gitarre. Ich habe mir das ein wenig selbst beigebracht…

Du bist also gar nicht mit einer klassischen Ausbildung aufgewachsen?

Ich habe recht früh damit angefangen und war sogar auf einem Musikinternat. Dann habe ich aber ein paar Jahre gar nichts gemacht und vieles wieder verlernt. Schließlich habe ich mir aus lauter Frust eine Gitarre gekauft, angefangen zu spielen, und jetzt haben wir halt „Cosmosgenesis“ aufgenommen, hehe!

Wie unterscheidet sich das Spiel von Christian von Deinem?

Christian hat einen Fusion-Hintergrund, und ich bin vielleicht doch eher der Neo-Klassiker, der mal Yngwie Malmsteen gehört hat. Aber Christian ist auf jeden Fall vielseitiger, und ich bin doch eher der Rhythmusgitarrist und Songschreiber…

Und deshalb „musst“ Du auch singen…

Ja, natürlich, weil der Sänger auch die Frauen abbekommt, hahaha! Nein, aber im ernst: Wir haben uns das gut aufgeteilt, aber man merkt schon, dass Christian einfach deutlich filigraner ist. Er lebt auch vom Gitarrespielen und hat den ganzen Tag Zeit, dass er irgendwelche Skalen rauf- und runterrockt.

Von der Vergangenheit in die Gegenwart: Bei Euch steht die Album-Veröffentlichung an, was kommt dann? Touren?

Wir werden erstmal zusammen mit CANNIBAL CORPSE in den Staaten auf Tour gehen, ein paar Sommerfestivals mitnehmen und am Ende des Jahres in Europa was machen. Eigentlich war es umgekehrt geplant, aber es hat sich so ergeben.

Was steht eigentlich für Euch bei Live-Shows im Vordergrund – sollen die Fans wild abgehen, sollen sie mit offenen Mündern auf die Bühne schauen? Und für Euch?

Also, am liebsten hätte ich es natürlich, wenn sie offene Münder haben und es ihnen gefällt, haha! Nein, es wäre schon ganz schön, wenn die Leute ihren Spaß haben und ab und zu den Kopf schütteln. Für uns selbst gilt natürlich dasselbe: Wir gucken nicht so auf hundertprozentig genaues Spiel. Wir rocken dann auch mal lieber ein bisschen ab und springen durch die Gegend. Das ist schon wichtiger, als wenn man nur statisch dasteht und sein Zeug rauf- und runterspielt. Man geht ja nicht zu einer Liveshow, um bloß rumzustehen – das gilt für die Leute wie für uns auf der Bühne. Wir machen zwar keinen Pagan-Metal, wo man zu Humppa rumhüpfen kann, aber trotzdem… Hahaha!

Danke für das Interview!

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09.02.2009

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