Ophis
Interview mit Philipp Kruppa zu "Abhorrence In Opulence"

Interview

Ophis

Wenn es um mächtigen, abgründigen, dunklen monolithischen Death Doom Metal aus Deutschland geht, führt kein Weg an OPHIS vorbei. Auch das neueste Album „Abhorrence In Opulence“ der Zeitlupen-Hamburger ist voller schwermütiger Monumentalepen, in welchen sich die eine und andere stilistische Überraschung findet. Wir führten folgendes Interview zum neuen Werk mit Fronter Philipp Kruppa.

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Euer letztes Album „Withered Shades“ liegt fast schon vier Jahre zurück. Weshalb hatte es so lange gedauert, mit „Abhorrence In Opulence“ einen, wirklich sehr guten, Nachfolger zu veröffentlichen?

Da gab es viele verschiedene Gründe. Zum einen hatten wir an der Gitarre einen signifikanten Besetzungswechsel. Martin hat zwar Jan mehr als adäquat ersetzt, aber Jan war nun mal auch essenzieller Bestandteil im Songwriting und natürlich mussten Martin und ich beim Schreiben erst zusammenwachsen. Das dauert seine Zeit. Dann hatten wir zwei Tourneen absolviert, was natürlich auch Zeit gefressen hat. Zwischendrin haben wir ja dann noch die Split-EP mit OFFICIUM TRISTE veröffentlicht und die „Effigies Of Desolation“ gemacht. Letztere war für uns zwar nicht so viel Arbeit, aber es kostet eben doch Zeit. Und schließlich der wirklich relevante Punkt: wir sind langsame Songwriter, und nehmen uns wirklich Zeit für die Songs. Wir machen auch immer mal wieder Pausen, um Abstand zu kriegen und uns nicht zu verheddern. Wir haben das Privileg, keine Deadlines bei unserer Plattenfirma zu haben, und das nutzen wir aus. Wir hätten theoretisch die Platte schon letztes Jahr fertig haben können. Aber ich versichere dir, sie hätte definitiv schlechter geklungen.

Bereits die Compilation „Effigies Of Desolation“ kam über Cyclone Empire raus, während ihr eigentlich noch bei Solitude Productions unter Vertrag standet. Nun wird das neue Album „Abhorrence In Opulence“ ebenfalls über Cyclone Empire veröffentlicht. Wie kam es dazu?

Nach einigen Überlegungen haben wir uns nun doch entschieden, Solitude zu verlassen und komplett zu Cyclone Empire zu wechseln. Cyclone haben bei der „Effigies Of Desolation“ einen guten Job gemacht, somit war das Vertrauen schon mal da. Ein wichtiger Grund war, dass Cyclone Empire uns eine Vinyl-Version angeboten haben, Solitude leider nicht. Uns als Band war Vinyl aber wichtig. Und man kann auch nicht verleugnen, dass Cyclone Empire hier in Europa vertriebstechnisch besser aufgestellt sind. Dadurch verdienen wir zwar auch nicht mehr, aber für die Fans ist es jetzt leichter, die Platte zu bekommen. Ich will aber betonen, dass wir mit Solitude immer sehr zufrieden waren. Es gab keine Probleme mit ihnen, sie waren immer fair und verlässlich. Wir sind nicht aus Unzufriedenheit gegangen, sondern haben den Wechsel lediglich als Schritt nach vorne gesehen.

Glücklicherweise scheint der Name des Blastbeat Studios nicht allzu großen Einfluss auf „Abhorrence In Opulence“ gehabt zu haben. Bitte erzähle uns von den Aufnahmen!

Die Aufnahmen waren extrem entspannt, was sich ganz klar darin gezeigt hat, dass wir mit den Aufnahmen schon nach 5 Tagen fertig waren. Wir haben dann nur noch einen Tag für Overdubs und Verbesserungen drangehängt, und das war‘s. Und es ist nicht so, dass wir uns extra beeilt hätten, wir waren einfach gut vorbereitet und unser Producer Oliver Carell war diesmal besser auf uns eingestellt als bei der „Immersed“ EP. Damals waren wir noch unseren früheren Produzenten Jens Ballaschke gewöhnt und mussten uns mit Oliver erst mal arrangieren. Und er sich mit uns, denn Doom hat er vorher noch nie gemacht. Aber diesmal lief das alles reibungslos und wir hatten wirklich Freude am kreativen Prozess. Normalerweise sehe ich Studioarbeit eher als Notwendigkeit an, diesmal hab ich es echt genossen.

Die Stücke sind ja durch die Bank von episch langer Spielzeit, mindestens 9 Minuten. Wie funktioniert bei euch da das Songwriting? Wann kommt der Punkt, an dem ihr fühlt, dass der Song fertig ist?

Wahrscheinlich ist das für dich keine zufriedenstellende Antwort, aber ein Song ist fertig, wenn er fertig ist. Das geht manchmal halbwegs schnell, manchmal dauert es über ein Jahr. Wir überarbeiten die Stücke immer intensiv im Proberaum, und irgendwann kommt der Punkt, wo keinen mehr etwas stört. Auf die Songlänge verschwenden wir dabei keinen Gedanken. Wenn es sich fertig anfühlt ist es egal ob das Stück 5 oder 15 Minuten hat. Wichtig sind die Dynamik und der Aufbau. Es muss genug Zeit haben sich zu entwickeln. Wenn das Intro 4 Minuten braucht, um besser zu zünden, dann würden wir nie sagen „das ist zu lang, das geht nicht“.

Es läuft in der Regel so, dass Martin und ich getrennt voneinander an Basis-Ideen werkeln, die wir dann gemeinsam mal anspielen. Was dabei übrig bleibt, wird dann in den Proberaum gebracht und von der ganzen Band bearbeitet. Dann merkt man recht schnell, wo man was hinzufügen oder weglassen muss. Das machen dann meistens wieder Martin und ich zusammen. Und dann geht’s wieder in den Proberaum und immer so weiter.

Euer Stil Death-Doom steht nicht unbedingt im Fokus einer breiteren Öffentlichkeit, aber ich könnte mir dennoch vorstellen, dass mit der starken Qualität eures dritten Albums es euch gelingen sollte, eine breitere Hörerschicht anzusprechen. Wie weit würdet ihr denn im Falle des Falles gehen? Könntet ihr euch ein Leben als Berufsmusiker vorstellen?

Also, zumindest für mich persönlich wäre das nix! Musik ist mein Katalysator und gibt mir eine gewisse Freiheit und Autarkie, die ich im Job so nicht finden kann. Wenn Musik mein Beruf wäre, täte sie das nicht mehr. Dann ginge es nicht darum, negative Gefühle zu verarbeiten, sondern darum den Kühlschrank zu füllen und die Miete zu zahlen. Wir könnten unsere Songwriting-Praxis nicht beibehalten, da wir viel schneller fertig werden müssten. Touren wäre kein Privileg mehr, sondern eine Pflicht. Und unseren Stil müssten wir auch ändern, mit unserer Musik kannst Du keine 20.000 Einheiten absetzen. Wir müssten auch diesen ganzen Merchandise-Kasperkram mitmachen. Da wäre für mich die Grenze. Ich will Songs für Menschen schreiben, nicht für Märkte. Sonst könnte ich auch gleich als bezahlter Gitarrist mit Hansi Hinterseer auf Tour gehen, da müsste ich mir wenigstens keine Mühe geben. Ich würde mich natürlich freuen, wenn wir mit dem neuen Album etwas bekannter werden. Ich hätte auch nichts dagegen, mit der Band ein bisschen was dazu zu verdienen. Aber einen Beruf könnte ich aus OPHIS nie machen. Wir arbeiten zwar recht professionell, aber es bleibt doch Underground.

Wovon handeln die Texte auf „Abhorrence In Opulence“? Und in welchem Zusammenhang stehen sie mit dem düsteren Cover?

Die Texte sind mittlerweile sehr gesellschaftlich und politisch gefärbt. Wobei ich aber nicht auf politische Ideologien eingehe, sondern mehr auf soziokulturelle Dinge. In „Disquisition Of The Burning“ geht es beispielsweise um das Erschaffen künstlicher Feindbilder, um Unterdrückung und Überwachung zu legitimieren. So wie es beispielsweise die Kirche mit ihrem Teufelsglauben macht, oder eben die Politik mit geschürten Ängsten vor Terrorismus. In Wahrheit sind die Bedrohungen unseren Herrschenden doch sehr nützlich. „Among The Falling Stones“ handelt dagegen mit dem Umgang gegenüber Kultur. Die ganze Oberflächlichkeit und Bigotterie in der Musik. Da nehme ich auch die Metalszene nicht aus. Metal war mal ein Ausdruck von Unzufriedenheit und ein Fuck-Finger ans Establishment. Heute gibt es Metal-Kreuzfahrten. Mehr Pro-Establishment als Kreuzfahrten geht eigentlich nicht. Kaum noch einer macht sich darüber mal Gedanken. Es geht auch kaum noch darum, mit Musik was auszusagen, es geht nur noch um das Berühmtwerden. Bis in die 90er war das noch teilweise anders. Heute gibt es fast gar keine emotional oder ideell begründete Musik mehr.

Das Cover steht nicht so sehr in Zusammenhang damit. Es verdeutlicht die Tatsache, dass der Mensch immer industrialisierter und kommerzialisierter wird. So sehr, dass er als Wesen abseits der Industrie nicht mehr denkbar ist. Er strebt nur noch nach Produktion ist dabei seine eigene Melkkuh. Und mutiert dabei zu einem Produkt der Industrie. Und das stellt das Cover dar.

Wie war die Tour mit EVOKEN?

Heftig. Aber auch geil. Die Tourstrecke hat sich als etwas zu groß für eine Van-Tour herausgestellt, wir hatten jeden Tag Distanzen von 500 bis über 1000 Kilometer zu überbrücken. Wir haben im Durchschnitt jede Nacht 3 Stunden geschlafen, plus die Fahrten, das Aufbauen und die Shows. Dazu kamen noch ein paar echte Fuck-Ups, zum Beispiel mussten wir in Riga mit ansehen wie ein Mensch von einem Auto plattgemacht wurde, in Finnland wurden wir Zeuge, wie eine junge Frau sich fast umgebracht hat. In England mussten wir uns ein Hostelzimmer mit völlig zugekoksten Unbekannten teilen, in Polen wurden wir vom Veranstalter abgezogen, und in den Tourbus hat es reingeregnet… und wir haben innerhalb weniger Tage extreme Kulturunterschiede gesehen. Das schlaucht schon sehr, und hat uns auch an unsere Belastungsgrenze gebracht. Unter solchen Umständen lernen sich Bandmitglieder noch mal ganz neu kennen, haha. Aber es war eine unglaublich intensive Erfahrung, ganz anders als unsere früheren Tourneen. Und die Konzerte waren bis auf Holland ausnahmslos geil! Gut besucht und tolle Reaktionen! Ich bin jedenfalls froh, dass wir das gemacht haben.

Was habt ihr in nächster Zukunft mit OPHIS geplant?

Wir stecken grad noch mitten in der Promotion für das Album und lassen das erstmal alles auf uns zukommen. Wir spielen in den nächsten Wochen noch mal einen Berg Shows, und nebenbei kümmern wir uns um das Booking für nächstes Jahr. Eine Tour ist auch im Gespräch, aber wir schauen mal, wie sich das entwickelt.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Danke für‘s Lesen, und erinnert Euch immer mal wieder daran, warum Ihr Metal hört

Galerie mit 22 Bildern: Ophis - De Mortem Et Diabolum 2018
20.09.2014

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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