Samael
"Das Problem entsteht, wenn du selbst das Werkzeug wirst."

Interview

Ich hätte da noch zwei Songs, die bei mir einen besonderen Eindruck hinterlassen haben. Der erste ist „This World“. Es geht um die Bedeutung der Wissenschaft und der Vernunft. Diese Botschaft war schon immer wichtig, was hat euch also genau jetzt diesen Song machen lassen? Gab es einen speziellen Anlass?

Vorph: Ich finde es nicht richtig, Religion gleichgestellt mit Wissenschaft in der Schule zu unterrichten. Das passiert zum Glück noch nicht in Europa, aber in einigen Staaten in den USA wollen Kreationisten ihre Ansichtsweisen in Schulen unterrichten, und das ist mehr als nur falsch. Das ist eine Beleidigung der Intelligenz und ein Angriff auf die jüngeren Generationen. Was ich mit diesem Song also sagen wollte, ist, prüft die Fakten. Wenn es keine Belege gibt, muss man dem keinen Glauben schenken.

Da kann ich nur zustimmen.

Vorph: Ja, da kann jeder nur zustimmen! Jeder vernünftige Mensch stimmt da zu. Aber anscheinend nicht. Es ist mir ein Rätsel, wie es diese Diskussion überhaupt geben kann, aber es gibt sie.

Xy: Stellt Dinge in Frage. Sogar historische Fakten. Die Wahrheit kann auch modifiziert worden sein. Aber wenn sie erstmal als Fakt akzeptiert wurde, ist sie in Stein gemeißelt.

Der zweite Song, der mich noch interessiert, ist „Samael“. Teil der Lyrics ist „we don’t need any religion“. Da bin ich voll dafür, aber Samael ist schon eine religiöse Figur, wenn auch eine zwiespältige. Wie seht ihr da also die mythologische Figur?

Vorph: Wir hatten schon eine Weile geplant, einen Song namens „Samael“ zu machen. Aber ich hatte kein Thema dafür. Es ist gut, dass du die Mythologie erwähnst, denn der Song „Angel of Wrath“ basiert quasi darauf. Also hätten wir auch den Song „Samael“ nennen können. Das hätte aber nicht gepasst, denn das wäre nur eine seiner Seiten gewesen. Ich wollte dem Song aber auch die Identität der Band geben. Deshalb unterscheidet sich der Song vom Ursprung des Namens. Ich sehe „Samael“ als das fünfte Mitglied. Wenn wir zusammen sind, sind wir nicht die Gleichen, die wir als Einzelne sind.

Du meinst SAMAEL als Kollektiv?

Vorph: Ja, und wenn man live spielt, weitet sich das sogar auf das ganze Publikum mit aus. Wir sind eine Gruppe von Menschen und wir versammeln uns für die Musik und um eine gute Zeit zu haben. Es ist nicht wie bei einem Fußballspiel oder einem anderen Sport, wo es zwei Teams gibt. Alle spielen im gleichen Team und wollen das Beste daraus machen. Das halte ich für eine gesunde Situation.

Xy: Alle sind für die gleiche Sache da, und es gibt eine Verbindung zwischen dem Publikum und uns, die alle mit einschließt.

Vorph: Das ist unsere Seite des Ganzen. Aber dann – und das ist, was mir so gut gefällt – wenn der Song fertig ist, wenn du ein Album rausbringst, gehört der Song auch den Leuten, und die entscheiden, was er ihnen bedeutet. Deshalb erkläre ich oft nicht so gerne meine Interpretation davon, denn das kann auch etwas wegnehmen. Da könnte einer sagen „oh, ich dachte das bedeutet was Anderes“. Es kann was Anderes bedeuten, wenn du das willst. Das ist nicht länger mein Song, oder mein Text, er gehört allen, die ihn lesen. Und die verbinden damit ihre eigenen Erfahrungen.

Was haltet ihr dann von der Aussage, Musik sei eine Form der Religion?

Vorph: Jede Form des Fanatismus ist eine Art Religion. Wenn du etwas aufgibst. Aber ich denke, wenn du zu einem Konzert gehst, dann gibst du nichts auf. Du nimmst etwas mit. Wenn ich zu einem Konzert gehe, fühle ich mich jedenfalls immer besser, wenn ich rausgehe. Und ich hoffe, uns gelingt es auch, dieses Gefühl zu vermitteln.

Themawechsel. Ihr wart zehn Jahre bzw. drei Alben bei Nuclear Blast und seid jetzt bei Napalm Records. Wie kam es zum Label-Wechsel?

Vorph: Naja, wir hatten einen Vertrag über drei Alben, der fertig war. Dann war Vieles neu. Wir hatten ein neues Line-up, ein neues Album, und wollten auch etwas Interessantes machen. Nuclear Blast hat heute so viele Bands, da bist du für eine Woche interessant, wenn es gut läuft. Wir wollten mehr als das. Bei Napalm ist da eine ganz andere Energie.

Xy: Wir waren früher auch schon mit Napalm in Kontakt und die waren interessiert an uns. Da war es eine logische Entscheidung. Wir waren nicht unzufrieden oder so.

Vorph: Manchmal ist es auch einfach gut, etwas zu verändern.

Dann habt ihr sicher auch für mehr als ein Album unterschrieben?

Xy: Ja.

Vorph: Haben wir? (lacht)

Xy: Haben wir. Ich hoffe auch wirklich auf eine lange Zusammenarbeit. Ich stimme zu, es ist manchmal gut, etwas zu verändern, aber es ist auch gut, starke Beziehungen aufzubauen. Dann kennt man sich, weiß, wie es läuft und arbeitet stärker zusammen. Also ja, wir bleiben eine Weile.

Eine etwas banalere, aber eigentlich auch obligatorische Frage. Wird man SAMAEL demnächst bei uns live sehen dürfen? Es gibt ein paar Termine, aber nichts wirklich Ausgiebiges.

Vorph: Das ist der Plan, aber bisher ist noch nichts schwarz auf weiß. Wir haben morgen ein Meeting deshalb. Wie du sagtest, spielen wir bisher nur eine Deutschland-Show im November. Für nächstes Jahr sind bereits Festivals im Gespräch. Aber ich hoffe, wir können noch vor den Festivals eine Tour machen, das wäre cool.

Xy: Wir wollen auf jeden Fall nach dem Album-Release live spielen. Vor allem, da wir uns mit dem Album so lange Zeit gelassen haben, haben wir das Gefühl, dass darauf viele Songs sind, die sich live lohnen.

Morgen werdet ihr bei den Metal Hammer Awards eine Laudatio auf einen der Gewinner halten. Seid ihr vorbereitet?

Vorph: Wir sind noch nicht vorbereitet, aber das ist ja erst morgen (alle lachen). Also wir haben ja noch Zeit. Aber das ist schon etwas Cooles, während wir hier in Berlin sind. Es gibt danach auch eine Party. Das ist dann ein guter Abschluss für unsere drei Promotage.

Jetzt gehören die letzten Worte erstmal euch. Habt ihr noch was loszuwerden? Was habt ihr jetzt vor?

Vorph: Hmm, also was wir jetzt vorhaben, ist die neuen Songs live präsentieren. Drei Songs spielen wir schon live, was toll ist. Aber da sind noch einige andere, denen wir die Chance geben wollen, sich vor einem Publikum zu bewähren. Das bedeutet mehr Konzerte und natürlich mehr Touren. Darauf freuen wir uns.

Dann mal vielen Dank für das Interview!

SAMAEL werden im November beim Metal Hammer Paradise spielen.

Galerie mit 18 Bildern: Samael - Passage Tour 2022 in München

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Quelle: Vorph und Xy, Samael
08.10.2017

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