Sonata Arctica
Interview mit Gitarrist Jani zu "Reckoning Night"

Interview

„Reckoning Night“ heißt das neue Werk der finnischen Melodik Metaller Sonata Arctica. Über die entspannte Entstehung des Albums, die Geschichte der Band und die aktuellen finnischen Charts gab Gitarrist Jani mir in gänzlich finnen-untypischer Redefreude Auskunft.

Sonata Arctica

Hi Jani, na wie geht’s dir? Hast du heute den ganzen Tag schon Interviews gegeben?

Hi! Mir geht’s prima! Ja, heute praktisch den ganzen Tag schon, und gestern, vorgestern und letzte Woche auch schon.

Erstmal nachträglich herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Danke! An meinem Geburtstag hab ich auch Interviews gegeben, haha! Aber ich werde die Party noch nachholen, wenn ich am Donnerstag heimfahre.

Hast du eine gute Zeit in Deutschland?

Ja, wir sind gerade im Nuclear Blast Office in Donzdorf. Hier ist zwar nicht allzu viel los, aber wir haben wirklich eine gute Zeit hier! Wir gehen jeden abend essen, sonst gehen wir eigentlich nicht weg.

Ok, dann lass uns doch mal mit ein paar Fragen anfangen! Erzähl mir doch mal was über das neue Album „Reckoning Night“. Gibt es dafür ein zugrundeliegendes Konzept wie bei „Winterheart’s Guild“?

Du spielst auf das Cover an? Ja, für das Cover gibt es tatsächlich eine Art Konzept: du siehst ein Schiff, das in einen Sturm hineinfährt und der Titel ist ja „Reckoning Night“, sodass das Schiff offensichtlich seinem Schicksal entgegenfährt. Dabei ist das Cover von einigen der Songs inspiriert, nämlich „White Pearl, Black Oceans…“ und die Wölfe, die aus dem Meer kommen, sind aus „Ain’t Your Fairytale“. Auf dem Backcover kannst du dann den Jungen sehen, der unbedingt eine Puppe sein wollte („The Boy Who Wanted To Be A Real Puppet“) und da im Wasser treibt. Wir haben also einige Ideen der Songs im Cover wieder aufgegriffen.

Worum geht es eigentlich in „The Boy Who Wanted To Be A Real Puppet“?

Es ist eine Art umgekehrte Pinnochio Geschichte, denn Pinnochio war eine Puppe, die ein richtiger Junge sein wollte. Das Lied handelt eben von einem Jungen, der eine richtige Puppe sein will.

Gibt es also so was wie einen roten Faden durch die Songs?

Nein, den gibt es nicht. Wir haben auch noch nie ein Konzeptalbum gemacht. Es gibt zwar einige Gemeinsamkeiten unter den Songs, aber keinen beabsichtigten roten Faden. Es ist also kein Konzeptalbum.

Gibt es einen bestimmten Grund, warum ihr „Don’t Say A Word“ als Single ausgewählt habt?

Nein, außer dass es ein starker Song ist, gab es keinen speziellen Grund dafür. Es war einer der ersten Songs, die wir für das neue Album geschrieben haben, und wir haben gleich am Anfang bemerkt, dass das ein sehr starker Song ist und eine Single werden sollte. Am Ende der Sessions bekamen wir jedoch Zweifel daran, aber wir entschieden uns, unserem Instinkt zu folgen. Wir haben ein halbes Jahr lang gefühlt, dass der Song der stärkste des Albums ist, wieso sollten wir nun also unsere Meinung ändern?

Ihr habt euch dann für ihn entschieden und die Single stieg von Null auf Eins in die finnischen Single Charts ein. Wie fühlt sich das an, eine Nummer eins Single im eigenen Land zu haben?

Das fühlt sich natürlich großartig an! Wir hatten vorher schon einigen Erfolg und es ist nicht unsere erste Nummer eins, „Victoria’s Secret“ ging zuerst auf Platz zwei, war dann aber für zwei Wochen die Nummer eins. Wir hatten ein gutes Gefühl bei der Single und erwarteten eine Platzierung irgendwo in den Top 3. Jetzt ist sie Nummer eins und es fühlt sich großartig an, wie eine Belohnung für einen Job, den du gemacht hast.

Es scheint immer so, als sei es recht einfach, in Finnland eine Nummer eins Single zu machen. Jeden zweiten Monat gibt es irgendwelche News, dass Nightwish oder Children Of Bodom mal wieder die Pole Position innehaben. Ist das wirklich so einfach, oder hab ich da etwa eine falsche Vorstellung davon?

Das ist natürlich nicht so einfach, haha! Es ist einfach so, dass finnische Metal Bands in Finnland sehr populär sind, besonders natürlich diejenigen, die auch woanders erfolgreich sind, wie Stratovarius, Nightwish, Children Of Bodom oder eben wir. Da ist eine Nummer eins Single oder ein Nummer eins Album auch nicht ungewöhnlich.

Würdest du also sagen, dass Finnland eine gesunde Metalszene hat?

Ja! Sehr gesund sogar, fast schon ein wenig übervölkert, haha!

Für die Aufnahmen zum neuen Album habt ihr zwei Monate gebraucht. Wieso hat das so lange gedauert?

Das hat sogar zwei einhalb Monate gedauert, plus zwei Wochen fürs Abmischen! Wir haben uns einfach die Zeit genommen, die wir für das Album brauchten. Das ist jedes Mal so, zumindest die letzten beiden Male. Wir nehmen uns einfach die Zeit dafür, wir fangen ganz langsam an und denken, dass wir uns keinen Stress machen müssen. Dann sind wir eben ziemlich faul und wenn dann noch zwei Wochen übrig sind, schrecken wir hoch wie aus einem Traum und denken „Scheisse, nur noch zwei Wochen und noch so viel zu tun!“.

Euer Studio Tagebuch hört sich auch ziemlich relaxt an…

Ja, das ist es auch! Du kannst einfach mal vorbeischauen, Playstation spielen, einen Kaffee trinken und mit den anderen Jungs labern, oder du gehst einfach heim. Wobei das natürlich davon abhängt, wo du wohnst. Ich wohne halt nur 300 Meter vom Studio entfernt, haha!

Das hört sich ja sehr komfortabel an! Habt ihr denn ein so großes Budget, dass ihr euch einen so langen Studioaufenthalt leisten könnt? Andere Bands müssen sich den Stress geben und in zwei Wochen mit allem durch sein…

Zum einen sind Studios in Deutschland, nach dem was ich gehört habe, viel teurer als in Finnland. Es würde wahrscheinlich Sinn machen, als deutsche Band in Finnland aufzunehmen, weil es einfach so viel billiger ist. Und die Studios sind gut! Wir haben alle unsere Alben im Tico Tico aufgenommen, und dieses wollten wir eben auch dort aufnehmen. Und deshalb haben wir einfach so viel Zeit gebucht, wie wir dafür brauchen. Mit dem Deal mit Nuclear Blast können wir uns das auch leisten, und am Ende kommt ein Album raus, das auch sie glücklich macht.

Ihr habt also eingeplant, dass ihr so lange brauchen würdet? Oder habt ihr einfach angefangen und gesagt, es ist eben fertig, wenn es fertig ist…

Wir haben gleich soviel Zeit gebucht, wie ging. Und dann wollten wir sehen, wie lange wir im Endeffekt brauchen, wenn wir früher fertig gewesen wären, wären wir eben früher fertig gewesen, wenn wir die zwei einhalb Monate brauchen, brauchen wir sie eben.

Seid ihr eigentlich mit fertigen Songs ins Studio gegangen oder habt ihr sie dort erst geschrieben?

Als wir ins Studio gegangen sind, hatten wir drei Songs beinahe fertig, nämlich „Don’t Say A Word“, „Blinded No More“ und „Shamandalie“. Die anderen Songs haben wir dann während der Zeit im Studio geschrieben.

Fällt es euch leichter, im Studio zu schreiben, oder hat es sich einfach so ergeben, dass ihr die Songs dort verfasst habt?

Es herrscht schon eine bessere Atmosphäre, um zu schreiben. Tony macht den größten Teil des Songwritings und ich mache auch ein bisschen. Wir hatten ja nur drei Songs fertig als wir ins Studio gegangen sind. Normalerweise machst du ja zu Hause ein Demo, das du dann den anderen zeigst. Sie hören sich das ganze dann an und bringen beim Spielen ihre Ideen mit ein. Natürlich ist das nicht der kreativste Weg, aber so kann sich jeder mit einbringen, sodass es am Ende nach einer Band klingt.

Was war eigentlich der Grund, dass ihr 2003 zu Nuclear Blast gewechselt habt?

Als wir 1999 mit dem ersten Album angefangen haben, bekamen wir einen Deal mit Spinefarm Records. Damals waren wir noch eine unbekannte Baby-Band und bekamen natürlich auch einen Baby-Deal, haha! Der Vertrag ging über drei Alben und danach dachten wir, es sei an der Zeit für eine große Veränderung. Unser Management hat sich dann auf die Suche nach einem geeigneten Label gemacht und am Ende lief es auf zwei Alternativen hinaus: Nuclear Blast oder Century Media. Weil wir aber bei Century Media unter Lizenz waren, und wir eine komplette Veränderung wollten, haben wir uns für Nuclear Blast entschieden. Natürlich haben wir auch die großartige Arbeit gesehen, die Nuclear Blast für andere Bands gemacht haben und sie sind einfach eine riesige Firma mit vielen Ressourcen und großem Know-how. Sie kennen sich einfach in allen Kanälen aus und wissen wie der Hase läuft. Also haben wir den Schritt auf die nächste Stufe gewagt.

Als ihr damals angefangen habt, war der Bandname noch „Tricky Beans“, dann habt ihr euch umbenannt in „Tricky Means“, um euch dann mit dem Vertrag bei Spinefarm Sonata Arctica zu nennen. Wie kam es zu diesen ganzen Umbenennungen?

Haha, ja, Tricky Beans war ganz am Anfang und einfach ein Name eines unserer Demo Songs, als wir für Auftritte eben einen Namen haben mussten. Wir haben einfach einen blöden Namen rausgesucht und als Bandnamen verwendet. Die Musik, die wir als Tricky Beans gespielt haben war eigentlich Pop mit einigen Hard Rock Einflüssen, also kein Metal im eigentlich Sinne. Es saß irgendwo zwischen den Stühlen, es war nicht soft genug, um Pop zu sein und nicht hart genug, um als Heavy Metal durchzugehen. Als wir dann unser viertes und letztes Demo „Full Moon“ aufgenommen haben, ging die Musik schon in eine härtere Richtung und wir entschieden, dass Tricky Beans ein ziemlich lahmer Name für eine Metal Band ist, haha! Weil wir aber wollten, dass uns die Leute wiedererkennen, änderten wir den Namen einfach in „Tricky Means“. Dann kamen wir aber zu dem Deal mit Spinefarm und wir wollten das Album nicht unter dem Namen Tricky Means aufnehmen, haha! Ein Freund von uns hatte dann die Idee mit „Sonata Arctica“, der uns zu der Zeit ganz gut beschrieben hat. Wir hatten einige klassische Elemente in der Musik und wir kommen aus dem Norden…

„Reckoning Night“ ist das erste Album für ein neues Label. Spürt ihr da einen besonderen Druck?

Nein, überhaupt nicht! Alle sind sehr nett zu uns, und sie wissen genau was wir tun und spornen uns an. Es gibt in keiner Weise irgendeinen Druck. Alle sind glücklich uns zu haben und sie arbeiten wirklich hart für uns!

Wo siehst du denn die Unterschiede zu „Winterheart’s Guild“?

Ich glaube, dass wir auf „Winterheart’s Guild“ unseren eigenen Stil gefunden haben, so wie Sonata Arctica sein sollte, und mit „Reckoning Night“ haben wir diesen Stil einfach ein bisschen weiterentwickelt. Das neue Album ist auch viel heavier als unsere älteren Sachen, es ist progressiver und die Leute sagen, es sei auch unser intelligentestes Album. Ich glaube, es ist einfach noch reifer als „Winterheart’s Guild“, was auch schon ein ziemlich gutes Album war.

Der Erfolg wird damit nicht lange auf sich warten lassen, zumal ihr jetzt Nuclear Blast im Rücken habt und mit Nightwish auf Tour geht…

Ja, hoffentlich! Zumindest sind wir sehr stolz auf das Album. Ich hoffe nur, dass es die Leute auch finden werden! Aber mit Nuclear Blast mache ich mir da keine Sorgen, weil sie wirklich ein großes Label sind und sich einfach auskennen, auch was den Vertrieb anbelangt. Und auch die Tour mit Nightwish wird uns einige Türen öffnen. Nightwish sind ja ein Pop-Phänomen und füllen riesige Hallen! Wir werden jeden Abend vor einem riesigen Publikum spielen und so Leute erreichen, die sonst nie im Leben zu unseren Konzerten kommen würden. Viele werden nicht einmal von uns gehört haben, denn auf Nightwish Konzerten sind große Teile des Publikums keine Metalfans. Das ist eine prima Chance für uns, weil wir diesen Leuten zeigen können, wer wir sind und sie vielleicht für uns begeistern können.

„Pop-Phänomen“ ist ein gutes Stichwort! Wie ist das eigentlich, wenn ihr eine Nummer eins Single habt, gibt es für euch dann Verpflichtungen, wie z.B. Top Of The Pops zu spielen?

Nein, solche Shows haben wir in Finnland nicht. Es gibt auch keine besonderen Verpflichtungen, wenn du in Finnland auf Nummer eins stehst.

Wie sehen denn die finnischen Charts aus? Sind da viele Metal Bands vertreten?

Ja, die Charts sind öfter ziemlich metallisch. Finnland ist ein Metal Land! Obwohl Metal auch nicht so mainstreamig ist wie andere Stile. Aber momentan sind z.B. Children Of Bodom auf Nummer eins und irgendwas anderes metallisches, ich glaube Metallica, auf Nummer drei. In Finnland gibt es immer zwei Versionen: die EP Version und die Single Version. Momentan ist die EP auf vier und die Single auf fünf. Sehr metallische Charts momentan, haha!

Um noch einmal auf die Tour zurückzukommen: Freut ihr euch denn darauf?

Ja, total! Wir wollten schon lange mit Nightwish auf Tour gehen, da wir schon seit Jahren gute Freunde sind. Es hat aber nie geklappt, weil die Pläne der Bands immer zu verschieden waren. Wenn wir im Studio waren, haben Nightwish getourt, und wenn sie im Studio waren, haben wir getourt. Wir hatten also nie die Chance, zusammen unterwegs zu sein, es klappt jetzt endlich zum ersten Mal, haha! Und das, wo Nightwish jetzt so groß sind…

Ihr wart ja auch Labelmates auf Spinefarm… Wo führt euch die Tour denn überall hin?

Ja, stimmt, das waren wir! Die Tour wird uns durch große Teile Europas führen, bis auf z.B. Griechenland oder Portugal, glaube ich. Aber Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich, Spanien… Danach wird es im Februar noch eine Japan Tour geben.

Seid ihr in Japan eine große Nummer? Auf Children Of Bodom fahren die Japaner ja z.B. total ab…

Ja, ich denke, dass wir dort die größte Power Metal Band sind, wir verkaufen sehr gut da drüben, es ist unser Hauptmarkt.

Seid ihr dort auf Toy’s Factory?

Nein, auf Avalon Marquee.

Nächstes Jahr geht’s dann los. Aber jetzt kommt erst mal die Europa Tour. Alles Gute dafür und noch viel Spaß in Donzdorf!

Ja, vielen Dank für das Interview! Take care!

Galerie mit 29 Bildern: Sonata Arctica - Nordic Power Metal Titans 2023 in Bochum
15.09.2004

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21.09.24metal.de präsentiertSonata Arctica - Clear Cold Beyond Europatour 2024Sonata Arctica, Firewind, Tungsten und Serious BlackColumbia Theater (C-Club), Berlin
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