Stilla
Interview mit A. Vidhall zum neuen Album "Ensamhetens Andar"

Interview

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STILLA haben mit „Ensamhetens Andar“ nicht nur ein zweites Album herausgebracht, das wie schon das Debüt unglaublich detailreich und komplex, aber gleichzeitig auch sehr emotional und stimmungsvoll geworden ist, sondern sie haben dafür nicht einmal ein ganzes Jahr gebraucht. Bassist A. Vidhall stellt sich unseren Fragen zum Album und dessen Entstehungsprozess, aber auch zu STILLA im Allgemeinen.

Stilla

Hallo!
Zunächst einmal Gratulation zum Release des neuen Albums.

Danke.

Es ist ja nicht einmal ein ganzes Jahr vergangen, seitdem „Till Stilla Falla“ veröffentlicht wurde, und trotzdem ist sein Nachfolger „Ensamhetens Andar“ schon fertig und steht seit dem 10. Februar in den Regalen. Das ist ziemlich schnell, selbst für eine Band mit einer hohen Veröffentlichungsrate, finde ich. Gibt es da ein Geheimnis? Was ist passiert, dass ihr in so kurzer Zeit ein zweites Album schreiben und aufnehmen konntet?

Richtig, drei Wochen fehlen zu einem Jahr zwischen den Veröffentlichungsterminen des ersten und zweiten Albums. Geheimnis? Da gibt es kein Geheimnis; das ist eine einfache Verbindung von Wille und Kreativität. Das meiste vom neuen Album wurde in einem Anfall von Inspiration sogar schon geschrieben, nachdem wir „Till Stilla Falla“ fertiggestellt hatten und bevor es veröffentlicht war. Es gibt keinen Grund, das Eisen nicht zu schmieden, solange es heiß ist; wenn wir im Januar 2015 ein drittes Album mit derselben Qualität und Integrität veröffentlichen können, warum nicht?

Dieser recht kurze Zeitintervall zwischen den beiden Alben ist noch erstaunlicher, da „Ensamhetens Andar“ relativ einzigartig klingt; obwohl es immer noch nach STILLA klingt, ist es meiner Meinung nach definitiv ein ganz anderes Album als das erste. Dazu hätte ich zwei Fragen, erstens: Würdest du zustimmen, dass die zwei Alben gleichzeitig ziemlich unterschiedlich und ziemlich ähnlich klingen, und wie würdest du die Unterschiede/Gemeinsamkeiten beschreiben?

Ja, wir betrachten „Ensamhetens Andar“ als eine natürliche Weiterentwicklung dessen, was wir mit „Till Stilla Falla“ schufen. Wir hatten keinen Plan, was das Endresultat sein würde, als wir das erste Album aufnahmen, nicht einmal, ob wir eine Band waren oder nicht; es war eine intensive, erforschende Zeit. „Till Stilla Falla“ ist das Ergebnis dieser Situation, während wir, als wir im September 2013 „Ensamhetens Andar“ aufnahmen, wussten, was wir erreicht hatten, was wir erreichen konnten, und am meisten was wir diesmal erreichen wollten. Das erste Album schuf das Gebilde, das STILLA ist, das zweite führt die Evolution fort, es erschafft und untersucht weitere Aspekte dieses Gebildes. Als eine Gruppe von vier Musikern verstehen wir mehr und mehr, was wir als Individuen vor den Altar tragen und STILLA bieten. Wir sind in keiner Weise daran interessiert stillzustehen; unsere Musik ist immer im Werden – auch wenn unser Name anderes andeuten könnte. Nun zurückkehrend, nachdem mehrere Monate allein in das Erschaffen von „Ensamhetens Andar“ investiert worden sind, ist klar, dass, auch wenn das Debüt eine starke Leistung war, sein Nachfolger in vielerlei Hinsicht überlegen ist, zum Beispiel in Bezug auf Handwerkskunst, Originalität, Kunstfertigkeit etc.

Und zweitens: Worin liegen die Unterschiede im Aufnahme- und Schreibprozess der zwei Alben? Wurde „Ensamhetens Andar“ genauso produziert wie „Till Stilla Falla“ oder habt ihr neue Arten des Komponierens und Aufnehmens ausprobiert?

In vielerlei Hinsicht lief das gleich ab; die Songs wurde hauptsächlich von Pär Stille [Gitarrist – Anm. d. Red.] komponiert, entwickelt und geplant wurden sie zusammen über den Sommer, aufgenommen während einer intensiven Session Mitte September im Nordvis Ljudstudio, und fertiggestellt noch vor dem Winter. Wir schrieben im Studio in wenigen Stunden einen Song und nahmen ihn auf, eine Art Experiment; wir werden sehen, ob das in irgendeiner Weise veröffentlicht wird. Der Unterschied war, dass wir wussten, was wir tun, mit einer klareren Vision dessen, was wir machen konnten und wollten.

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Ich finde, eine Menge Einflüsse, die auf „Till Stilla Falla“ zu hören waren (z.B. KVIST oder ISVIND), können auch auf „Ensamhetens Andar“ noch vernommen werden, aber es gibt auch ein paar neue Einflüsse. (Zum Beispiel meine ich, eine Menge „Filosofem“ im letzten Track des Albums, „Skuggornas Dop“, zu hören.) Würdest du zustimmen? Und wenn ja, gibt es da noch mehr bzw. bewusste Einflüsse für das Album?

Musikalisch ist „Ensamhetens Andar“ ein facettenreicheres und komplexeres Album, wir haben bewusster an der Atmosphäre und den Strukturen gearbeitet, um unsere Ausdrucksweise zu entwickeln. Wir werden dabei von allem beeinflusst, was wir um uns herum haben, und da wir mit recht unterschiedlichen Geschmäckern ausgestattet sind, sowohl in der Musik als auch in anderen Künsten, kreiert die gemeinsame Arbeit an einem einheitlichen Ziel natürlich eine diverse, jedoch einheitliche Entität. Namedropping ist bedeutungslos, aber lass uns sagen, dass bestimmte Schatten dunkler auf uns fallen und einen größeren Einfluss ausgeübt haben als andere … diese Schatten können von Folkmusik, Progressive Rock und altem Black Metal geworfen werden, das ist egal.

In meiner Review habe ich euren Stil als Black Metal beschrieben, der sämtliche Schranken ignoriert, aber seine eigenen Grenzmarkierungen setzt. Damit meine ich, dass innerhalb der Art und Weise, auf die ihr euren Black Metal spielt, alles möglich ist, aber immer noch jeder einzelne Part nach STILLAs einzigartigem Stil klingt. Nun wäre ich natürlich daran interessiert, wie ihr genau arbeitet – oder, genauer gesagt, wie kriegt ihr es hin, immer wie ihr selbst zu klingen, aber gleichzeitig absolut unvorhersehbar zu bleiben?

Deine Analyse ist korrekt und wir wissen sie zu schätzen. Es gibt keine festen Schranken, wie es sie auch nie geben sollte. Obwohl STILLA weit von dem entfernt sind, was man „experimentell“ nennen würde, macht es uns stolz, die Dimensionen von Einsamkeit und Trostlosigkeit zu erkunden, die blank vor uns liegen, um unsere Eindrücke und Visionen davon in Klangkulissen zu verarbeiten anstatt Kopien und sichere Wege für zufriedene und unbedrohte Hörer anzufertigen. „Wie ihr selbst zu klingen“ – wie könnte man nicht wie man selbst klingen, wenn man nur ein kleines bisschen Anstrengung in seine Kreation steckt? Unvorhersehbarkeit sollte kein Selbstzweck sein, aber das Gegenteil wäre eine Schande.

In einem anderen Interview, das du letztes Jahr einem Kollegen von mir gegeben hast, sagtest du, dass die Texte auf „Till Stilla Falla“ eher eine Erweiterung der Songs als bestimmte Ideen zu diesem oder jenem Thema wären. Nach dem zu urteilen, was ich von den Texten auf „Ensamhetens Andar“ verstehe (meine Schwedischkenntnisse sind allerdings sehr eingeschränkt), würde ich sagen, diese Herangehensweise hat sich nicht geändert? Aber vielleicht kannst du uns erzählen, ob es eine kleine Veränderung in den grundlegenden Themen gab, über die ihre geschrieben habt? Worin unterscheiden sich die Alben inhaltlich, sozusagen?

Nicht alle Texte auf „Ensamhetens Andar“ wurden speziell für den jeweiligen Song geschrieben, aber wenn ich sie jetzt, ein halbes Jahr später, noch einmal lese, kann ich sehen, wie es wieder einmal zu einem einheitlichen Ganzen wurde. Der Titel des Albums lässt sich mit „Die Schemen/Geister/Gespenster der Trostlosigkeit/Einsamkeit/Abgeschiedenheit“ übersetzen, was alles ist, was man wissen muss; jeder Song erkundet auf seine Weise die Natur der Einsamkeit und Trostlosigkeit, die deren physischen, spirituellen und philosophischen Eigenarten innewohnt, nach ihnen schmachtet und sie heimsucht.

Das Cover von „Till Stilla Falla“ zeigte ein Haus inmitten eines Waldes – wenn ich mich recht entsinne, war das der Ort, an dem das Album aufgenommen wurde (du nanntest es sogar ein fünftes Bandmitglied, da es eine gewisse Atmosphäre zum Album beigetragen hat). Gibt es für das Cover des neuen Albums auch so eine Geschichte? Was hat es zu bedeuten, und was ist dieser unheimliche Schemen?

STILLA wären ohne diese Hütte nicht, was sie sind. Wir sind immer noch dort … die Geister der Einöde. Eine einfache, aber markante Illustration.

Um noch einmal das Interview aus dem letzten Jahr aufzugreifen: Dort sagtest du zunächst, dass ihr es mit STILLA nicht in Betracht ziehen würdet, live zu spielen, aber ein paar Monate (oder Wochen) später gab es eine Ergänzung, nämlich dass sich die Meinungen über Liveshows in der Band geändert hätten. Nun natürlich die Frage: Wird es denn in der näheren Zukunft irgendwelche Shows geben? Gibt es eventuell sogar schon konkrete Pläne?

Es gab eine Diskussion inner- und außerhalb der Band, Vorschläge und Anfragen wurden gemacht, aber momentan gibt es keine konkreten Pläne. Man soll niemals nie sagen …

Da das Jahr 2014 ja immer noch frisch ist, würde ich das Interview gerne mit ein, zwei „Bonusfragen“ abschließen: Gibt es für dich ein Black-Metal-Highlight 2013? Und wenn ja, was macht dieses Album/diese Band besonders?

Ein Empfehlung für alle, die nach dem einsamen Geiste des Nordens suchen, seht euch nach der „Finnmarkens Folk“-7″ von SAIVA um, die von Nordvis veröffentlicht wurde. Ansonsten sieht es so aus, als wären die meisten modernen Black-Metal-Bands mehr an Special Effects, Nostalgie und Exotismus interessiert; ich persönlich habe wenig Interesse daran.

Und: Welche Black-Metal-Klassiker hast du im letzten Jahr am meisten gehört?

Ein paar unvergängliche Meisterwerke, zu denen ich immer wieder zurückkehre:
CELTIC FROST – „To Mega Therion“
VED BUENS ENDE – „Written In Waters“
MASTER’S HAMMER – „Jilemnice Occultist“
ARMAGEDDA – „Ond Spiritism“
ILDJARN – „Det Frysende Nordanriket“

Das war’s soweit von mir – vielen Dank für deine Zeit! Die letzten Worte gehören dir …

„Till Stilla Falla“ kommt im Februar 2014 via Eisenwald auf Vinyl, „Ensamhetens Andar“ erst einmal auf CD, Vinyl gibt es später, beides von Nordvis Produktion.

Deny every word they demand, leave everything behind.

14.02.2014

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