Symphony X
Symphony X

Interview

SYMPHONY X haben im letzten Jahr mit ihrem Album "Paradise Lost" einen geniales Prog-Metal-Kracher abgeliefert, der sogar das starke Vorgängerwerk "The Odyssey" in den Schatten stellt. Nachdem sie bereits im Herbst als Vorgruppe von DREAM THEATER durch Europa tourten, kehren sie nun als Headliner zurück in die deutschen Clubs. Die Termine könnt ihr unserer Tourdaten-Sektion entnehmen. Bereits einige Zeit zuvor hatte ich das Vergnügen, mich mit Gitarrist Michael Romeo über John Milton, die Partytauglichkeit bekannter Prog-Metaller und andere spannende Themen zu unterhalten.

Symphony XHallo Michael. Ihr wart im Herbst bereits mit DREAM THEATER hier, die derzeit zu den populärsten Progressive-Metal-Bands gehören. Seid ihr gut mit den Jungs ausgekommen? Oder war es schwierig, mit ihnen zusammenzuarbeiten?

Nein, überhaupt nicht. Wir verstehen uns ziemlich gut. Ich denke auch, das war ein ziemlich gutes Package. Wir sind vielleicht ein wenig Metal-lastiger, aber wir haben auch viele progressive Passagen. DREAM THEATER ziehen dieses vielschichtige Progressive-Ding durch. Es war also eigentlich eine gute Kombination die Bands klingen nicht völlig gleich. Es gibt Ähnlichkeiten, aber da sind auch genügend Unterschiede, die das Ganze für diejenigen interessant machen, die kommen, um uns zu sehen.

Habt ihr dann auch jeden Abend zusammen wilde Parties gefeiert?

Wir waren jeden Tag zusammen, aber richtig große Parties gab es eigentlich nicht. Wir sind auch viel miteinander rumgehangen. Den Jungs ist ihre Musik und das, was sie auf der Bühne machen, wirklich sehr wichtig. Bei uns ist das genauso. Wir respektieren uns gegenseitig sehr und die Jungs sind sowohl als Musiker als auch menschlich absolut großartig, so dass eine ziemlich gute Atmosphäre auf der Tour herrschte.

Ich habe SYMPHONY X zum ersten Mal im Vorprogramm von STRATOVARIUS vor einigen Jahren gesehen und mir danach direkt eure „The Odyssey“-CD gekauft. Auf euer neues Album musste ich dann aber ziemlich lange warten.

Das lag wohl in erster Linie an unseren Tour-Aktivitäten. Wir haben ziemlich viel in den USA gespielt, weil „The Odyssey“ das erste Album war, durch das in den Staaten viele Leute auf uns aufmerksam wurden. Deshalb haben wir so viele Live-Shows gespielt, wie wir konnten. Wir haben einige Shows mit QUEENSRŸCHE gespielt, wir waren auf Tour mit BLIND GUARDIAN und natürlich war da noch die „Gigantour“ mit DREAM THEATER und MEGADETH.
Es ist also eine Menge passiert und die Zeit ging wie im Flug vorbei. Ehe wir’s uns versahen war es 2005 und wir spielten auf der „Gigantour“. Wir hatten schon vorher ein wenig am neuen Album gearbeitet, aber erst danach setzten wir uns zusammen und nahmen die Sache richtig in Angriff. Auch das Songwriting dauerte relativ lange, weil so viel Zeit vergangen war und wir wussten, dass wir etwas großartiges schaffen mussten. Es war also ein hartes Stück Arbeit, aber ich denke, es hat sich gelohnt.

„Paradise Lost“ liegt ein sehr ambitioniertes Konzept zugrunde. Man benötigt einige Zeit, um die Message der Songs wirklich zu verstehen.

Ich denke, in musikalischer Hinsicht haben wir versucht, ein etwas leichter zugängliches Werk zu schreiben. Wir sind etwas riffbetonter an die Sache herangegangen und haben auch immer die Refrains und klare Songstrukturen im Auge gehabt. Dem Zuhörer sollten auf Anhieb die coolen Riffs und Refrains auffallen.
Im Hinblick auf die Texte handelt es sich nicht wirklich um ein Konzeptalbum, aber die Themen sind sehr eng miteinander verwandt. Es gibt keine echte Geschichte, wir haben uns nur leicht an Miltons „Paradise Lost“ als Grundgedanke angelehnt. Es geht um Verrat, Rache, Lust und ähnliches, ein Bild, das wir mit den Chören und allem nachzeichnen wollten, so dass es diese düstere Grundstimmung hat. Letztlich wollten wir aber einfach nur gute Songs schreiben.

„Paradise Lost“ ist ein Gedicht über den Teufel – und der Teufel ist schon immer ein typisches Heavy-Metal-Thema gewesen. Trotzdem unterscheidet sich eure Herangehensweise an dieses Thema von den üblichen Klischees.

Genau darum ging es uns auch. Jeder bedient sich dieser Klischees und wir haben das auch bereits gemacht, Himmel und Hölle sind immer ein Grundthema. Aber diesmal wollten wir das Ganze nur als Inspiration verwenden, wobei die Songs in gewissem Sinne immernoch sehr persönlich sind. Es gibt zwar Textzeilen, die direkt von Milton stammen könnten, aber im Grunde geht es ganz allgemein um Verrat. Das muss nicht zwangsläufig jemand sein, der dem Teufel anheimfällt, aber auch um so jemanden könnte es gehen. Oder es könnte um Russ (Russell Allen, SYMPHONY X-Sänger – Anm. d. A.) gehen, der darüber singt, wie ihn jemand mächtig verarscht hat.
Wir haben das einfach offen gelassen, statt eigene Charaktere zu erfinden und alles in eine umfassende Story einzubetten, weil das alles bereits gemacht wurde. Und so sind wir auch an die Musik herangegangen. Wir wollten, dass das Album härter und düsterer wird, agressiver und dunkler. Durch die Thematik kann man hervorragend das Orchester und die ganzen Chöre einbinden, so dass alles irgendwie böse und doch zugleich schön klingen kann.

„The Odyssey“ fand ich stark, aber „Paradise Lost“ gefällt mir noch deutlich besser. Vor allem beim Titeltrack bekomme ich regelmäßig eine Gänsehaut.

Das ist gut, das ist genau das, was wir wollen. Wir achten sehr genau auf die Musik, den Sound und die Produktion, aber gleichzeitig wollen wir auch Gefühle transportieren. Und so war es bei diesem gesamten Album. Auch bei den härteren Sachen ging es nie darum, ob es schwer zu spielen ist oder einfach oder ob es komplex genug ist. Wenn wir uns die Riffs angehört haben, ging es eher darum, ob diese irgendwelche Emotionen hervorrufen, ob sie ordentlich Arsch treten oder nicht. So haben wir das komplette Album geschrieben.
Für das Songwriting trug ich die größte Verantwortung, weil wir einen sehr gitarrenlastigen Ansatz verfolgt haben. Ich habe mich dann erinnert, wie es in meiner Jugend war, wenn ich eine neue CD zum ersten Mal angehört habe. Was brachte mich sofort auf Touren, was begeisterte mich vom ersten Augenblick an, weil es so verdammt cool war? Das hat extrem geholfen, uns weiterzuentwickeln. Wenn ich früher ein neues JUDAS PRIEST- oder BLACK SABBATH-Album aufgelegt habe, dachte ich immer: „Wow, das ist ein geniales Riff!“ Und beim nächsten Song wieder: „Wow, noch ein geiles Riff!“ Und das hatten wir immer im Auge, als wir das Album geschrieben haben.

Auf euren früheren Alben habt ihr euch stark von der griechischen Mythologie inspirieren lassen. Mit Miltons Gedicht grabt ihr nicht ganz so weit in der Vergangenheit…

Wir versuchen immer etwas zu finden, dass uns interessiert und inspiriert. Aber wir gehen an die Sache eher von der musikalischen Seite heran. In gewissem Sinne entwickelt sich die Musik wie ein Film. Man versucht mit der Musik ein Bild zu malen. Wir haben uns dann auch für dieses Album nach etwas umgesehen, was uns inspiriert, und haben dann irgendwann angefangen, über „Paradise Lost“ von Milton zu diskutieren und über dieses Himmel-und-Hölle-Thema. Ein Großteil der Musik, die wir schrieben, ging ohnehin in eine sehr düstere Richtung. Deswegen haben wir dieses Thema gewählt und erzählen in den aggressiveren Stücken von Verrat, während es in den ruhigeren Stücken, wie dem Titeltrack, um Unschuld geht. Wir suchen also immer nach etwas, das zur Musik passt und uns gleichzeitig inspiriert.

Fällt es euch leichter, in euren Stücken fiktive Geschichten zu erzählen?

Ich denke, es ist kreativer und bietet mehr künstlerische Möglichkeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, von etwas in den Nachrichten dazu inspiriert zu werden, einen Song zu schreiben. Die Wirklichkeit ist manchmal ziemlich brutal und nervt tierisch. Unsere Musik ist für mich eine Möglichkeit, der Realität zu entfliehen. Wir könnten bei einem Stück wie „Paradise Lost“ natürlich über persönliche Erfahrungen sprechen, das steckt dort natürlich auch drinnen. Insofern steckt in unseren Stücken immer auch ein wenig Realität, aber letztlich fällt es immer auf etwas kreativeres, fiktives zurück.

Du hast vorhin erwähnt, dass „The Odyssey“ euer erste Album war, das die Leute in Amerika auf euch aufmerksam gemacht hat. In Europa war das anders, vermutlich weil eure Musik eher den europäischen Geschmack trifft.

Deswegen konnten wir auch hier bereits auf Tour gehen, als sich in Amerika noch überhaupt niemand für uns interessierte. Ich glaube, wir sind 1998 zum ersten Mal in Europa unterwegs gewesen. Angefangen hat es eigentlich in Japan, dann Südamerika und hier. Wir haben einfach unser Ding gemacht und uns Schritt für Schritt weiterentwickelt. Als wir dann „The Odyssey“ veröffentlicht haben, ging es überall steil aufwärts, besonders natürlich in Amerika.

In Amerika scheinen derzeit ja eher Bands aus dem Thrash- oder Metalcore-Bereich angesagt zu sein. Kannst du mit deren Musik auch etwas anfangen?

Ja, ich mag eigentlich alle möglichen Arten von Musik. Wenn mir jemand irgendwelche DeathMetal-Sachen vorspielt, dann bin ich mit den einzelnen Bands vermutlich nicht wirklich vertraut. Aber wenn es gut ist, dann ist es einfach gut, egal, zu welchem Genre das dann zählt. Viele der derzeit angesagten Bands haben auch richtig gute Musiker in ihren Reihen. Wir sind in den Staaten auch mit Devin Townsend auf Tour gewesen und ich habe mir einen seiner Gigs mit STRAPPING YOUNG LAD in New York angesehen. Die Jungs sind einfach unglaublich. Es war verdammt laut und direkt in your face. Ist das mit unserer Musik vergleichbar? Nein, aber trotzdem kann ich deren Talent erkennen. Es gibt jede Menge Bands, die man spielen hört, obwohl man eigentlich kein großer Fan von der Musik ist, die sie machen. Und trotzdem kann man anerkennen, dass die Jungs es einfach draufhaben. Ich kann mir auch eine Country-Band anhören und sehen: „Hey, der Gitarrist ist aber verdammt gut!“

Du bist aber auch selbst ein ziemlich guter Gitarrist. Wann hast du angefangen, Gitarre zu spielen?

Etwa mit 16. Zuerst hatte ich einige Unterrichtsstunden, habe einige Akkorde gelernt und dergleichen. Aber erst mit 17 oder 18 habe ich das Ganze etwas ernsthafter Betrieben. Randy Rhoads war ein großer Einfluss, später Uli Jon Roth und der junge Yngwie Malmsteen. Mit vielleicht 22 stand ich total auf dieses ganze Zeug.

Und dann hast du die anderen Jungs getroffen und SYMPHONY X gegründet?

Nein, das lief im Grunde ganz anders ab. Ich spielte damals mit unserem ersten Bassisten (Thomas Miller – Anm. d. Red.) in einer anderen Band, mit der es aber nicht wirklich vorwärts ging, so dass wir uns dann entschlossen haben, unser eigenes Ding durchziehen. Was das Ganze dann wirklich ins Rollen brachte, war ein Gitarren-Demo mit 4 oder 8 Spuren, das ich zuhause aufgenommen hatte und an verschiedene Gitarren-Magazine schickte, wo es ziemlich gute Reviews bekam, obwohl niemand irgendetwas über mich wusste. Das Demo schaffte es sogar bis in ein japanisches Magazin. Dann rief mich eine Plattenfirma an und fragte: „Hast du eine Band?“ Und ich sagt ja, obwohl ich natürlich keine hatte. Dann haben unser Bassist und ich angefangen, die Band zusammenzustellen. Wir fanden Michael Pinnella dann in einem Musikgeschäft, wo er auch Klavierunterricht gab. Jason Rullo haben wir über unseren ersten Sänger (Rod Tyler – Anm. d. Red.) kennengelernt. So haben wir eben nach und nach die Band zusammengestellt. Im Grunde hat alles also mit diesem Demo angefangen.

Zum Glück hat damals jemand das Potential dieses Materials erkannt, sonst müssten wir heute auf ein geniales Album wie „Paradise Lost“ verzichten. Vielen Dank für das Gespräch, Michael, und viel Erfolg für eure Tour!

Galerie mit 17 Bildern: Symphony X - Rock Hard Festival 2019
07.02.2008

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