Vulture Industries
Interview zu "The Malefactor's Bloody Register"

Interview

Die dystopischen Tagebücher haben VULTURE INDUSTRIES geschlossen und wenden sich auf ihrem neuen Werk „The Malefactor’s Bloody Register“ Übeltätern, Anwälten und Henkern zu. Mit dem Charme des viktorianischen Englands unter einer grotesken Lupe liefern die fünf Norweger ein Album ab, das gleichzeitig erfrischend und erdig, gleichzeitig unerhört und dennoch nach VULTURE INDUSTRIES klingt. Bandchef Bjørnar E. Nilsen war so nett, mir ein paar Hintergrundinformationen zu geben.

Vulture Industries

Grüß dich! Zunächst meine Gratulation zu eurem neuen Album „The Malefactor’s Bloody Register“. Wie sind die Reaktionen bisher?

Die Resonanz ist großartig! Die meisten Fans und Kritiker scheinen sehr glücklich mit dem Album. Bisher haben aber fast nur Online-Magazine das Album besprochen, ein ganz paar Zeitschriften sind aber auch dabei. Etwa achtzig Prozent der Kritiken sind in den Höchstpunktzahlen [mit dem metal.de-Review ist es wieder eine Kritik mehr – Anm. d. Verf.]. Das einzige wirklich große Print-Magazin, das unser Album bis jetzt besprochen hat, ist das Legacy, wo wir 14/15 Punkten abstauben konnten. Wir freuen uns wirklich sehr. Natürlich wird es ein paar Verrisse geben, aber das ist in Ordnung. Wir haben das Album aufgenommen, das wir uns vorgenommen hatten – und nicht ein Album, das dem öffentlichen Anspruch gerecht werden soll.

Dann ist es ja wahrscheinlich unnötig, zu fragen, ob ihr mit dem Resultat zufrieden seid. Ich frage trotzdem mal: Hättet ihr im Nachhinein Dinge anders gemacht?

Wir wollten das beste Album erreichen, das für uns mit unseren jetzigen Möglichkeiten und Grenzen machbar ist. Ein Album, auf das wir wirklich stolz sein können. Momentan haben wir das Gefühl, dieses Ziel erreicht zu haben, und die meisten Hörer scheinen das genauso zu sehen. Vielleicht werden wir in Zukunft bessere Alben schreiben, aber das ist ja gerade die Herausforderung, zu wachsen. Meiner Meinung nach dokumentiert ein Album einen bestimmten Lebensabschnitt des Künstlers oder der Künstler. Es ergibt daher nicht viel Sinn, sich Sorgen darüber zu machen, was man hätte anders machen können. Das Album ist das, was war. Von dort aus geht es vorwärts, wir investieren unsere Kraft in das, was kommt.

„The Dytopia Journals“ wurde 2007 veröffentlicht – was ist in den drei Jahren bis „The Malefactor’s Bloody Register“ Nennenswertes bei euch passiert?

Wir haben vier unterschiedlich große Tourneen gespielt, mit Bands wie TAAKE, DARK FORTRESS, HELHEIM, COR SCORPII und ATROX. Das hat uns echt Freude bereitet und wir haben viele neue Freunde gefunden. Ein paar Festivals haben wir auch gespielt. Das Wichtigste ist aber, dass wir als Band und Künstler gewachsen sind. Das ist auch gut so, denn jetzt müssen wir mit den Erwartungen der Fans an neue Veröffentlichungen zurechtkommen, ha ha.

Außerdem sind frei von uns (alle außer Øyvind und mir) Vater geworden, also sind die meisten familiären Situationen deutlich anders als am Anfang von VULTURE INDUSTRIES. Mit Øyvind und mir als „kreativem Kern“ können wir als Band aber immer noch die Zeit aufbringen, uns weiterzuentwickeln.

Dann lass uns doch mal über das neue Album reden. Leider habe ich bisher keine Möglichkeit gehabt, mir die Songtexte von „The Malefactor’s Bloody Register“ anzusehen – gibt es ein Konzept hinter dem Album oder sind die einzelnen Texte mehr oder weniger lose verknüpft?

Das zentrale Thema von „The Malefactor’s Bloody Register“ ist die Menschheit, wie sie durch das Rechtssystem gesehen wird. Es geht darum, wer wir sind und wie wir uns gegenseitig behandeln. Ich würde nicht von einem Konzeptalbum sprechen, aber die Songs orientieren sich alle an diesen Ideen.

Wenn ich mir „The Dystopia Journals“ anhöre, fühlt es sich an wie eine Schiffsreise auf grotesken Meeren. „The Malefactor’s Bloody Register“ fühlt sich dagegen bodenständiger an. Genauer würde ich das Album irgendwo im viktorianischen England verorten (ich muss immer ein wenig an Charles Dickens‘ „A Christmas Carol“ denken). Würdest du dem zustimmen?

Na, so lange du die Weihnachtskomponente weglässt, kommt das ganz gut hin. Es gibt nichts umsonst hier, es kostet alles deinen Kopf! Dazu eine Prise bizarres Kabarett-Feeling, ein wenig Retro-Horror und Sci-Fi, ein paar desillusionierte Henker, verschlagene Anwälte und zwielichtige Könige.

Ihr nennt eure Musik „Progressive Extreme Metal“. Ich sehe euch – wie viele andere – irgendwo in der Nähe von ARCTURUS, aber ich würde auch STOLEN BABIES oder UNEXPECT als Einflüsse nennen. Wahrscheinlich könnt ihr die ARCTURUS-Vergleiche nicht mehr hören, also frage ich mal nach den anderen beiden: Was sagst du zu den Vergleichen?

Die meisten Menschen brauchen Wegweiser, um ihre Welt in den Griff zu bekommen. In einem vielfältigen Genre, in dem es nicht so viele unterschiedliche Wegweiser gibt, passiert es schnell, dass Vergleiche zu Tode geritten werden. Ich habe von UNEXPECT und STOLEN BABIES schon mal wasgehört, aber nicht genug, um wirklich behaupten zu können, dass ich die Musik dieser Bands wirklich kenne. Ich selbst würde als Einflüsse meine All Favourites DEVIL DOLL und TOM WAITS nennen.

Und jetzt muss ich ARCTURUS doch noch ins Spiel bringen: Was sagst du zu der kürzlich angekündigen Reunion?

Das interessiert mich gar nicht so sehr. Ich mochte ihre letztes Album mit dem jetzigen Lineup nicht, also erwarte ich nicht zu viel. Nichtsdestoweniger sind einige sehr talentierte Künstler beteiligt, so dass wir wohl abwarten müssen, was von ARCTURUS kommt.

Ihr kommt aus dem norwegischen Städtchen Bergen, genau wie ENSLAVED, die ebenfalls gerade ein neues Album veröffentlicht haben. Was hältst du von „Axioma Ethica Odini“?

Ich liebe es! Ich denke, es ist ihr bisher bestes Werk, aber ich mochte auch schon die letzten vier Alben sehr.

Na dann wirst du viel Freude an der folgenden Frage haben: Sowohl „Axioma Ethica Odini“ als auch euer „The Malefactor’s Bloody Register“ sind Favoriten für meinen persönlichen „Album des Jahres“-Award. Warum sollte euer Album gewinnen?

Ha ha! Das zu begründen ist nicht meine Aufgabe, sondern die meiner Musik.

Meine letzte Frage betrifft eure Live-Aktivitäten. Sind Konzerte in Deutschland geplant? Falls ja, mit welchen Bands werdet ihr auf der Bühne stehen?

Wir gehen auf Tour mit unseren Labelkollegen HELHEIM, TAAKE und SULPHUR diesen und nächsten Monat. Der einzige Termin in Deutschland ist der 7. November (ein Sonntag), im K17 in Berlin. Ich mag Berlin sehr und es unsere erste Show dort, ich freue mich also schon [ich mich auch – Anm. d. Verf.].

Dann danke ich dir sehr für das Interview und wünsche euch viel Erfolg mit „The Malefactor’s Bloody Register“. Die letzten Worte gehören dir.

Life is a state of mind.

22.10.2010

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