Wintersun
Jari im Interview. "Ich nehme die Musik ernst, aber nicht mich selbst."

Interview

WINTERSUN kommen nach einer Wartezeit von rund fünf Jahren mit ihrem dritten Studioalbum „The Forest Seasons“ um die Ecke. Anders als 2012 angekündigt ist es also nicht das ursprünglich für 2013 angesetzte „Time II“. Im Interview haben wir WINTERSUN-Mastermind Jari Mäenpää auf den Zahn gefühlt und gefragt, wie es denn nun mit „Time II“ aussieht, wieso jetzt erstmal ein anderes Album rauskommt, und was genau da eigentlich mit dem kontroversen WINTERSUN-Crowdfunding abging. Jari zeigte sich dabei überaus auskunftsfreudig, weshalb dann doch ein wenig mehr Text zusammengekommen ist. Es dürften aber sehr viele Fragen, die sich die WINTERSUN-Fans vielleicht noch gestellt haben, beantwortet werden.

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Hi Jari, danke, dass du dir die Zeit nimmst! Das dritte WINTERSUN-Album “The Forest Seasons” kommt ja bald raus, und ihr habt es schon vielfach durch Preorder verkauft. Seid ihr dennoch aufgeregt/angespannt/neugierig wegen der Reaktionen?

Ja, wir freuen uns total über alles, was gerade abgeht. Den Leuten scheint sehr zu gefallen, was sie bisher gehört haben, und es gibt schon einige tolle Reviews von Magazinen und Webseiten. Das Album ist anders, aber wir sind davon überzeugt.

Wie haben sich der kreative Prozess, die Aufnahmen und das Mixen von anderen WINTERSUN-Alben unterschieden? Du hast ja jetzt mehr helfende Hände am Start als früher, oder?

Naja, ich mache Alben ganz gerne mehr oder weniger alleine, deshalb brauchen wir eigentlich keine Techniker fürs Aufnehmen, Mixen und Mastern mehr. Aber natürlich schließe ich es nicht aus, in Zukunft auf Hilfe zurückzugreifen. Ich weiß nicht alles und lerne gerne Neues von anderen. Die Fans sind jetzt die wichtigsten Helfer. Die können uns die Möglichkeit geben, Alben schneller, effizienter und besser produziert zu machen. Wir versuchen, unser eigenes Studio zu bauen. Dass das uns fehlt, hat bei WINTERSUN immer zu Engpässen geführt. Wir haben eine Crowdfunding-Kampagne gemacht und unser neues Album dadurch verkauft. Es hat uns total gefreut, zu sehen, dass wir so viele Fans haben, die unser Ziel unterstützen wollen. Das Ziel ist, alle WINTERSUN-Alben so schnell wie möglich und mit der bestmöglichen Produktion veröffentlicht zu kriegen.

Also im Grunde brauche ich nicht so viel Hilfe im Studio, was aufnehmen/mixen/mastern angeht, ich brauche nur ein Studio, das wäre ein toller Anfang! Was „The Forest Seasons“ anders macht, ist, dass es ein komplett selbstfinanziertes Do-It-Yourself-Album ist. Ich habe im Grunde alles alleine zuhause gemacht. Wir haben nur einen großen Chor-Part, „The Expendables Choir“, im Sonic Pump Studio in Helsinki gemacht. Was außerdem witzig am Album ist, ist, dass ich es zuerst gemixt und gemastert habe, bevor ich überhaupt komponiert und geschrieben habe. Ich hatte nur eine Songidee, und ich wollte zuerst den Sound haben, bevor ich den Song überhaupt fertig schreibe.

Ich finde, das ist die beste Art, Alben zu machen. Zuerst den Sound deiner Song- oder Albumidee haben, dann mit dem Schreiben der Songs und des Albums anfangen. New School! Früher habe ich es gehasst, mein Blut, Schweiß und Tränen, und jahrelange Arbeit in das Schreiben eines Albums zu stecken, um dann in ein externes Studio zu gehen und ein, zwei Tage am Sound zu arbeiten. Am Ende war ich immer enttäuscht. Dieses Mal, und zum ersten Mal, habe ich den Sound RICHTIG hinbekommen, dank dieser Methode. Deshalb bin ich sehr froh über das, was die moderne Technik mir heute ermöglicht.

Bild Wintersun Promo Foto 2017

Wintersun Promo Foto 2017. Credit: Onni Wiljami Kinnunen

Wie hast du die verschiedenen Stimmungen der Songs den Jahreszeiten zugeordnet? Kannst du uns die Essenz eines jeden Songs kurz erläutern?

Das war eigentlich ziemlich einfach. Der erste Song, den ich geschrieben habe, war „The Forest That Weeps (Summer)“. Ich habe mir bewusst gedacht, „ich mache einen Song über den Sommer“, und einen Song über diesen schönen und magischen Wald, wo ich zu der Zeit Joggen gegangen bin. Der hat mich zu diesem Album inspiriert. Nach dem ersten Song hatte ich drei weitere Songideen, und die hatten alle sehr unterschiedliche Stimmungen und Atmosphären. Ich habe aber gefühlt, dass diese Songs zusammen ein tolles Album ergeben würden.

Da der erste Song über den Sommer war, dachte ich mir, dass dieser eine Song, der sehr düster und böse klang, über den Herbst sein könnte, denn der finnische Herbst ist sehr dunkel. Aus diesem Song wurde „Eternal Darkness (Autumn)“, und es geht um Tod, genaugenommen um das Sterben in vier Phasen. Es geht auch um meinen Vater, der zu Herbstzeiten gestorben ist, deshalb ist das auch ein sehr persönlicher Song. Textlich ist das ganze Album viel persönlicher als die Vorgänger. In diesem Song sind viele Parts aus der Perspektive des Todes geschrieben. Wie er das Leben sieht, als Fehler im Universum.

Dann hatte ich dieses eine Riff, dass sehr kalt, leidvoll und irgendwie einsam klang. Ich dachte sofort, „OK, das ist der Winter!“, und aus diesem Song wurde „Loneliness (Winter)“. Es geht um einen Zustand zwischen Leben und Tod. Eine Art Schwebezustand, in dem du durch Schneefelder wanderst, nachdem du gestorben bist, und grübelst, was du in deinem Leben hättest anders machen können, und dich an all die guten und schlechten Zeiten erinnerst.

Dann war da noch eine letzte Songidee, und die war energetisch und bombastisch. Sie hatte zwei Teile. Der erste Teil klang, also würde die Natur aus einem langen Schlaf erwachen und aus dem gefrorenen Boden kriechen. Im zweiten Teil erwacht sie vollends zum Leben, „ahaa, Frühling natürlich!“. Dann dachte ich, wow, ich habe da vielleicht ein echtes „Vivaldi-Jahreszeiten“-Album. Ich habe einfach weiter daran gearbeitet und mich auf die Idee mit den Jahreszeiten eingelassen. Da wurde schnell klar, dass es Schicksal war, dass ich ein Jahreszeiten-Album machen sollte, „The Forest Seasons“.

Bild Wintersun Promo Foto 2017

Wintersun Promo Foto 2017. Credit: Onni Wiljami Kinnunen

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Quelle: Jari Mäenpää, Wintersun
15.07.2017

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5 Kommentare zu Wintersun - Jari im Interview. "Ich nehme die Musik ernst, aber nicht mich selbst."

  1. Lex sagt:

    hört sich für mich nach ziemlich viel Scheiss an. Ich mag die ersten zwei Wintersun Alben und auch Jari, aber 150 K für eine Kampagne und er will mir erzählen er bekommt damit kein Studio beisammen, wo er allein arbeiten kann ? Was schwebt ihm vor, marmorverzierter Boden und Mikrofone aus Gold nebst Privatsauna ? nicht teures equipment gewährleistet gute songs oder geshweige denn eine vernünftige produktion, sondern fähige leute dahinter. Leute die auf teufel komm raus perfektionistisch an ihre Musik rangehen, rauben sie ihrer wichtigsten Komponente: Spontanität, Lebendigkeit, Einzigartigkeit. Wenn eine Band dauerhaft von der Musik leben will und davon touren, so wie bei der Ne Oblviscaris Kampagne, kann ich das verstehen, aber das hier wird langsam lächerlich… Drei Crowdfunding Kampagnen in demselben Rahmen ? Damit hätte er ein Budget, wovon man schon einen kleinen INdependentfilm drehen könnte. Leute wie Hannes Grossmann oder Krimh bekommen es mit einem zehntel, wenn überhaupt davon hin, gute Alben zu produzieren. Is in meinen Augen schon iwo lächerlich.

    1. Wingthor sagt:

      Ich möchte mal sehen, wie du mit 150000€ (wovon ja vorallem nur die Hälfte übrig bleibt) ein vernünftiges Studio bauen willst. Guck dich mal um, wieviel es schon kostet, ein Haus zu kaufen: mit 75000 kommst du da in der Regel nicht weit.

      Generell verstehe ich die Kritik an der Crowdfunding-Kampagne nicht. Viele andere Bands haben bereits eigene Studios, in denen sie ihre Alben aufnehmen. Wintersun wollen eben auch eines und bauen dafür auf die Unterstützung der Leute. Aber es wird doch niemand zu irgendwas gezwungen. Wenn man es nicht gut findet, unterstützt man es halt nicht. Wo ist das Problem?

      Dass es drei Crowdfunding-Kampagnen geben wird, war übrigens von Anfang an so angekündigt…

      1. Sane sagt:

        Ein Kumpel von mir hat sich ein Haus für 90 und das Studio für ca 30 gekauft.ist also definitiv möglich, wahrscheinlich aber stark von der Region abhängig, immobilienpreise unterscheiden sich natürlich .
        Auch ist es natürlich ein Unterschied in welcher Liga man equipmentmäßig spielen will.
        150k für rein das Studio ist wohl hoch gegriffen, da muss man sich klar machen dass man denen wahrscheinlich auch das Haus finanziert.
        Gemecker über kickstarter versteh ich auch gar nicht, kann ja jeder unterstützen oder eben lassen..

      2. justus sagt:

        Crowdfunding halte ich grundsätzlich für eine tolle Sache aber man kann es wie man am Beispiel Wintersun sieht damit auch übertreiben. Sicherlich wird niemand gezwungen sich daran zu beteiligen. Sympathiepunkte sammelt die Band damit aber auch nicht (zumindest bei mir).

  2. Art Beck sagt:

    Was für eine gequirlte Shice. Aber da ich ja die freie Wahl habe, an den Crowdfounding-Kampagnen teilzunehmen oder eben nicht, lass ich es einfach.