Aurora Infernalis Festival
IV

Konzertbericht

Billing: Archgoat, Aura Noir, Fen, Isvind, Moonsorrow, Primordial, Thulcandra und Tulus
Konzert vom 2012-10-26 | Willemeen/Luxor Live, Arnheim

Aurora Infernalis Festival

THULCANDRA

Der Festivalsamstag ist dann so klar und kalt wie das Intro des Tagesopeners, der bayerischen DISSECTION-Fans THULCANDRA. Angerückt mit hübscher Bühnendeko, tollem Licht und – was auch der größeren Location, dem im Vergleich zum gammeligen Willemeen-Jugendzentrumsflair edlen Luxor Live, geschuldet ist – besserem Sound bespaßt das spielfrohe Quartett die schätzungsweise 100 zum ersten nachmittäglichen Bier aufgeschlagenen Fans. Das tun sie routiniert, technisch sehr anspruchsvoll und mit einer gelungenen Auswahl von Songs ihrer beiden Alben – von denen die des ersten meinem Geschmack nach noch etwas schneller zünden. An DISSECTION erinnert natürlich trotzdem jeder einzelne, und das manchmal mehr als unbedingt notwendig, weshalb es mit der Eigenständigkeit einfach nicht weit her ist. Etwas mehr als Höflichkeitsapplaus gibt’s trotzdem.

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FEN

Ganz andere Töne schlagen dann die drei Briten von FEN an, die gleich eine Stunde lang auf die Bretter dürfen und probieren, eine mehr verträumte, introvertierte Stimmung zu erzeugen. Das funktioniert mittels atmosphärischem Licht und mit einer Mischung aus postrockigem Anspruch und Black Metal-Ausbrüchen ganz gut – auch wenn man wegen des eher gesichtslosen Songmaterials manchmal den bösen Gedanken hegen könnte, dass die originalen ALCEST vielleicht einfach zu teuer waren. Die Parallelen sind schon sehr offenkundig, von der Ästhetik über das Bühnengebaren bis zu den Mädels, die sich vor der Bühne wiegen. Den großen Erfolg können FEN leider nicht einfahren und machen auch einfach einen zu konzentrierten Eindruck, als dass sie besonders viel an Show reißen könnten – was auch daran liegen mag, dass Mainman The Watcher mit der Doppelbelastung aus einziger Gitarre und sehr vielfältigem Gesang etwas überfordert scheint.

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TULUS

Dann ist es schon Zeit für das erste Highlight des Tages – TULUS, die dieses Jahr größtenteils unbeachtet nach fünf Jahren mit „Olm Og Bitter“ ein gelungenes Comeback gefeiert haben, kehren auch auf die Bühne zurück. Verstärkt durch MINAS TIRITH-Gitarrist Crowbel am Bass, zocken die beiden Gründungsmitglieder Sarke und Blodstrup eine schweinecoole und dazu angenehm zurückhaltende Show. Die ist zum einen voller Highlights: TULUS präsentieren sich technisch wirklich fit und grooven mehr als jede andere Band des Festivals, der Sound ist durch das größtenteils schleppende Tempo der immer latent an bösere CELTIC FROST erinnernden Songs extrem druckvoll, und was gerade Crowbel am Bass veranstaltet, ist eigentlich ein eigenes Spotlight wert. Einziger Wermutstropfen dieser ansonsten tadellosen Show, die auch das erste Mal eine echte erste Reihe provoziert: Die Songauswahl ist diskutabel. Klar haben TULUS auf mittlerweile fünf Alben genug Material zur Auswahl, um nicht alle Wünsche erfüllen zu können. Dass aber gerade die verdammt schmissigen Stücke der ersten beiden Alben zu kurz kommen (was ist z.B. mit „Mysterion“ oder „Gravtenskugge“?) und mit „Salme“ ein Übersong des ansonsten gut bedachten Drittlings „Evil 1999“ fehlt, dafür aber das wirklich unnötige OBITUARY-Cover „Slowly We Rot“ ins Set rutscht, ist schon schade. Wenigstens haben die Jungs das schwache „Biography Obscene“ richtig eingeschätzt und nicht in die Songauswahl einbezogen. Abgesehen davon – KILLER!

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MOONSORROW

Das gilt auch für den jeder Hinsicht epischen Gig von MOONSORROW, die fast 80 Minuten lang das Luxor Live beackern. Stilistisch sicherlich die herausstechendste Band des ansonsten eher vom skandinavischen Black Metal dominierten Festivals, sind die Finnen ganz sicher auch eine der professionellsten Metal-Livebands der nördlichen Halbkugel. Trotzdem ist von Langeweile oder unangebrachter Routine bei den sechs Musikern nichts zu spüren. Zur besten Zeit des Abends ziehen MOONSORROW mit einer leidenschaftlichen Show voller Spielfreude die Aufmerksamkeit des größtenteils internationalen und auch ansonsten sehr gemischten Publikums fast komplett auf sich. Das ist eigentlich kein Wunder, denn großen Melodien, schleppenden, warmen BATHORY-Reminiszenzen und live noch schöneren Chören, als sie schon im Albenformat sind, kann man kaum widerstehen. Glücklicherweise ist auch der Sound gelungen, das Licht ist perfekt abgestimmt, sodass man sich wunderbar auf die mitunter nicht enden wollenden Soundcollagen von mitunter zehn, fünfzehn Minuten Länge einlassen kann. Live verschwimmen auch die manchmal recht deutlichen Unterschiede zwischen den mittlerweile auch schon sechs Alben der Finnen, und verschmelzen zu einer einzigen metallischen Epik. Toll!

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AURA NOIR

Dann einer der ganz großen Momente des Abends, der allerdings größtenteils unbemerkt und sicherlich auch bewusst nicht ins Rampenlicht gezerrt vorbeigeht: Siebeneinhalb Jahre nach dem beinahe tödlichen Fall aus dem vierten Stock eines Hauses betritt Aggressor wieder vollwertig mit AURA NOIR eine Bühne. Damit ist das Original-Line-Up der vermutlich ersten und nachwievor wohl auch besten Black/Thrash-Band der Welt versammelt. Auf fünf Bühnenmeter gleich drei Legenden: Blasphemer an der Gitarre, Apollyon an Bass und Gesang, und Aggressor – halb sitzend – an zweiter Gitarre und zweitem Mikro. Dazu OBLITERATION-Drumtier Kristian Valbo, der einen unglaublich guten Job macht und den Songs einen unbarmherzigen Drive verleiht. Das macht die ohnehin schon mächtig reißenden Songs noch schneller, noch bösartiger und vor allem noch tighter. Gerade den etwas betagteren Songs tut die Livesituation dabei verdammt gut. „Conqueror“, „Black Thrash Attack“, „Fighting For Hell“ oder „Sons Of Hades“ kommen in einem mächtig Livesound nochmal doppelt so brutal wie in ihren Albenversionen. Dabei zeigen sich AURA NOIR (von einer Kennerin übrigens trotz ihres Images der „ugliest band in the world“ als „bestaussehendste Band des Abends“ bezeichnet!) geradezu unverschämt gut eingespielt, provokant lässig mit Pornosonnenbrille und großartigen Posen, und allgemein bester Laune. Das überträgt sich nahtlos auf das Publikum, das die Chance des Abends nutzt und mit schon merklichem Pegel eine große Metalparty vor der Bühne feiert. Nicht nur in der Running Order sind AURA NOIR der heimliche Headliner des Abends.

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PRIMORDIAL

Der tatsächliche sind PRIMORDIAL – und ausgerechnet die fallen einem ausgedehnten Abendessen zum Opfer. Das war im Nachhinein wohl ein Fehler, denn nicht wenige Besucher äußern nach dem Gig, die Iren seien tatsächlich die beste Band des Abends gewesen. Das mag gut sein, weil sicherlich gerade Fronthurrican Alan sich auf einem ausgewiesenen Black Metal-Festival pudelwohl fühlen sollte. Und 80 Minuten, um eine ausgedehnte Show auf höchstem Niveau zu fahren, sollten für die sowieso mittlerweile routinierten PRIMORDIAL ausgereicht haben, um das anspruchsvolle, wenngleich sicherlich schon etwas müde Publikum im Luxor Live an seine Grenzen zu bringen.

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A BLAZE IN THE NORTHERN SKY

Dass die irgendwann nicht nur wegen des unterirdischen Sauerstoffgehalts, sondern auch wegen der da schon zehn Stunden währenden Dauerbeschallung erreicht waren, muss das norwegische Allstar-Projekt A BLAZE IN THE NORTHERN SKY recht deutlich spüren. Die beispielsweise aus TROLL-Fronter Nagash am Schlagzeug, TROLL-Basser Sturt an der Gitarre und ISVIND-Tausendsassa Goblin am Mikro bestehende zusammengewürfelte Truppe gibt das komplette erste Black Metal-Album von DARKTHRONE zum Besten. Das ist eine einmalige Gelegenheit und sicherlich unter anderen Umständen eine geniale Sache, gerade in dieser imposanten Besetzung. Der Funke will aber so recht nicht überspringen. „Kathaarian Life Code“ ist allerdings auch kein Song, den eine Band unter normalen Umständen live als Opener wählen würde – aber da gibt es ja aufgrund der Umstände wenig Diskussionen. Technisch sauber, wenn auch manchmal vielleicht etwas holprig, bringen A BLAZE IN THE NORTHERN SKY das Album über die Bühne – mit einer gelungenen Version von „In The Shadow Of The Horns“, dem absolut liveuntauglichen „Paragon Belial“ und einem sauberen „Pagan Winter“, das das vierte Aurora Infernalis dann auch beschließt.

Wie alle vorigen eine gelungene Veranstaltung, diesmal mit etwas variierter stilistischer Ausrichtung, dafür aber bewährter Qualität. 2013 sollte man sich vormerken – Veranstalter Reinier Vlemmings hat für das kommende Jahr bereits ein außergewöhnliches Billing angekündigt. Ich empfehle, im Vorfeld schonmal einen Streifzug durch die Klassiker norwegischen Black Metals zu unternehmen.

Fotos: Bert Harmsen / Metalshots.com

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07.11.2012

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1 Kommentar zu Aurora Infernalis Festival - IV

  1. odal sagt:

    Wolfhetan sind aus Thüringen?! Oder habe ich etwas verpasst?