Manowar
Manowar live in Stuttgart

Konzertbericht

Billing: Manowar
Konzert vom 2007-03-31 | Schleyerhalle, Stuttgart

Viel Kritik mussten Sie in letzter Zeit einstecken, die Kings Of Metal. Nicht nur für die verschobene Welttour, die angebliche Playback-Show beim Earthshaker Festival und die Verspätung des neuen Albums, sondern vor allem auch für das, was am Ende damit herauskam. Die einen schwören auf die neue Platte, die anderen finden sie einfach nur Panne. Zwar war das bei MANOWAR schon immer so, im neuen Fall – so scheint es – scheiden sich die Geister aber noch mehr als in der Vergangenheit.

Wie dem auch sei: ein Jahr nach den ursprünglichen Tourplänen schaffen MANOWAR den Weg über den großen Teich und in hiesige Konzerthallen. Waren sie 2002 noch zu Gast in der Böblinger Sporthalle, die mit etwa 5000 Leuten an ihre Fassungsgrenzen stößt, soll es diesmal der Superlativ sein: die Stuttgarter Schleyerhalle. Als wir die Pforten hinter uns lassen, herrscht drinnen bereits Volksfestatmosphäre. Nicht nur aufgrund des Lautstärkepegels, der biergeschwängerten Luft und der herrschenden Hitze auf den Fluren, sondern auch dank des entsprechenden Publikums wähnt man sich eher im Bierzelt, denn in Stuttgarts größtem Haus. Es scheint, als habe jeder Motorradclub des Landes eine geschlossene Ausfahrt zum Konzert unternommen. Vokuhilas, Lederhosen und breiter Dialekt sind allgegenwärtig; der Anteil an Leuten, die sich das T-Shirt in die Hose stopfen, erwartungsgemäß hoch. Keine Frage: das Publikum ist etwa dasselbe wie auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest.

Allen Unkenrufen von schleppendem Vorverkauf zum Trotz ist die Halle gut gefüllt. Zwar täuschen ein paar lichtere Stellen im Auditorium nicht darüber hinweg, dass wohl nicht ausverkauft sein wird, an die 10.000 Fans dürften allerdings ohne weiteres anwesend sein. Respekt! Nach dem Erwerb eines frisch gezapften Hopfentees nehmen wir auf den ebenfalls gut bestückten Rängen Platz. Mit dem Litereimer in der Hand ins weite Rund blickend kehrt schon ein wenig WM-Feeling zurück. Die Entscheidung, sich HOLYHELL und RHAPSODY (OF FIRE) zu sparen, zahlt sich aus: keine fünf Minuten, nachdem wir unsere Plätze eingenommen haben, geht es auch schon los. Zehntausend Menschen feiern den Einlauf der Könige des Metalls. Was für eine Kulisse!

Eröffnet wird mit der Bandhymne „Manowar“. Die Band ist fit, der Sound gut. Aber davon, die lauteste Band der Welt zu sein, sind die Vier weit entfernt. No speakers explode. „Call To Arms“, der Opener des letzten Albums, ist der nächste Streich, bevor Eric Adams die Leute begrüßt. Mit „Gloves Of Metal“ und „Each Dawn I Die“ werden noch einmal die Anfänge der Bandgeschichte beackert, was zugegeben ein paar lange Gesichter bei uns hervorruft. Von der Hitdichte, die bei der letzten Tour durchgehalten wurde, ist bislang nicht viel zu spüren. Egal, den Leuten gefällt’s. Generell fällt auf, dass die Band enorm viel altes Material aus der Kiste zieht: nach „Holy War“ folgen „Mountains“, „The Oath“ und „Secret Of Steel“, die allesamt 20 Jahre und mehr auf dem Buckel haben. Der Textsicherheit des Publikums tut das aber keinen Abbruch. Die Menge steht drauf, die Halle bebt.

Und auch die Band findet’s geil in Stuttgart. „You know, we love Germany, because the girls here are so heiß!“ Joeys Reizen kann sich wirklich niemand entziehen. Vor allem nicht die Damen in der ersten Reihe, von denen sich der alte Womanizer gleich vier Stück auf die Bühne holt. „Come on stage, but leave your boyfriend there! Ah no… you can bring him, ‚cause we’re gonna fuck you anyway!“ Man möchte dahinschmelzen bei so viel Charme! Allerdings sind diesmal keine Harleys am Start, mit denen die Mädels hinter die Bühne gekarrt werden. Joey holt sich lieber noch einen Gastgitarristen aus dem Publikum, der mit Karls Klampfe zu einem Song improvisieren darf. Und das macht der Kerl dann auch so gut und routiniert, dass man fast nicht glauben mag, dass die Aktion nicht abgekartet war.

Joeys Ansprachen machen traditionell einen nicht zu überhörenden Anteil der Show aus. Oft bedankt er sich bei den Fans, die ja die einzigen sind, für die MANOWAR überhaupt existieren, und die MANOWAR wirklich verstehen. Die nicht hinterfragen, welchen Sinn zig Live-DVDs haben (von denen nebenbei bemerkt an diesem Abend eine weitere aufgezeichnet wird), die selbst ein Hörspiel-Album dankbar aufnehmen und rattengeil finden. Einen Seitenhieb auf die bösen Medien verkneift er sich da natürlich nicht (wer damit wohl gemeint ist…?). Die Fans geben ihm recht und fressen ihm bedingungslos aus der Hand. Joey dirigiert sie nach Belieben.

Nach seinem obligatorischen, unvermeidlichen Bass-Solo, folgt mit „The Gods Made Heavy Metal“ der einzige Song aus den Neunzigern. Durch die Konzentration auf die Achtziger, in denen zugegeben auch die meisten MANOWAR-Alben erschienen sind, fallen aber viele Songs, die ich einfach für unentbehrlich halte, hinten runter. So gibt es weder „Heart Of Steel“, noch „Warlord“, noch „Hail And Kill“, noch „Metal Warriors“, noch „Brothers Of Metal“, noch „Blood Of My Enemies“, noch „Defender“, noch „Carry On“, noch „Fighting The World“ zu hören. „Kings Of Metal“ und „Black Wind, Fire And Steel“ sind die einzigen Gassenhauer, die ich mir ansonsten gewünscht habe, die auch gespielt werden. Und das ist mir eindeutig zu wenig!

Trotzdem vergeht die Zeit wie im Flug. Vielleicht, weil es die Band showtechnisch trotzdem einfach drauf hat. Vielleicht aber auch, weil man ständig auf den nächsten Hit wartet. Doch da wartet man vergeblich. Bleibt noch die Hoffnung auf die Zugabe. Aber die erweist sich leider als vollkommen für die Tonne. Dass mit „Die For Metal“ bislang nur ein einziger Song von der neuen Scheibe den Weg ins Set gefunden hat, hätte einem auch wirklich auffallen können. Und so kommt es, wie es kommen muss: die komplette Zugabe besteht ausschließlich aus Material von „Gods Of War“. Ich habe die Platte zwar bis heute noch nicht gehört, der Hörspiel-Charakter, der ihr nachgesagt wird, zieht sich aber auch durch die Live-Darbietung. Minutenlange, zum Einschlafen langweilige Monologe vom Band wechseln sich mit pathetischen Beinahe-Acappella-Balladen mit der Wirkung einer Vorratspackung Valium ab. Im Hintergrund spielt die Theater-AG Wikingerkrieg und untermalt das vorgetragene Geschehen mit einer überflüssigen und zum Fremdschämen peinlichen Choreographie. Ich find’s doof. Der Mob findet’s galaktisch. Eine unnötigere, eintönigere Zugabe ist mir wirklich noch nicht untergekommen. Als Rausschmeißer gibt es wenigstens noch „The Crown And The Ring“, was eigentlich versöhnlich stimmen könnte, käme der Song nicht komplett vom Band, während auf der Bühne bereits eingepackt wird und sich die Massen den Ausgängen entgegenschieben.

So bleibt am Ende ein sehr gespaltenes Resümee. Showtechnisch macht MANOWAR so schnell keiner etwas vor. Das Gebotene konnte sich wirklich sehen lassen. Über die Setlist mag man streiten – dem Publikum hat sie offensichtlich gefallen, mir persönlich haben einfach meine favorisierten Hits gefehlt. Was aber überhaupt nicht geht, ist eine derart lahme Zugabe, bei der man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sich die Band die letzten anderthalb Stunden zu sehr verausgabt hat, um noch richtige Songs zu spielen. Wie kann man so etwas bitte toll finden? Die Fans scheinen wirklich alles blind unglaublich fantastisch zu finden, selbst wenn die Band ihnen ein derart halbgares Laienschauspiel mit begleitendem Geklimper auftischt. Ehrlich, das war Kacke. Wenn das die neue Platte ist, kann man sich die wirklich sparen. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass MANOWAR noch immer polarisieren. Und das heute vielleicht noch mehr als früher.

Manowar

27.04.2007

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