Summer Breeze 2017
der ausführliche Bericht

Konzertbericht

Billing: Amon Amarth, In Extremo, Korn, Kreator, Heaven Shall Burn, Megadeth, Children Of Bodom, Corvus Corax, Hatebreed, Ensiferum, Knorkator, Wintersun, Amorphis, Betontod, Epica und Overkill
Konzert vom 16.08.2017 | Flugplatz, Dinkelsbühl

19.20 Dark Tranquillity

Galerie mit 20 Bildern: Dark Tranquillity auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Auch vor den eigentlichen Headlinern des Samstags war keinesfalls Entspannung vor der Hauptbühne angesagt: DARK TRANQUILLITY standen mit einem Crowdpleaser-Lineup und maximaler Fannähe auf den Brettern. Die Fotografen dürften ihre liebe Not mit Sänger Mikael Stanne gehabt haben, der das Publikum in höchsten Tönen lobte und es für einen guten Teil der Show vorzog, im Graben herumzuspringen, Fanhände zu drücken und die Grabenschlampen beim Auffangen der Crowdsurfer zu unterstützen. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dabei einem Fan, der im Rollstuhl angesurft kam und mit dem Stanne während eines Instrumentalparts noch ein ausgedehntes Pläuschchen hielt. Aber DARK TRANQUILLITY taten auch einiges für ihr Publikum jenseits der vorderen Reihen. Neben Highlights vom aktuellen Album „Atoma“ präsentierten die Melodic Death-Pioniere auch so manchen Kracher aus früheren Zeiten, darunter „Monocromatic“, das von der Menge begeistert gefeiert wurde. Auch fürs Auge war gesorgt, denn die Show wurde von einem aufwändigen digitalen Backdrop begleitet, das mal Animationen aus Cover Artworks, mal Videosequenzen zeigte. Als Tourgitarristen hatten die Schweden übrigens ex-Arch Enemy-Klampfer Christopher Amott dabei, der die Fanohren mit gelungenen Soli kraulte. Man könnte meinen, dass der bombastische Abschluss mit dem Abräumertitel „Therein“ ein ausreichend würdiges Ende des Konzerts gewesen wäre. Stattdessen packten DARK TRANQUILLITY noch „Misery‘s Crown“ obendrauf und Mikael Stanne nahm singend ein ausgedehntes Bad in der Menge, die ihn fast bis zu den Boxentürmen im Infield trug, während der Rest der Band sich nach ausgiebiger Verabschiedung zurückzog und längst der Aufbau für HEAVEN SHALL BURN begonnen hatte.

19.30 Terror

Galerie mit 14 Bildern: Terror auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Auf TERROR ist und bleibt immer Verlass – oder hat man jemals von einer schlechten TERROR-Show gehört? Wohl eher nicht. Selbst als im vergangenen Jahr Sänger Scott Vogel aufgrund einer Rücken-Verletzung die Europa-Tour nicht absolvieren konnte und der damalige Bassist David Wood sang, war jede einzelne Show ein Abriss. Dieser war zwar auf dem Summer Breeze nicht mehr dabei, dafür kehrte Ober-Sympath Vogel ans Mikro zurück und machte wie gewohnt viele Kilometer auf der Bühne. Nicht zu vergessen sein legendären Ansagen. So stellte er gleich klar, dass er kein großer Freund der Wellenbrecher sei und forderte zu vermehrten Stage-Dives auf – und natürlich hörten alle brav und zu „Stick Tight“ flogen die Körper im Minutentakt in Richtung Bühne. Sowieso hatte das Publikum richtig Lust auf das Hit-Feuerwerk, dass TERROR da abfeuerten. Bereits zum dritten Song „Overcome“ brannte die Hütte lichterloh, spätestens zu den beiden Klassikern „One With The Underdogs“ und „Always The Hard Way“ lag dann alles in Schutt und Asche. Allerdings wird auch Vogel nicht jünger.Und so gönnte sich der ehemalige Buried-Alive-Sänger bei „The 25th Hour“ hinter der Bühne eine kleine Auszeit, um ein wenig Luft zu holen und den ein oder anderen Muskel etwas zu dehnen. Verständlich, denn der Abschlussblock hatte es mit „No Time For Fools“, „You’re Caught“, „Keep Your Mouth Shut“ und wie üblich dem grandiosen „Keepers Of The Faith“ schließlich nochmal in sich. Das war richtig stark! Lustige Randnotiz: Vogel pfefferte sein benutztes Handtuch in die Menge und machte damit die junge Dame in der ersten Reihe, die es ergatterte, offenbar sehr glücklich. Die freute sich nämlich minutenlang über ihre Beute.

19.30 The Charm The Fury

Galerie mit 16 Bildern: The Charm The Fury auf dem Summer Breeze Open Air 2017

THE CHARM THE FURY aus Amsterdam eroberten die Camel Stage im Sturm. Kein Wunder, bei dem Selbstbewusstsein, das Sängerin Caroline Westendorp und ihre Kollegen ausstrahlten. Wie von der Tarantel gestochen und ansteckend gut gelaunt, stürmte die Band die Bühne und donnerte sofort mit ihrem poppigen Hardcore los. Die Zuschauermenge schien zunächst ausschließlich aus Fans zu bestehen, verfünffachte sich im Laufe des halbstündigen Auftritts aber locker. Dass hier gerade etwas Besonderes geschieht, war den Vorbeilaufenden nämlich sofort klar. Zu „The Future Need Us Not“ gab es einen beeindruckenden Pit, wenn nicht sogar den größten der dieses Jahr vor der Camel Stage statt fand, natürlich vorher von THE CHARM THE FURY dringlich und lautstark eingefordert. Mühelos pendelte Westendorp zwischen perfektem Klargesang und Growls, die den Anwesenden die Schuhe auszogen und mit Arch Enemy oder Walls Of Jericho locker mithalten können. Lediglich zu „Echoes“ wurde sie von der Menge übertönt, was sie sichtlich freute. THE CHARM THE FURY hinterließen nichts als verbrannte Erde und machten neugierig darauf, was wohl noch möglich ist, wenn die Band mehr Spielzeit und -fläche bekommt.

20.15 Wolfchant

Galerie mit 24 Bildern: Wolfchant auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Pagan und Folk Metal Bands wird ja nur allzugerne eine romantisierende Überhöhung mythologisch aufgeladener Themen wie Heldentum, Mut und Durchhaltevermögen angekreidet. Dass diese aber nicht nur ins Reich der Fantasie gehören, sondern auch in der Realität durchscheinen, bewiesen am frühen Samstagabend WOLFCHANT. Vor einigen Wochen erlag ihr Gitarrist Eddy Groß alias Gorthirm einem Krebsleiden, trotzdem standen die sechs Bayern heute auf der Camel Stage. Dafür gebührt schon mal Respekt! Selbiges gilt auch für die professionelle Art, wie sie es verstanden, den prall gefüllten Platz schnell für sich zu gewinnen. WOLFCHANT kümmerten sich nicht nur mit der wiederholten Frage, ob denn genug Bier vorhanden sei, um das leibliche Wohl der Fans sondern boten mit Geschichten epischen Ausmaßes und hymnischen Schlachtgesängen auch genug fürs Ohr, überraschendweise auch mit feinen Doppel-Lead-Soli wie etwa in „Element“. Und apropos prall gefüllt: mit sechs Leuten waren WOLFCHANT zumindest personell nicht gerade die geeignetsten Kandidaten für die Enge der kleinsten Festivalbühne. Erstaunlicherweise gelang es ihnen trotzdem, mit zwei Sängern, zwei Gitarristen und einem Basser fortwährend die Positionen zu tauschen und so zusätzliche Dynamik in ihre treibenden Rhythmen zu bringen. Der letzte Song „Naturgewalt“ wurde explizit Gorthirm gewidmet, für den das Publikum bangenderweise auch nochmal die Extrameile ging.

20.30 Heaven Shall Burn

Galerie mit 18 Bildern: Heaven Shall Burn auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Die Geschichte des SUMMER BREEZE und die von HEAVEN SHALL BURN sind eng verwoben. Die Thüringer Wiederholungstäter mit der Abrissgarantie war schließlich nicht zum ersten Mal dabei. So war es nur konsequent, dass die Band sich auch zum 20-jährigen Festivaljubiläum die Ehre gab und am letzten Festivalabend den Boden für den Headliner KORN bereitete. HEAVEN SHALL BURN eröffneten ihr Set mit der Groove-Walze „The Loss Of Fury“ vom aktuellen Album „Wanderer“ und hatten das Publikum direkt auf ihrer Seite. Trotz deutlichem Augenmerk auf den Songs der letzten Scheibe, mangelte es dem Set auch keineswegs an Klassikern. „Voice Of the Voiceless“, „Forlorn Skies“ und „Counterweight“ wurden frenetisch gefeiert – wobei der Bühnenvorplatz überhaupt von Beginn an einem Schlachtfeld glich. Bekannt für legendäre Circle Pits und Walls Of Death schienen HEAVEN SHALL BURN sich an diesem Abend selbst noch toppen zu wollen. Mehrfach betonte Sänger Marcus Bischoff die Sonderstellung, die das SUMMER BREEZE für die Band einnimmt, und erinnerte an denkwürdige Auftritte der Vergangenheit. Ziemlich früh zeigte sich, dass das Jahr 2017 sich problemlos in die Reihe ihrer Live-Großtaten der letzten Jahre einreihen würde. Die Krone für die meisten Crowdsurfer konnten sich HEAVEN SHALL BURN zumindest sehr schnell sichern. Was nicht zuletzt daran lag, dass Bischoff den starken Jungs im Graben partout keine Langeweile zumuten wollte. Spätestens zu „Endzeit“ war eben jene auch für so manchen Pit-Spartaner gekommen. Als letzten Song stimmten HEAVEN SHALL BURN schließlich ihre Cover-Version von „Black Tears“ von Edge Of Sanity an und holten dazu den Urheber des Songs, Dan Swanö, persönlich auf die Bretter. Man merkte der Band die Begeisterung an – plötzlich standen da einfach nur noch Metal-Fans auf der Bühne. Ein weiterer sympathischer Abriss voller Hingabe ging vorbei. Und für KORN war der schlammige Boden mehr als festgestampft.

20.45 Asphyx

Galerie mit 11 Bildern: Asphyx auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Bereits eine halbe Stunde vor Konzertbeginn trieb eine rauchige Stimme beim Bühnenumbau Schabernack mit dem Publikum, während Heaven Shall Burns Echo zu vernehmen war. Martin van Drunen war redselig und zu Späßen aufgelegt, beste Voraussetzungen also für einen folglich hammermäßigen Auftritt. Und der folgte bei der (vorwiegend) holländischen Dampfwalze unausweichlich und unerbittlich! Ab dem ersten Takt, den Stephan „Tormentor“ Hüskens angab, rotierten die Propeller – auch bis in die letzten Ecken irgendwo beim Cocktailstand. Der Sound war umwerfend gut, so dass die sägenden Gitarren schnörkellos von schnell auf langsam schalten und die ersten fünf Reihen mit unbarmherziger Intensität umwalzen konnten. Dabei haben sie sich an diesem Abend für eine eher schnellere Gangart entschieden und die Teilnehmer der kleinen Circle Pits hörten sicherlich nur zwischendurch kurz auf, um den Drehwurm zu bekämpfen. Spätestens als dem Platz der „Deathhammer“ um die Ohren flog, wurde es in den vorderen Reihen nochmal kuscheliger, da immer mehr Zuschauer zur T-Stage pilgerten und das nicht ohne Grund: Zu guter Letzt waren bei „Last One On Earth“ wirklich alle Fäuste in der Luft. Die Jungs haben wieder einmal alles richtig gemacht!

21.00 Knorkator (Akustikshow)

Galerie mit 21 Bildern: Knorkator Acoustic auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Wer vom Auftritt von KNORKATOR am späten Nachmittag noch nicht genug hatte, für den hielt die Band ein besonderes Schmankerl in Form einer Akustik-Show parat. Für diese lockte die Band am Abend eine große Menge in den Campiste Circus, der sich entsprechend rasch füllte. Schnell wurde es kuschelig warm im Zelt, was sich durch das folgende Geschehen verstärken sollte. Und die Meute war hungrig, denn bevor überhaupt eines der Bandmitglieder die Bühne betrat, gingen die Fangesänge schon los. Dann betraten KNORKATOR endlich in geschmacklich fragwürdigen Anzügen gekleidet die Bühne und Sänger Stumpen stellte das Programm auch gleich als „KNORKATORS schlechteste Seite“ vor. Bekommen hat das Publikum eine Show, die zwar wesentlich zurückhaltender war als der vorangegangene Auftritt, aber das hat die Herren auf der Bühne natürlich nicht davon abgehalten, ihrem einzigartigen Sinn für Humor und der damit verbundenen Musikalität freien Lauf zu lassen. Tatsächlich gab es sogar ein paar überraschende Schmankerl zu hören. So wandelten KNORKATOR ihren Gassenhauer „Alter Mann“ in eine Polka mit leichtem Vaudeville-Flair um. „Ich will nur ficken“ wurde in einen Country-Song mit starker Publikumseinbindung transformiert. „Böse“, das diesmal nicht von Alf Ator sondern auch von Stumpen gesungen wurde, geriet zum Tango. Doch auch die gradliniger umgesetzten Stücke wie „Der Werwurm“ oder „Schmutzfink“ kamen hervorragend beim Publikum an. Und die Cover-Versionen von den Klassikern „All That She Wants“, „Highway To Hell“ und „Champs Elysee“ zogen ohnehin. Deutschlands meiste Band der Welt machte auch akustisch eine Menge Spaß. Und auch wenn Stumpen sich dieses Mal nicht bis auf den Schießer ausgezogen hat, so bekamen dennoch alle die volle Portion KNORKATOR serviert.

21.30 Fjoergyn

Galerie mit 23 Bildern: Fjoergyn auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Da FJOERGYN bereits beim ihrem letzten Auftritt 2014 viele Zuschauer begeistern konnten, war frühzeitig mit Andrang vor der Camel Stage zu rechnen. Was ursprünglich als orchestrales Soloprojekt begann, hat sich mit der Zeit zu einer ausgefeilten Zusammenarbeit von fünf Musikern gemausert, welche die Bühne mit Leichtigkeit und in diesen Fall mit einer zusätzlichen Geigen-Spielerin einnahmen. Dass sie so recht in keine musikalische Schublade passen wollen tat der Stimmung dabei keinerlei Abbruch und es kamen während ihres Auftritts konstant weitere Zuschauer hinzu. Mehr noch: Die Jungs aus Jena zeigten sich mit Screams, Klargesang und gutturalem Gekeife vielseitig, ausdrucksvoll und trotz der kurzen Spieldauer nicht nur ernstzunehmend, sondern auch ungemein wandelbar. Auch an ruhigen Stellen herrschte im Publikum absolute Stille, um ja nicht eins der gesprochenen oder gesungenen Worte zu verpassen. Dabei blieb inhaltlich oberflächliche Themenverarbeitung außer vor: Der wohl größte Konflikt der religiösen Kultur wurde in überaus poetische, aber auch düstere Worte gepackt, was sich schon in der Auswahl der gespielten Songs bemerkbar machte. Es hat sich jedenfalls gelohnt und es bleibt abzuwarten, wohin FJOERGYN sich noch weiter entwickeln.

22.00 Tiamat

Galerie mit 19 Bildern: Tiamat auf dem Summer Breeze Open Air 2017

„Good evening. We are TIAMAT from Sweden and it is nice to be back!“ Niemand außer Johan Edlund kann diese Worte in so einem ruhigen und zugleich verträumten Ton ins Mikrofon säuseln. Und es war wahrlich eine Freude, dass sie zurück sind. Zurück mit einem Meilenstein ihrer Bandgeschichte, welchen die Band extra für wenige Festivals zu einer unvergleichlichen Special-Show verarbeitet hat. „Wildhoney“ stand in seiner ganzen Pracht im Mittelpunkt. Gänzlich in blauem und grünem Licht und Nebel versunken spielten TIAMAT eine sehr intensive und mitreißende Show, fast wie eine eigene Geschichte, vorgelesen aus dem Buch, welches neben einem der Mikros stand. Dabei standen zwar alle fünf einzeln und jeder als Individuum in seiner eigenen Welt versunken, aber Edlund bildete den Dreh- und Angelpunkt der organischen und nahezu schwebenden Macht auf der Bühne. Dass sie eine große Familie sind und dies auch zelebrieren, wurde besonders durch Mikael Stannes und Anders Iwers‘ Anwesenheit deutlich. Die beiden Dark Tranquillity-Mitglieder wurden bei ihrem kurzen Aufenthalt hinter der Bühne überschwänglich begrüßt – einfach so, während zwei Stücken und Iwers übernahm eine zusätzliche Klampfe und ein fantastisches Gitarrensolo bei „The Ar“. Auch die restliche Show war ein absolut hypnotisches Fest, beendet mit „A Pocket Size Sun“, was als super Showdown fungierte, dann aber doch noch von der Zugabe „The Sleeping Beauty“ getoppt wurde. Gänsehaut pur!

22.10 Korn

Galerie mit 17 Bildern: Korn auf dem Summer Breeze Open Air 2017

New Metal ist immer genau so lange tot, bis KORN auf den Plan treten. Untermalt von beeindruckenden Licht- und Bildeffekten, lieferten die Amerikaner eine Show der Extraklasse ab und untermauerten ihren Status als ungebrochene Szenegröße. Mit „Rotting In Vain“, vom aktuellen Album „The Serenity Of Suffering“, wurde die Sause eröffnet. KORN boten einen Querschnitt durch die komplette Diskografie, den die Zuschauer begeistert feierten und mit groß angelegten Pits würdigten. Die einzelnen Songs wurden mit atmosphärischen, passenden Intros verbunden, so dass die Show als nahtloses Gesamtkunstwerk wirken konnte. Jonathan Davis, stilecht im asiatisch gemusterten Schottenrock, trug die Lieder auf seine ganz eigene charmante und gleichzeitig irre Weise vor, während seine Kollegen ihm ein tadelloses musikalische Fundament lieferten. Nicht im Vordergrund, aber trotzdem erwähnenswert, waren die akrobatischen Einlagen von Drummer Ray Luzier. Abgesehen von einer brillianten musikalischen Leistung, krönte er seine Performance noch durch kunstvolles Drumstick hochwerfen und wieder auffangen. „SUMMER BREEZE get your motherfucking hands in the air“ oder „Everybody get the fuck up“ waren nur zwei der Aufforderungen, denen das Publikum freudig folgte. Getreu dem Motto „Zugabe muss sein, auch wenn niemand das Prinzip versteht“, verließen KORN nach einem heftig auf die Nacken drückenden „Somebody Someone“ die Bühne. Selbstredend kam die Band kurz darauf für eine Zugabe zurück und entließen die Menge erst nach einem emotionalen „4U“, dem fulminanten „Blind“ und einem wahnsinnigen „Freak On A Leash“ (O-Ton Davis: „Kick it Ray!“) in die kalte Nacht. Natürlich nicht, ohne vorher massig Plecs und signierte Drumsticks als Dankeschön in die begeisterte Menge zu werfen. Direkt im Anschluss gab es dann das beeindruckende Jubiläums-Feuerwerk.

23.00 Cypecore

Galerie mit 14 Bildern: Cypecore auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Willkommen in der Endzeit! Wer mit „Mad Max: Fury Road“, Fear Factory und Mygrain etwas anfangen kann, war am späten Samstagabend im Pit bei CYPECORE aus Mannheim genau am richtigen Ort. Es gibt nur wenige (oder keine?) LED-Anzug-bemannte Bands unter diesem Himmel, die in Dinkelsbühl für dermaßen Augenflimmern und ausgelassen elektronische Stimmung sorgten. Mit ihrer Mischung aus industriellen Kalt-Klängen und sozialkritischer Zukunftsvision ließen die fünf die Camel Stage fast aus allen Nähten platzen und sorgten für ordentlich Nacken- und Umschwung in der Menge. Geboten wurde – auch mit dem neuen Song „Dissatisfactory“ – mechanische Spielkunst vom Feinsten, welche durch irre Tempowechsel und harte Breakdowns aufgelockert wurde. Man wurde von den unterschiedlichen Elementen schier erschlagen. Die Blasts waren zudem dermaßen kraftvoll und durchgängig, dass einige Zuschauer Bauchkribbeln und danach ganz sicher ein Piepsen im Ohr hatten. Dass sie in dieser Besetzung einfach astrein miteinander funktionieren, war an der Ausstrahlung und der Power auf der Bühne abzulesen. Gerne mehr davon!

23.30 Fiddler’s Green

Galerie mit 18 Bildern: Fiddler's Green auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Nach ihrer Unplugged-Show am vorangegangenen Donnerstag durften FIDDLER’S GREEN nun die Bremsen komplett lösen und eine vollverstromte Gute-Nacht-Show zum Besten geben. Im Gegensatz zu den saunaartigen Bedingungen des Akustik-Gigs kroch eine unangenehme Kälte über den Platz vor der T-Stage, von der sich die fränkischen Irish-Speedfolker und ihre gewaltige Publikumsmenge jedoch nicht die Party-Laune verderben ließen. „Das beste ist Bewegung!“ gab Gitarrist Pat als Devise aus, der alle Anwesenden nur allzu gerne folgten. Damit auch die Jungs im Bühnengraben nicht untätig herumstehen mussten, forderte die Band bei „Perfect Band“ extraviele Crowdsurfer an und bekam sie prompt geliefert. Da blieb dann leider auch keine Zeit mehr, hübsche Crowdsurferinnen von einer Grabenschlampe zur nächsten weiterzureichen und im Takt herumzuwirbeln, wie es in ruhigeren Momenten gerne praktiziert wurde. Als brillante Live-Band ackerten sich FIDDLER’S GREEN durch ein mitreißendes Set mit Schwerpunkt auf dem aktuellen Album „Devil’s Dozen“. Im Anschluss an die Ballade „Blame It On Me“ wurde eine launige Solo-Einlage eingestreut, das Geiger Tobias Heindl mit perkussionistischer Unterstützung von Frank Jooss und Stefan Klug um seine Interpretation des Deep-Purple-Klassikers „Smoke On The Water“ herum arrangierte. Schlag auf Schlag näherte sich der Gig seinem Ende, nicht ohne jedoch auf den vom Publikum in dezenter Pappschild-Form eingestreunten Hinweis „Mina hat Geburtstag“ einzugehen. „Wir haben doch vorhin den Kuchen unterschrieben,“ erläuterte Frontmann Albi, woraufhin Pat augenzwinkernd hinzufügte: „Wir haben noch mehr mit dem Kuchen gemacht – die Zuckerglasur ist von uns!“ Wer sich da noch nicht pikiert abgewandt hatte, durfte beim abschließenden Hit-Triple „Old Dun Cow“, „The Night Pat Murphy Died“ und „Folk’s Not Dead“ noch einmal die letzten Kraftreserven mobilisieren.

23.50 Cantus Buranus

Galerie mit 18 Bildern: Cantus Buranus auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Besser konnte man die Vielfalt des SUMMER BREEZE nicht demonstrieren, denn nach Korn folgten CANTUS BURANUS mit ihrer musikalischen und äußerst ambitionierten Neuvertonung der mittelalterlichen Handschrift Carmina Burana. CANTUS BURANUS füllten die anfangs in blaues Licht getauchte Bühne im Anschluss bis zum Anschlag aus, der Aufmarsch der Akteure schien kein Ende zu nehmen und machte unmissverständlich klar, dass hier etwas Großes passieren würde. Mengenmäßig und auf die Instrumentenvielfalt bezogen, waren CANTUS BURANUS also ungekürte Sieger des Festivals und konnten die Möglichkeiten der großen Bühne komplett nutzen. Rund dreißig unterschiedliche und teilweise handgefertigte Instrumente kamen zum Einsatz, in Kombination mit dem gewaltigen Orchester entstand eine beeindruckende Klangwand. Erhaben legten sich die Mollklänge von Bläsern über den Platz und verbreiteten eine angenehm betäubende und gleichermaßen mystische Stimmung, während die mantrischen Trommelklänge die Besucher vitalisierten. So wechselten auch die Zuschauerreaktionen zwischen andächtigem Schweigen und euphorischem Klatschen im Takt der Dudelsäcke. Die Sopranistin Ingeborg Schöpf rechtfertigte ihren pompösen Einmarsch mit ihrem bezaubernden Gesang, der die Besucher in Staunen versetzte und durch imposante Feuereffekt noch zusätzlich intensiviert wurde. Mehr war hier definitiv auch mehr! Völlig ohne E-Gitarren bauten CANTUS BURANUS einen ganz eigenen Druck auf und zogen die Besucher damit zu später Stunde komplett in ihren Bann. Ein perfekt inszenierte Auftritt, der nicht nur mit Extravaganz sondern in erster Linie mit Klasse punktete und den kulturellen Horizont einiger ganz sicher erweiterte.

00.30 Endseeker

Galerie mit 10 Bildern: Endseeker auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Das ist doch… Das klingt doch wie… Das muss es doch sein, oder? Als hätten die Godfathers Stockholmer Death Metals persönlich Hand angelegt, klang das Intro „Into The Flame“ frappant nach „Left Hand Path“, dazu brüllte ein Gitarrensound, der unzweifelhaft als HM-2 zu identifizieren war. Jepp, das hier war was für Freunde der alten Schule. Lediglich ein kleiner harter Kern von Todesblei-Fans versammelte sich zu Beginn des ENDSEEKER-Gigs, übrigens dem ersten ausserhalb ihrer norddeutschen Heimat, vor der Camel Stage, den die fünf Hamburger Jungs jedoch schnell zu erweitern wussten. Abgesehen vom erstklassigen Songmaterial, das hauptsächlich vom im Oktober erscheinenden Debut „Flesh Hammer Prophecy“ stammte, vermochte vor allem Fronter Lenny mit seiner ziemlich abgedrehten Körpersprache sowie den trocken-humorigen Ansagen das Publikum schnell zu vereinnahmen. Bei „Black Star Rising“, entgegen der Studioversion leider ohne ex-Morgoth-Sänger Marc Grewe, führte dies sogar zu einem kleinen Moshpit, bevor „Possessed By The Flame“ das Intro-Riff wieder aufgriff und aus dem Auftritt eine runde Sache machte. Auch wenn man selbst kein Schwede ist: schwedischer kann man Schweden-Death kaum zocken.

01.00 Finntroll

Galerie mit 15 Bildern: Finntroll auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Es waren auch zu später noch überraschend viele Leute da, die sich den letzten Act auf der SUMMER BREEZE Stage nicht entgehen lassen wollten. Und sie bekamen eine reglerechte FINNTROLL-Geschichtsstunde. Die Finnen betraten die Bühne mit etwas Verspätung, da Cantus Buranus etwas überzogen hatten. Nach den beiden eröffnenden Stücken „Midnattens Widunder“ und „Rivfader“ kündigte Sänger Mathias Lilmåns an, dass neben dem SUMMER BREEZE selbst auch FINNTROLL ihr 20. Jubiläum feiern. Und so bekamen die Zuschauer einen Querschnitt durchs Schaffen der Band, und zwar von ganz frühen Werken bis hin zu ihren aktuellen Platten. So tummelten sich neben „Jaktens Tid“, „Natfodd“ und „Trollhammaren“ auch Stücke wie „Korpens Saga“, „Skogsdotter“ und „Bastuvisan“ im Set der Band. Dabei ließ Lilmåns auch nicht unerwähnt, wie wichtig die Alben „Natfodd“ und „Nivelwind“ für ihren Erfolg gewesen sind, und konsequenterweise bestand der Großteil ihres Sets auch aus Tracks dieser beiden Alben. Das Publikum dankte es ihnen mit Pogo und letzten, wenn auch etwas müden und zaghaften Crowdsurfing-Einlagen. Der Bitte Lilmåns, der zu „Solsagan“ „I wanna see you motherfuckers kill each other“ in die Menge warf, kam dagegen keiner nach. Ist vielleicht auch besser so.

01.00 Haggard

Galerie mit 20 Bildern: Haggard auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Im Rahmen eines Open-Air-Festivals mit enger Umbaupausen-Taktung den Sound für insgesamt zwanzig Sänger und Instrumentalisten – viele davon zudem mit klassichen Blas- und Streichinstrumenten bewaffnet – einzustellen, ist kein leichtes Unterfangen. So musste HAGGARD-Mastermin Asis Nasseri zum offiziellen Beginn der Show das Publikum erst einmal um einige Minuten Geduld bitten, bis ein letztes technisches Problem aus der Welt geräumt war. Dennoch harrte eine erfreulich große Zuschauermenge geduldig in der Kälte aus und freute sich auf komplexe Metal/Klassik-Hybrid-Stücke, die weniger für ausgelassenes Feiern als für andächtiges Lauschen geeignet waren. Das Warten sollte sich glücklicherweise bezahlt machen, denn bei exzellenten Soundverhältnissen spielten HAGGARD anlässlich dessen zwanzigjährigen Jubiläums ihr komplettes Debütalbum „And Thou Shalt Trust… The Seer“. Den wenigen, aber emotionalen Ansprachen von Asis merkte man die Leidenschaft für das eigene Werk und die Freude darüber an, dieses den begeisterten Fans live darbieten zu können. Die Antwort auf die Frage, welchen Song die Band als krönenden Abschluss spielen solle, fiel gleichermaßen eindeutig wie vorhersehbar aus: das monumentale „Awaking The Centuries“ bot einen Ausblick auf das gleichnamige Zweitwerk, dessen zwanzigjähriges Jubiläum HAGGARD in drei Jahren gerne ebenfalls auf dem SUMMER BREEZE begehen dürfen.

02.00 Totengeflüster

Galerie mit 16 Bildern: Totengeflüster auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Aus krankheitsbedingten Gründen mussten Eïs ihren Auftritt auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE leider absagen. Ersatz fand sich glücklicherweise doch noch am selben Tag in Form der schwäbischen Symphonic-Black-Metal-Band TOTENGEFLÜSTER, die um zwei Uhr morgens als letzte Band die Camel Stage enterten. Neben traditionellem Corpsepaint wartete die Band mit einem symphonischen Black Metal auf, der in der alten Schule verwurzelt ist. Druckvoll und doch genretypisch kalt war der Sound, den einem die Herren und die Dame da entgegen geballert haben. Das hat natürlich gut gepasst, denn zu dem Zeitpunkt war es auch sehr kalt. Sänger Narbengrund fauchte wie ein Dämon und unterstrich so die kalte Stimmung, welche die Band in Kombination mit den Temperaturen verbreitete. Dichter Nebel hüllte die Camel Stage ein und verstärkte dies ebenfalls. Sägende Gitarren versprachen keinen Trost, keine Wärme. Und so brachten TOTENGEFLÜSTER als adäquater Ersatz von Eïs den diesjährigen Betrieb auf der Camel Stage zu einem würdigen Ende.

02.30 Mgła

Galerie mit 15 Bildern: Mgła auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Die Worte Atmosphäre und Melancholie werden bei der letzten Band des SUMMER BREEZE traditionell groß geschrieben. Seitdem das Festival in Dinkelsbühl ausgetragen wird, führen die Annalen großartiger (und oftmals wehmütiger) Abschlussgigs Namen wie Katatonia, My Dying Bride, Anathema oder auch Long Distance Calling auf. MGLA, die dieses Jahr das erste Mal ihre Aufwartung machten, passten als Rausschmeisser insofern in diese Reihe, als dass ihre Musik ebenfalls viel Wert auf eine melancholische Atmosphäre legt – nur bedeutend heftiger. Wer nach den kräftezehrenden letzten Tagen emotionale Ruhe oder eine Umgebung suchte, um eine Träne zu verdrücken, der war hier völlig falsch: die vier komplett in schwarzes Leder und Gesichtsmasken gehüllten Polen entfachten ein Black-Metal-Inferno von zerstörerischer Wucht, bei dem dem Sound eine besondere Bedeutung zukam; immerhin verzichten MGLA live auf jegliches Stage Acting, Ansagen oder sonstige Interaktionen mit den Publikum. Bei den hauptsächlich von den letzten zwei Alben „With Hearts Toward None“ und „Exercises In Futility“ stammenden Songs hätten die Blast Parts zwar durchaus ein wenig differenzierter gemischt werden können, dafür planierten die häufigen Double-Bass-Teppiche einfach jedwede Hoffnung nieder, MGLA könnten doch noch einmal versöhnliche Töne anstimmen. Auch eine Art, eine SUMMER BREEZE-Ausgabe zu Grabe zu tragen: mit einem Knall. Bis zum nächsten Jahr! 

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26.09.2017

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