In This Moment - Blood At The Orpheum

Review

Wie soll man einer kreischenden, äußerst ansehnlichen Killerbarbie nebst vier tobenden Männern bitteschön widerstehen können? Sofort war klar: Die erste IN THIS MOMENT-DVD, am 21. Mai 2013 aufgenommen im historischen Orpheum Theater in Madison, Wisconsin, war etwas, das ich mir auf gar keinen Fall entgehen lassen wollte.

Die 65-minütige Couch-Show startet – während man bereits das Intro vernehmen kann – mit einem kurzen Einblick in die Vorbereitungen der Band inklusive „Kriegsbemalung“, und schon steht man quasi in der ersten Reihe vor der Bühne und das Konzert beginnt. Inmitten von Nebel und Wind(-maschinen) vernimmt man die ersten Töne der langsam startenden Frontfrau und das ruhige, sich langsam steigernde Intro geht nahtlos über in „Adrenalize“, einen Song, dessen Bässe einem die Birne wegballern.

Die Aufmachung und die Setlist der Show ist an die üblichen Live-Auftritte angelehnt, jedoch wurden extra für die Aufnahmen mehrere Gimmicks inszeniert. Die Bühne erinnert an ein Theater-Set: In der Mitte prunkt eine Art bezaunter Vorgarten mit zwei Schädelsäulen, in deren Mitte sich Sängerin Maria Brink bemerkenswert lasziv in Pose setzen – und dank schwindelerregend hoher Absätze auch festhalten – kann.

Der Drummer ist blickaufwärts zu erhaschen, die Herren an den Klampfen vervollständigen den Angriff zu den Seiten – und die Show ist wahrlich ein „Angriff“: Super Sound, passende Lichttechnik, CO2-Kanonen, Nebelschwaden und Choreographien im Mittelpunkt der Bühne. Gleich zu Beginn stehen vier scheinbar barbusige und maskierte, von Frau Brink als „Bloodgirls“ betitelte Tänzerinnen aus dem „Blood“-Musikvideo, auf der Bühne und weichen bis zum Ende nicht von ihrer Seite.

Zwischen den Stücken wird der DVD-Vorteil genutzt: Zu vielen Songs gibt es Hintergrundinfos, wie beispielsweise Aufnahmen der Entstehung oder Proben für die DVD oder gar ein Statement zum Inhalt und der Intention eines Songs. Schade ist jedoch, dass sich außer der blonden Vorzeige-Röhre niemand sonst zu Wort melden wollte oder durfte; weder während der eingespielten Zwischenparts noch beim Auftritt selbst spricht einer der Herren der Band – außer bei äußerst seltenen Backshouts gen Refrain eines Songs vernimmt man keinen Ton von eben diesen. Damit kommen wir auch gleich zu dem Punkt, der mir persönlich an der DVD etwas fehlt: Die Band IN THIS MOMENT. Mit Frontfrau Maria Brink hat die Gruppe natürlich einen blonden, tätowierten Eyecatcher, den man, vor allem in Erwägung der bisher veröffentlichten Videos, visuell einfach nicht übersehen kann – selbst wenn man es versucht. Latex und Brüste wohin das Auge sieht! Doch bekanntlich macht der Ton die Musik. Es handelt sich nicht um eine One-(Wo)Man-Show und das vermittelt die DVD leider missverständlich.

Zudem oder gar deshalb stellte ich mir natürlich vorab einige Fragen: Was hat sie wohl an (ganz wichtig!)? Wie sind IN THIS MOMENT live? Kann Frau Brink stimmlich überzeugen? Ist der Auftritt wohl besser als der eine oder andere fremdbeschämende Mitschnitt einer Darbietung? Kann oder will man die DVD mehr als einmal ansehen?

Diese Fragen werden äußerst positiv beantwortet: Jeder Song wird passend inszeniert, so sind beispielsweise Gimmicks aus den dazu veröffentlichten Videos enthalten – zu „Beautiful Tragedy“ werden die frontlichen Kurven in eine Zirkusjacke gepackt, bei „Whore“ sitzt Frau Brink mit dem aus dem zugehörigen Musikvideo bekannten „Whore“-Hut und Outfit nebst großem Lineal auf einem hohen Hocker. Generell ist sogar anzumerken, dass die Tatsache, dass die Frontfrau zwar sexy ist, aber völlig selbstverständlich von Anfang bis Ende dasselbe erstaunlicherweise recht zugeschnürte Outfit präsentiert, sehr sympathisch wirkt. Zwar wird dies mit Accessoires teilweise für einzelne Songs leicht abgewandelt, und jeder Hutfanatiker wird großen Spaß haben, doch auch gen Ende macht die schweißdurchnässte Dame eine gute Figur, denn man merkt: Es geht IN THIS MOMENT tatsächlich darum, den Fans eine gute Show zu liefern – nicht nur eine nett anzusehende blonde Puppe. Ob die Herren jedoch auch geschwitzt haben, kann ich nur erahnen – diese sind nämlich nicht nur nicht zu hören, sondern auch kaum zu sehen.

Natürlich hat das Konzert selbst auch Höhepunkte: Spätestens ab der Hälfte der Spieldauer war es mit „Into The Light“ dann auch um mich geschehen. Der langsamste Titel des Sets zeigt die atemberaubende Stimmvielfalt Brinks und bereitet absolute Gänsehaut. Ihre Stimme ist so gewaltig, dass sie mit dem traurigen Song sogar fast zu Tränen rührt – definitiv ein Highlight! „Whore“ kommt live deutlich besser als aus der Anlage – was eindeutig an den viel besseren Shouts der Frontfrau liegt. Und „Blood“ stellt sich als krönender Abschluss der Show heraus – sowohl die Extensions als auch die Fans werden mit dem Rausschmeißer noch einmal richtig geschüttelt!

Zur Musik selbst und zur Songauswahl muss ich gestehen, dass ich IN THIS MOMENT vorab etwas argwöhnisch betrachtet habe. In Youtube-Videos sieht man eine gestellte, mimiklose, überschminkte, aber extrem sexy Sängerin, die hier und da mit dem Popöchen in die Kamera wackelt und mehr Einblicke ins Dekolleté als in die Songs selbst bietet. Der Bandauftritt ist ganz nett, aber die Songs sind für meinen Geschmack etwas zu hymnenhaft, die Stimme scheint in den Produktionen teilweise einfach unterzugehen, was meine Erwartungen vorab nicht besonders hoch schürte. Umso besser – denn diese DVD zeigt drei Dinge äußerst eindrucksvoll: Die gesamte Mannschaft ist live um Einiges besser als auf Platte, die Bandmitglieder harmonieren absolut und Frau Brink hat tatsächlich eine funktionierende Mimik! Nein, Spaß beiseite – stimmlich haut die Killerröhre wahrhaft aus den Latschen!

Zusammengefasst vereint die DVD ein abwechslungsreiches gutes Set, zusammen mit einer gut durchdachten und umgesetzten Show, super Sound und schönen Inszenierungen! Bei „Blood At The Orpheum“ handelt es sich um eine gelungene DVD, die auch nach dem dritten Mal Anschauen nicht langweilig wird, und ist ein Geschenk für Jeden, der sich gerne auf gemütliche Art eine astreine Show ansehen möchte.

09.03.2014

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 36667 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Kommentare