Paradise Lost - Draconian Times MMXI

Review

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Man mag sich trefflich darüber streiten können, welche PARADISE LOST-Scheibe denn nun die großartigste ist – die für Death Doom und Gothic Metal so wegweisende „Gothic“, die gerne übergangene, aber nicht minder intensive „Shades Of God“, „Icon“ mit ihrem magisch-kraftvollen Metal oder vielleicht doch ihr noch zugänglicherer, weniger rauer Bruder „Draconian Times“? Unbestritten jedoch markierte „Draconian Times“, das von Januar bis März 1995 aufgenommene und im folgenden Sommer erschienene fünfte Album des englischen Quintetts, aus kommerzieller Sicht den ganz großen Wurf, für den die drei Vorgänger den Boden bestellt hatten: Bis dato unerreicht hohe Chart-Platzierungen in diversen europäischen Ländern und Headliner-Positionen auf vielen Festivals wie etwa dem damals riesigen Dynamo Open Air, zeigten PARADISE LOST Mitte der Neunziger Jahre auf dem Höhepunkt ihrer Popularität und als eine der größten Metal-Bands dieser Zeit.

Eineinhalb Dekaden, eine mit „One Second“ beginnende, poppig-leisere Phase und eine anschließende Rückbesinnung auf die metallischen Wurzeln später spielten die Fünf aus Yorkshire im Frühjahr 2011 sieben Shows, bei denen sie erstmals das komplette „Draconian Times“-Werk (plus Zugaben) darboten. Es erscheint logisch, dass sich PARADISE LOST bei der Reise in die eigene Vergangenheit damit für das wohl größte Konsens-Album ihrer nicht zuletzt durch enorme stilistische Wandlungen so reizvollen Diskographie entschieden haben.

Das rund 90-minütige Konzert im Londoner Forum am 01. April wurde für die Veröffentlichung ausgesucht, mitgeschnitten, von Jens Bogren mit einem klaren, aber authentischen Sound ausgestattet und findet sich auf der ersten DVD der „Draconian Times MMXI“-Doppel-DVD, der ein umfangreiches Booklet mit alten Artikeln aus diversen Musikmagazinen beiliegt. Vor einem riesigen Backdrop mit „Draconian Times“-Artwork und dem heute leider regulär nicht mehr gebräuchlichen Mittneunziger-Logo beschenkten PARADISE LOST ihre zahlreich erschienenen und euphorischen Anhänger mit den zwölf Stücken des Albums – vom hymnischen „Enchantment“ über das melancholische „Forever Failure“ bis zu schnellem Headbanger-Stoff wie „Once Solemn“ – sowie im Zugabenblock mit einer Handvoll älterer Publikumslieblinge und zwei Liedern des letzten Albums „Faith Divides Us, Death Unites Us“. So hochgeschätzt ihre Alben sind, so häufig wurden PARADISE LOST im letzten Jahrzehnt aufgrund der Qualität ihrer Live-Auftritte gerügt, Nick Holmes steht mit seinem in den Augen einiger lust- und kraftlosen Gesang – insbesondere bei den alten, ursprünglich deutlich rauher vokalisierten Nummern – stets im Zentrum dieser Kritik. Aber die Band ist mit Freude bei der Sache und ihr Frontmann liefert an diesem Abend eine engagierte und respektable Leistung ab, wenngleich Keyboarder Milly Evans bei einigen hohen, semi-geschrieenen Passagen in „Yearn For Change“ oder „Shades OF God“ aushilft und die großen Gassenhauer „True Belief“ und „As I Die“ von Holmes bekanntermaßen nicht mehr mit der alten Stimmgewalt veredelt werden.

Die zweite DVD gleicht einem hübschen Korb voll mit Bonus-Leckerlis: Der von Bassist Steve Edmondson gefilmte, knapp halbstündige Zusammenschnitt „On The Draconian Road“ zeigt die Band bei der Arbeit in ihrem rappelvoll gestellten Proberaum und anschließend im Tour-Alltag, wobei der trinkende Flunder-Nick auf dem Sofa die Lacher auf seiner Seite hat. Hinzu kommen auf insgesamt etwa einer Viertelstunde Interviews zur Geschichte des Albums mit Andy Farrow, seit den frühen Tagen Manager der Briten, sowie in großer Runde mit Simon Efemey, dem Produzenten von „Draconian Times“, und der Band. Und um die Sache schön rund zu machen, gibt es noch Stimmen von Fans und die beiden jüngsten Promo-Videos zu „Faith Divides Us, Death Unites Us“ und „Rise Of Denial“ dazu.

Wer Vergangenes in die Gegenwart tragen möchte, setzt sich immer der Gefahr aus, zu enttäuschen. PARADISE LOST jedoch meistern diese; zeigen, dass sie sich offenbar nach all den Jahren und stilistischen Entwicklungen noch mit ihrem alten Werk identifizieren können und setzen es mit heutiger Professionalität und Routine, aber eben auch mit der nötigen Hingabe um. Als Dokument eines wohl einmalig bleibenden und sich des Nostalgie-Faktors bedienenden Ereignisses ist „Draconian Times MMXI“ für all jene besonders reizvoll, für die das 1995er-Album zum süßen Klang ihrer Jugend gehört.

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04.11.2011

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