Red Harvest - The Red Line Archives

Review

Was macht ein Automechaniker, wenn nach dem Zusammenbauen der Karre noch Teile übrig sind? Was macht ein Catering-Service mit übrig gebliebenen Speisen? Was machen Musiker mit Songs, die keinen Platz auf einem Album gefunden haben, die sich scheinbar einer Veröffentlichung verwehren?

Es gibt viele Möglichkeiten, mit diesen „Resten“ umzugehen. Oft werden solche Überbleibsel verworfen, entsorgt oder schlicht vergessen. Und manchmal beginnen sie, ein Eigenleben zu entwickeln — und je mehr Zeit vergeht, umso lebendiger wird es plötzlich. Ganz sicher hat sich in den 20 Jahren Bandgeschichte von RED HARVEST einiges angesammelt, Audioschnipsel, unfertige Tracks, Experimente, Outtakes, Songs, die aus Konzepten herausgefallen sind. Und vielleicht war es tatsächlich so, dass sich zwischen diesen Geistern und dem öffentlichen Material eine Spannung aufgebaut hat, der sich die Bandmitglieder irgendwann nicht mehr entziehen konnten.

Auf „The Red Line Archives“ erhaschen wir Worte wie „Remix“, und sehen bekannte Songs von früheren Alben. Doch ein Best-Of-Album ist es mitnichten (und als langjähriger Fan hoffe ich auch weiterhin, dass sich die Norweger niemals dazu entscheiden, das Unmögliche möglich machen zu wollen).
Es ist ein Album geworden, was bislang vermutlich als schwer greifbarer Schatten in den Archiven der Band existiert hat. Ich war anfangs sehr skeptisch, als ich davon las, dass RED HARVEST damit eine Sammlung ihrer intensivsten Industrialtracks präsentieren wollen. Doch schon nach dem ersten Durchgang musste ich überrascht feststellen, dass dieses Konzept erstaunlich gut funktioniert, und dass die Songs auf „The Red Line Archives“ tatsächlich eine Einheit bilden. Es vereint Visionäres aus frühen Tagen sowie Bekanntes und neu Arrangiertes seit „Cold Dark Matter“ mit einer Atmosphäre, in der es nur noch Kälte und Dunkelheit gibt. Es verdunkelt die gitarrenlastige Seite der Norweger und beleuchtet — vielleicht gerade, weil ihr Sound so selbstverständlich geworden ist — den Teil, der eindeutig durch Industrialeinflüsse geprägt ist: Mechanisches, Maschinelles, Elektronisches.

Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen und Albenkonzepte ist es einigen Songs möglich gewesen, in ganz anderen Konfigurationen zusammenzutreffen, und als „The Red Line Archives“ immer deutlicher zwischen den bisherigen Werken hervorschimmerte, haben RED HARVEST Geburtshilfe geleistet. Während einige Songs unverändert eingeflochten wurden, hat die Band an anderen neue Details herausgearbeitet und sie teilweise zum ersten Mal in dieser Form ans Licht geholt.
Es ist wie ein Film, den der Regisseur neu schneidet und mit bisher ungesehenen Szenen ergänzt — es kann sich eine völlig neue Perspektive auf die Handlung ergeben, und manchmal scheint es ein ganz neuer Film zu sein.

Für „The Red Line Archives“ bedeutet es, dass selbst langjährige Kenner überrascht sein werden, wie gut und eigenständig dieses Arrangement am Ende gelingt. Trotz bekannter Klänge stellt sich der Eindruck ein, den die Band vermutlich schon einige Zeit hatte: der eines neuen und alten Albums.
Sozusagen eine Art Mixtape, bei dem sich die Band ausschließlich bei sich selbst bedient hat, und das freigelassen hat, was schon lange in den Maschinen herumgeisterte.

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02.05.2008

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