Sólstafir - I Blodi Og Anda

Review

Galerie mit 14 Bildern: Sólstafir - Metal Hammer Paradise 2023

Es dürfte wohl jeder gemerkt haben, dass der Höhepunkt an Viking Metal Veröffentlichungen mittlerweile längst vorüber ist. Dennoch gibt es weiterhin ein paar genreweisende Kapellen, die das Herz eines jeden Fans dieses Black Metal Substils immer noch immens höher schlagen lassen. Jedem sind spätestens seit der Veröffentlichung des grandiosem „1184“ die Norweger Windir geläufig und viele erwarten sehnlichst die anstehenden Alben von Thyrfing und Falkenbach. „Solstafir“ hingegen sind unverständlicherweise nur den wenigsten ein Begriff. Absolut zu Unrecht, wie ich meine, und das nicht nur, weil die Isländer schon seit über 8 Jahren die Musiklandschaft um meisterhafte Tondokumente bereichern. Sie gehören einfach zu den wenigen Bands, die es heutzutage noch schaffen, sich von bereits bestehenden musikalischen Vorgaben zu lösen bzw. diese um eine gehörige Portion Eigenständigkeit und Individualität zu bereichern. Somit erschaffen sie scheinbar kinderleicht unvergleichliche musikalische Werke, welche den Zuhörer auf eine einzigartige Reise entführen und durch einen Strudel verschiedenster Emotionswelten lotsen. Obwohl man sich grösstenteils des traditionellen Black Metals bedient, ist es bei „I Blodi Og Anda“ dennoch kaum möglich, Vergleiche mit bekannteren Bands aufzustellen. Die oben genannten Gruppen haben lediglich das heidnische Szenario kämpfender Krieger und glorreicher Schlachten mit dieser Scheibe gemein, Solstafir verzichten aber gegen allen Erwarten komplett auf die üblichen Folk-Elemente und entsagen fast gänzlich Keyboards in Ihre Kompositionen, wodurch sie den Songs einen sehr rohen, ursprünglichen Charakter bewahren. Dafür wird ziemlich oft Gebrauch von cleanen und akustischen Gitarren gemacht, welche die ruhigen, sehr verträumten Parts des Debütalbums meist unheimlich ergreifend und tief melancholisch klingen lassen. Ein Klavier, das leider nur selten ins Spiel kommt, intensiviert diese ruhige Atmosphäre zudem ungemein und klingt mit seiner leicht poppig rockigen Art ebenfalls abseits jeglicher Black Metal Normen. Das herausragende an „I Blodi Og Anda“, was aber leider auch viele abschrecken wird, ist definitiv der überragende Gesang Adalbjörn Tryggvason’s. Es ist nicht wie die meisten wohl erwarten würden „gewöhnliches“ Black Metal Gekeife, denn der Herr schreit(!) sich Song für Song einfach absolut manisch die Seele aus dem Leib. Wikinger, die vor Jahrhunderten in die Schlacht zogen, sind ihren Feinden zweifelsohne mit ebenso kraftvollem, hasserfülltem und ungemein aggressivem Gebrülle begegnet! Jeder Gegner, der sich damit konfrontiert wusste, hat aufgrund dieser vor Hass triefenden akustischen Bösartigkeit sofort die Flucht ergriffen, die Anhänger des wütend kreischendes Frontmannes hingegen wurden durch sein tobendes Kriegsgeschrei noch weiter angestachelt, auch dem letzten Widersacher das Schwert in sein verhasstes Herz zu rammen. So verhält es sich aber wie schon gesagt leider auch mit der Zuhörerschaft Solstafirs, entweder man wird von dem hysterischen Geschrei ergriffen oder davon in die Flucht geschlagen. Genial, aber gewiss gewöhnungsbedürftig. Man beschränkt sich aber natürlich nicht nur auf diesen einzigartigen Gesang Adalbjörn Tryggvason’s, sondern überlässt diesen z.B. zu Beginn von „Arstidir Daudans“ dem Mädel Hulda „Dula“, was ebenfalls eine Entscheidung war, die es keineswegs zu bereuen sondern vielmehr zu bejubeln gibt. Bei „I Viking“ gibt es dafür überhaupt keinen Gesang zu hören, diese Aufgabe übernehmen hier Soundsamples, die komplett aus einem isländischen Film entnommen wurden. Interessantes Experiment und sehr gelungen! Für die brillante Ballade „Bitch in Black“ hat man überdies keine Kosten und Mühe gescheut und speziell für diesen einen Song den Schweden Kola Krauze nach Island einfliegen lassen, der diesem makellosem Lied cleanen Vocals und Kreischgesang geliehen hat. Summa Summarum ist „I Blodi Og Anda“ ein Werk, das von Melancholie über Stolz und Hass bis hin zu überwältigender Aggression gekonnt alle möglichen Gefühlsregungen abdeckt, einen eigenen Stil aufzuweisen hat und mit dem dafür bestmöglichem Sound geschmückt ist. Kurz: ein unbeschreibliches, kaum in Worte zu fassendes Meisterwerk!

14.05.2002
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