The Dillinger Escape Plan - Dissociation

Review

Galerie mit 20 Bildern: The Dillinger Escape Plan live in Leipzig 2017

„Dissociation“ – besser hätten THE DILLINGER ESCAPE PLAN ihr vorläufig letztes Album kaum nennen können. Vorerst deswegen, da dies genau so in der Presseinfo geschrieben steht, die Auflösung der Band also mit Ansage möglicherweise doch nur vorübergehend gilt. Dennoch ist die Stimmung auf „Dissociation“ im Keller. Die Band reibt einem das eigene Ende förmlich ins Gesicht mit Songtiteln wie „Symptom Of Terminal Illness“ und eben „Dissociation“. Auch leichtfüßig poppige Tracks der Marke „Black Bubblegum“ sucht man hier vergeblich. Ein solcher Song hätte den Fluss und die Konsistenz des Albums sicher nur gestört.

THE DILLINGER ESCAPE PLAN blasen zum (vorerst) letzten Gefecht

„Limerent Death“ eröffnet das Album zunächst mit schwerem Midtempo-Gestampfe, schnell geht der Song dann über in den gewohnten THE DILLINGER ESCAPE PLAN-Krach der Marke „Dissonanter Zappelphilipp“. Im weiteren Verlauf arbeiten die US-Amerikaner mit zahlreichen Kontrasten und Tempowechseln hin zum explosiven Finale – und ehe man sich versieht, sind vier Minuten wie im Fluge vergangen. Ein klasse Opener, dem auch gleich der nächste Kracher folgt.

„Symptom Of Terminal Illness“ ist ausschließlich im Midtempo beheimatet und legt den Fokus eher auf die eingangs erwähnte, erdrückende Stimmung. Anstatt die Backen schlackern zu lassen, zielen die Jungs aus New Jersey direkt auf die Magengrube – und treffen. Eindringliche Melodien und die gequälten Lyrics machen den Song perfekt.

Ein letztes Mal richtig eskalieren…

Ein Einstieg nach Maß, besser kann man ein solches Album kaum einleiten. Nach dem folgenden, wiederum sehr zuckeligen „Wanting Not So Much To As To“ folgt mit „Fugue“ der seltsamste Track des Albums. Es handelt sich ein Instrumental, bei dem hektische, synthetische Beats im Vordergrund stehen, während zum Teil seltsame Melodien und vereinzelte, organische Sounds im Hintergrund herum schwirren – kann man mögen, muss man aber nicht.

Hiernach darf gleich wieder eskaliert werden, aber so richtig! „Low Feels Blvd“ haut mächtig auf die Zwölf, wandelt sich nach 90 Sekunden aber zu einem jazzigen Song mit schönen, unaufdringlichen Gitarren. Greg Puciato liefert hier eine denkwürdige Darbietung am Mikrofon ab. Dessen Geschrei und Gekeife wirkt teilweise weniger wie aggressive Drohgebärden und mehr wie aus echter Verzweiflung geboren. Der Schwan singt nicht, er kreischt und schreit, bis ihm die Stimmbänder wie Schiffstau aus dem Halse hängen. Seine markanten, nasalen Clean-Vocals sind nach wie vor etwas gewöhnungsbedürftig, passen aber ebenfalls wunderbar in den Sound, kommen aber eher selten vor.

Doch auch die Instrumentalfraktion, allen voran Billy Rymer am Schlagzeug, läuft hier zur Höchstform auf. Spielend wird zwischen hektischen, wütenden, tobenden Eruptionen – bei denen man sich teilweise fragt, wie man sowas nur schreibt -, rockigen oder gar punkigen Grooves und jazzigen Intermezzi gewechselt, ohne dass der Flow des Albums zum Erliegen kommt – alles hat seinen Platz im Sound. Dadurch hat man zu keiner Zeit das Gefühl, dass Langeweile aufkommen könnte, da einfach ständig etwas passiert.

…bis zum wehmütigen Finale

Es mag seltsam klingen aber dieser Sound, der mehr denn je so wirkt, als wollten THE DILLINGER ESCAPE PLAN den puren, unverdünnten Wahnsinn vertonen, entwaffnet den Hörer für den letzten, gezielten Schlag in die Magengrube. Dieser erfolgt in Form des abschließenden Titeltracks, welcher der anstehenden Auflösung der Band aller Relativierung zum Trotz dann doch eine gewisse Finalität verschafft. Dazu liefert Puciato – ausschließlich clean singend – Zeilen wie „What a strange way to lose“ und „Finding a way to die alone“, welche weiter in die offene Wunde stochern.

Nicht ganz ohne Cheese und Pathos dargeboten zwar, hinterlässt gerade dieser abschließende Track dennoch ein mulmiges Gefühl. Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass wir nichts mehr von dieser Band hören werden. Umso schöner ist es, dass sie sich mit einem derartigen Werk verabschiedet. „Dissociation“ bündelt die Stärken von THE DILLINGER ESCAPE PLAN noch einmal, treibt die Extreme auf die Spitze und bietet vielseitiges Songwriting mit perfektem Pacing. „Dissociation“ ist hohe Mathcore-Kunst, die obendrauf mit einem krachenden Sound daher kommt. Es ist der Abgesang einer wichtigen Band, die noch mal alles gegeben hat, um wirklich mit einem Knall die Bühne zu verlassen.

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22.10.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu The Dillinger Escape Plan - Dissociation

  1. Robin sagt:

    Zum Schluss ein Meilenstein – mal wieder! DEP at it’s best!

    10/10