Total Negation - Zeitzeuge [Vinyl LP]
André Gabriel
Wie man gekonnt in ein Album startet, weiß der alleinige TOTAL-NEGATION-Musiker Wiedergaenger: Die Melodie ist zwar alles andere als ausgeklügelt, ebnet einem aber einen umwerfend harmonischen Zugang zu „Zeitzeuge“. Ab Minute eins rollt die Doublebass los, und der Gesang setzt ein (mehr ein Sprechen). Die erste Auffälligkeit: Im Vergleich mit dem Vorwerk „Zur Späten Stunde / Zeiträume“ sind die Vocals sehr viel klarer, vordergründiger und dadurch präsenter – Geschmackssache, aber mir hat das verhallte Krächzen der „alten Stimme“ besser gefallen, auch wenn die Texte der neuen Scheibe dadurch zu jeder Zeit gut verständlich sind (erinnert von der Intonation her nicht selten an DORNENREICH). Zurück zu „Betrachter“: Der Song nimmt nie richtig Fahrt auf und pendelt letztlich ganz gemütlich mit leichter Doom-Schlagseite und sphärischen Gitarren auf niedrigem Tempo zu Ende.
„Flüchtling“ setzt schon deutlicher auf flirrenden Black Metal, auch wenn sich der Mittelteil an reiner Atmosphäre ergötzt. Samples, Gitarren und sanfte Schlagzeug-Monotonie versprühen kurzzeitig eine geradezu mystische Aura, bevor die Drums wieder treibender und die Gitarren (schwarz)metallischer werden. Später geht die Geschwindigkeit erst auf Mid-, dann auf Downtempo runter, der Doom müffelt nach Friedhof. Anschließend geht Wiedergaenger vor allem auf dem Drumkit ein paar Experimente ein – mutig. „Augenzeuge“ hat das beste Black-Metal-Riffing des gesamten Albums in petto, aber auch die dritte Nummer sinkt zwischenzeitlich in dunkle, experimentelle Klangtiefen ab – durchknüppeln ist nicht. In „Kronzeuge“ wird die Stimmung kurzzeitig düster-romantisch. Nimmt man all diese Charakteristika zusammen, weiß man recht genau, wie das dritte Album von TOTAL NEGATION klingt. Und wer das schon in der Theorie spannend findet, sollte dem Reinhören definitiv nicht verneinend gegenübertreten.
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