Asterius
Listening Session zu "A Moment Of Singularity"

Special

Summer Breeze 2003, Freitag Morgen, kurz vor zehn, die Sonne hat das Zelt schon wieder viel zu sehr erhitzt, der Handywecker klingelt. Langsam öffnet sich ein verstrahltes Augenpaar, um direkt danach beim Blick auf die Uhrzeit erschreckt zu erweiten. „Verdammt, ich habe mich ja mit Andrash, seines Zeichens (Clean-)Sänger bei Asterius, zu einer Listening Session verabredet!“ schießt es dem Redakteur durch den Kopf. Also schnell umgezogen, zwei Becks Gold in die Tasche gesteckt und ab auf den Backstage-Parkplatz, wo besagter Herr nicht minder fit schon bei seinem Gefährt wartet, um mir das am 22.10. erscheinende, zweite Asterius-Langeisen „A Moment Of Singularity“ über das Autoradio um die Ohren zu blasen. Und eines kann man nach einem Hördurchgang auf jeden Fall sagen: Die Band hat mit ihrem Zweitwerk ihren schon allerorts gefeierten Erstling „As Descendants Of Stars…“ noch übertroffen. Und das sage ich nicht, weil mir Andrash während dieser Session noch ein Meckatzer Weiss-Gold (die älteste Allgäuer Biersorte) angeboten hat (nach bereits zwei Becks Gold auf nüchternen Magen und verdammt viel Restalk des Vorabends eine harte Probe), sondern weil die Musik eindeutig für sich gesprochen hat. Das Bier habe ich mir natürlich trotzdem schmecken lassen. Doch jetzt zum Wichtigeren und Wesentlichen, nämlich zur Musik:

Asterius

Frozen Zodiac
Los geht es mit einem atmosphärischen Mix aus Melodic Black Metal und Power Metal (hauptsächlich wegen Andrash’s ab und an doch sehr Dickinson-lastigen Gesangs), der von vielen Breaks durchsetzt ist und somit in sich viele verschiedene Einzelthemen zu einem großen Ganzen vereint. Ein guter Einstieg, auch wenn er aufgrund der ihm innewohnenden Komplexität nach nur einmaligem Hören nicht vollständig erfasst werden kann. Ganz klar heraus stechen hierbei aber der gekonnte Wechsel zwischen cleanen und Kreischvocals, ein Industrial-mäßiger Keyboardmittelteil und das dominante, abgehackte Stakkato-Riffing.

On Black Tusk
Ein schneller Smasher, der, was den Black Metal-Teil angeht, wesentlich traditioneller daherkommt. Zudem fällt er ungemein straighter aus als noch „Frozen Zodiac“. Bemerkenswert ist hier einmal mehr Andrash’s cleaner Gesang, der sich über ein black-metallisches Grundgerüst legt, ohne fehl am Platze zu wirken.

Gemini North
Den Start markiert ein schöner Mosh-Part, nur damit danach wieder voll durchgestartet werden kann. Dabei kommt dieser Song noch eingängiger rüber als „On Black Tusk“ und wartet mittig sogar mit einem „Farmer Boys-Teil“ (O-Ton Andrash) auf. Cleane und Kreischvocals stehen wie gewohnt gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen sich wunderbar.

Another Me
Hierbei handelt es sich textlich um ein schizophrenes Zwiegespräch mit dem anderen Ich. Die gängige Space-Text-Ausrichtung haben Asterius hier also mal über Bord geworfen. Musikalisch bewegt sich alles irgendwo zwischen The Kovenant und Soilwork, wobei besonders ein fetter Double Bass-Part samt markantem Lead zu überzeugen weiß.

Multiverse
Hier regiert der Bombast, wobei sich zeigt, dass in punkto Produktion im Vergleich zum Vorgänger einige Schippen drauf gelegt werden konnten. Trotzdem gestaltet sich dieser Track als schwierigster bisher. Ein Break, die Gitarren verstummen, Flüstern setzt mit Keyboardunterstützung ein, im Hintergund erklingt eine Klangcollage, die auch auf einer Godspeed You Black Emperor!-Platte nicht aus dem Rahmen fallen würde. Was Asterius hier abliefern, ist sehr eigenständig, man muss es sich aber auch mühsam erarbeiten. Außerdem ist hier laut Andrash der Songtitel vollends Programm: „Es geht um den Kampf gegen eine einseitige Betrachtung der Dinge und die Stumpfheit im Denken. Deswegen heißt der Song auch ‚Multiverse‘ und nicht ‚Universe'“.

The One Perspective
Eindeutig der Hit der Platte. Ältere The Kovenant treffen auf neuere Samael. Das eingängigste Stück bisher, was nicht umsonst mittig mit einem Mitsingpart daherkommt. Thrashig angehauchtes Riffing, Streichersamples und ein markanter, fernöstlich eingefärbter Gitarrenlauf tragen dazu bei, dass sich dieser Song am schnellsten erschließt.

A Greater Path
Das Stück mit dem wenigsten Bombast, weswegen es im Vergleich zu den anderen wohl auch am unspektakulärsten ausfällt. Zündet beim ersten Hören nur schwerlich. Einzig der getragene Mittelteil verankert sich sofort im Gehirn.

Continuum
Andrash unterbreitet mir zuerst die einfache und vor allem positive Message dieses Stücks: „Es geht immer weiter!“ Musikalisch gesehen überzeugt dieses Stück mit der besten Gitarrenarbeit auf „A Moment Of Singularity“, die alles schön vorantreibt, bevor sich ein fetter Bombast-Midtempo-Stampf-Part anschließt. Cleane und Kreischvocals duellieren sich wieder, aber ein Sieger kann nicht ermittelt werden. Der zweite Hit der Platte.

A Different Perspective
Hierbei handelt es sich um den von Bassist Arctur geremixten Song „The One Perspective“. Im Vergleich zum Original sind hier die Gitarren fast komplett verschwunden, das Drumming sehr effektbeladen und die Vocals könnten gut gerne von The Kovenants Lex Icon stammen. Noch dazu kommt das Armstrong-Originalsample der Mondlandung zum Einsatz. Gewöhnungsbedürftig ist dieser Remix aber allemal, weil es sich fast um reinen EBM handelt.

Zudem wird „A Moment Of Singularity“ noch einen Videotrack von „Frozen Zodiac“ enthalten, der am 25.7.03 auf dem Skeleton Bash Festival in Innsbruck mitgeschnitten worden ist. Diesen konnte ich natürlich im Auto nicht begutachten. Deswegen wurde lieber nochmals angestoßen und ein wenig über den Albumtitel geredet. „Singularity – also die Singularität – ist der Zustand in der Mitte eines schwarzen Lochs“, gibt Andrash bereitwillig Auskunft. „Dort sind jegliche physikalischen Gesetze aufgelöst.“ Dies passt in meinen Augen sehr gut zur Musik von Asterius, denn sie unterwerfen sich wenigen Gesetzen und treiben stattdessen ihren großen Ideenreichtum voran, wie es für sie selbst Sinn ergibt. Stilistische Schranken? Fehlanzeige! „Genau!“ stimmt Andrash zu. „Wenn wir mal ehrlich sind, gibt es doch nur Metal. Diese Unterteilung in verschiedene Stile macht keinen Sinn. Wir versuchen, ein Gefühl zu erzeugen, dass sich vielleicht einstellen würde, wenn Satyricon und Blind Guardian parallel auf der Bühne stehen.“ Keine Vorstellung, wie sich das anfühlen oder anhören könnte? Dann lauscht ab 22.10. mal in „A Moment Of Singularity“ rein.

23.09.2003

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