Iron Maiden
Das meint die Redaktion zu "The Book Of Souls"

Special

Machen wir uns eingangs noch einmal die Sachlage bewusst: IRON MAIDENs Hochphase liegt mittlerweile rund drei Dekaden zurück – und selbst ihr zweiter Frühling („Brave New World“) ist mittlerweile schon halb so lange her. Was also erwartet man von „The Book Of Souls“? Ein Werk, das sich mit den alten Großtaten messen kann? Sicherlich nicht. Doch wohl vielmehr eine Scheibe, mit der die neben BLACK SABBATH und JUDAS PRIEST wohl wichtigste Metal-Band aller Zeiten würdig abtreten kann.

Etwas überambitioniert erscheint zunächst die Tatsache, dass die Eisernen Jungfrauen im Spätherbst ihrer Karriere ein 92-minütiges Doppelalbum auffahren, nach dem Motto: „Hey, seht mal, wie viele Ideen wir noch haben!“ Auch wenn man den Briten attestieren kann, dass sie insgesamt wieder frischer als auf dem enttäuschenden Vorgänger „The Final Frontier“ klingen, muss man konstatieren, dass eineinhalb Stunden definitiv zu viel des Guten sind. Zumal sich insbesondere Harris und Murray zu häufig in Eigenzitaten verlieren – man höre sich nur das von Harris komponierte, viel zu lang geratene „The Red And The Black“ sowie Murrays „The Man Of Sorrows“ an. Sicher, eine altgediente Formation wie IRON MAIDEN besitzt nun einmal ihren ganz eigenen Stil, aber es hat mitunter schon etwas von Tombola: Wir greifen so lange wahllos rein in unsere umfangreiche Diskographie mit all ihren bereits verwursteten Ideen, bis wir sieben bis zehn Minuten Material zusammengestückelt haben. Das Resultat sind ein paar zwar nicht wirklich schlechte, aber unfokussiert und aufgrund von Überlange plus fehlender Dynamik leicht schal wirkende Lieder. Mit der Dynamik ist es eben schwer, wenn sich geschwindigkeitsmäßig fast alles in der Mitte abspielt. Da nutzt es auch wenig, dass sich Bruce Dickinson bis auf einige vereinzelt angestrengt klingende Höhen recht gut in Form zeigt.

Auf der Habenseite können IRON MAIDEN immerhin den kraftvollen, mit leicht schauerlich anmutendem atmophärischem Zierwerk ausgestatteten Albumeröffner „If Eternity Should Fail“ verbuchen, den tatsächlich die Klasse des Mittachtziger-MAIDEN-Materials zart umweht. Auch beim packenden „Shadows Of The Valley“ mit seinen „Somewhere In Time“-Reminiszenzen nimmt man den alten Herren ab, dass sie noch Bock auf ihre Musik haben. Der abschließende 18-Minüter „Empire Of The Clouds“, bei dem die Sechs offenbar etwas zu krampfhaft versucht haben, das Opus Magnum ihrer Spätphase zu erschaffen, steht dann aber wieder stellvertretend für das gesamte „The Book Of Souls“ und führt dessen größte Schwäche deutlich vor Augen: Der Doppel-Langdreher ist zu aufgeblasen – eine deutliche Straffung auf allerhöchstens zwei Drittel der Spielzeit, das Wegschneiden einer halben Stunde all des Na-ja-geht-so-Krams, wäre hier mehr gewesen.

Glücklicherweise gelingt es IRON MAIDEN, die nun zur Genüge angesprochenen Längen mit wiedergefundener Leidenschaft zumindest teilweise zu kompensieren. Zudem können sie mit zwei, drei rundum gelungenen Kompositionen sogar vereinzelt den Geist früherer, glorreicherer Tage wachrufen. Das macht ihr 16. Album „The Book Of Souls“ zu einem achtbaren Alterswerk, mit dem sie runde 40 Jahre nach ihrer Gründung versöhnlich in Rente gehen könnten. Dennoch: Würde nicht der nach wie vor wie ein Nostalgie-Schutzpanzer fungierende IRON MAIDEN-Schriftzug auf der Platte prangen, würde sie garantiert kaum jemanden hinter dem Ofen hervorlocken.

(6/10 | Christoph Meul)

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11.09.2015

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2 Kommentare zu Iron Maiden - Das meint die Redaktion zu "The Book Of Souls"

  1. starblind1970 sagt:

    Also ich finde „The Book of Souls“ großartig. Und an alle Nörgler da draußen: bringt zuerst mal 16 Studioalben auf den Markt von denen mindestens 7 als Kultalben gelten und dann schauen wir mal was sich bei euch an Ideen wiederholt……….

  2. mgandalf sagt:

    Für mich das beste Album (Amoled genauso) ich bin Fan seit den 80ern und die alten Sachen sind Kult ! Ganz klar, aber wenn ich ein Album von Maiden am Stück durchhören möchte, nehme ich lieber die ab 2000 und dort entweder Amoled oder Book of Souls