Malmsturm
"Malmsturm"-Rollenspiel - Systemvorstellung

Special

Malmsturm

Der Weg ist das Ziel

Nach einem festen Spielziel sucht man bei Pen&Paper-Spielen vergeblich. Zwar stellen die vom Spielleiter präsentierten Geschichten in sich abgeschlossene Episoden dar, mit dem Ende eines Abenteuers ist jedoch die Heldenlaufbahn noch lange nicht beendet. Vielmehr sucht man freudig nach der nächsten Herausforderung und hat Spaß dabei, die Entwicklung der eigenen Spielfigur zu verfolgen, mit der man sich von Spielsitzung zu Spielsitzung immer stärker identifiziert. Wenn es dabei auch noch einen roten Faden gibt, der aufeinanderfolgende Abenteuer miteinander verbindet, findet man sich schnell in einer großen Kampagne wieder, die eine Spielgruppe über mehrere Jahre hinweg bestens unterhalten kann. Einem außenstehenden Beobachter zu erklären, warum man so viel Zeit auf dieses Hobby verwendet und was den eigentlichen Reiz des Pen&Paper-Spiels ausmacht, gelingt jedoch nur selten. Im Grunde muss man selbst einmal einen eigenen Helden durch eine fantastische, abenteuerliche Welt geführt haben, bevor man die Faszination dieses Spielegenres wirklich begreift.

Ein großer Vorteil von Pen&Paper-Rollenspielen liegt in der schier grenzenlosen Freiheit, die sie ermöglichen. Prinzipiell kann hier jedes denkbare Szenario nacherlebt und von kreativen Spielern auf ihre ganz eigene Weise gelöst werden. Lediglich die eigene Fantasie bestimmt die Grenzen des Spielerlebnisses. Allem technischen Fortschritt zum Trotz kann eine solche Freiheit bis heute kein Computerspiel bieten. Da ein Spieler beim Pen&Paper-Spiel nicht im eigentlichen Sinne „gewinnen“ oder „verlieren“ kann, entwickelt sich auch schnell ein konstruktives Miteinander der Spieler, in dem man die eigene Kreativität voll und ganz ausleben kann. Rollenspiele bieten eine hervorragende Möglichkeit, den Kopf vom grauen Alltag frei zu bekommen und der Realität wenigstens für ein paar Stunden zu entfliehen. Und letztlich bedeutet ein Pen&Paper-Spiel immer auch, sich Zeit zu nehmen, um mit guten Freunden zusammensitzen und sich im besten Wortsinne zu unterhalten. Die Gründe, warum Menschen zu Stift, Papier und Würfeln greifen, sind also recht vielfältig, unter dem Strich steht aber schlicht der Spaß am gemeinsamen Spielen im Mittelpunkt.

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Parallelen zur Metal-Szene

Bei genauerer Betrachtung lassen sich einige Parallelen zwischen der Metal- und der Rollenspiel-Szene erkennen. So sind – trotz weltweiter Chart-Erfolge von NIGHTWISH und prominent besetzten TV-Werbespots für „World Of Warcraft“ – beide Szenen tief im Underground verwurzelt. Wenngleich PC-Spiele wie „Fallout“ oder „Dragon Age“ Umsätze in Millionenhöhe bringen und man AC/DC- oder IRON MAIDEN-Shirts heutzutage bei „H&M“ kaufen kann, umfasst der eigentliche Szene-Kern jeweils einen relativ überschaubaren Prozentsatz der Gesamtbevölkerung. Seit der Erstveröffentlichung im Jahre 1974 wird die internationale Rollenspiel-Szene vom Platzhirsch „Dungeons & Dragons“ (D&D) beherrscht, während im deutschen Sprachraum das ähnlich gelagerte, aber zehn Jahre jüngere „Das Schwarze Auge“ (DSA) inzwischen den größten Marktanteil für sich beansprucht – und beide Spiele sehen sich in Szene-Kreisen ähnlichen Ausverkaufs-Vorwürfen ausgesetzt wie DIMMU BORGIR oder HAMMERFALL. Dafür sind echte Headbanger ständig auf der Jagd nach unbekannten Band-Geheimtipps, so wie auch die meisten Die-Hard-Rollenspieler gerne reichlich obskure Spielsysteme für sich entdecken, von denen kaum ein anderer jemals etwas gehört hat. Und wo der Metaller selbst zu Gitarre, Bass oder Schlagzeug greift, um irgendwann einmal auf einem Kleinst-Label eine CD veröffentlichen zu können, findet man im Internet unzählige inoffizielle Regel-Erweiterungen oder ganze Spielsystem-Eigenentwicklungen, die gelegentlich über Kleinst-Verlage auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden.

Die zahlreichen Parallelen setzen sich auch thematisch fort. Vom Ritter, der in strahlend weißer Rüstung gegen Drachen und anderes Monstergezücht zu Felde zieht, singen nicht nur Mittelalter-Bands wie SUBWAY TO SALLY oder SCHANDMAUL. Auch in der Power-Metal-Szene und im Hard-Rock gehört diese klassische Rollenspiel-Helden-Figur zum lyrischen Standard-Repertoire. Und wenn AMON AMARTH über heidnische Wikinger oder ALESTORM über trinkfeste Piraten singen, dann erwacht im Rollenspieler die Sehnsucht nach einer zünftigen Kaperfahrt am heimischen Spieltisch. Ähnlich naheliegend ist der Schritt von HIM, SENTENCED oder MOONSPELL zum theatralisch-gothischen „Vampire“-Rollenspiel. Dass H. P. Lovecrafts „Cthulhu“-Mythos nicht nur Bands wie METALLICA und RAGE zu Songs inspiriert hat, sondern auch als Basis für ein subtiles Horror-Rollenspiel herhalten durfte, versteht sich fast von selbst. Und auch zahlreiche der von Arjen A. Lucassen in seinem STAR ONE-Projekt vertonten Science-Fiction-Filme und -Bücher haben längst einen eigenen Rollenspiel-Ableger bekommen. Kein Wunder also, dass angesichts dieser breiten gemeinsamen Basis die Schnittmenge aus Metalheads und Rollenspielern auffällig groß ist und viele Rollenspieler sich musikalisch für harte Rock- und Metal-Mucke begeistern können. Eine gezielte und konsequente Umsetzung von Atmosphäre und typischer Klischees der Metal-Szene in ein Fantasy-Rollenspiel leistet aber erst das vor kurzem erschienene „Malmsturm“, das im Folgenden näher beleuchtet werden soll.

Malmsturm

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10.08.2011

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3 Kommentare zu Malmsturm - "Malmsturm"-Rollenspiel - Systemvorstellung

  1. Herr Møller sagt:

    Ganz davon abgesehen, dass ich, wie ja schon gesagt, das Spiel dringend antesten muss: Ein Top-Artikel! =-)

    1. Helge sagt:

      In 4 Tagen erscheint das neue Malmsturm. Du kannst es also wieder testen 🙂

      1. Florian Schörg sagt:

        Danke für den Hinweis! Tatsächlich hab ich das Buch auch schon vorbestellt und bin schon tierisch gespannt. Ich fürchte nur, dass es wohl ein wenig länger dauern wird, bis ich die neue Auflage dann auch gelesen habe – und erst recht bis ich das auch mal einem Praxistest unterziehen konnte. Insofern wird es mit einer Rezension diesmal wohl eher nicht klappen, zumindest nicht zeitnah zum Erscheinen.