Scorpions
Die "50th Anniversary Editions" ihrer Klassiker

Special

Scorpions

ANIMAL MAGNETISM (1980)

Das kompakt angreifende „Blackout“ wird meist als das härteste Album der SCORPIONS betrachtet. Das dunkelste und schwerste ist allerdings dessen Vorgänger „Animal Magnetism“, bei dem Matthias Jabs sich erstmalig richtig einzubringen weiß. Abgesehen vom schmissigen Hit „Make It Real“ gibt es hier vor allem eher stampfendes Midtempo; das gilt für „Hold Me Tight“ ähnlich wie für „Twentieth Century Man“ oder „Only A Man“. Richtig wirkungsvoll bringen die SCORPIONS diese Wucht jedoch erst im vorletzten Stück „The Zoo“ auf den Punkt. Das simple Grundriff schleicht sich lauernd wie ein Tiger im Halbschatten die gesamte Strophe über an, um dann schließlich im Refrain vom Lead unterstützt anzugreifen. Mächtiges Teil, das sie heute noch spielen, verfremdende Talkbox und Straßensamples von der New Yorker 42nd Street inklusive. „Animal Magnetism“ als Song geht dann zum Abschluss noch einen Schritt weiter und beschreibt das wilde Verlangen mittels episch-doomiger und pechschwarzer Riffwände. Aber ob man Meines Klaus beim Beschwören des Beischlafs jetzt auch noch im dunklen Folterkeller fürs Kopfkino braucht? Hm.

Das andere Extrem ist allerdings die in der Mitte des Albums platzierte Ballade „Lady Starlight“. Scheißegal, ob da nach säuselndem Gestreiche nach vier Minuten tatsächlich eine Gitarre mit hochrotem Kopf einsetzt – das Ding setzen die SCORPIONS so geschickt in den verminten Sand zwischen Sibirischem Orchester und Silbereisen, dass man es fast schon wieder bewundern muss. Hinterhältig ist allerdings der subtile intertextuelle Verweis, den die Kollegen da eingebaut haben. Denn sie dehnen das Ding bei genauerer Betrachtung nur vermeintlich unmotiviert auf quälende 6:16 Minuten, um dem nach ROCK hungernden Rezipienten noch einen von ganz oben mitzugeben: „Wenn ihr fastet, dann setzt keine Leidensmiene auf wie die Scheinheiligen.“ (Matthäus 6.16). Leute, wer ist hier wohl scheinheilig? So eine Triefnummer kann euch doch wohl selbst keinen Spaß machen… 6/10

Als Bonus gibt es hier nur Demo-Stücke. Die allerdings sind ziemlich interessant. „Animal Magnetism“ kommt als schnellerer, gewöhnlicherer SCORPIONS-Rocker. Die vergleichsweise erträgliche Ballade „Get Your Love“ wurde später zu „Heroes Don’t Cry“ geformt und als Zugabe zur „Live Bites“ veröffentlicht, „Twentieth Century Man“ hieß als ähnlich klingender Demo-Song noch „Restless Man“, das lässige „All Night Long“ gab es vorher nur auf „Tokyo Tapes“ und „American Girls“ gab es vorher noch gar nicht. „Hey You“ wiederum erschien 1980 als Single und war 2001 bereits Bonus. Rudolf Schenker singt erstaunlich lieblich und das mit Blick auf „Animal Magnetism“ vollkommen aus dem Rahmen fallende Stück überzeugt mit cooler Leadgitarre und teils verpeilt-sphärischer Indie-Atmosphäre.

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03.12.2015

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3 Kommentare zu Scorpions - Die "50th Anniversary Editions" ihrer Klassiker

  1. Freddi sagt:

    Sehr geiles Special. Find ich gut, dass ihr auch zu Bands steht, die oft nur belächelt werden. Aber irgendwoher muss die Beliebtheit der Scorpions ja auch herkommen. Gerne mehr davon! Dickes Lob!!!

  2. hrhr sagt:

    sehr schick, kompliment für dieses special

  3. xn0 sagt:

    Die Scorpions werden zu oft auf „Winds Of Change“ reduziert, der zugegebenermassen der nervigste Track der Bandgeschichte ist. Vergessen wird oft, daß die Scorps mit zu den besten Songschreibern der deutschen Hard Rock/Metal-Szene gehören. Ich ziehe immer noch gerne die 80er „World Wide Live“ heran, wo man man sehen kann wie heftig die Scorpions eigentlich sind. Nicht die „Peinlichste Band der Welt“ aber gerne Ziel von nestbefleckenden heimischen Schreiberlingen. Ein zu Unrecht schlechter Ruf.