Slash
Die Autobiographie

Special

Slash

„I’m a little bit nervous, I’m standing next to a legend“, sagt der Mann von „Das Ding“, als er dieses Jahr beim Rock am Ring alleine mit Slash für ein Interview vor der Kamera steht. „Where?“, sagt Slash und dreht sich verschmitzt um. Aber das ist niemand. Natürlich.

Trotzdem, selbstverständlich ist der Mann eine Legende, und eine ganze Menge außerdem: mehrfacher ex-Junkie, mehrfacher ex-Alkoholiker und mehrfacher (ex-)Ehebrecher. BMX-Fan, Reptilien-Narr und STONES-Verehrer. Rebell, Straßenjunge und Familienvater. Fabelhafter Leadgitarrist, GUNS N‘ ROSES- und VELVET REVOLVER-Gründer. In jedem Fall ist Slash eine interessante Persönlichkeit und ein – soweit zu beurteilen – sehr relaxter, bodenständiger und netter Kerl geblieben.

„Slash“ ist die Autobiographie des Mannes, der als Saul Hudson geboren wurde, und in dem es viel über diesen Vollblutmusiker zu erfahren gibt. Woher der Name „Slash“ kommt, wie und warum GUNS N‘ ROSES entstanden und zerfallen sind, welche Rolle der obligatorische Zylinder spielt, wieso Rick Rubin nie ein Album mit Slash produziert hat, wer in der US-Rockszene welche Drogen nahm oder nimmt, warum POISON zu jeder Zeit eine nicht ernstzunehmende Poserband waren und auf welche Arten und Weisen sich GUNS N‘ ROSES vor METALLICA blamiert haben. Eine Menge Gossip also, aber auch eine Menge hintergründiger und sehr persönlicher Informationen und Gedanken, die man in diesem Buch das erste Mal liest. Es ist dabei deutlich zu spüren, dass der extrovertierte Gitarrist seine Sensibilität ansonsten nicht umsonst hinter Haarbüscheln und unter breitkrempigen Hüten versteckt, und wie schwer ihm einige Seiten dieser Autobiographie gefallen sein müsste. Erstaunlicherweise auch die, in denen es um wirklich lebensgefährlichen Drogenmissbrauch und damit verbundene Folgekrankheiten oder wildeste Rumhurereien während des AIDS-Booms geht. Davon erzählt Slash – aus heutiger Sicht, das alles überstanden zu haben, recht entspannt – in demselben relaxten Plauderton wie von der Inneneinrichtung seines Badezimmers.

Das Gesamtergebnis ist eine mitunter ziemlich langatmige, aber im Gesamtkontext recht lesbare Geschichte mit Schwerpunkt Entertainment, dafür ohne besserwisserische Rockopa-Weisheiten. Dabei machen Slash und sein skandalerprobter Co-Autor Anthony Bozza (unter anderem Rolling Stone-Redakteur und Autor von Publikationen über AC/DC, Eminem oder Tommy Lee) selbstverständlich alle Fehler, die man in einer Rockmusiker-Biographie machen sollte: 80% des Inhalts konzentrieren sich auf Drogen und deren Konsum, willige Mädchen und die üblichen Bandprobleme. Oder, kurz und ausgetreten: Sex, Drugs und Rock’n’Roll.
Auch wenn Slash sich selbst darüber beklagt, seine Lektüre von LED ZEPPELINs „Hammer Of The Gods“ sei zäh und furchtbar gewesen, weil es nur um Jimmy Pages Drogenkonsum gegangen wäre (was gar nicht stimmt!) – eine gangbare Alternative hat er leider auch nicht. Außerdem ist die Übersetzung des US-amerikanischen Originals (von 2007) nicht immer 100%ig glücklich und zudem voller unfassbar vieler nervtötender Fehler (kein Budget für ein Lektorat?), was ich skandalös unangebracht finde. Es geht ja nicht um die Chronik des örtlichen Taubenzüchtervereins.

„Slash“ ist thematisch eine Mischung aus SPINAL TAP, „Pulp Fiction“ und eben jenem „Hammer Of The Gods“, allerdings im inhaltlichen Rahmen der einzigartigen Erfolgsgeschichte von GUNS N‘ ROSES, die das Buch natürlich dominiert. Trotzdem geht es spürbar um den liebenswürdigen und zerbrechlichen Menschen und begnadeten Musiker Slash, und natürlich darum, in guter Rocktradition eine heillos übertriebene, exzessive, aber stets unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Das ist Slash, wie so ziemlich alles in seinem Leben, geglückt. Da wäre ich beim Interview auch ein wenig nervös.

„Slash“ ist im Rockbuch-Verlag erschienen und kostet 24,95 Euro.

30.07.2010

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