Sólstafir
Das meint die Redaktion zum neuen Album "Ótta"

Special

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So langsam stirbt der Sommer wieder und was kommt bei der neuen Jahreszeit besser, als ein ruhiges, melancholisches Album voller Gefühle und Tiefgang? Die Veröffentlichungszeit des Studiofünftlings von SÓLSTAFIR hätte also besser gar nicht gewählt werden können, denn genau das alles bietet „Ótta“ auf seinen 57 Minuten Hörgenuss.

Meine Erwartungshaltung war nach dem Meisterwerk „Svartir Sandar“ enorm hoch und obwohl dieses Album auch weiterhin der Favorit bleibt, steht ihm das aktuelle Werk in kaum etwas nach. Der eingeschlagene Weg wird konsequent weiter geführt und das trifft sowohl auf das Songwriting als auch den Sound zu. Vom ersten Ton an fühlt man sich hier zuhause. Kaum eine Band kann die eigene Herkunft derart stimmig als akustischen Output zur wunderschönen Metapher erstarren lassen. Doch genau das tun SÓLSTAFIR. Vor allem die Gitarren im Beginn des Titelsongs hören sich wie sphärische Walgesänge an, die raue und eigenständige Produktion spiegelt die schneverwehte Landschaft wieder. Klar ist das Interpretationssache. Aber so wie IMMORTAL ihr Blashyrkh aus Eis und Kälte musikalisch vor dem inneren Auge aufbauen, tun dies die Isländer auf ihre eigene Art und Weise. Wellen brechen sich, weite Steppenlandschaften breiten sich aus und mitten drin steht er alleine – der Hörer, der Musiker, der Mensch.

Als wichtiges und oft vordergründiges Element ist das Klavier zu nennen, welches die Mehrheit der Melodiebögen trägt, meist simpel und repetitiv. Aðalbjörns Stimme ist unverändert gut und es ist immer wieder überraschend, wie toll sich Isländisch anhört, ohne dass man auch nur ein Wort versteht. Seine Gitarre setzt er viel mehr für atmosphärische Klangwände als wirkliche Riffs ein. Dazu ein rastloses, einfaches, aber effektives Drumming und damit wäre der Sound der Band eigentlich schon erklärt. Die Magie dahinter jedoch nicht. Die muss jeder für sich selbst heraus finden. „Ótta“ ist weniger eruptiv als der Vorgänger. In seiner Weise aber wieder einmalig.

(Eugen Lyubavskyy | 8/10)

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„Í Blóði Og Anda“, „Masterpiece Of Bitterness“, „Köld“, „Svartir Sandar“ – vier Alben mit der metal.de-Höchstnote, vier Alben, die von erstaunlicher Eigenständigkeit zeugen. Spätestens seit dem Doppelalbum 2011 zeichnet sich dann auch die enorm steigende Popularität der Gruppe ab. Tourneen durch Europa, zahlreiche Festivalbookings, erste Auftritte in Amerika, „Fjara“ auf Platz eins der isländischen Singlecharts – da lastet durchaus etwas Druck auf den introvertierten Isländern.

Drei Jahre später liegt „Ótta“ dann endlich vor. Selbe Gitarreneffekte, selber Sound. Doch der Rock ist verschwunden und der Post-Punk reißt sich endgültig los. Alles Dinge, die der gute Sven schon in seiner Review zu bestaunen wusste, das muss ich also nicht noch mal aufzählen. Für mich klingt es zugleich aber so, als hätte man von fast allem, was wir so an SÓLSTAFIRs Eigenständigkeit lieben, ein wenig eingebüßt. In Zeiten, wo jede Indie-Band in Interviews wieder mit dem Namen JOY DIVISON um sich wirft, ist es doch mehr als adäquat, einen mit solchen Elementen gespickten „Melrakkablús“ (aus „Svartir Sandar“) zu kredenzen, statt ein Retro-Post-Punk-Stück wie „Dagmál“ (natürlich trotzdem im typischen SÓLSTAFIR-Gewand) oder eine Symphonic-Ballade wie „Miðaftann“ auf die Scheibe zu packen. Selbstredend ist das natürlich Meckern auf hohem Niveau. Wieder eine überdurchschnittliche Platte.

Auf dem Social-Music-Portal last.fm gibt es die äußerst interessante, meist ihren Zweck erfüllende „Ähnliche Künstler“-Rubrik. Bei SÓLSTAFIR spuckte das Ding (Hurra!) bisher nie etwas wahrhaft Ähnliches aus. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich das im Laufe der Zeit langsam, aber sicher ändern könnte. Weil der Post-Punk zurückkommt. Weil der Post-Rock mehr denn je boomt und tagtäglich mehr Einzug im Mainstream erhält. Weil genau diese Bands im Kommen sind. Weil ich Angst habe, dass die Jungs ihr Alleinstellungsmerkmal verlieren könnten. Dass es bald jemand besser macht.

„Ótta“ = großartig. „Svartir Sandar“ = Meisterwerk.

(Alex Klug | 7/10)

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Im Grunde ist es keine Überraschung, dass SÓLSTAFIR einmal mehr ein überragendes atmosphärisches Meisterwerk vorgelegt haben. Dabei kann auch „Ótta“ bei oberflächlicher Betrachtung allzu leicht unterschätzt werden und verlangt nach einer intensiven Auseinandersetzung. Die Isländer folgen in ihren düster-erhabenen Klanglandschaften einer auf das mittelalterliche Klosterleben zurückgehenden Einteilung des Tages in acht dreistündige Intervalle, beginnend mit dem ruhigen Klavier-Intro von „Lágnætti“ um Mitternacht, bis der Kreis sich mit „Náttmál“ wieder schließt.

Dazwischen findet sich der auf eine knappe Stunde Spielzeit komprimierte Ablauf eines Tages, der in Wahrheit symbolisch für einen längeren Prozess steht und beim besten Willen nicht als fröhlich bezeichnet werden kann. Es geht um Trauer, Verlust und Hoffnungslosigkeit, die von Sänger Aðalbjörn Tryggvason in sehr persönliche Worte gekleidet und auf beeindruckend emotionale Weise vorgetragen werden. Da er sich dabei seiner isländischen Muttersprache bedient, dürften die Texte selbst an geschätzten 99,995 Prozent der Weltbevölkerung komplett vorbeigehen. Die perfekt arrangierten und in Szene gesetzten Stücke lassen den Zuhörer dennoch aus ganzem Herzen mitfühlen und vermögen es ähnlich tief zu berühren wie beim Vorgänger „Svartir Sandar“.

Dem 2011er-Meisterwerk, an dem sich SÓLSTAFIR wohl bis in alle Ewigkeit messen lassen müssen, kann „Ótta“ indes nicht ganz das Wasser reichen. Bei allem Tiefgang und der emotionalen Reife ist die rohe, ungebändigte Energie ein wenig zu sehr in den Hintergrund geraten, die Black-Metal-Wurzeln der Band liegen inzwischen etwas zu tief in den makellosen Kompositionen vergraben. Bei aller wohliger Träumerei war „Svartir Sandar“ somit einfach das spannendere Album. Doch natürlich ist das Jammern auf allerhöchstem Niveau, denn mit „Ótta“ ist SÓLSTAFIR einmal mehr ein beeindruckendes, ein emotional tiefgreifendes, ein uneingeschränkt empfehlenswertes und vor allem ein absolut hörenswertes Album gelungen.

(Florian Schörg | 9/10)

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18.09.2014

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