Ära Krâ - Ära Krâ

Review

Die Masken der Internet-Anonymität sind gefallen, ÄRA KRÂ sind zurück auf der Bildfläche. Satte viereinhalb Jahre nach der durchaus bezirzenden Debütplatte „Ferne Tage“ legen die ehemaligen FUCK YOUR SHADOW FROM BEHIND-Musiker ein neues Lebenszeichen in Form einer selbstbetitelten EP vor. Während die mittlerweile in Berlin ansässige Splittergruppe zuletzt gesundheitliche Probleme zu überwinden hatte, zieht ihr ehemaliger FYSFB-Bandkollege Nikita Kamprad mit einer szeneintern nicht allzu unbekannten Truppe namens DER WEG EINER FREIHEIT durch die Lande. Und da der Post-Black-Metal inzwischen auch im Kinderzimmer des letzten BRING ME THE HORIZON-Fans angekommen sein sollte, ist es wenig überraschend, dass der Einfluss der neuen deutschen Black-Metal-Welle auch an den Ex-Kollegen nicht spurlos vorüberzieht.

So knüppelt „Strang & Schwert“ im feinsten Northern-Black-Stil drauf los und lässt bereits nach wenigen Minuten ÄRA KRÂs Händchen für treffsichere Melodien erkennen. Mögliche EMPEROR-Assoziationen sollte man sich aus Furcht vor puristischer Lynch-Justiz natürlich lieber verkneifen, doch mit Adrian Schlers Coregerödel drängen ohnehin auch andere Einflüsse in den Vordergrund. „Die Kerze sie flackert, hält der Kälte stand“, heißt es im stilistisch in der Tradition des Vorgängers stehenden „Grauer Sand“. Zwar nicht ganz so „mellow“ wie zuletzt trumpfen ÄRA KRÂ auch hier wieder mit akkordversierten Clean-Spielereien, moderner Brachialität und etwas zu kratzig geratenen Schrammelleads auf. Schließlich war es ebendieses Wechselspiel, das „Ferne Tage“ 2011 zum stets unterschätzten Underground-Geheimtipp machte. Zeugt halt auch irgendwie mehr von Kreativität als das willkürlich platziert wirkende Chopin-Klavierinterludium im ersten Track.

Was die Kerze allerdings gar nicht mal so zum Flackern bringt, sind Schlers Klargesangsexperimente im abschließenden „Endlos“. Gleichzeitig screamen, rufen und dabei dann noch ein paar Töne treffen, sachste? Na klar geht das. Mit reichlich Overdubs eben. Was bei NARZISS schon nicht immer zum Hörgenuss beitrug, aber hin und wieder nochnaiven Charme vermittelte, gerät bei ÄRA KRÂ zum wohl bisher schwächsten Moment ihrer Karriere.

Dabei hat die Drei-Track-EP ja eigentlich gar nicht so wenig zu bieten. Erfreulich definiertes Bassspiel, eine punchige Schlagzeug-Produktion und immer neu aufkeimende Ideen zwischen Black Metal, Hardcore und Post-Rock. Vom wirklich packenden Songwriting des Debüts scheinen sich ÄRA KRÂ mit diesem Zwischenspiel hingegen in höherem Maße freizuschwimmen, als es nötig gewesen wäre. Denn wer „Ferne Tage“ kennt, braucht keine 08/15-Post-Black-Experimente. Mögen sie auch noch so zeitgemäß trendy sein.

04.12.2015

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