Caligula's Horse
"Welche Band nennt sich schon CALIGULA'S HORSE?" Interview mit Jim Grey und Sam Vallen zu "Bloom"

Interview

Caligula's Horse

Mit „Bloom“ veröffentlichten CALIGULA’S HORSE Mitte Oktober bereits ihr drittes Album, ein hervorragendes und modernes Prog-Werk, mit dem sie gleichzeitig ihren Einstand bei InsideOut feiern. Zum Zeitpunkt des Interviews sind sie mit SHINING (NO) in Europa unterwegs. Ich traf Sänger Jim Grey und Lead-Gitarrist Sam Vallen kurz vor ihrem Auftritt im Frankfurter Nachtleben, um sie ein wenig zum Album und der Tour zu befragen. Die beiden äußerten sich über Songwriting, Aufnahmen, Auftritte und bizarre Tourerlebnisse.

Hallo, Jim und Sam, wie geht es Euch?

Jim: Sehr Gut, wir sind derzeit ziemlich beschäftigt mit unserer Tour und hetzen gerade mehr oder weniger durch Europa.

Wie läuft die Tour denn?

J: Es macht Spaß, aber es ist natürlich auch sehr anstrengend. Teilweise treten wir auf Bühnen auf, die einfach viel zu klein für uns sind.

Gab es denn schon Tourhighlights?

J: Bologna war geil. Wir sind dort aber in eine Ausschreitung hineingeraten und wurden von der Polizei auch gleich mal mitgefilzt (lacht).

Sam: In Wien waren wir bereits mit SHINING (NO) unterwegs und sind auch dort in eine Demo hineingeraten. Eine dieser rechten Parteien hatte eine Veranstaltung mit Kundgebungen bezüglich der aktuellen Flüchtlingsthematik abgehalten. Ihre Gegner waren natürlich auch alle da und haben Radau gemacht. Und wir steckten mit unserem Tourbus mittendrin.

J: Beim Auftritt selbst dann hatte eine Dame mit Corpsepaint und voller Black-Metal-Montur das Publikum ziemlich aufgemischt. Ich hatte sie dann gefragt, wer sie denn sei. Darauf antwortete sie: „I AM THE QUEEN OF FUCKING BLACK METAL!“ Es war großartig, der gesamte Club hat gefeiert.

S: Dagegen kannst Du als Band einfach nicht anstinken (lacht).

J: Ich vermute, dass sie sich bei SHINING geirrt hat (lacht).

Ist das denn Eure erste Europatour?

J: Ja, ist es. Jetzt, da wir bei InsideOut sind, wollten wir mal intensiv touren, um uns eine möglichst internationale Fanbase erspielen zu können.

Habt Ihr auch vor, in die Staaten zu gehen?

J: Auf jeden Fall, aber nicht mehr dieses Jahr (lacht). Wenn man aus Australien kommt, ist so eine Tour immer eine große Sache, egal wo es hingeht. Zwar sind die Staaten nicht Ziel unserer aktuellen Tour, aber vielleicht der nächsten. Wäre auf jeden Fall geil, wenn wir auch dorthin kommen könnten. In Europa sind wir echt überrascht, von wo unsere Fans überall kommen. In Mailand kam ein Fan den ganzen Weg von Lettland herunter, nur um uns dort zu sehen. Also ja, die Staaten wollen wir schon irgendwann in nicht allzu ferner Zeit betouren.

Wie kamt Ihr eigentlich auf Euren Bandnamen?

J: Der Name selbst kommt von einer lustigen Geschichte, in welcher der berüchtigte römische Kaiser Caligula eines seiner Pferde zum Senator oder gar zum Konsul ernennen wollte, sehr zum Misfallen seiner Berater und der Senatoren. Eine persönliche Bedeutung für uns hat der Name allerdings nicht. Wir wollten einfach einen Namen wählen, der aus der Masse hervorsticht, der Interesse weckt. Ich meine: Welche Band nennt sich schon CALIGULA’S HORSE (lacht)?

Wie würdet Ihr denn Eure musikalische Entwicklung bezeichnen?

S: CALIGULA’S HORSE begann eigentlich als Nebenprojekt. Ich hatte meine Ideen zu Papier respektive Tape gebracht und bin damit von Haus zu Haus gezogen, um Gastbeiträge von verschiedensten Musikern zu sammeln. Als wir bei „The Tide, The Thief & River’s End“ aber merkten, dass die Chemie in der Band einfach stimmte und dass jeder hier Spaß hatte, wurde es quasi zu unserem Hauptprojekt.

J: Ich singe ja auch für ARCANE (AUS). Aber für mich ist CALIGULA’S HORSE zum Hauptprojekt geworden, da die Musik einfach positiver ist. Auf „Bloom“ zumindest. ARCANE (AUS) sind teilweise einfach so traurig und deprimierend. Letztes Jahr ist eine sehr gute Freundin von mir gestorben, ihr haben wir übrigens den Song „Firelight“ gewidmet. Für ARCANE (AUS) zu singen war für mich deswegen teilweise einfach nur unerträglich.

Würdet Ihr sagen, dass „Bloom“ der Gipfel Eurer bisherigen Entwicklung ist?

S: Auf jeden Fall. Wir entdeckten unser Potential als Band so um 2013 herum, das war die Zeit, in der wir „The Tide, The Thief & River’s End“ aufnahmen. Und auf „Bloom“ klingen wir einfach entspannter, vollkommener.

Hättet Ihr diese Entwicklung zu Zeiten Eurer Bandgründung voraussehen können?

S: Unter keinen Umständen. Wie gesagt: Ich hatte ein paar Ideen, mit denen ich von Haus zu Haus gezogen bin, ich hätte nie erwartet, dass das mal so groß sein würde.

Wie sind denn die Aufnahmen zum aktuellen Album „Bloom“ gelaufen?

S: Sehr geschmeidig, was einerseits an unserer Erfahrung liegt, die wir zu diesem Punkt angesammelt haben, andererseits hatten wir unser Material sehr intensiv ausgearbeitet und viel Zeit und Arbeit in die Pre-Production gesteckt, bevor wir ins Studio gegangen sind.

Könnt Ihr das etwas erläutern?

S: Naja, wir konstruieren unsere Musik nicht, sie entsteht meist bei gemeinsamen Jams. Wenn wir dann eine gute Idee haben, schreiben wir diese auf und entwickeln sie dann Stück für Stück weiter. Wir haben uns da so eine Art Bausteinsystem angeeignet. Hinzu kommen natürlich die Lyrics, welche die Musik in gewisser Weise mitbestimmen.

J: Gerade nach ARCANE (AUS) wollte ich etwas positiveres schreiben, und ich hatte dann einfach das Bedürfnis, über die Schönheit der Natur zu schreiben.

Gibt es denn ein zusammenhängendes Konzept?

J: Nein, es ist eher eine Art roter Faden, der sich durch das Album zieht und alles lose zusammenhält. Wir wollten unsere Musik nicht in ein thematisches Korsett stecken. Wir haben das schon mal gemacht und waren nicht sonderlich glücklich damit.

Ich habe sehr viele mythologische Themen wahrgenommen, gerade in „Daughter Of The Mountain“.

J: Oh ja, gerade bei diesen Song habe ich mich von einem meiner Lieblingsmythen inspirieren lassen: Die japanische Geschichte um Konohanasakuyahime, um deren Hand Ningi anhielt. Ich habe die Geschichte aber ein wenig modernisiert, sodass es im Gegenteil Konohanasakuyahime ist, die für ihre Liebe kämpfen muss und diese letztendlich auch gewinnt. Ich wollte einfach das antike Frauenbild umkehren und unserem Zeitgeist anpassen.

Ihr hattet ja bereits gesagt, dass Ihr bei Eurem Songwriting wenig konstruiert, sondern eher die Musik einfach fließen lasst. Könnt Ihr das etwas näher erklären?

S: Das ist richtig, unser wichtigstes Anliegen war es, einen guten Flow ins Album hinein zu bekommen. Natürlich soll es komplex und interessant sein. Wir wollen ja weiterhin eine hinreichend anspruchsvolle Hörerschaft ansprechen. Andererseits wollten wir auch ein Album haben, das einen natürlichen Flow hat. Es sollte in sich schlüssig sein und sich wie ein großes Ganzes anfühlen. Vor allem wollten wir nach „The Tide, The Thief & The River’s End“ ein Album erschaffen, das man als positive Erfahrung bezeichnen kann.

Hattet Ihr denn konkrete Inspirationen?

J: Naja, in „Dragonfly“ etwa haben wir sehr viele Anspielungen auf TORI AMOS und JEFF BUCKLEY versteckt, aber eigentlich versuchen wir – wie schon gesagt – die Musik einfach laufen zu lassen.

S: Bei „Turntail“ etwa wollten wir die Gitarren so entfesselt wie möglich klingen lassen. Wir wollen schließlich kein Genre-Korsett tragen.

Und wie ist das Album allgemein angekommen?

S: Sehr gut, wir sind froh, dass das Album so gut aufgenommen wurde.

Wie würdet Ihr denn Eure Live-Präsenz beschreiben?

S: Wir versuchen, unsere kreative Energie auf die Bühne zu transportieren, unsere Musik zu leben und zu leiden, sozusagen. Im Grunde müssen wir unsere Musik ja verkaufen und das machst Du einfach nicht, wenn Du wie ein Roboter auf der Stage stehst und Deine Noten einfach runterleierst (lacht).

J: Auch suche ich immer den Kontakt zum Publikum. Ich rede gerne mit den Leuten, gehe auf sie ein (siehe Wien) und versuche einfach, mit den Leuten so viel Spaß wie möglich zu haben.

Gibt es denn irgendwelche Alben, die Ihr privat gerne hört?

S: Eigentlich höre ich hauptsächlich meine eigene Musik, meist aus Angst, dass irgendwo ein Fehler drin stecken könnte (lacht). Aber wenn du mich so fragst: Die neue AGENT FRESCO hat mich richtig umgehauen. Auch höre ich gerne STEELY DAN und GENTLE GIANT.

J: Ich liebe die neue KENDRICK LAMAR, „To Pimp A Butterfly“. Zwar kein Metal, ist das Album dennoch ein konzeptionelles Meisterwerk und hat das Potential, den modernen Hip Hop wieder in die richtige Richtung zu lenken.

Ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch, die letzten Worte gehören Euch.

S: Wir bedanken uns ebenfalls für das Interesse an unserer Band. Wir sind froh, dass unsere Gigs bislang so gut angekommen sind. Die Leute suchen ja immer nach guter Musik und wir sind froh, wenn wir dabei helfen können (lacht).

J: Nein, wirklich: danke!

14.11.2015

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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