Heretic (USA)
Interview mit Gitarrist Brian Korban

Interview

Heretic (USA)

Zwar ist „A Time Of Crises“ längst nicht mehr taufrisch, die Freude der US Metal-Gemeinde darüber ist aber immer noch ungetrübt. Kein Wunder, schließlich handelt es sich dabei um das erst zweite Langeisen der Kult-Truppe HERETIC, deren Erstlingswerk „Breaking Point“ seit dem Erscheinungsdatum 1988 ungebrochen für Furore in einer eingeschworenen Fanbase sorgt.

Dieser erweisen Metal Blade Records aktuell mit einem Komplett-Paket das den Titel „From The Vault…Tortured And Broken“ trägt die Ehre, wobei darin neben besagtem Debüt-Album auch die knapp zwei Jahre zuvor erschienene EP „Torture Knows No Boundary“ sowie jede Menge an Bonus-Material und eine DVD als „Zusatz-Zuckerl“ enthalten sind.

Nicht zuletzt dadurch sollte das gute Stück nicht nur für die treuesten Fans der Band interessant sein, sondern jedes schwermetallische Jäger- und Sammlerherz erfreuen können. Da die Band aber seit dem erwähnten, vom Kult-Label Metal On Metal Records in Umlauf gebrachten „A Time Of Crises“ ohnehin wieder voll im Saft steht und zudem in Kürze auch vermehrt auf den Bühnen zu sehen sein will, galt es die sich auf Grund der erwähnten aktuellen Compilation bietende Gelegenheit beim Schopf zu packen um mit Gitarrist Brian Korban die Geschichte von HERETIC einigermaßen aufzurollen und darüber hinaus auch ein wenig in die Zukunft zu blicken:

 

Bevor wir auf die Band zu sprechen kommen, wollte ich wissen, wie Du selbst überhaupt zum Heavy Metal gekommen bist:

Musik begleitet mich schon seit meiner frühesten Kindheit. Meine Eltern und auch meine Schwester haben mich zu Hause ständig mit Musik konfrontiert, weshalb ich auch schon sehr früh THE BEATLES und LED ZEPPELIN kannte. Danach entdeckte ich Bands wie BLACK SABBATH oder UFO für mich, wobei speziell Michael Schenker großen Einfluss auf mich hatte. Ich würde sogar sagen, dass er es war, der mich zum Gitarristen gemacht hat. Zu jenem Zeitpunkt war aber nicht nur mein Interesse am Instrument geweckt, sondern auch meine Motivation eigenes Material zu komponieren. Ich habe auch schon sehr früh erste Startversuche mit Bands unternommen, doch wirklich ernstzunehmend wurde die Sache erst als wir HERETIC gegründet hatten. Zu diesem Namen hat mich seinerzeit inspiriert, dass mir zum einen der Begriff „Häretiker“ imponierte und ich obendrein eine Art „Antithese“ an den Start bringen konnte, da man Heavy Metal ja als „Teufelszeug“ verdammte.

Was waren denn die ersten Höhepunkte in deinem Werdegang als Musiker?

Klarerweise die Tatsache, dass ich es schon sehr früh geschafft hatte eigenes Material komponiert zu haben und dadurch als „Jungspund“ von den beiden deutlich älteren und erfahreneren Musikern Mike Torrez (der sich später „Mike Towers“ nannte und als einer der Sänger von HERETIC in die Annalen der Metal-Historie einging) und Rick Merrick (HERETIC-Drummer bis zum Ende der Band in den späten 80er Jahren) als Mitstreiter akzeptiert zu werden. Das bedeutete mir wirklich sehr viel!

Der Start in die Karriere schien mit der EP und dem Debütalbum auch durchaus verheißungsvoll, allerdings war die Band nach dem Weggang von Sänger Mike Howe zu METAL CHURCH ebenso schnell von der Bildfläche wieder verschwunden. Was war los?

Exakt das war das Problem! An sich suchten wir lediglich einen neuen Sänger, doch als sich unsere Wege mit denen des früheren METAL CHURCH-Sängers David Wayne kreuzten, war es an der Zeit etwas Neues zu beginnen. David war zwar vollauf begeistert davon mit uns zusammen zu arbeiten, wollte aber keinesfalls nur als Ersatzmann für Mike Howe gelten. Aus diesem Grund erfolgte ein Neustart unter dem Banner REVEREND. Es sollte von Anfang an nicht der Eindruck eines „Ersatzprogrammes“ entstehen und von daher war die Umbenennung notwendig.

Leider war auch das Bestehen dieser Formation nicht wirklich von langer Dauer geprägt und so war nach einer EP, zwei Langeisen und der 19992er „Live“-EP wieder Schicht im Schacht. Danach war es um deine Person völlig still geworden, hattest du dich denn damals komplett aus dem Musik-Business zurückgezogen?

Nein, gar nicht! Die Band, also REVEREND minus David, hatte gemeinsam mit einem Sänger namens Chris Roseberry eine neues Projekt mit Namen SEED am Start, doch wir verloren den Kampf gegen den Grunge, so dass wir unsere – meiner Meinung nach wirklich guten – Demos nur für uns selbst einspielten und irgendwann resignierten. Aber auch danach war ich keineswegs untätig, hatte allerdings weder eine Band, noch wirklich einen Fokus, denn ich schrieb Songs, die keiner Richtung zuzuordnen waren. Was auch immer mir in den Sinn kam, wurde allerdings festgehalten, ganz egal ob Rock, Pop, Folk oder doch Heavy Metal. Ich versuchte mich sogar als Sänger, auch wenn ich das nicht wirklich wollte und deshalb kamen Glenn (Rogers, der seit 2011 bei HERETIC in die Saiten langt) und ich mit CONTROL ISSUES auch nicht von der Stelle.

Und irgendwann überkam es dich dann und HERETIC wurden erneut an den Start gebracht, oder wie?

Dafür muss ich wohl nachträglich bei Glenn bedanken, denn er lag mir so oft mit dem Thema HERETIC in den Ohren, dass ich keine andere Wahl hatte, haha. Er und Angelo Espino (aktuell Bassist bei HERETIC) waren ja viel mit HIRAX unterwegs und ich muss zugeben einigermaßen eifersüchtig gewesen zu sein, schließlich musste ich immer wieder Fotos von meinen beiden Freunden betrachten, die in Europa von unzähligen Metal-Heads bejubelt werden. Da musste ich einfach auch etwas unternehmen, haha.

 

 

Alles klar, wie kam denn das Line-Up zusammen?

Glenn, Angelo und du dürften sich ja recht schnell einig gewesen sein. Unser Sänger Julian Mendez wollte zunächst zwar nur einige Shows spielen, doch ich wusste, dass ich die Sache mit Volldampf angehen wollte, so dass es auch wieder Alben von HERETIC gibt. Allzu lange dauerte es dann auch nicht ihn davon zu überzeugen und schon am nächsten Tag machte ich mich wirklich ans Werk und begann Songideen zu filtern und erste Tracks zu komponieren.

Sind denn die Nummern eurer Comeback-Scheibe allesamt erst nach der Reunion entstanden, oder habt ihr auch auf älteres Material oder gar Basis-Tracks zurückgegriffen?

Die Texte und auch der größte Teil des Materials sind tatsächlich brandneu gewesen, einzig „Remains“ hat schon gut zehn Jahre auf dem Buckel und für „Tomorrow‘s Plague“ musste ich das Arrangement neu anlegen und die Texte überarbeiten, da diese Nummer aus zwei älteren, von Glenn komponierten Songs besteht.

Lass uns nun ein wenig über die brandaktuelle, mehr als nur empfehlenswerte Compilation sprechen. Was war die die Idee dahinter?

Glenn war von Anfang an Initiator dieser Sache und hat sich voll ins Zeug geschmissen. Wir wollten den Metal-Heads die Band erneut schmackhaft machen und wissen darüber Bescheid, dass die beiden Teile mittlerweile so gut wie nicht mehr erhältlich sind. Außerdem wollten wir unseren Fans eine faire Chance geben sich unser altes Material anhören zu können, ohne dafür auf eBay Unsummen bezahlen zu müssen.

Eine gute wie auch nachahmenswerte Idee, zumal ihr mit „Bonüssen“ keineswegs gespart habt. Gibt es denn überhaupt noch Aufnahmen die ihr eventuell für einen späteren Veröffentlichungszeitpunkt aufgespart habt?

Aus den 80er Jahren nicht mehr, allerdings haben im Vorjahr eine Show von uns im „Malone’s“ in Orange County mitgeschnitten. Die Aufnahmen sind wirklich gut geworden, den richtigen Zeitpunkt um damit an die Öffentlichkeit zu gehen, warten wir jedoch noch ab.

Wenn ich richtig informiert bin, dürftet ihr auch mit den Arbeiten für ein Nachfolge-Werk zu „A Time Of Crises“ schon ziemlich weit sein, oder?

Das schon, allerdings wird es voraussichtlich doch noch einige Zeit dauern, ehe wir mit dem Album auf den Markt kommen. Da wir für die Produktionskosten selbst aufkommen müssen, ist noch nicht wirklich geklärt, wie sich unser Budget und die Kosten vereinbaren lassen und zuletzt haben wir außerdem unsere Geldreserven für unseren Trip zu Euch nach Deutschland anzapfen müssen um beim „Headbangers Open Air“ dabei sein zu können, worauf wir uns natürlich schon sehr freuen!

Nicht nur ihr, auch eure hiesigen Fans können es kaum noch erwarten. Was wird es denn zu hören geben?

Ich denke wir werden einen guten Querschnitt all unserer Veröffentlichungen anbieten können, auch wenn der Schwerpunkt auf Klassikern liegen wird. Doch auch unser noch immer aktuelles Album wird vorgestellt werden und zudem kann ich jetzt schon verraten, dass wir auch brandneues, noch unveröffentlichtes Material vorstellig machen werden. Wir sind mindestens genau gespannt auf diesen Auftritt wir Ihr, haha!

 

 

Da kommt aber auch wirklich Freude auf! Apropos neuer Stoff: mit welcher Intention wird denn bei euch an Kompositionen herangegangen?

Ich sehe da keine bestimmte Intention als viel mehr Inspiration. Was auch immer mich gerade beschäftigt, veranlasst mich mitunter dazu einen Song darüber zu verfassen. Manchmal mache ich mir fast Sorgen, denn es kann durchaus sein, dass mich die Arbeiten an einem Song dermaßen fesseln, dass ich für sonst nichts zu gebrauchen bin. Das kann aber auch beim Texten passieren, denn auch diesbezüglich lasse ich mich nur zu gerne von Themen aus Politik, Religion oder der Umwelt inspirieren und gehe auch dabei so richtig auf. Üblicherweise läuft die Sache dann bei uns so ab, dass ich quasi mit dem Grundgerüst eines Songs antanze und meine Kollegen dann im übertragenen Sinne für die Nerven, Muskeln und Organe zuständig sind. Bei HERETIC wird die Musik immer im Kollektiv erarbeitet, einzig die Texte gehen zumeist einzig und allein auf meine Kappe.

Und darüber hinaus bist Du auch an den Arbeiten zum Artwork beteiligt, oder?

Ja, das Band-Logo zum Beispiel stammt von mir und darauf bin auch sehr stolz! Auch der Titel unserer EP „Torture Knows No Boundary“ war meine Idee, auch wenn die Ausführung dann von unserem Manager Ron Laffite stammte. Zu „Breaking Point“ konnte ich insofern etwas beitragen, da ich das Konzept mit der Zeitbombe und dem Uhrglas dafür in mir trug, während für das Cover unserer aktuellen Scheibe Angelo seinen Tätowierer Tom Berg vorschlug den wir dann mit unseren Ideen fütterten und er diese zur Vollendung brachte.

Du hast zuvor schon erwähnt, dass ihr demnächst auf dem „Headbangers Open Air“ gastieren werdet – was geht denn sonst noch so bei Euch in Sachen Live-Aktivitäten?

Wenn wir wieder aus Deutschland zurück sind, werden wir noch einige Gigs in Kalifornien, Nevada und Texas absolvieren, bevor es mit Hochdruck an die Arbeiten für das kommende Album geht und für 2014 sind immerhin schon einige Festival-Gigs gebucht. Es geht also durchaus voran, auch wenn noch keine Tournee fixiert ist.

Stimmt, könnte durchaus noch mehr sein, aber vielleicht kommt ja noch was dazu. Wie sah es denn mit Konzerten zuletzt aus?

Es ist einfach immer ein ganz spezielles Gefühl live zu spielen, und egal, wo auch immer zwischen Los Angeles und New York wir spielen durften, sind die Fans ebenso abgegangen wie wir! Durch die Hilfe von Metal On Metal Records und Metal Blade Records können wir uns in diesem Sommer endlich auch in Europa zeigen und das wird für alle Beteiligten mit Sicherheit ein wahres Fest!

Da kannst Du dir sicher sein. Haben euch denn Bands mit denen ihr eventuell mal zusammen Gigs absolviert habt auch nachhaltig beeinflusst?

Nein, nicht unbedingt, unsere wichtigsten Einflüsse sind seit den Anfängen die Klassiker wie ACCEPT, MOTÖRHEAD, BLACK SABBATH und so weiter.

Seid ihr momentan mit HERETIC ausgelastet, oder gibt es da noch etwaige Nebenprojekte an denen ihr mitpartizipiert?

Da wir alle unseren Jobs nachgehen müssen und zudem auch Verpflichtungen unseren Familien gegenüber haben, bleibt leider nicht viel Platz für derlei Aktivitäten. Ausgenommen davon sind nur Glenn und Angelo, die immer wieder mal was anderes machen. Aber auch sie haben ihren Fokus ganz klar auf HERETIC ausgerichtet.

Eure Heimat galt früher als eine der Hochburgen für Heavy Metal schlechthin. Wie ist es denn um die Szene aktuell bestellt?

In den letzten 20 Jahren hat sich hier in L.A. leider vieles in der Musik-Szene verändert, weshalb diese als solche mittlerweile kaum noch vorhanden ist. Ihr in Europa habt aber dankenswerter Weise den Metal wie ein Kind aufgenommen und euch blendend darum gekümmert. Hier gibt es nur noch Fans, jedoch keine wirklich aktive Szene mehr, während ihr eure von Beginn an regelrecht hochgezogen habt. Doch ich sehe mich zumindest als Teil einer weltweit florierenden Szene und nicht zuletzt deshalb beantworte ich ja auch deine Fragen, haha. Ich sehe meine Musik und auch mich als Bandmitglied von HERETIC auch nach dieser langen Zeit immer noch als relevanten Teil davon und möchte das auch noch für einige Zeit sein. Und so lange es Spaß macht anderen Menschen mit Musik Freude zu bereiten, braucht man sich ja erst gar nicht auf das einst von THE WHO ausgegebene Motto „I hope I die before I get old“ einlassen.

Genau so sehe ich das auch und daher warte ich jetzt schon sehnsüchtig auf das für 2014 zumindest einmal eingeplante nächste HERETIC-Album, schließlich hat jenes, von dieser legendären Truppe einst verkündete Motto für mich auf alle Zeit seine Berechtigung: „Don’t turn your back on the HERETIC“!

25.06.2013
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