ICS Vortex
Interview und Autospecial mit Simen Hestnæs zu "Storm Seeker"

Interview

ICS Vortex

Wer bei DIMMU BORGIR vor die Tür gesetzt, bei ARCTURUS vor die Auflösung der Band gestellt, bei BORKNAGAR nur als Ersatz für den Sänger erster Wahl eingestellt wird und trotzdem wieder aufsteht, eine Soloband gründet und ein Album aufnimmt, das es in sich hat – der stellt sich den Herausforderungen des Lebens, soviel steht fest. Simen Hestnæs ist so ein Mann, und das ICS VORTEX-Debüt „Storm Seeker“ ist so eine Platte. Lange hat’s gedauert, dafür ist unser Gespräch mit Simen umso interessanter – besonders der Teil, in dem Simen seiner Leidenschaft für Autos frönen darf. Versprochen.

Simen, alles Gute zur Veröffentlichung Deiner ersten Soloplatte. Du hast bereits bei vielen erfahrenen und wirklich erfolgreichen Bands gespielt, aber “Storm Seeker“ ist trotzdem eine Art Debüt für Dich. Wie fühlt sich das an?

Hey hey, und vielen Dank! Fühlt sich gut an, so eine große Veränderung ganz alleine zu steuern.

Momentan arbeitest Du ja mit BORKNAGAR und ARCTURUS gleichzeitig, und Ideen für eine Wiederauferstehung von LAMENTED SOULS gibt es auch. Möglichkeiten, um Musik zu machen, gibt es also einige – warum das Soloprojekt, und warum jetzt?

Ich habe eigentlich schon sehr lange an diesem Projekt gearbeitet. Die Trennung von DIMMU BORGIR hat mir eigentlich nur den Anschub verpasst, das jetzt auch zuende zu bringen.

Bands wie BORKNAGAR, ARCTURUS und DIMMU BORGIR wurzeln mehr oder weniger allesamt im Black Metal. ICS VORTEX klingt anders – das Album ist voller Einflüsse aus dem ProgRock, dem Folk oder psychedelischer Musik. Eine Menge Deiner Fans werden da etwas anderes erwartet haben, vermute ich. Wieso expandierst Du jetzt in so ganz andere musikalische Welten?

Ich war immer sehr offen, ehrlich gesagt. “Storm Seeker“ ist über einen langen Zeitraum entstanden, und eine Menge der Songs, die niemals zu anderen Bands passten, sind dann auf diesem Album gelandet.

Du hast ein sehr starkes Line-Up für diese Band versammelt. Wie hast Du die Musiker für diese Aufgabe ausgewählt? Das sind größtenteils Mitglieder aus Bands, in denen Du schon vorher warst – war es auch eine Option, mit jungen, unbekannten Leuten zu arbeiten?

Eigentlich haben ICS VORTEX nur ein METALLICA-Cover gemacht, und alle Musiker, die auf diesem Track gelandet sind, sind alle Norweger (oder solche, die es werden wollen). Die “Oldtimer“ konnten die Zeit leider nicht finden, weil wir in den Ferien aufgenommen haben. Als ich die Band zusammengestellt habe, habe ich die Musiker nicht nur wegen ihrer Fähigkeiten ausgewählt, sondern weil das auch wirklich alles coole Leute sind, mit denen ich gerne toure.

Hast Du das Album alleine geschrieben, oder haben die Anderen auch dazu beigetragen?

Ich habe das Album geschrieben, und die Band ist erst zusammengestellt worden, als die Aufnahmen schon im Kasten waren – abgesehen von den Killer-Drums von Asgeir und den fünf Leads von Cyrus, natürlich.

Debütalben haftet ja noch immer ein bestimmtes magisches Feeling an, besonders für die Band selbst und wenn man es aufnimmt. War das bei diesem Album auch so?

Nach der Trennung von DIMMU BORGIR habe ich hart daran gearbeitet, alle meine Riffs und Songs aus diversen Quellen (Minidiscs, Tapes, Portable Studio-Tapes, Diktiergeräten und Festplatten) zusammenzusuchen. Die Vorproduktion hat eine Weile gedauert, und die meisten Songs waren dann schon komplett mit Gesangslinien fertig, als ich sie Asgeir vorgespielt habe. Er hat noch einige tolle Drumdetails hinzugefügt, und dann passte das auch schon richtig gut zusammen. Wir haben sogar die Klicktracks aus der Vorproduktion genommen, als wir das Schlagzeug aufgenommen haben. Das hat erstmal eine Menge Dateirumschickerei gekostet, weil ich Pro Tools und Asgeir bzw. das Toproom-Studio Nuendo benutzt. Asgeir hat dann alle Files editiert, und wir haben zusammen mit Børge vom Toproom-Studio am Mix gearbeitet. Ich war da extrem ambitioniert, und natürlich habe ich – es ist mein erstes Soloalbum – eine Menge Fehler in der Produktion gemacht. Aber so lernt man am Besten, und ich war froh, dass die Zeit da auf unserer Seite war, und Børge und Asgeir Ruhe bewahrt haben, als meine Nerven auf die Probe gestellt wurden.

Magie gab es auch, ja. Dinge, die ein Leben lang bleiben werden. Seit 98 gab es davon nicht viele, vielleicht die Gesangsaufnahmen mit BORKNAGAR und DIMMU BORGIR. Aber die ersten Drumtakes und bestimmte Gesangsmomente bei “Storm Seeker“ werden genauso in meinem Gedächtnis bleiben wie die Geburt meiner Kids – nämlich bis ich sterbe. Da bin ich ganz sicher.

“Storm Seeker“ ist ja zunächst mal ein relativ kryptischer Titel. Es soll um die Stürme im Menschen gehen, so steht es im Pressinfozettel. Für mich hat das eine sehr metaphorische Bedeutung – sich den Problemen in seinem Leben zu stellen, eine gewisse Befriedigung darin zu finden, aber auch positive Geschehnisse einfach anzunehmen und zu genießen. Was bedeutet der Titel für Dich?

Ich genieße kodiertes Schreiben wirklich sehr, und erfahrungsgemäß sind Metaphern mein wichtigstes Werkzeug. Du fasst das ziemlich gut zusammen. Spot an, um genau zu sein! Für mich ist der Titel eine Metapher für eine umfassende Einstellung. Immer nach einer Herausforderung zu suchen, wie man mit Schwächen umgehen und sie besiegen kann, aus dem Prozess zu lernen, wenn es Dich umhaut. Denn, seien wir ehrlich, das passiert eben manchmal. Learning by doing, im Grunde. Fallen und wieder aufstehen, immer und immer wieder. Vermutlich ist das Geheimnis, sich da rauszuziehen, bevor man sich in diesem Sturm verliert.

Würdest Du Dich eher als einen pessimistischen oder optimistischen Charakter sehen?

Wenn Satan mir sagen würde, ich würde jetzt zur Hölle fahren, würde ich meine Gitarre einpacken.

In welchem Jahrzehnt wärst Du gerne aufgewachsen und musikalisch sozialisiert worden?

Da würde ich im Grunde gar nichts ändern. Besonders nicht die Geburt und Entwicklung der Black Metal-Szene hier in Norwegen. Außerdem bin ich glücklich darüber, mit dem Vinylformat aufgewachsen zu sein. Meine Sammlung ist zwar nicht riesig, aber ich kannte jeden einzelnen Track meiner Errungenschaften bis auf die Knochen, als als ich aufgewachsen bin, von HENDRIX bis STOOGES, von KISS bis zu den PISTOLS, von NAPALM DEATH bis MAYHEM, einschließlich des ganzen guten Krams dazwischen.

Das Cover sieht um einiges düsterer und bedrohlicher aus, als das Album tatsächlich klingt. Finde ich zumindest. Was soll das ausdrücken? Bist Du das Schiff in der Mitte, und hast Du jemals das hier gesehen?

MAN! Wenn ich das vorher gesehen hätte, hätte “Storm Seeker“ wesentlich mehr wie das ausgesehen. Scheiße! Tolles Cover! Das hat mir jetzt echt den Tag versaut… GOTTVERDAMMT!!
Wir sind alle Staub im Wind, Baby… soviel zum Thema Originalität. Na ja, ich mag die See… ein guter Ort, um sich zu verlieren, metaphorisch gesehen natürlich. Das Schiff dient dazu, den Prozess der Veränderung zu beschreiben, und die segelnden Hattifatteners (Anm. d. Red.: seegeisterartige weiße Socken aus einem skandinavischen Comicbuch) sind als Symbol für die lebenden Toten verwendet worden. Und das meine ich nicht in der Zombie-Art und Weise. Das scheint alles sehr weit hergeholt, ist aber in meiner Vorstellung so düster, wie es nur irgend geht. Vor dem Black Metal haben die norwegischen Stressmacher die See als Aggressionsventil genutzt… wie Opa Vortex, der anno 40 in See gestochen ist und 46 zurückkam.

Siehst Du ICS VORTEX als langlebige Vollzeitband, mit der Du regelmäßig Alben veröffentlichen willst, oder als kurzlebiges Bandprojekt für die Zeit, in der Du mit Deinen anderen Bands nicht ausgebucht bist?

Ich freue mich sehr darauf, mehr mit ICS VORTEX zu veröffentlichen, und wir werden mehr als Band funktionieren, ganz bestimmt. Ich sehe mindestens zwei weitere Alben vorher.

Was heißt das für die nähere Zukunft?

ICS VORTEX werden sporadische Konzerte und ein paar Festivals 2012 spielen. Dasselbe gilt für ARCTURUS, wo wir auch gerade an neuen Aufnahmen arbeiten. Bass und Gesang für BORKNAGAR stehen für mich, nach der Pressearbeit für das Album, als nächstes an. Mit LAMENTED SOULS hoffen wir, 2012 das Album komplettieren zu können.

Danke für Deine Zeit – und jetzt wollen wir dem “Blackmobile“-Song auf Deinem Album ein bisschen Tribut zollen. Auf geht’s.

Simen, bekanntermaßen magst Du Autos fast genauso sehr wie Musik. Deine sehr herausfordernde Aufgabe ist es, jetzt beides miteinander zusammen zu bringen. Ordne bitte jeweils den folgenden Platten das Dir am passendsten erscheinende Auto zu. Am Ende darfst Du selbst noch eine Platte auswählen.

1: JETHRO TULL „Songs From The Wood“

Volkswagen Caravelle, das Vintage-Modell! Dieses 70s-Album wird vermutlich in den meisten dieser Busse gespielt worden sein.


2: ARCTURUS „Sideshow Symphonies“

Da müsste ich Humungus Kommando-Karre aus „Mad Max“ wählen. Das ist derart Sci-Fi! Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich einen Pod-Racer aus „Star Wars“ gewählt, aber das hier tut’s auch.

 


3: BORKNAGAR „Archaic Course

Das Album ist wie ein Vintage-Auto, das durch eine Art „Verrohung“ gegangen ist, aber niemals seinen Stil verliert. Es gibt eine Menge toller Vintage-Autos, aus denen man da wählen könnte, aber man kann die Platte beispielsweise schlecht mit den 50igern assoziieren. Deshalb entscheide ich mich für den Willy’s Jeep, das ikonische Modell aus dem zweiten Weltkrieg, aber mit neuer Lackierung.

 


4: PINK FLOYD „Dark Side Of The Moon“

Da muss ich an den Vietnam-Krieg denken und würde da einen Huey-Helikopter wählen.
Aber wenn’s ein Auto sein muss, dann den US Army Dodge Jeep M175.

 

5: LAMENTED SOULS „The Origins Of Misery“

LAMENTED SOULS ist für mich wie ein fantastisches Auto, das niemals fertig aus der Werkstatt kommt.

 

6: WARLOCK „Triumph And Agony“

Hmm, 80iger, Hard Rock, sehr feminin, deutsch… Porsche 911.

 


7: MANOWAR „Kings Of Metal“

Für mich ist MANOWARs Art des Metals am besten damit beschrieben, wie die Russen in den 70ern und 80ern Autos gebaut habe. Weißt Du, die hatten tonnenweise Eisen, um Stahl zu machen, aber ihre Technologie war ziemlich mies. Beim Herstellen der Platten für die Karosserie hatten sie einfach nicht die Technik, um sie dünn genug zu machen, deshalb sind alle ihre Autos bullig und verdammt schwer. Es ist ja nicht so, dass sie’s nicht versucht hätten, aber geschafft haben sie’s nie. Spreche ich über MANOWAR oder über Lada?


8: JOHNNY CASH „The Rambler“

Was ist es wohl für ein Auto, das Cash in „A Wednesday Car“ fährt. Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, es könnte ein Auto sein, das 1977 sehr populär war – der Chevrolet Caprice.


9: Blackmobile

Das ist mein altes Blackmobile, und auch, wenn ich es eigentlich bevorzuge, mir nur den Motor anzuhören, hat es sich immer gut gemacht, wenn ich meine Ohren mit INFERNÖs „Downtown Hades“ durchgepustet habe. Das Auto mochte den Roadkill-Song am liebsten.

 

10: KISS „Alive!“

Mit diesem Album hat mein Leben angefangen. Es ist einem Chevy Nova zu beenden, wäre keine schlechte Sache. Da steht sogar „Storm Seeker“ auf dem Kühlergrill. Hehe… fantastisch, ich liebe diesen Nachbau von Stuntman Mikes Auto aus „Death Proof“. Okaaaay…

20.10.2011
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