Deserted Fear
Von Rockstars, Göttern und Pfeffi

Interview

DESERTED FEAR haben einen ziemlich steilen Aufstieg hinter sich. Mit den beiden Scheiben „My Empire“ und „Kingdom Of Worms“ ging es bis auf die großen Festivals, und das innerhalb recht kurzer Zeit. Nun präsentieren die Thüringer ihr saustarkes Drittwerk „Dead Shores Rising“. Da kann man dann schon mal etwas ausführlicher über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sinnieren, so von Thüringer zu Thüringer. Gitarrist Fabian Hildebrandt stand uns dazu gerne zur Verfügung.

Servus Fabian! Innerhalb von 6 Jahren von der Bandgründung auf die großen Festivals Party.San, With Full Force oder Summer Breeze. Wenn das so weitergeht, müsstet ihr ca. 2020 das Wacken headlinen, oder mindestens das PSOA, oder?

Hahaha, auch wenn das sicher geil wäre, klingt das für mich dann doch etwas zu hoch gegriffen. Auf dem Wacken waren wir bis jetzt ja noch gar nicht und das Party.San hat schon immer echt große Headliner. Es freut uns aber natürlich, dass du uns das zutraust. Auch wenn wir uns bei so einem Slot vorher vielleicht ein bisserl einscheißen würden, hätten wir auf jeden Fall Bock drauf, so ein Festival mal zu headlinen!

Das ihr das Zeug für die großen Auftritte habt, konnte man ja z.B. auf dem Party.San 2015 absolut sehen. Beschreibe doch einfach mal das Gefühl, wenn man als Thüringer auf der großen Bühne in Schlotheim steht und in tausende bangende oder gar bekannte Gesichter blickt? Was das vielleicht sogar das Highlight eurer Karriere bisher?

Das kann man so sagen, es war schon wirklich etwas unheimlich, dann tatsächlich auf der Bühne zu stehen, auf der man schon immer mal stehen wollte. Sie ist viel kleiner als man von unten denkt, der Ausblick von oben ist aber dafür umso imposanter! Es war brennend heiß an diesem Tag und wir hatten dazu noch das erste Mal Pyros auf der Bühne. Das war schon irre! Ihr kennt das ja sicher, wenn man den Backofen mal kurz aufmacht und einem die Hitze entgegen schießt. Genauso kann man sich das vorstellen, nur natürlich viel gewaltiger. Außerdem wussten wir auch nicht, an welchen Stellen das Feuer kommt, wir waren also jedes Mal richtig erschrocken, hahaha. Und dann gab´s da noch die Leute mit ihren kleinen Thüringen-Fahnen, die vielen Fans anschließend bei der Autogrammstunde usw. Ihr merkt schon, ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, denn es war wirklich ein sehr aufregender Tag!

Das glaube ich euch absolut! Ich habe euch schon sowohl auf der großen Bühne (PSOA) als auch im kleinen Club (Schützengasse Weimar, RIP) gesehen, die Auftritte waren aber nahezu identisch in Punkto Spielfreude und Intensität. Ist es euch prinzipiell egal, wo genau ihr spielt, sobald ihr auf der Bühne steht?

Eine Clubshow ist von der Atmosphäre her etwas ganz anderes, da spürt man wirklich diese Energie, von der immer alle sprechen. Beim Festival ist es eher der Ausblick, die vielen Leute, mitunter auch die schöne Landschaft. An der frischen Luft zu spielen ist einfach auch irgendwie cool! Aber ob Festival oder Clubshow, ob 10 oder 10.000 Leute ist am Ende egal, denn wenn wir auf der Bühne stehen, haben wir eigentlich so oder so immer Spaß. Entweder ganz oder gar nicht!

Gute Einstellung! Wann werdet ihr eigentlich endlich zu Ehrenbürgern von Eisenberg ernannt, bessere Aushängeschilder gibt´s doch kaum?

Moment, Eisenberg hat ja immerhin schon Gunther Emmerlich, wahrscheinlich der einzige wirkliche Rockstar Eisenbergs! Ich glaube, der kann nicht ins Kaufland gehen, wenn mit dem Stadtbus gerade eine Gang Rentner zum Wocheneinkauf vorgefahren ist.

Hahaha, stimmt natürlich, bis zu diesem Idol fehlt euch dann schon noch so einiges. Apropos Heimat: Bei dem Namen, wie metallisch ist eigentlich Eisenberg? Oder seid ihr bei Konzerten eher auf Jena, Weimar und natürlich das From Hell in Erfurt angewiesen?

Im Alten Bahnhof finden öfter mal kleine Konzerte statt. Und eine Kneipe, in der ab und zu auch mal die eine oder andere lokale Band spielt, gibt´s auch. Aber ansonsten geht in Eisenberg echt gar nüscht! [nüscht = nichts; Anm. d. Verf.] Ein wirklich großes Publikum für Metal gibt es in Eisenberg auch nicht. Als wir damals angefangen haben auf Metalkonzerte zu gehen, sind wir immer nach Jena gefahren, aber auch nach Erfurt, Leipzig und Chemnitz. Ganz selten ging es auch mal bis nach Berlin oder Dresden. Mittlerweile schaffen wir es immer seltener auf Konzerte zu gehen, da wir am Wochenende oft selber unterwegs sind. In Jena finden leider auch immer weniger Metalkonzerte statt, was sicherlich an den Besucherzahlen liegt.

Ok, Themenwechsel, im Promo-Zettel zur neuen Scheibe steht sinngemäß, dass ihr Grenzen überschreiten und Neues erobern wollt. Auf einen Stilwechsel deutet das kaum hin, ihr seid ja fest im Old School Death Metal verwurzelt. Bezieht sich das also eher auf Dinge wie Erfolg, Bekanntheitsgrad usw.? Mit anderen Worten: Nächster Halt Death-Metal-Weltherrschaft?

Hahaha, in so einem Promo-Text wird ja immer bisserl auf die Kacke gehauen. Einen Stilwechsel gab´s eigentlich nicht. Ich denke, dass wir uns lediglich ganz natürlich weiterentwickelt und damit auch unseren eigenen Sound gefestigt haben. Klar hoffen wir, mit dem dritten Album vielleicht auch ein paar Leute im Ausland zu erreichen, damit für uns dadurch eines Tages der Traum von einer Europa-Tour in Erfüllung geht!

Das sollte doch eigentlich nur eine Frage der Zeit sein. Wie wichtig ist dafür euer neues Label Century Media?

Sehr wichtig, sonst hätten wir den Schritt zu einem großen Label ja auch nicht gehen müssen. Wir machen gerade viele Interviews mit ausländischen Magazinen, von Polen bis Honduras, das ist echt interessant. Als kleine Band oder Undergroundlabel hast du gar keine Chance, so vielen Leuten deine Musik vorzustellen, weil dir einfach die Kontakte und das Netzwerk fehlen. Und naja, am Ende wird dich keine große Band mit auf Europa-Tour nehmen, wenn dich im Ausland keine Sau kennt.

Gutes Argument. Kann für euch vielleicht doch irgendwann der Punkt kommen, an dem DESERTED FEAR zum Fulltime-Job wird, weil es anders gar nicht mehr geht? Ist das für euch vorstellbar?

Als Fulltime-Job wäre uns das nichts. Wenn du dir sagst, du schmeißt deinen Job für die Band hin, dann verpflichtest du dich, Konzerte zu spielen und neue Songs zu schreiben. Was machst du aber, wenn dir dann nur noch Scheiß-Riffs einfallen und du den Mist auch noch veröffentlichen musst, um deine Miete zu bezahlen? Nee, in diese Situation wollen wir gar nicht erst kommen. Wir machen das ja zum Spaß und mit unseren Jobs sind wir sehr zufrieden. Wir könnten uns höchstens vorstellen, ein paar Tage weniger pro Woche auf Arbeit zu gehen und dadurch vielleicht nicht so viele Urlaubstage für die Band nehmen zu müssen, das wäre natürlich schon cool.

Wie begegnet ihr eventuellen Vorwürfen zum Thema „Großes Label = Schritt Richtung Mainstream = Ausverkauf“?

Ach dieses Mainstream-Ausverkauf-Gelaber fand ich schon immer doof. Und jetzt, wo ich hinter die Kulissen blicken kann, erst recht. Mit Death Metal wird keiner reich, auch nicht auf Biegen und Brechen. Bei den großen Labels sitzen auch nur Metal-Fans, die im Gegensatz zu einem selbst zwar ihren Lebensunterhalt mit deiner Musik verdienen, aber reich werden auch die damit nicht. Von daher wären solche Vorwürfe totaler Käse.

Ist es für euch eigentlich generell vorstellbar, mal irgendwann euren Stil zu ändern, oder werden DESERTED DEAR immer für Old School Death Metal stehen?

Einen absichtlichen Stilwechsel kann ich mir nicht vorstellen, nur wenn er Teil unserer natürlichen Entwicklung wäre. Wir spielen ja einfach Death Metal in der Form, wie wir ihn selbst am liebsten hören wollen. Ob das Old School Death Metal ist, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Ich frage mich nämlich oft, was ist für die Leute eigentlich Old School Death Metal? Sind das nur noch Bands die räudig klingen, oder sind Bands wie z.B. AT THE GATES oder CARCASS immer noch Old School? Eigentlich ist das doch auch scheißegal, denn die Grenzen der Musik sind eh viel zu dehnbar, um alles immer in eine Schublade zu stecken. Deswegen sage ich einfach mal, dass DESERTED FEAR zumindest immer für Death Metal stehen werden.

Das beruhigt einen dann schon als Fan. Kommen wir nun endlich zur neuen Scheibe. „Dead Shores Rising“ ist natürlich nicht mehr so ungestüm wie „My Empire“, alles wirkt irgendwie reifer, durchdachter und erwachsener. Ist das ein ganz natürlicher Prozess oder stecken da schon grundsätzliche Entscheidungen und Überlegungen dahinter?

Wir haben in den letzten Jahren viele Konzerte gespielt. Und auch wenn das natürlich nicht immer spielerische Glanzleistungen waren (hehehe), sind wir doch auf unseren Instrumenten besser geworden. Die Melodien schreiben sich einfach mittlerweile leichter, da ich mir nicht mehr jeden Ton einzeln auf dem Griffbrett suchen muss. Mahne hat seine Stimme auch noch mal gefestigt und ist eigenständiger geworden. Und Simon hämmert auch viel kreativer auf sein Schlagzeug ein. Wir versuchen einfach, immer das Beste aus uns rauszuholen, live und natürlich auch auf Scheibe. Sicherlich kommt uns am Ende aber auch zu Gute, dass wir auf unseren Instrumenten dann doch keine Götter sind und somit eine gute Mischung finden.

Und genau diese Verbesserungen in allen Bereichen spürt man finde ich deutlich. Für mich bewegt sich die neue Scheibe gleichbleibend auf einem erstaunlich hohen Niveau, ohne Ausreißer nach unten. Ist da beim Songwriting einiges auf der Strecke geblieben, was einfach nicht gut genug für „Death Shores Rising“ war?

Danke, das freut uns zu hören! Nein, sicher sind beim Songwriting hier und da mal ein paar Riffs oder ganze Parts raus geflogen, aber es gibt keinen Demo-Song, der es nicht auf die Platte geschafft hat. Wir schreiben immer so lange Songs, bis alle Demos für uns eine runde Sache ergeben. Dann legen wir das alles für eine Weile beiseite, und wenn es dann beim erneuten Hören noch immer gut klingt, geht‘s ins Studio. Da uns Century Media für die CD-Version ein Special-Edition-Digipak spendiert haben, konnten wir sogar noch zwei alte DESERTED FEAR Songs als Bonustracks aufnehmen. Auf „The Path Of Sorrow“ sind wir besonders stolz, dort ist unglaublicher Weise Tomas Lindberg von AT THE GATES mit dabei. Wahnsinn, dass das geklappt hat!

Wie kam es eigentlich zur Absage der Europa-Tour mit DARK FUNERAL. Möchtet ihr darüber reden, oder ist das Kapitel für euch einfach abgehakt?

Klar können wir darüber reden. Ich werde es aber trotzdem diplomatisch ausdrücken, hahaha. Sagen wir mal so, wir waren absolut bereit für die Tour und dann hat es sich leider jemand anders überlegt. Die Konditionen für uns haben sich dadurch so geändert bzw. verschlechtert, dass es leider so gut wie unmöglich war, es dann noch auf eigene Faust zu stemmen. Das Routing war echt geil und wir hatten für die Zeit von unseren Chefs sogar unbezahlten Urlaub genehmigt bekommen. Umso härter war die Nachricht dann kurz vor dem Tourstart natürlich. Doch bei unserem Status gewinnen halt die anderen. Und auch wenn das nicht schön ist und so eigentlich auch nicht passieren sollte, gilt es, in dem Moment die Sache so schnell wie möglich abzuhaken und nach vorn zu schauen.

Gutes Stichwort. Was steht bei euch 2017 bis jetzt schon alles auf dem Programm?

Jetzt natürlich erst mal die drei „Dead Shores Rising“-Release-Shows in Jena, Trier und Essen zusammen mit DESASTER und ROGASH, was sicher richtig fett wird. Dann spielen wir bis zum Sommer noch einige Clubshows, unter anderem im März mit HEAVEN SHALL BURN in Wiesbaden, das Dark Easter Metal Meeting in München und dann Ende April ein paar Konzerte mit den Jungs von MANTAR und DEATHRITE, was bei dem Line Up sicher auch richtig geil wird. Dann ist ja schon Sommer und neben Protzen, Rock Harz und weiteren Festivals spielen wir auch beim Brutal Assault in Tschechien, weswegen das Party.San für uns zumindest für einen Tag flach fällt. Wir sind gespannt, wie es dann nach dem Sommer weiter geht, mal schauen. Wir freuen uns auf jeden Fall drauf!

Eigentlich sollte das Interview an dieser Stelle beendet sein. Doch dann wurde das zweite Video „Open Their Gates“ letztens veröffentlicht und kann ganz einfach nicht unkommentiert so stehen bleiben.

Fabian, Hand aufs Herz, was zum Teufel wollt ihr uns mit diesem Clip sagen? Und wie viel Pfeffi war da wirklich im Einsatz?

Wir wollten einfach mal die üblichen Probleme junger Menschen aufgreifen. Wer kennt das nicht, du gehst mit deinen Kumpels zelten, siehst ein paar heiße Mädels und willst ohne jegliche Absichten einfach mal „Hallo“ sagen. Wenn sie dich dann links liegen lassen, muss eine wasserdichte Methode her, um die Mädchenherzen doch noch zu erobern. Wir dachten, eine Flasche Pfeffi, serviert von einem Zombie aus einer Torte, das kommt sicher gut an. Naja, dass der Kerl die Flasche auf dem Weg zum Bungalow schon heimlich leer säuft, konnten wir ja nicht wissen. Spaß beiseite, wir sind einfach nicht die Art von Band, die zum Lachen in den Keller geht. Mit „Face Our Destiny“ wollten wir mal ein Statement setzen und mit „Open Their Gates“ jetzt einfach wieder was Lustiges drehen. Einige werden sicher wieder sagen, dass das doch alles nichts mit Death Metal zu tun hat. Uns ist das aber völlig egal, wir wollen ja Spaß haben, und der Videodreh hat echt super viel Spaß gemacht!

Ok, dann bedanke ich mich bei euch für das Interview und man sieht sich dann auf alle Fälle auf dem Dark Easter Metal Meeting in München! (P.S.: Bitte Pfeffi mitbringen…)

Danke für das Interview, Christian, und danke auch an deine Kollegen bei metal.de! Macht weiter so, wir freuen uns sehr über euren Support der ersten Stunde. Grüße an alle Leser, hoffentlich sehen wir uns bei dem einen oder anderen Konzert! Kommt noch gut durch den Winter, bis bald!

20.01.2017
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